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Montag, 28. April 2014

Lleida Climbs

Gesucht war ein Ziel für die Osterferien. Es wollten wieder einmal neue Felsen entdeckt werden, und so ging es in die Provinz Lleida, am Fusse der Pyrenäen im katalonischen Hinterland gelegen. Dank häufigen und preislich günstigen Flugangeboten nach Barcelona ist diese rasch erreichbar. Berühmt geworden sind die Felsen in dieser Zone wegen den weltweit allerschwersten Kletterrouten in den Gebieten Oliana und Santa Linya. Doch nebst diesen ganz harten Geräten gibt es auch für ganz gewöhnliche Sportkletterer eine riesige und sehr lohnende Auswahl. Da wir nicht Campieren wollten, wählten wir als Quartier die Stadt Balaguer. Dies ist ein optimaler Ausgangspunkt, erreicht man doch von da in maximal einer Stunde (und meist viel weniger) Fahrzeit rund 120 Klettersektoren mit gegen 2500 Kletterrouten. Anschliessend ein Bericht mit den von uns besuchten Gebieten und von mir gekletterten Routen.



Santa Linya, Futbolin

Der (im Gegensatz zur grossen Höhle) Anfängersektor von Santa Linya bietet 22 Routen zwischen 6b+ und 8a, deren Länge sich meist um 20-25m bewegt. Der Zustieg ist mit 3 Minuten kurz, die Wand ist nach SW ausgerichtet und ab etwa 13.00 Uhr in der Sonne. Die Kletterei ist generell steil und griffig, der Sektor hat mich etwas ans Colosseo im Val Pennavaire erinnert. Die Bewertungen würde ich jetzt als zonenüblichen Durchschnitt bezeichnen. Der Einstiegsbereich vor der Hauptwand ist topfeben, damit ein sehr kinderfreundliches Gebiet, das auch viele tolle (Versteck-)Spielmöglichkeiten bietet. Da rasch erreichbar, sofort trocken und an der Hauptwand auch bei leichtem Regen kletterbar, waren wir sogar 2x vor Ort. Folgende Routen hatte ich geklettert:

The Oxfury (7b, 25m, ***):  Prima Route mit einem coolen, technischen unteren Teil, der an ein paar Fingerlöchern super aufgeht. Nach dem No-Hand-Rest auf dem Band bietet dann der obere Abschnitt die Hauptschwierigkeiten mit anhaltender Kletterei an schönem Fels mit Leisten, Löchern und ein paar guten Griffen dazwischen.

Opium (7c, 25m, ***): Ebenfalls eine zweigeteilte Route, der untere Teil wiederum technisch und ein bisschen schwerer wie bei der linken Nachbarin. Obenraus dann ein Resi-Problem an meist kleinen Leisten. Ich konnte sie im dritten Go ziehen, und dies sogar nachdem mein Plan fehlschlug. Bei der angedachten Klipp-Position fehlte mir der Saft zum Einhängen, so dass ich mit dem Mute der Verzweiflung einfach weiter kletterte und am äussersten Limit durchkam. Tönt eigentlich logisch, dennoch ist mir so etwas bisher noch kaum je gelungen.

Fashion Total (7a+, 25m, **): Der untere Teil ebenfalls mit eher technischer und noch nicht so schwerer Kletterei. Im oberen Teil geht es erst noch ganz ordentlich einer griffigen Schuppe entlang, zur harten Schlusscrux über den Wulst hinweg. Noch ganz frisch im Saft konnte ich hier den Dynamo korrekt ansetzen und den finalen Henkel gerade knapp fassen.

Por la Boca Muere el Pez (7a, 25m, ***): Interessante Frauen-Route, welche sich für mich schwieriger als gedacht entpuppte. Unten will doch wohl überlegt gemovt werden, die Crux ist an einer Seitgriff-Rippe. Oben dann eher etwas einfacher, nur das Klinken der etwas hoch gebohrten Umlenkung aus anstrengender Untergriff-Position ist nochmals fordernd.

Spanglish (7a+, 25m, ***): Generell steile und henklige Kletterei an Schuppen und grossen Löchern, welche sich frühmorgens auch etwas seifig anfühlen können. Die Crux folgt abrupt erst ganz zum Schluss, dort müssen dann zwei, drei kleine Leisten gehalten werden und der Schlusshenkel dynamisch angegangen. Derjenige, der sich ab sowas stört muss wissen, dass es in dieser Schlusszone gebastelte Griffe hat.

Colera (7b, 27m, ***): Nach einem einfachen Auftakt und einem No-Hand-Rest folgt eine steile Zone, wo ein Wulst athletisch an kleinen Leisten (tw. aus Sika) und mit einem dynamischen Zug an einen Henkel überwunden werden will. Obenraus dann erst noch einige weite Züge an guten Griffen, gefolgt von einfacherer, henkliger Verschneidungskletterei.

Red Dusk (6b+, 25m, ***): Ideale Aufwärmroute mit interessanter, griffiger Kletterei an schönem, orangefarbenen Fels. Die Schwierigkeiten sind recht homogen verteilt, bzw. man könnte auch sagen, dass es keine wirklich schweren Stellen gibt.

Der Sektor Futbolin (die Türme in Bildmitte) vom Parkplatz aus gesehen.
Der Sektor in seiner ganzen Pracht aus der Nähe gesehen.
Hier die Sicht auf die sehr schöne Route 'The Oxfury (7b)'
So bequem ist es am Wandfuss...

Santa Linya, Cova Gran

Die grosse Höhle darf man natürlich nicht auslassen, selbst wenn es nur zum Sightseeing sein sollte. Auch wenn rein von den Dimensionen her in etwa ähnlich wie die Grande Grotta auf Kalymnos, so warten hier doch viel, viel härtere Routen. Dies liegt in der Absenz der grossen, griffigen Sinterbobbel und der Stalaktiten. Der Könner findet hier viele Testpieces in den Graden 8b-9b. Für den Normalo gibt es genau eine 6b+, eine 7a, eine 7b und ein etwas breiteres Angebot ab 7b+/7c. Diese einfacheren Routen sind alle eher kurz, steil, ziemlich brachial und von der Bewertung her ganz und gar nicht geschenkt. Der Zustieg auf einem topfebenen Fahrweg dauert rund 10 Minuten, die Grotte hat einen flachen Erdboden und ist ein perfekter Kinderspielplatz. Gewisse Sorge bereiten einem höchstens die Climber-Dogs, welche den Kids Angst einjagen und die Gegend vollkacken. Während die Routen tief in der Grotte ganztägig im Schatten und im Frühjahr teilweise länger nass bleiben, sind die Randbereiche eher trockener und bieten auch etwas Sonne. Dies im linken Teil vormittags, im rechten Teil nachmittags. Wir beschränkten uns hier auf einen nachmittäglichen Kurzbesuch, wobei nach ein paar Versuchen folgende Route punkten konnte:

Air Line L1 (7b+, 15m, ***): Steile und ästhetische Sinterlinie. Man merkt bald einmal, dass hier nicht die verschwenderische Griffigkeit von Kalymnos herrscht, sondern die Tufas glatt und schwierig zu greifen sind. Nebenbei gibt es nur wenige Tritte, die dann auch recht poliert sind und nur beschränkten Halt bieten. Während der untere Teil noch recht gut geht, wartet oben eine zähe Crux. Klaro, Chris Sharma spannt hier einmal seinen Bizeps, klemmt den Tufa und greift ins nächste Loch. Ohne die nötige Blockierkraft war ich an dieser Stelle länger ratlos, bis ich schliesslich eine Möglichkeit fand, den Fuss mit Ferse nach oben zwischen den Sintersäulen zu verklemmen und so für die nötige Stabilität zu sorgen. Ein Sturz hätte zwar direkt zum Orthopäden geführt, doch dafür ging es dann. Übrigens, die 8a-Fortsetzung war nicht kletterbar, da sich in einem Loch ein Bienennest befand. Und genau, das Hakenmaterial in dieser Route ist in einem desolaten Zustand.

Super Riitiseili mit 40m freiem Pendel, den Kindern hat es riesig Spass gemacht. Wenn das Seil nicht schon vor Ort ist, braucht's allerdings einen Chris Sharma oder Konsorten, um es am Top der Höhle zu fixieren. Unter 9a ist nämlich der Durchstieg im zentralen Teil nicht zu haben!
Oliana, Contrafort de Rumbau

Einen Trip in diesen Topsektor wollten wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen. Es gibt hier 61 Routen von 6a+ bis zum weltweiten Maximum von 9b+. Das Angebot im sechsten und siebten Franzosengrad ist für einen eintägigen Besuch gut ausreichend, und auch wirklich lohnend. Diese einfacheren Routen am linken und rechten Rand bieten nämlich schöne Lochkletterei, welche mich etwas an die Gorge du Tarn erinnert hat. Im Zustieg geht's 10 Minuten auf gutem Pfad bergauf, der Platz unter der Hauptwand ist schön eben, sehr kinderfreundlich und bietet eine prima Sicht übers Land. Zu erwähnen ist jedoch, dass die einfacheren Touren rechts auf einem schmalen, unbequemen Band beginnen, mit Kindern und ohne Begleitperson ist das nix. Für uns war das kein Problem, die Auswahl war auch so gut genug. Allerdings wurden wir hier durchaus etwas von der Sonne gebrutzelt und waren schliesslich froh, als sich diese um 14.00-15.00 Uhr aus den steilsten Wandbereichen verabschiedete und wir am Schatten unsere Projekte knacken konnten. Diese waren wie folgt:

Brut (6c, 18m, ***): Sehr schöne Lochkletterei, wo man schon bald nach dem Start richtig aufgeweckt wird. Über den ersten Wulst hinweg muss man sich nämlich ganz schön festhalten, und je Wurstfinger desto schlimmer ist's.

No 10 (7a, 25m, ***): Ebenfalls sehr schöne, ziemlich athletische und recht anhaltende Lochkletterei. Die Absicherung ist hier eher etwas spärlich ausgefallen und erfordert gerade in der Crux eine gewisse Entschlossenheit.

Nunca Doy un Paso Atras (7a+, 20m, ****): Ok, die Tritte in dieser Route sind total poliert und gut Hinstehen ist ein Muss. Ansonsten ist diese athletische Sinterlinie aber einfach mega cool zu klettern, mit poweriger Crux zum Schluss. Die Absicherung auch etwas luftig, in Kalymnos hätte es wohl mindestens 50-100% mehr Haken.

La Dura Dura (9b+, 45m, ???): Hier kletterten wir souverän über den Vorbau mit seiner ziemlich brüchigen Verschneidung zum ersten Bolt. Ab dort wird es ziemlich steil, und da man schon als ersten Griff eine zurechtgebastelte Sikaleiste hätte benützen müssen (sic!), hatten wir keine Lust zum Weiterklettern.

La Realidad Duele (7b, 20m, **): Ziemlich spezielle Route, eigentlich ein grosser Quergang. Der Beginn ist zwar leicht, der Fels aber eher soso und total poliert. Und als man sich dann schon in der Nähe vom Stand wähnt, müssen dann trotzdem urplötzlich kleine, schmierige Leisten geriegelt werden. Achtung, die fixen Schlingen und Karabiner in dieser Tour sind in schlechtem Zustand.

Marroncita L1 (7a, 20m, **): Noch nicht so schwieriger Start in sehr mässigem Fels, über einen Wulst hinweg, dann eine überhängende Verschneidung raufkämpfen und zuletzt henklig-steil an den Stand. Hier sind beachtliche Kletterspuren vorhanden, die Tritte arg poliert und die Absicherung eher weiträumig mit lottrigen Fixschlingen. Irgendwie aber trotzdem cool.

Der Rumbau hinten, sportgeklettert wird am vergleichsweise kleinen Vorbau vornedran.
So sieht's am Parkplatz aus, die Mächtigkeit der Überhänge lässt sich schon erahnen...
Und am Einstieg wird man schier erschlagen! Der Einstiegsbereich ist aber sehr bequem und terassiert.
Die Aussicht vom Sektor über das Pyrenäen-Vorland ist wirklich toll. Schöne Gegend, dieses Oliana!
Unser Versuch in der La Dura Dura (9b+). Hat meine Tochter nun den Onsight schon vergeben?
Santa Ana, El Sendero

Ein sehr bequemer Sektor mit minimalem Zustieg (1-3 Minuten) und flachem, kinderfreundlichem Einstiegsgelände. Hier gibt es 32 Routen zwischen IV+ und 8b+, welche nach SE exponiert sind. Die ersten Routen sind ab ca. Mittag im Schatten, ab rund 14.00 Uhr gilt dies dann für den ganzen Fels. Die Felsstruktur hier ist teils ziemlich speziell und sieht manchmal aus wie ein überhängender Kartoffelacker, der aber tiptop fest ist. Andererseits gibt es hier dann aber auch wieder echt herausfordernde Risse zu klettern, insgesamt wir einem hier sehr viel Abwechslung geboten. Bei folgenden Routen hatte ich mich zum Umlenker durchgekämpft:

Lo Dimoni (7c, 27m, ****): Sehr schöne Kletterei mit einem einfachen Beginn. Am ersten Wulst dann bereits ziemlich zupfig an Untergriffen, gefolgt von sehr athletischer Kletterei an Löchern. Man erreicht schliesslich einen No-Hand-Rest, die abschliessende Wand braucht dann aber nochmals massiv Fingerkraft und Technik, bis zum allerletzten Move kann man noch abgeschüttelt werden.

Fina y Fisura (6c, 15m, ***): Interessante, athletische Kletterei an Henkeln. Die Crux in der Mitte fand ich jetzt alles andere als banal, daher also eher unterbewertet.

La Bateria (7a+, 17m, ***): Vom ersten bis zum letzten Meter überhängende Kletterei. Sind nach dem Boulderstart die Griffe erst noch ganz ordentlich gross, werden sie gegen Ende hin immer kleiner und die Moves immer weiter. Die Sache kulminiert im Einhängen der Umlenkung...

Ape Index (7a, 22m, ****): Irgendwie affengeile Kletterei, nach dem gemütlichen Auftakt folgt eine überhängende Rissverschneidung, durch welche man sich mit weiten Zügen an guten Griffen nach oben kämpft. Irgendwie ist genau das an Griffen vorhanden, was es braucht, wirklich ein Wunderwerk der Natur.

Hippy (6a+, 25m, ***): Sieht ganz nett aus, entpuppt sich aber schon bald nach dem Start als zähe Faustriss- und Offwidth-Kletterei. Sollte man vielleicht eher mit 5.10b bewerten, denn mit einer normalen 6a+ hat das herzlich wenig zu tun. Das Riss-Intermezzo ist nach 10m dann beendet, oben folgt sehr schöne Plaisir-Kletterei an Tafonis.

Sicht auf den Sektor El Sendero.
Kathrin in der Hippy (6a+), die Faustriss- und Offwidth-Passage endlich hinter sich gelassen...
Teilweise ist die Felsstruktur hier schon sehr speziell. Kaum zu glauben, dass man daran klettern kann!
Os de Balaguer

In diesem Sektor war uns leider nur ein kurzes Intermezzo zuteil. Er liegt etwas unwegsam in einer kleinen Schlucht, wo es an den Südwänden rund 60 Routen im mittleren Schwierigkeitsbereich, d.h. von 6a bis 8a gibt. Weitere rund 20 Routen findet man an den Nordwänden gegenüber. Der Zustieg führt auf einem engen, aber guten Pfad in 10 Minuten zu den Wänden. Die Kinderfreundlichkeit ist nicht als optimal zu werten, das Gelände an den Einstiegen ist zwar nicht wirklich gefährlich, aber doch eher abschüssig und bietet nicht allzu viele gute Spielmöglichkeiten. Die Klettereien hier sind eher technisch und kaum überhängend. Die Felsqualität ist teilweise super, andernorts auch nicht restlos überzeugend. Die Sonne würde hier wohl ziemlich den ganzen Tag scheinen, leider kam bei uns bald ein Nieselregen auf, welcher uns in die grosse Höhle von Santa Linya vertrieb. Trotzdem reichte es noch für folgende Routen:

Fanatic (7a, 27m, ****): Sehr schöne Kletterei an Schlitzen und Tropflöchern in beinahe wendenmässigem Fels. Die Schwierigkeiten befinden sich im ersten Abschnitt, danach geht es erst im Plaisir-Gelände dahin, bevor dann der Abschlusswulst noch einige athletische Züge bereithält.

El Sostre Vilars (7a, 20m, **): Ob dem aufkommenden Regen hatten wir uns in die einzige kleine Grotte verzogen. Die Kinder legten gerade ein Nickerchen ein, also konnte ich mich noch in einer steilen Linie aus der Grotte raus versuchen. Sie bietet erst Dachkletterei an Henkeln, dann noch ein paar technisch-kleingriffige Meter. Die Crux ist beim Wechsel vom Dach ins Senkrechte.

Der Blick aus der Grotte zu den Nordwänden. Auch in Spanien ist's einmal trüb (war aber der einzige Tag...).
Terradets, Paret de les Bruixes

Das Hexenwändli ist einer der bekanntesten Sektoren der Gegend und nachdem ich ihn besucht habe, ist mir auch restlos klar warum. Es ist wirklich ein Topgebiet, da gäbe ich doch einiges drum, um diese Wand mit ihren 57 Routen von 6a+ bis 9a+ bei mir in die Umgebung stellen zu können. Die meisten Routen sind in einem engen Schwierigkeitsbereich zwischen 7c und 8a angesiedelt und bieten griffige, ausdauernde Kletterei an Leisten und sintrigen Strukturen. Logo, hier sind inzwischen einige Kletterspuren vorhanden und die Tritte teilweise poliert, wobei das aber sicher schon von Natur aus durch den glatten Fels so gegeben war. Mich hat das jedenfalls nicht weiter gestört, schlimmer fand ich hier schon die teilweise ungünstig angebrachte Absicherung. Ähnlich wie z.T. in der Gorge du Tarn zieht man hier auch Schlüsselstellen manchmal weit über dem Bolt, denn vor der Crux einhängen kann man den nächsten meist eben gerade um wenige Zentimeter nicht. Im besten Fall geht's vom Henkel danach, oder im schlimmsten Fall gar nicht ohne erhöhte Anstrengungen. Es bräuchte jeweils nicht einmal mehr BH für eine Onsight-freundliche Absicherung, eine sinnvolle Platzierung würde locker ausreichen. Mein bester Tipp um dem zu begegnen ist es, die Routen nur mit eingehängten, langen Exen zu klettern. Das geht recht gut, entweder man hilft sich unter den Kletterern gegenseitig aus, oder man arbeitet sich um Route für Route nach rechts und hängt die Schlingen jeweils selber in die Nachbartour. Die Wand ist nach SW ausgerichtet und erhält ab etwa 13.00 Uhr Sonne. Die steilen Routen können auch bei Regen geklettert werden. Der Wandfuss ist prima kinderfreundlich und der Zustieg mit 10 Minuten auch nicht allzu lang. Allerdings gibt es gleich von der Strasse weg eine 10m hohe Felsstufe mit Eisenbügeln, wo die Kinder gesichert werden müssen (was ihnen natürlich grosse Freude bereitet hat!). So dauerte es dann total eher 30 Minuten, bis wir am Fels waren, doch der Aufwand hatte sich bei weitem gelohnt!

Madrono (6b+, 15m, ***): Sehr schöne Einkletterroute, unten technisch mit Bewegungsprobleme, oben dann athletischer an Leisten. Die Bewertung fand ich jetzt eher nicht so stimmig, 6c+ wäre da jetzt deutlich treffender. Vor allem auch, weil die schwereren Routen dann längst nicht so hart bewertet sind.

Pasta sin Agua (7a+, 27m, ****): Absolut geniale Bruixes-Kletterei, unten an Sintern, oben an Leisten. Insgesamt ausdauernd, mit einzelnen schweren Stellen und danach wieder guten Griffen zum Runterschütteln. Den Preis für den dööfsten je gesetzten Bolt bekommt hier wirklich jener in der Crux. Man könnte davor bequem klippen, danach folgt eine Gegendruck- und Untergriff-Passage an glatten Tritten, wo man dann zwar den Bolt vor der Nase hat, jedoch unmöglich Einhängen kann: voll fies! Unter riesigen Anstrengungen schaffte ich es dann dank Reichweite und 190cm Körpergrösse, die Exe ganz knapp doch noch vor dieser Passage einschnappen zu lassen. Das brauchte zwar fast meine ganze Kraft, doch es reichte zum Glück immer noch für den Onsight. Ohne davor einzuhängen, hätte ich mich sicher nicht getraut, diese unsichere 7a+ Crux 3m über dem letzten BH zu klettern.

Jam Sesion (7b, 28m, ****): Ebenso absolut geniale Bruixes-Kletterei, auch hier unten an Sintern und oben an Leisten. Schwerere Stellen und Positionen zum Runterschütteln wechseln sich auch hier schön ab. Insgesamt zwar anstrengender wie die Pasta sin Agua, dafür ohne ausgeprägte Crux. Die Bolts stecken zwar auch hier teilweise etwas suboptimal, aber auch viel weniger schlimm wie in der linken Nachbarin.

Penya Xunga (7b, 28m, ****): Auch eine Hammerroute, unten steil an Sintern und Henkeln, danach ist dann erst mehr die Fingerkraft an Leisten gefordert. Nachdem man sich durch eine überhängende Verschneidung gekämpft hat und dort vielleicht etwas Kraft zurückgewonnen hat, fordert dann der finale Wulst mit seinen Löchern nochmals vollen Power.

Puh, das war ein Tag! Mit zwar nur 4 Go's, aber 4 Begehungen am Limit. Nachher war ich jedenfalls total "uf de Schnurre", in den drei schweren hatte ich jeweils rund 45 Minuten gefightet und dabei alle meine Kräfte verschossen. Aber egal, diese Routen waren es mehr als wert, und das Ferienende war in Sicht. Was jetzt noch kommen würde, war bloss Zugabe. So schlimm war es dann doch nicht, dank feinem Essen und langem Schlaf konnte ich mich optimal erholen und dann fanden wir für den letzten Tag auch noch eine Wand, wo für einmal ein paar Geschenke verteilt wurden.

Paret de les Bruixes, I like!
Wenigstens ein Haus haben wir am Fuss dieser Felsen , und ein paar leere Zimmer hat es auch noch :-) 
Struktur an der Hexenwand, in real ist's noch viel genialer wie hier eingefangen!
Tartareu

Für unseren letzten Klettertag war nochmals voller Sonnenschein und Temperaturen gegen 25 Grad angesagt, so dass im Schatten klettern Pflicht war. An den Wänden von Tartareu findet man diesen ab Mittag. Der Zustieg dauert hier auch bloss rund 5 Minuten und auch der Wandfuss ist vor allem beim ganz linken Sektor Tempura schön kinderfreundlich. Optimale Voraussetzungen also! Wissen muss man allerdings, dass man an diesem Riegel mit seinen 83 Routen von 5c bis 8b+ zwar wirklich einige tolle und gut zu kletternde Routen findet, die Felsqualität jedoch teilweise nicht Premier Cru ist. Hinzu kommt auch noch, dass wo dies dem Erschliesser nötig erschien, rasch Griffe mit der Bohrmaschine aufgebessert wurden, und teilweise doch einiges an Sika zum Einsatz kam. Ich will dies nicht werten oder die Notwendigkeit dieser Eingriffe beurteilen, die Routen klettern sich so auf jeden Fall angenehm, meist schön homogen und vor Ausbrüchen sicher. Aber wem gebastelte Routen stark missfallen, der macht um Tartareu besser einen Bogen.

La Tatuadora de Ko Samui (7a, 20m, ***): Erst gemütliches 6b-Gelände bis unter den finalen Wulst, wo man erst noch 2 gute Kunstgriffe hat, dann aber doch noch kleine natürliche Leisten krallen muss. Achtung, der Umlenker steckt in einem nicht sehr solide verwachsenen Block, besser jenen der Route links benützen!

Temptacio Prohibida (7a+, 23m, ***): Wirklich eine coole Route, unten ein erstes Wändlein kleingriffig an Leisten überwinden und nach einer einfacheren Zone die Schlusswand anpacken. Die Crux hier dann an zwei gebohrten 2-Finger-Löchern, irgendwie aber trotzdem lässig zu klettern.

Violencia de Genere (7b+, 23m, ****): Mein bester Onsight dieser Ferien, und auch Kathrin konnte sich kurz vor dem Heimflug noch eine Rotpunkt-Begehung dieser Route krallen! Zuerst muss ein steiler Einstiegswulst mit ein paar Boulderzügen überwunden werden. Nach ein paar einfacheren Moves dann eine weitere Crux mit schönen Zügen an Leisten und Seitgriffen. Diese Route habe ich als komplett natürlich in Erinnerung.

Lonely Planet (7a+, 23m, **): Erst einfachere Kletterei an guten Griffen im Bereich 6b+, zum Umlenker hin wird's dann aber schon noch richtig zäh. Zwar wurde auch hier gemeisselt, aber die Kunstgriffe sind hier unangenehm und für meine Fingerdicke total unpassend. Es gibt aber auch kleine, natürliche Leisten, aber da ist's dann schon ziemlich schwer, uff!

Klettern in Tartareu, ebenfalls ein sehr interessanter Sektor.
So, das war es dann! Mit dem Zeitplan schon um eine halbe Stunde im Verzug wurde das Kletterzeugs rasch verpufft, ins Auto gestiegen und die 1:45 Stunden zum El Prat Airport in Barcelona gefahren. Dort ein kurzer Schockmoment, der Flug war total überbucht, mit den Kindern mochten sie uns dann aber zum Glück doch nicht stehenlassen. Also das Gepäck aufs Band gelegt, die Bordkarte erhalten, noch rasch ein Käfeli getrunken und ab ging's mit dem Flieger zurück in die regnerische Schweiz. In die Gegend um Lleida werden wir aber sicher wieder einmal kommen. Die Landschaft ist malerisch, die Routenauswahl vielfältig. An jeden bereits besuchten Fels würde ich wiederkommen, um noch die eine oder andere bereits gesichtete Herausforderung anzunehmen. Andererseits warten auch noch riesige Gebiete wie Camarasa, Alos de Balaguer, Ager, Collegats, Tres Ponts undsoweiter darauf, von uns überhaupt erst entdeckt zu werden.

Zum Ferienende wäre sowas ja verschmerzbar, leider ist's schon zu Beginn von Tag 3 von 7 passiert. Mit einer Kombination von Betadine, Climb On, Ringelblumesalbe und wo möglich klettern mit 9 Fingern konnte ich die Sache aber gerade so unter Kontrolle halten.
Wissenswertes

Die Anreise erfolgt am besten per Flug nach Barcelona, das Angebot aus der Schweiz bzw. generell aus Mitteleuropa ist umfassend und günstig. Ein Mietauto ist danach Pflicht, vom Flughafen ins Klettergebiet hat man knapp 2 Stunden. Die deutlich über 1000km Anfahrt aus Mitteleuropa per PW zu machen, lohnt sich wohl nur wenn man länger als 2 Wochen vor Ort bleiben kann. Unterkunft hatten wir im Hotel Balaguer in Balaguer gefunden. Dies ist die letzte grössere Ortschaft bevor es ins hügelige Hinterland geht. Sie liegt ziemlich malerisch am Rio Segre, ein durchaus schöner und gemütlicher Ort zum Verweilen. Natürlich, ganz so toll und auf (Kletter)touristen ausgelegt wie in Finale oder Arco ist es hier nicht. In Balaguer gibt es auch Supermärkte, und diverse Restaurants. Gegessen hatten wir meistens im La Nonna, wo es vorwiegend Pizza und Pasta gibt. Wissen muss man auch, dass die meist kleinen Käffchen im Klettergebiet meist kaum Läden, Restaurants und Unterkunft bieten. Eine weitere Möglichkeit wäre, auf dem Camping La Noguera zu übernachten, allerdings schienen uns die Bungalows eher überteuert zu sein, weshalb wir uns dagegen entschieden hatten.

Alle weiteren Infos findet man im topaktuellen Führer Lleida Climbs von Pete O'Donovan und Dani Andrada (Ausgabe Nov. 2013). Der ist sicher unverzichtbar und beinhaltet sehr genaue Skizzen und Zugangsbeschreibungen. Wer übrigens denkt, dass man rund um Lleida die ganz grossen Bewertungs-Geschenke abholen kann, dem möchte ich noch sagen, dass dies nicht unbedingt zutrifft. Klar, hart wie im Basler Jura sind die Routen hier nicht bewertet, allerdings fällt es gerade auf Sizilien und Kalymnos doch einiges leichter, sich die Schwierigkeitsskala hochzuarbeiten. Und wenn für 8a soft zuerst einmal 35 Klettermeter mit 15m Überhang und einer Crux am Ende erfolgreich bezwungen werden wollen, so geht auch dies nur dann so richtig gäbig, wenn man Niveau und Athletik für solcherlei Dinge bereits in Petto hat.

Typische Landschaft in diesem Teil von Katalonien. Viel Platz, viel Grün und tolles Wetter!
Die vielen Mohnblumen bieten den optimalen Kontrast zu den grünen Weizenfeldern.


Montag, 14. April 2014

Leider Nein bei der Liskamm Nordwand, aber 3x4000 in Zermatt

Der Titel zu diesem Post sagt ja schon einiges aus. Nachdem wir auf gipfelbuch.ch in einem Beitrag von Thömel ein Foto von der Liskamm-Nordwand gesehen hatten, entschieden sich Tobias und ich kurzfristig, diese Tour anzupacken. Der Wetterbericht wurde optimistisch interpretiert und die Bedenken, dass der Bergschrund womöglich schwierig zu passieren sein könnte mit einem "es wird sich dann schon ein Weg finden" vom Tisch gewischt. Nachdem wir dann heute morgen bei einem strammen Nordwind, bedecktem Himmel und (geschätzten) -15 Grad Lufttemperatur schon beim Zustieg in Vollmontur schlotterten, war der Fall klar: wir waren für einmal zu optimistisch gewesen mit unseren Plänen und mussten zum Plan B greifen. Der war schliesslich auch nicht so schlecht, denn wenn man in einem Wochenende den Pollux (4091m), die Signalkuppe (4554m) und die Zumsteinspitze (4563m) besteigen kann, dann darf man nicht klagen!

Unsere Tour begann mit einer (früh)morgendlichen Anfahrt nach Zermatt. Obwohl, bis wir unsere Siebensachen verpackt und das Auto parkiert hatten, mit dem Zug nach Zermatt geschaukelt, durchs Dorf gelaufen und schliesslich aufs Klein Matterhorn gegondelt waren, da war Mittag schon vorbei. Da jedoch eine tiefe Nullgradgrenze von nur 2500m angesagt war, sollte sich der Hüttenzustieg via das Schwarztor und das Mitnehmen des Pollux (4091m) noch gut ausgehen. Erfreut stellten wir fest, dass wir noch von prima Wetter profitieren konnten und machten uns auf den Weg. Übers Breithornplateau kann man gut zu Fuss gehen, danach fährt man nach Osten ab und fellt zum Fuss des Pollux hinauf. Diesen wollten wir eigentlich über die Normalroute besteigen, schafften es aber uns irgendwo in der S-Flanke zu verfransen und fanden so unseren eigenen Weg auf den Gipfel. Immerhin kamen wir so darum herum, die Fixseile benützen zu müssen.

Unterwegs zur Liskamm Nordwand...
Für den Abstieg vom Gipfel wählten wir dann die firnige Westflanke, deren Steilheit ich in der Karte mit 50 Grad über 60 Höhenmeter messe. Natürlich hätte man die Skis hochtragen und dort abfahren können. Der Schnee war aber hart und harschig, Nutzen und Spass eines solchen Unternehmens war also nicht gegeben. Und dass solche Abfahrten immer ein Risiko beinhalten, konnten wir am Beispiel einer Snowboarderin ersehen, die vor unseren Augen bereits den zweiten Schwung in der Flanke schlecht timte und einem Sturz nur mit einer Mischung von viel Glück und einigem Geschick verhindern konnte. Nicht auszumalen, was im Falle des Falles passiert wäre. Der Fussabstieg war dank optimalem Schnee rasch und problemlos. So konnten wir schon bald die Skis an die Füssen schnallen und über den prima eingeschneiten Schwärzegletscher runterkurven. Bei P.2951 folgten wir den Spuren, die nach rechts hielten. Macht man dies, erreicht man den Gornergletscher bei ca. 2540m und spart sich ca. 100hm und 1km Distanz beim Weg in die Monte-Rosa-Hütte. Allerdings ist diese Variante nicht ganz einfach zu finden, sollte nicht schon gespurt sein.

Während ich vor einigen Jahren die Dufourspitze zusammen mit Kathrin noch von der alten Hütte angegangen hatte, konnte ich nun meinen ersten Besuch in der von der ETH konstruierten, energieautarken Hütte erleben. Darauf hatte ich mich sehr gefreut, und ich wurde nicht enttäuscht. Ich finde die Konstruktion genial: innen ist es sehr geräumig, mit einer prima Raumaufteilung und optimalem Klima, einfach ganz anders wie die alten, engen und feucht-muffigen SAC-Hütten (welche aber natürlich auch ihren Charme haben). Erwähnt sei einzig noch, dass die Halbpension mit 72 CHF eher auf der teuren Seite angesiedelt ist, und auch für die unverzichtbare Flüssigkeitsnachfuhr muss man ziemlich tief ins Portemonnaie greifen (7 CHF pro 5dl). Anyway, die Voraussetzungen für einen idealen Aufenthalt waren gegeben, und nachdem die italienische Schnarchpolizistin ihre Zimmergenossen die ganze Nacht unter Kontrolle hielt, wäre auch für die nötige Ruhe gesorgt gewesen. Warum ich das alles weiss? Seltsamerweise überfielen mich beim Hinlegen heftige Kopfschmerzen, so dass bei meinereiner von Schlaf leider kaum die Rede war. Aber egal, um 2.45 Uhr schellte sowieso bereits der Wecker, und auf ging es in den neuen Tag.

Monte-Rosa-Hütte
In der Nacht hatte ich schon dunkle Gedanken gewälzt, was wohl in meinem Zustand aus der geplanten Tour werden würde. Glücklicherweise besserten sich die Kopfschmerzen sobald wir aufgebrochen waren und verschwanden später sogar ganz, so dass ich auf der Tour kaum leistungsmässige Einbussen hinnehmen musste. In dunkler Nacht trotteten wir den Grenzgletscher hinauf. Hatten erst noch Mond und Sterne den Weg erhellt, zog es später zu und ein zügiger Wind kam auf. In Vollmontur, d.h. mit Gore-Tex-Hose, Soft und Hardshell, den wärmsten Handschuhen und einer Kappe war uns beim Gehen gerade eben so warm genug, damit wir nicht ins Frösteln kamen. Beim Blick auf die halb eingenebelte Wand und den aus der Nähe im Vergleich zu den Fotos doch deutlich anspruchsvoller aussehenden Bergschrund mussten wir nicht lange diskutieren, dass heute in der Liskamm Nordwand keine Loorbeeren zu holen wären. Natürlich, man hätte zum Einstieg gehen können, etwas herumprobieren und sich dann ausgekühlt von dannen machen. Aber da setzten wir lieber gleich auf den Plan B, und der hiess Skitour in Richtung Signalkuppe. Je nach Lust, Ausdauer und Bedingungen hätte man da auf einen Streich bis zu vier 4000er-Gipfeln besuchen können.

Je weiter wir hochstiegen, desto garstiger waren die Bedingungen. Hin und wieder mussten wir eine Rast einlegen, um mit Turnübungen etwas Blut in unsere Extremitäten zurückzubefördern, so dass uns nicht noch Hände und Füsse abfroren. Immerhin, beim Gehen konnte man die Körperwärme gerade so aufrecht erhalten, aber irgendwie zeigte sich auch, dass das Hochgebirge eben doch eine unwirtliche und ernsthafte Gegend ist. Wäre man nämlich, aus welchem Grund auch immer, plötzlich bewegungsunfähig, so hätte einem bei diesem Wetter ganz sicher kein Helikopter holen können und bis zum Erfrieren wären auch keine Stunden vergangen. Unter diesen Voraussetzungen peilten wir als ersten Gipfel die Signalkuppe (4554m) an. Auf deren Gipfel ist bekanntlich die Capanna Regina Margherita installiert, in welcher wir eine mehr oder weniger gemütliche Gipfelrast verbringen konnten. Mehr, weil es hier drin natürlich windstill war, weniger weil es sich bei der Hütte um eine eher vergammelte, feuchte und kalte Bruchbude handelt. Mein Beileid jenen, die hier (womöglich noch mit mangelnder Akklimatisation und Symptomen der akuten Höhenkrankheit) eine Nacht verbringen müssen. 

Signalkuppe (4554m) mit der Margherita-Hütte von der Zumsteinspitze (4563m).
Nachdem scheinbar halb Italien (und auch einige Schweizer) die Signalkuppe von der Mantova-Hütte her besteigen wollten, machten wir uns ob dem aufkommenden Trubel vom Acker. Das Wetter hatte inzwischen deutlich mehr aufgeklart. Auch wenn es immer noch windig und kühl war, wollten wir doch auf jeden Fall noch der Zumsteinspitze einen Besuch abstatten. Schliesslich ist diese doch der dritthöchste Gipfel der Schweiz und so einfach, d.h. mit nur für zusätzliche 100hm auf die Zähne beissen ist dieser sonst auch nicht abzuholen. Im Wesentlichen entlang der Landesgrenze und zuletzt über den kurzen aber schönen SE-Grat gelangt man zum Gipfel. Diesen stufe ich als wesentlich lohnender wie die Signalkuppe ein, ist er doch nicht mit der Hütte verbaut und zudem ist auch der Tiefblick in die eindrückliche Monte-Rosa-Ostflanke und generell in die Südalpen viel besser. Etwas erstaunt waren wir ob der Tatsache, dass eine Seilschaft tatsächlich die recht lange und ziemlich exponierte Querung über den Grenzgrat zur Dufourspitze angepackt hatte. Irgendwie kam ich vor Ort gar nicht auf die Idee, im Nachhinein reut es mich jetzt aber, dass wir es ihnen nicht gleichgetan hatten...

Vor Ort war der Hauptgrund es nicht zu tun aber unsere Absicht, noch der Parrotspitze und der Ludwigshöhe einen Besuch abzustatten. Mit 2x Anfellen und 200hm an zusätzlichem Aufstieg hätte man so nochmals zwei Viertausender abhaken können. Leider aber drückte der Nordwind hier mit aller Kraft eine Wolkenbank nach oben, so dass wir beim Anfellpunkt in einem totalen White-Out mit null Sichtweite standen. Es war wirklich so krass, dass man kaum das Gleichgewicht halten konnte, wenn man nicht auf seine Skispitzen blickte, weil das Gelände absolut keine Anhaltspunkte bot. So tasteten wir uns vorsichtig und den verblasenen Spuren folgend etwa 200hm nach unten, bis wir endlich unter der Wolke waren, wieder gute Sicht hatten und richtig Skifahren konnten. Im oberen Teil war dann die Abfahrt recht gut in windgepresstem Pulver. Die Liskamm-Nordwand gleisste nun in der Sonne, so war es tatsächlich schon viel eher vorstellbar hier einzusteigen. Zu kalt und windig war es jedoch weiterhin, und auch der Bergschrund war im zentralen Wandteil weiterhin unpassierbar. Immerhin konnte man nun auch klar einsehen, auf welches Roulettespiel man sich einliesse, wenn man diesen zu einer der beiden Seiten überschreiten würde, die Seracs oberhalb sind riesig und jederzeit absturzbereit.

In der Abfahrt über den Grenzgletscher, mit der nun gleissenden Liskamm-Nordwand.
Im letzten Teilstück zur Hütte war der Schnee dann eher hart und harschig, somit nicht der ultimative Skigenuss, zumal ich auch etwas müde Beine hatten. Auf der Hüttenterrasse konnten wir uns bei schönstem Sonnenschein und bisweilen schon fast stechender Hitze (die raschen Wechsel im Hochgebirge sind immer wieder erstaunlich) etwas erholen und bei Suppe und Cola neue Kräfte sammeln. Diese Investition lohnte sich durchaus, denn im ideal aufgesulzten Schnee unter der Hütte, im coupierten Gelände des unteren Grenzgletschers warteten nämlich noch ganz tolle und spassige Abfahrtsmeter. Auf dem Gornergletscher war dann der Schnee, auch wegen dem Saharastaub, bereits etwas klebrig. Doch er war immer noch gut eingeschneit, so dass wir problemlos und ohne Schieben zur Schlucht nach dem Gletscherende kamen. Diese war gerade noch gut passierbar, der tosende Bach mit seinen tiefen Pools ist aber schon an diversen Stellen offen und man benützt ein schmales Schneeband dem Rand entlang. Wer hier dumm stürzt, den ereilt sehr wahrscheinlich ein tragisches Schicksal. Das heisst, man sollte sich der Ernsthaftigkeit dieser Passage voll bewusst sein. Für ein kleines Wunder, dass hier wo Krethi und Plethi durchfahren, nicht mehr passiert. 

Das ist das Restprogramm von der Hütte, über den noch gut verschneiten Gornergletscher geht's nach Zermatt.
Mit einer Portage von 5-10 Minuten (in den nächsten Tage sicher zunehmend!) erreicht man die Kunstschnee-Piste oberhalb von Furi. Im tiefen, weichen Sulz auf der Piste gelangten wir noch bequem bis ans Dorfende von Zermatt. Nun warteten noch die Pflichtaufgaben mit dem Marsch durchs Dorf und der doch recht langen Heimreise (von Chamonix hat man auch kaum länger...). Unterwegs stoppten wir noch rasch bei Mitholz, um einen Blick auf die Breitwangflue zu werfen. Was die dortigen Ziele anbetrifft, so muss man zu einem anderen Zeitpunkt wieder kommen. Dies gilt genauso für die Liskamm-Nordwand: aufgeschoben ist nicht aufgehoben!

Facts 

Tag 1: Klein Matterhorn (3883m) - Pollux (4091m) - Schwarztor - Gornergletscher (ca. 2540m) - Monte-Rosa-Hütte (2883m)
Tag 2: Monte-Rosa-Hütte - Grenzgletscher - Signalkuppe (4554m) - Zumsteinspitze (4563m) - Hütte - Zermatt

Aufstieg ca. 800hm bzw. 1800hm, Zeitdauer 3h von Klein Matterhorn bis zur Monte-Rosa-Hütte, für den Pollux zusätzlich ca. 2h. Aufstieg von der Monte-Rosa-Hütte zur Signalkuppe ca. 5-6h, für die Zumsteinspitze zusätzlich ca. 1h. Abfahrt zur Hütte ca. 1h, und von der Hütte nach Zermatt ca. 1.5h.

Ausrüstung: Gletscherausrüstung mit Steigeisen und Pickel, anseilen auf den Gletschern ist nötig!

Link zur Karte mit unseren Routen: klick!

Fotogalerie (die meisten Fotos sind von Tobias, herzlichen Dank!)

Walking in Zermatt...
Von links: Liskamm Westgipfel (4479m), Pollux (4091m) und Castor (4224m).
Bergsteigen am Pollux: erst geht es diese Rinne hoch, ca. 40-45 Grad steil.

Dann müsste man irgendwo auf den Grat hoch, wo man an Fixseilen aufsteigen könnte.
Dies war aber gar nicht schlecht, denn unsere Route bot interessante Kraxelei.

Abstieg im steilen und harten Firn über die Westflanke, im steilsten Teil ca. 50 Grad.
Blick in der Pollux-Westflanke nach oben, mit der Boarderin welche beinahe abstürzte...
Cruisen vor eindrücklicher Kulisse bei der Abfahrt vom Schwarztor auf den Gornergletscher.
Das letzte Stück hinunter auf den Gletscher recht steil über die Moranenhänge.
Unterwegs am nächsten Morgen, die Option Liskamm bereits verworfen. In welcher Reihenfolge gehen wir die Gipfel an?
Ankunft auf der Signalkuppe (4554m).
Im Innern der Capanna Margherita auf der Signalkuppe (4554m). Deutlich weniger gemütlich wie es den Anschein macht.
Skidepot am SE-Grat der Zumsteinspitze (4563m).
Eindrücklicher Tiefblick von da in die Monte-Rosa-Ostflanke.
Seilschaft im Grenzsattel, auf dem Weg von der Zumstein- zur Dufourspitze.
Ambiance Haute Montagne beim Aufstieg auf die Zumsteinspitze. Tobias hat das Meteo super eingefangen!
Tolles Stimmungsbild auf der Zumsteinspitze!
Die Gipfelrast im Windschutz eines Felsen war gar nicht so unangenehm.
Affollamente auf der Signalkuppe, auf der Zumsteinspitze waren wir alleine!
Abfahrt über den Grenzgletscher, oben in passablem, gepresstem Pulver.
Bergschrund-Detail Liskamm-Nordwand. An den Seiten kommt man drüber. Dies ist aber direkt unter den Seracs!
Das war der Plan A... auch nachdem die Sonne nun da war, wäre es immer noch zu kalt und windig gewesen.
Blick zum Breithorn W-Gipfel auf dem Weg nach Zermatt.
Abfahrt über den Gornergletscher, kurz vor der Schlucht.
Das Horu darf natürlich auch nicht fehlen. Die N-Wand ist extrem trocken, sieht überhaupt nicht gut aus!
Da geht auch nix mehr: Breitwangflue, der steile Teil von Crack Baby (zweite Linie von rechts) ist komplett weggebrochen.