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Sonntag, 25. Dezember 2016

Graustock - Stei Route (AD+ WI3 M3)

Die Nordwand des Graustock thront über dem Trübsee im Engelberger Tal und weist mit einer Wandhöhe von 850m durchaus respektable Ausmasse auf. Egal von wo man sie anschaut, sie wirkt unnahbar und schwierig. Die Tatsache, dass es hier extreme Nordwandrouten von Jasper, Odermatt und Konsorten gibt, hat ihren Ruf noch weiter befeuert. Kaum zu glauben also, dass es durch diese Wand einen Weg von moderater Schwierigkeit gibt. Doch tatsächlich, die Stei Route nützt ein System von Bändern, welches durch eisige Stufen und einfache Mixed-Rampen miteinander verbunden ist.

Blick auf die Graustock Nordwand vom Trübsee im Skigebiet von Engelberg.
So wollte ich zusammen mit Sandro im extrem schneearmen Dezember 2016 eine weitere Nordwand anpacken. Gleich an dieser Stelle sei gesagt, dass die Verhältnisse für eine Begehung der Stei Route absolut einwandfrei stimmig sein müssen. Zu fürchten ist vor allem die Lawinengefahr: die Schneepassagen sind mit Steilheiten im Bereich von 35-50 Grad und dem steil abbrechenden Gelände darunter extrem ausgesetzt. Zum aktuellen Zeitpunkt war dies jedoch kein Thema. So konnte unsere Tour am Schalter der Titlisbahnen beginnen. Für 22.50 CHF (mit GA/Halbtax) erwirbt man ein Rundreiseticket nach Trübsee und retour ab Jochpass. Dies ermöglicht es, den spannenden Teil ohne allzu lange Fussmärsche zu erledigen. Insgesamt sind es von der Station Trübsee etwa 2km Horizontaldistanz, 200 Netto-Höhenmeter und eine knappe Stunde Gehzeit bis zum Wandfuss auf 1840m. Alternativ kann man diesen Punkt in knapp 2h Aufstieg über die verschneiten Skipisten auch direkt ab der Talstation in Engelberg erreichen.

Schöner Tiefblick ins Engelberger Tal vom Wandfuss. Der Graustock thront prominent über dem Talschluss und ist bei der Anfahrt von Stans nach Engelberg gut zu erkennen. Zumindest, wenn es nicht so viel Nebel wie an dem Tag hat...
Die Nah-Perspektive vom Wandfuss. Da baut sich schon ziemlich imposant etwas über einem auf! Die in der Führerliteratur beschriebenen Eisfälle (Nerven auf Eis, Horror Show, beide am linken Bildrand sichtbar) sowie die schwierigen Mixed-Routen weisen im Moment keine guten Verhältnisse auf. Es fehlt an Eis - dies nicht etwa,  weil es zu warm wäre, sondern weil es zu trocken ist.
Wir schirrten uns auf, denn der Einstieg in die erste Eiskletterei war bereits sichtbar. In 3 gestreckten 50m-Seillängen (WI2/WI2/WI3) bewältigt man diesen ersten Teil in genussvoller Pickelei. Beim Eis handelte es sich auf die finale Steilstufe meist um bestes Softeis. Als nächstes gilt es, ein rund 45 Grad steiles Schneefeld seilfrei nach links hinauf zu queren. Dessen oberes Ende wird durch eine kurze Stufe markiert, welche in rund 10-15m an Kletterei über etwas lose Felsen, gefrorenen Dreck, Grasbüschel und Schnee erkraxelt wird. Das ist easy (ca. M2/M3), um Sicherungsmöglichkeiten ist es jedoch eher bescheiden bestellt. Mit einer kurzen Querung nach links erreicht man den Eisschlauch, welcher das erste und das zweite Schneefeld verbindet.

Alles Material ist auf Mann, es sind nur noch wenige Schritte zum Beginn der Eiskletterei. Dabei wählt man den linken Eisstreifen. Der rechte wäre sicherlich auch sehr schön zu begehen, allerdings führt der ins Juhee...
Tiefblick auf die erste Eislänge (WI2). Kompaktes Softeis bietet eine richtig genussvolle Kletterei.
Yours truly bereits in der dritten Eislänge (WI3), welche mit einer Steilstufe aufwartet.
Nachstieg in der dritten Eislänge (WI3), das Ambiente in der Wand grandios!
Nach dem ersten Eisschlauch geht's über ein Schneefeld, bevor sich einem diese Mixed-Stufe in den Weg stellt. Die Kletterei über eine Mischung von losen Felsen, gefrorenem Dreck, Gras und Schnee ist nicht so schwierig (M2/3). Allerdings könnte man hier kaum sichern, weshalb man gut zu Fuss sein sollte.
Gerade oberhalb dieser Mixed-Stufe, es pfeift ganz schön in die Tiefe, Fehler sind da keine erlaubt!
Der Eisschlauch bietet weitere zwei gestreckte 50m-Längen an schöner Eiskletterei (WI3/WI2). Hier war das Eis schon etwas älter und teilweise etwas hart/spröde, trotzdem hat es grosse Freude gemacht. Nach diesen beiden Eislängen konnten wir das Seil wieder einpacken und machten uns auf den Weg über das erneut etwa 45 Grad steiile, zweite Schneefeld. Hier gilt es nun, die Abzweigung nach oben nicht zu verpassen! Die Rampe, welche zum Schneeband hinauf führt, ist nicht ganz offensichtlich - man könnte sie auch verpassen und zu weit nach links queren. Jedenfalls muss man bei der ersten Gelegenheit hinauf, wo dies ohne grössere Schwierigkeiten möglich scheint.

Im Eisschlauch (WI3), welcher das erste und zweite Schneefeld verbindet...
Nachstieg in der ersten Länge vom zweiten Eisschlauch (WI3), unten die Kunstschneepiste (Talabfahrt geöffnet!)
Hier geht's weiter, Ausblick auf die zweite Länge im zweiten Eisschlauch (WI2).
Unterwegs im zweiten Schneefeld, welches zur Mixed-Rampe führt...
...und das ist die Rampe, die es zu wählen gilt. Nicht verpassen, man könnte hier auch auf dem Schneefeld nach links weiterqueren, was jedoch schlussendlich auch ins Juhee führt.
Die Rampe bietet einfache Mixed-Kletterei. Die Felsen sind nicht unbedingt von bester Qualität, schienen jedoch vernünftig festgefroren. Während auf den grossen Schneefeldern guter Stapfschnee vorhanden war, war die Qualität hier eher bescheiden. Ziemlich griesige Ware machte das Antreten etwas heikel - klar, dank der geringen Schwierigkeiten war dies immer noch problemlos. In einer grösseren, schwierigeren Wand würde man bei solchen Schneebedingungen jedoch sicherlich von schlechten Verhältnissen sprechen und die Begehung lieber auf einen besseren Zeitpunkt verschieben. Anyway, nach der Rampe warten einige exponierte Schneepassagen (50 Grad steil), bis ein verstecktes Couloir nach rechts hinauf führt, um via eine letzte Kraxelpassage aufs Schneeband zu leiten. Es sei erwähnt, dass dieser ganze Mixed-Teil mit einem Seil eher schlecht zu sichern ist.

Im unteren Teil der Rampe, ca. 50 Grad steiler Schnee.
Weiter oben in der Rampe wartet dann einfache Mixed-Kraxelei, geprägt durch blockig-abschüssigen Fels und griesigen Schnee.
Blick auf das versteckte Couloir, welches nach der Rampe wieder nach rechts aufs Schneeband hinauf führt. Wir sind an dessen Ende im Aufstieg zu sehen. Das Bild wurde von Jan Nagelisen per Zoom vom Wandfuss aufgenommen, vielen Dank!
Eine letzte Kraxelstufe führt vom versteckten Couloir hinauf aufs Schneeband.
Das Schneeband ist dann (bei passenden Bedingungen) ohne grössere Schwierigkeiten zu machen. Die Crux dieses Abschnitts bildet der luftige Schluss, direkt an der Begrenzungskante der Felswand geht's in exponierter Position hinauf und über die Schlusswächte hinweg. Wiederum, Möglichkeiten zum Sichern gibt's hier (ausser Gehen am kurzen Seil mit einem schwächeren Partner) keine, und man muss der Sache gewachsen sein. Um etwa 13.30 Uhr sind wir nach rund 4 Stunden Aufstieg durch die Wand oben angelangt. Heute reicht es im Gegensatz zur Tour am Gross Ruchen (Bericht folgt), damit uns die Sonne am Ausstieg ins Gesicht scheint, welch ein Genuss!

Auf dem Schneeband, Blick vorwärts. Links der Titlis (3240m).
Blick zurück auf das Schneeband. Man quert immer hart am Abgrund, eine coole und luftige Traverse.
Der letzte Abschnitt vom Schneeband ist noch ein Stück steiler und exponierter. Eigentlich problemlos, aber...
Nach einem Vesper machen wir uns auf den Weg in Richtung Jochpass. Schon bald stellt sich eine Felsstufe in den Weg. Hier kann man entweder oberhalb vom Abbruch absteigen, bis man 200hm weiter unten auf den Wanderweg trifft, welcher die Stufe unschwierig überwindet. Wir zogen es hingegen vor, den Abbruch direkt zu überwinden. Hier führt im Sommer ein Klettersteig hinauf, leider waren die Drahtseile jedoch demontiert. So kommt man nicht darum herum 1-2x 25m an den vorhandenen Vorrichtungen abzuseilen. Auch danach ist der Weg zum Jochpass noch weiter wie gedacht, eine weitere Steilstufe erfordert nochmals vorsichtiges Abklettern. Dann aber können wir uns bequem auf den Sessellift setzen und ins Tal gondeln. Das Fazit: das war jetzt ein wirklich schönes Nordwand-Genusstüürli!

Abbruch in der Graustock-Flanke. An diesen Felsen gibt's Ein- und MSL-Routen zum Sportklettern!
Raumkapsel am Grat hinunter zum Jochpass, autonomes System zur ferngesteuerten Lawinenauslösung (siehe Kommentare).

Facts

Graustock - Stei Route (AD+ WI3 M3) - 850m Wandhöhe - ***
Material: 1x50m-Seil, 8-10 Eisschrauben, Felsmaterial kaum einsetzbar.

Eindrückliche und imposante Nordwand, welche auf einem logischen Weg ohne allzu grosse Schwierigkeiten überwunden werden kann. Im unteren Teil warten 250m an reiner Eiskletterei im Genussbereich. Dazwischen sind einige Schneefelder (40-45 Grad) zu überwinden. Im oberen Teil wartet dann (je nach Verhältnissen und Schneelage) noch etwas Kraxelei und ein paar exponierten, recht steilen Schneepassagen. Insgesamt sicher eine gutmütige und relativ einsteigertaugliche Nordwand. Es sei jedoch erwähnt, dass ein Sichern abseits der Eisfälle kaum möglich ist, so dass eine grosse Sicherheit im Steigeisengehen erforderlich ist. Ebenso ist ein Rückzug nur durch heikles und zeitaufwendiges Abklettern machbar. Vorsicht vor Lawinen - schon ein kleiner Rutsch kann einen hier ins Verderben reissen, alle Schneepassagen spielen sich über hohen Felswänden ab!

Topo

Daniel Perret hat einen Begehungsbericht mit prima Topo auf der Seite engelbergmountainguide.ch zur Verfügung gestellt, herzlichen Dank dafür! Ganz generell gibt es dort immer wieder sehr interessante Neuigkeiten zu lesen. Ja, im Engelberger Tal, da läuft etwas, man kann schon fast von einem Little Chamonix in der Zentralschweiz sprechen. Eine sehr begrüssenswerte Initiative, von der am Schluss ganz sicher alle profitieren. Wer einen kundigen Vorsteiger für diese Tour oder andere Unternehmungen in Engelberg sucht, findet in Daniel (oder einem seiner Kollegen) einen profunden Führer. Ebenfalls sehr empfehlenswert ist der Engelberg Outdoor Guide. Die Stei Route fehlt darin zwar (noch), viele andere coole Unternehmungen im Gebiet, wie Wanderungen, alpine Routen, Hochtouren, Biketouren, Skitouren, Freeride-Möglichkeiten, Sport- und Plaisir-Klettereien sind jedoch ausführlich und präzise beschrieben - way to go!


Mittwoch, 7. Dezember 2016

Eiger Experience

Genau ein Jahr ist es her, seit wir uns (leider erfolglos) in der Eiger Nordwand an der Heckmair versucht haben. Diese Tage wären die Verhältnisse deutlich besser als damals. In die Nähe dieses begehrten Ziels habe ich es diesen Herbst aber leider nicht geschafft, die Zeit ist mir ja selbst für einen neuen Eintrag auf dem Blog zu knapp. Immerhin gab's aber Gelegenheit, in der Nähe etwas Nordwandluft zu schnuppern. Und das hat wieder einmal gezeigt, dass es für tolle Berg-Erlebnisse keine weiten Reisen und bekannten Routen braucht. So gab's die Eiger Experience dieses Mal weniger als 1h von mir daheim entfernt.

Mir ist es sehr wohl bewusst, dass dieser Eintrag ausser für das Betrachten von ein paar vielleicht inspirierenden Bildern für einmal massiv weniger nützlich ist wie sonst. Das liegt daran, dass die lokalen Kletterer nicht zu viel Werbung und Information für Touren dieser Art möchten. Diesem Gebot will ich mich fügen und lasse somit vor allem die Fotos sprechen. Bei der Tour handelt es sich um eine 1200hm Tour mit Gesamtbewertung im Bereich D+, welche eine gelungene Mischung aus Frozen Turf, Fels, Eis und Schnee bietet. Das derzeit ideal gefrorene Gras klettert sich bei Steilheiten von bis zu 80 Grad mit Steigeisen und Eisgeräten wie perfektes Softeis oder harter Styroporschnee. Dazu interessante Felskletterei im Bereich M3/M4, Schneepassagen mit Ambiente bis 45 Grad und den dünnen Eisfall, den wir unterwegs angetroffen haben, liessen wir uns natürlich auch nicht entgehen, auch wenn der vielleicht auch leichter links oder rechts im Fels umgangen werden könnte.

Auf den ersten Metern nehmen wir gleich den Direkteinstieg...

So sieht diese Stelle im Rückblick aus. Coole Kraxelei!

Die erste Steilstelle im Gras - gefühlt beinahe senkrecht, aber die Geräte beissen perfekt!

Was für ein klassisches Bergsteigerbild!

Haltlose Grasflanke, die ersten 300hm sind im Schnitt gute 55 Grad steil. Ähnliche Kletterei wie in einer Firnwand.

Dieser 100m hohe Felsriegel in der 1200hm Wand ist die Crux. Wir wählen natürlich den dünnen Eisstreifen! Der war dann auch wirklich hammermässig zu klettern. Zum Sichern war das Eis aber deutlich zu mager, weshalb man auf Cams und Keile in den Randfelsen vertrauen musste. Zumindest bei diesen Verhältnissen könnte eine Umgehung im Fels links oder rechts womöglich einfacher sein.

Am Stand nach der ersten Crux. Es steckt in der ganzen Route überhaupt kein fixes Material. Das Mitführen von Keilen und Friends ist daher zwingend, sofern man sichern will. Die Möglichkeiten sind zwar nicht immer und überall üppig, aber mit Kennerblick und Spürnase finden sich schon genügend Möglichkeiten.

Mixed-Terrain nach der Schlüsselstelle, ab hier liegt nun auch etwas Schnee.

Grandioses Ambiente im oberen Wandteil, die Bedingungen auf den Schneefeldern perfekt. 

Auf dem grossen Schneefeld im oberen Teil, rund 40 Grad steil - je nach Verhältnissen sehr lawinengefährlich!

Dem Ausstieg entgegen - nochmals etwas Mixed-Kletterei.

Das letzte Couloir vor dem Gipfel - bald ist es geschafft!

Dienstag, 15. November 2016

Mein Weg zur 8b - Tag der Entscheidung

Lange Jahre war es mein Ziel, einmal eine Route im Grad 8b, oder eben einen UIAA 10er zu punkten. Nach über 25 Jahren im Klettersport und daher auch nicht mehr ganz jugendlichem Alter ist mir dies nun geglückt. Für einmal will ich nicht den Erfolg an sich oder die Route ins Zentrum stellen. Vielmehr soll es in einer losen Folge von Artikeln eine Auseinandersetzung darüber geben, was mir schliesslich nach all den Jahren an Kletterei den Erfolg doch noch ermöglicht hat. Das alles natürlich völlig ohne den Anspruch, die absolute Wahrheit und den heiligen Gral zum schweren Klettern zu besitzen. Dies wäre in jeder Hinsicht komplett verfehlt. Sowieso sind die individuellen Voraussetzungen, Stärken und Schwächen so unterschiedlich, dass es den für alle gleichermassen optimalen Weg gar nicht geben kann. Trotzdem mag man in dieser Artikelreihe vielleicht den einen oder anderen Gedankenanstoss zum Ausloten des persönlichen Kletterlimits finden...

Bevor wir zur grauen Theorie kommen, gibt's aber doch noch einige Anekdoten zur Begehung selbst. Also erstens habe ich mein Ziel nicht nur erfüllt, sondern sogar übererfüllt, steht doch bei besagter Route sogar eine 8b+ im Topo. Der Durchstieg hat mich einige Mühe gekostet: über ein Dutzend Mal bin ich ganz am Ende auf den letzten Zügen noch gescheitert, wovon alleine 3x mit dem Topgriff bereits in den Fingern. Das war nicht etwa pures Unvermögen, sondern die Durchstiegscrux befindet sich effektiv auf den allerletzten Metern, was das Projekt natürlich umso lohnender macht.

Tag der Entscheidung

Inzwischen war ich bereits zum fünften Mal mit dem Gefühl angereist, dass es an diesem Tag klappen könnte. Die Moves perfekt einprogrammiert, kräftemässig erholt, bei brauchbaren Bedingungen und mit einigermassen Haut auf den Fingern. Nach dem üblichen Aufwärmprogramm geht's los. Obwohl sich inzwischen eine gewisse Routine eingestellt hat, verbleibt doch auch etwas Nervosität - es sind der Nimbus der 8b und die Tatsache, dass das Kletter-Lebensziel in greifbarer Nähe herumschwirrt, aber doch erst gepackt werden will, immer mit der Befürchtung, es könnte auch wieder entschwinden. Der erste Versuch wie so oft, voller Punch, aber auch ein bisschen unruhig und koordinativ nicht zu 100% perfekt - trotz gutem Einwärmen, aber 7b+ ist halt nicht 8b+. Ich spule das Programm ab, die beiden verzweifelten Schnapper nach rechts gehen, ohne dass ich abkippe. Es bleibt der weite, dynamischen Zug an die 2cm breite Ausstiegsleiste. Bizeps- und Körperspannung lassen nach, dementsprechend mehr Dynamik ist gefragt, um die nötige Höhe zu machen. Die Finger sind auf der Leiste, bleiben 2 Sekunden drauf, dann kommt der Körperschwung und reisst mich doch noch in die Tiefe. Mist, so knapp war's noch nie.

Vielleicht der grösste Nachteil am Klettern in den höheren Schwierigkeitsgraden: die Griffe werden kleiner und kleiner, dementsprechend steigt das Risiko von Hautverletzungen stark an. Ich mag es gar nicht mehr zählen, wie viele Male ich deswegen in diesem Jahr ausser Gefecht war. Die Aufnahme übrigens vom Tag der Entscheidung, unmittelbar nach dem erfolgreichen Durchstieg...
Die Gedanken ans "hätte, wäre, wenn" sind so schnell wie möglich aus dem Kopf zu verbannen - bringt ja doch nichts. Da ich etwas Arbeit an den Fels mitgenommen habe, gelingt das sogar ziemlich gut. Ich gönne mir die übliche Stunde, bis ich an den nächsten Angriff denke - mit ausführlichem Aufwärmen davor natürlich. Ready, steady, go! Erfahrungsgemäss ist der zweite Versuch jeweils besser als der erste und nachdem vorher beinahe gar nix mehr gefehlt hat, muss es jetzt ja eigentlich klappen. Doch schon unterwegs merke ich, wie der Pump vom vorherigen Versuch noch nicht ganz aus den Adern gewichen ist. Aber aufgeben? Denkste! Der zweite Schnapper nach rechts (und damit der zweitletzte Move in der Route) geht nur knapp, und so kann ich nicht einmal mehr richtig zum Schlussdynamo ansetzen. Dumm, Dumm, Dumm! Scheint so, als ob es auch heute wieder nichts wird. Kräftemässig war das bereits weniger und die Haut am linken Zeigfinger ist auch bereits hauchdünn, das Blut scheint bereits durch. Es ist vor allem ein messerscharfer Kleingriff auf den letzten Zügen, der hier nicht mehr als 3 Versuche pro Tag zulässt. Anyway, da ich schon vor Ort bin und sowieso frühestens in 1 Woche wieder werde antreten können, will ich noch einen dritten Go geben. Wiederum etwas Lockern, Kaffee trinken, bisschen Arbeiten, das Aufwärmprogramm. Der Druck ist schon etwas abgefallen: es waren gute Versuche, besser denn je. Mit dem Fortschritt kann ich leben, auch wenn's an dem Tag noch nicht klappt.

Ich steige ein. Natürlich nochmals top motiviert und fokussiert auf die Aufgabe. Im Hinterkopf vor allem ein Gedanke: egal wie sehr es am scharfen Kleingriff schmerzt, zudrücken so fest wie es geht - nur ein einziges Mal, was nachher ist spielt keine Rolle mehr. Die schweren Moves kommen, ich werde mir meiner Leichtigkeit gewahr - der Pump von den ersten Versuch ist verflogen. Dann der Kleingriff, zukrallen bis der Arzt kommt. Die Haut reisst auf, ich merke es sogar. Die Schnapper nach rechts sitzen souverän und ich setze zum letzten, dynamischen Zug an. Der Kopf ist komplett leer, der Fokus im hier und jetzt - die letzte Sicherung weit unter den Füssen. Wie in Zeitlupe schnellt meine Hand nach oben, berührt die Leiste. Das Gefühl, vom Körperschwung doch noch in die Tiefe gerissen zu werden, kenne ich bereits. Doch dieses Mal ist es anders. Ein bisschen mehr Spannung und ein bisschen mehr Präzision. Ich kann mich stabilisieren. Rasch die Füsse umstellen, den Umlenker klippen. Ein Urschrei erhallt, die Emotionen müssen raus - ich kann's kaum glauben, 8b+ rotpunkt.

Donnerstag, 3. November 2016

Ofen - Spielverderber (7b+)

Der Ofen ist so etwas wie ein alter Kumpel, den man im Herbst gerne wieder einmal besucht. Schon seit bald 20 Jahren bin ich hier oben immer wieder einmal zu Gange, und so wollte ich auch dieses Jahr auf einen Besuch vor dem Einwintern nicht verzichten. Auf dem Radar war der Spielverderber (7b+) von Sämi Speck und Gefährten. Zwar sehr selten begangen bisher, doch auch diese Wandzone sah sehr verlockend aus. Und genau so entpuppte sich die Sache: steile, griffige und spektakuläre Kletterei von hoher Güteklasse.

Zuerst galt es wie immer den "2:45h"-Zustieg hinter sich zu bringen. Wir nahmen das Bike mit, vor allem zwecks einer raschen Heimkehr am Abend. Witzig ist ja noch, dass Jürg von Känel im Extrem 1994 schrieb, dass man das Ende der fahrbaren Strasse bei Unter Boden "mit einer durchschnittlichen Mittelgebirgskondition locker in 25 Minuten erreicht". Im Extrem Ost schreibt Sandro dann hingegen 20 Jahre später von 45 Minuten Fahrzeit. Tja, so verschieben sich die Massstäbe ;-) Anyway, wir radelten nach unserem Aufbruch um 8.10 Uhr für genau 40 Minuten. Nach 1990er-Massstäben also eine deutlich unterdurchschnittliche Mittelgebirgskondition, das müssen wir uns gefallen lassen. Erwähnt sei an dieser Stelle auch noch, dass man für den Weg hinauf zu Fuss und mit dem Bike +/- gleich viel Zeit braucht - das Velo zahlt sich erst für die Fahrt ins Tal aus.

Die Wände am Ofen. Hier gibt's über 30 MSL-Routen von 200-250m Länge. The Place to Be im Spätherbst!
Beim Unter Boden wird das Zweirad deponiert und es folgt der Fussaufstieg zum Wandfuss. Zuerst auf dem Bergweg, dann auf schwachen Wegspuren die steile Südflanke zum Einstieg von Halma und zuletzt noch etwa 50m über beinahe wendenmässig steile, exponierte Schrofen (ca. T5, Vorsicht!) gegen rechts hinaus zum Spielverderber. Noch vor 9.40 Uhr waren wir dort, viel schneller als in der Literatur angegeben also. Witzig war auch die Tatsache, dass wir am Einstieg auf ein bekanntes Gesicht trafen, das die Route mangels Kletterpartner im Rope Solo angehen wollte. Logisch, dass wir ihm anboten, sich bei uns ans eine Doppelseil zu hängen. So starteten wir um ca. 10.00 Uhr in die Route.

L1, 40m, 6b: Eher unattraktives Teilstück, das als nochmals verschärfter Teil des Zustiegs zu sehen ist. Je nachdem ob man eher links im Gemüse oder rechts auf den irre glatten Platten klettert, lässt sich die Schwierigkeit so ziemlich nach persönlichem Belieben zwischen T6 und 7c kalibrieren.

L2, 35m, 7b: Nun folgt bereits das erste Pièce de Résistance. Ein gewaltiger, gelbgrauer Überhang baut sich vor einem auf, durch welchen die Erstbegeher einen komplexen Weg gefunden haben. Nun gut, von den zahlreichen Ofen-Begehungen wissen wir immerhin, dass hier wohl viele Henkel zu finden sind. So ist es denn auch - da die Länge aber gegen 10m überhängt (!!!), ist's dennoch enorm pumpig - und zudem ein ziemlicher Kaltstart, die erste, flache Länge ist kein adäquater Aufwärmer. Die Crux zur ersten Fixschlinge hin mit weiten Zügen und 2x nur durchschnittlichen Griffen, und auch nach der zweiter Fixschlinge wartet nochmals ein knifflige Passage. Vor allem aber ist's eben anhaltend, klar gibt's hier und da mal einen kernigen Henkel, aber eine richtig gute Ruheposition dann eben doch nicht. Achtung Seilzug, lang einhängen!

Unterwegs in der extrem steilen und henkligen L2 (7b). Mangels Referenz lässt sich der Überhang nur erahnen...
L3, 35m, 6b: Nur mässig attraktive Seillänge, die ersten 10-15m verlaufen im Fels mit nicht zu unterschätzenden Moves, sofern man nicht links ins brüchig-einfachere Gelände ausweicht. Danach lange Querung nach rechts im Gehgelände auf einem Band.

L4, 48m, 7a: Wow, diese Seillänge ist wirklich mega mega! Noch selten habe ich eine dermassen flowige Seillänge geklettert. Es handelt sich um knapp senkrechtes Gelände technischer Natur. Der Fels ist rau, mit super Reibung und gerade der nötigen Struktur. Gute Griffe gibt's fast keine, aber wenn man sich geschickt positioniert und den Füssen traut, so gewinnt man mit abgefahrenen und abwechslungsreichen Bewegungen doch Meter für Meter. Ständig will es aber wohlüberlegt sein, wie man es anstellt, damit man nicht in eine Sackgasse gerät oder rauskippt - wie ein Rätsel, das es zu dechiffrieren gibt. Die Schwierigkeiten sind anhaltend, aber nie "desperate", ich für meinen Teil kann nicht sagen, wo die Crux war. Ebenfalls noch wissenswert: die Haken stecken hier in gesunden Abständen, und man muss schon ordentlich weitersteigen. Nichtsdestotrotz "gut abgesichert", d.h. die Bolts stecken fair und sinnvoll, gefährlich ist's nicht.

Unterwegs in der Hammerlänge L4 (7a) - sieht auf dem Bild wesentlich weniger spektakulär aus, wie es sich klettert.
L5, 30m, 7b+: Und nun die Crux: die etwa 3m ausladende Dachzone, welche man nach ein paar einfachen Metern erreicht, bildet diese. Sofort wird man sich gewahr, dass an dieser Stelle die sonst üppig vorhandenen Schlitze in den Querfugen meist geschlossen sind. Einfach strecken und hinten-aussen blind den nächsten Griff zu fassen funktioniert hier nicht wirklich und es ist ob der Steilheit sehr unübersichtlich. Mein Onsight-Versuch endet schon beim Move an die Dachkante - gewusst wie ist das aber noch nicht mal schwer. Von der Dachkante dann ein irre weiter, dynamischer Move an einen von unten aus der Kletterposition kaum zu erahnenden Schlitz. Damit ist's aber nicht gegessen, die Füsse wollen dann ziemlich trittlos übers Dach gebracht werden, ein heikler Klipp ist nötig und wirklich gerettet ist man (vor)erst nach einer knifflig-kleingriffigen und trittarmen Traverse nach rechts, unmittelbar ob der Dachkante. Bei einem Ruhepunkt kann man etwas verschnaufen, was durchaus anzuraten ist. Die obere, betont senkrechte Wand mit ein paar fetzenscharfen Tropflöchern und seichten Querschlitzen fordert nochmals richtig - v.a. die Passage vom zweitletzten zum letzten Bolt ist zwingend und zäh, nach meinem Empfinden schwerer wie die 7a-Moves in L4.

Hier sieht man's: überragende Felsqualität und zügige Hakenabstände auf der zweiten Hälfte von L5 (7b+).
L6, 25m, 6b+: Ziemlich gerupft erreichte ich (den zum Glück wirklich bequemen) Stand und konnte mich mit den Bemühungen meiner Nachsteiger unterhalten. Das Routenende schien bereits nahe, und diese letzte Seillänge von moderater Schwierigkeit würde ja wohl kein Hindernis mehr darstellen. Doch schon die ersten Moves in einer steilen Verschneidung sind nicht ganz einfach. Nach einer kurz leicht splittrigen Passage wartet dann ein zwingende, kleingriffige und trittarme Wandstelle. Wie ich es auch anstellte, irgendwie fand ich lange keine stabile Lösung - nur um dann schlussendlich doch noch irgendwie mühelos darüber hinwegzuschweben. Mit ein paar steilen und griffigen Moves in nun wiederum prima Fels geht's die letzten 10m hinauf zum Ausstiegsstand.

Die letzten Meter zum Ausstieg in L6 (6b+) sind nochmals schön, es ist sowieso die beste der Sechser-Längen.
Es ist schon 14.50 Uhr, als wir alle am Ausstieg sind, somit hatten wir für die 6 Längen doch etwa 4:45h gebraucht. Das lässt sich aber schon erklären, erstens waren wir als Dreierseilschaft unterwegs und liessen in den steilen Passagen einen gebührenden Abstand zwischen den Nachsteigern. Zudem braucht die anhaltende L2 Zeit, um sich an den Henkeln den Pump runterzuschütteln, in der konstant technisch-schweren L4 gilt es sauber rumzukniffeln und in L5 wollte eine tragfähige, frei kletterbare Lösung erst entschlüsselt werden. Aber es gab ja sowieso auch nichts zu pressieren, denn es herrschte ganz einfach bombiges Herbstwetter mit stahlblauem Himmel und sehr angenehmen Temperaturen. Stolz trugen wir die erst sechste Begehung ins Wandbuch ein - eigentlich unglaublich, dass eine solch schöne und eindrückliche Route bisher kaum Wiederholer gefunden hat.

Nach der Empfehlung im Bericht von Simone hatte wir die 60m-Seile für den Weg in die Tiefe mitgenommen. Das empfiehlt sich hier durchaus. Die obersten beiden Längen gehen in einer Strecke, dann erledigt man wiederum zwei Stück zum Stand nach der 7b, von wo es mit Seildehnung und Ausnützen der letzten Zentimeter gerade bis zum Einstieg reicht. Nur drei Manöver also, und dank der steilen Wand positionieren sich die Seile jeweils bequem selber. So sind wir rasch am Einstieg zurück. Hier herrscht ein sehr angenehmes Klima und eigentlich wäre es genau richtig, hier nun noch etwas an der Sonne zu plegern. Doch einerseits die bereits abgestiegenen Mitfahrer, andererseits der Boulder-Plauschwettkampf (welch ein Aufwärmprogramm ;-)) und in meinem Fall die auf Papi-Action wartenden Kinder mahnen uns, gleich den Weg nach Hause anzutreten. Per Geröllsurf geht's auf den ersten Boden hinunter, zügig wird der Bergweg beschritten, um dann aufs Rad zu sitzen - und da stellen wir fest, dass sich das Hochtrampeln frühmorgens gelohnt hat. Was wir in 40 Minuten raufgekurbelt sind, lässt sich im Nu in 5 Minuten mit fliegenden Fahnen runterbrettern. Nur gut eine Stunde nach dem Aufbruch am Top sitzen wir bereits auf dem Polster und cruisen zurück ins neblige Unterland.

Facts

Ofen - Spielverderber 7b+ (6c+ obl.) - 6 SL, 210m - Speck/Cupic/Burch 2009 - ****;xxx
Material: 2x50m oder fürs Abseilen bequemer, 2x60m-Seile, 10 Express, Keile/Friends nicht nötig

Lässige, griffig-steile und spektakuläre Kletterei im rechten Wandteil am Ofen. Während die drei einfacheren Teilstücke nicht ganz so attraktiv sind, bilden die drei Längen im siebten Franzosengrad ein herrliches, abwechslungsreiches Feuerwerk: ein irre pumpiges, 10m überhängendes 7b-Henkel-Turnfest, eine unglaublich flowige, anhaltende 50m-7a und die Dachboulder-7b+ mit fetzenscharfem Ausstiegsgelände sind wirklich exzellent. Die Felsqualität ist bis auf die etwas grasig-einfachen Meter gut, v.a. die 7b ist jedoch aufgrund der wenigen Begehungen noch etwas knusprig-brösmelig - aber easy, sowas gehört einfach dazu. Die Route ist mit verzinkten Bohrhaken, welche Ende 2016 noch prima im Schuss sind, gut abgesichert. Während die Haken sinnvoll und fair platziert sind und gefährliche Stürze kaum möglich sind, so werden an den Vorsteiger doch gewisse Anforderungen gestellt - die Route ist anspruchsvoller wie andere Sämi-Kreationen (z.B. Rittergold, Speck-Kante, Lochblick). Dennoch, 7a obligatorisch wie im Originaltopo und der Literatur angegeben ist vermutlich doch eher hoch gegriffen, ich habe hier auf 6c+ korrigiert, 6c reicht vermutlich sogar auch noch (halt immer schwer zu sagen, wenn man es gut klettern kann). Auf jeden Fall sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass die im Extrem Ost gleich bewertete Planet der Affen (7b+ max, 7a obl, xxx) schon nochmals deutlich höhere Ansprüche stellt. Die im Topo erwähnten Cams 0.3-0.75 habe ich mitgeführt, jedoch nie eingesetzt - ich empfand sie weder als nötig, noch habe ich wirklich sinnvolle und gut nutzbare Placements gesehen. Wie bereits erwähnt, mit 2x50m-Seilen lässt sich die Route zwar gut klettern und auch abseilen. Es braucht dazu jedoch 6 Manöver, mit 2x60m lässt sich hingegen jeder zweite Stand überspringen - wer 60er-Stricke hat, kann damit die Abseilfahrt ein rechtes Stück bequemer und zügiger gestalten. 

WICHTIG


Vom 15.11-15.6. jeden Jahres soll am Ofen aus Wildschutzgründen nicht geklettert werden und die Strasse nach Unter Boden ist ganzjährig mit einem Fahrverbot für Motorfahrzeuge belegt. Bitte halte auch du dich daran!


Topo

Der Ofen ist im Extrem Ost und im SAC-Kletterführer Zentralschweizer Voralpen Band Südwest ausführlich beschrieben. Ein vollständiges, sehr gutes Gratis-Topo mit allen Routen gibt es aus der Feder von Hans Ettlin auf den Seiten vom Sportcamp im Melchtal. Oder man greift auf die Skizze von Erstbegeher Sämi Speck zurück, mehr braucht es eigentlich nicht.

Topo von Erstbegeher Sämi Speck. Quelle: bergfuehrer-speck.ch

Sonntag, 30. Oktober 2016

Ibergeregg News

Die Felstürme des Chli Schijen auf der Ibergeregg bilden ein Kletterparadies für Gross und Klein, für Plaisirkletterer und Hardmover. Die Vorzüge des Gebiets treten vor allem im Herbst zu Tage, weil die Lage auf 1500m für viel Sonnenschein über dem Nebelmeer in den Niederungen sorgt. Einzig um einen Geheimtipp handelt es sich dabei definitiv nicht. Dennoch, auch mir gefällt's dort oben super, und viele Herausforderungen warten noch. Seit heute sogar noch zwei mehr.

Tolles Ambiente am Nebelmeer, welches über dem Vierwaldstättersee wabert.
Am kleinen Zahn, der unmittelbar über dem Zustiegsweg thront und sich unweit vom beliebtesten Sektor am Westgipfel befindet, gab's neben zwei aufgegebenen Technorouten schon seit längerer Zeit das Dynamo-Testpiece "Geduldig & Stark" (8a), welche ich im Mai dieses Jahres rotpunkt klettern konnte (Bericht). Links davon konnte ich das überhängende und grossgriffige, lässige Kanten-Rüteli mit dem Namen "Lapin de Bülach" (6b+) einrichten. Tja, und rechts der "Geduldig & Stark" wartet meine grosse Challenge. Das neu eingebohrte Projekt ist ganz bestimmt kletterbar, unter 8b ist's aber kaum anzusiedeln. Fraglich also, ob ich hier den roten Punkt je werde markieren können - ich freue mich aber umso mehr aufs Probieren, ganz unabhängig vom Resultat.

Facts

Der Klettergarten Chli Schijen auf der Ibergeregg hält gegen 100 Routen von ganz einfach bis 9a bereit. Es handelt sich um eine Gruppe von freistehenden Felsnadeln und Riffen. Das Gelände ist ziemlich verwinkelt und man braucht eine gewisse Zeit, bis man sich orientieren kann. Wer sucht, der findet aber von der grossgriffigen, geneigten Anfängerkletterei bis zu massiv überhängender Wandkletterei fast alles, was das Herz begehrt. Leider gibt es aktuell keinen Kletterführer, welcher alle Möglichkeiten vollständig auflistet und der wirklich auf dem neusten Stand ist. Hier gibt es ein frei verfügbares PDF, welches aber doch ziemlich gut weiterhilft. Und den Rest kann man ja selber entdecken. Die beste Jahreszeit, um am Chli Schijen zu klettern ist ganz sicher im Herbst über dem Nebelmeer. Im Frühling bleiben hingegen viele der schweren Sportkletterrouten recht lange nass. 

Dienstag, 25. Oktober 2016

Rätikon - Hannibals Alptraum (7c)

Diese Route ist ein Meisterwerk von Martin Scheel und Röbi Bösch aus dem Jahr 1986 und damit bereits über 30 Jahre alt. Auch wenn in den Kletterführern bloss eine Maximalbewertung von 7c steht, so gilt Hannibals Alptraum auch heute noch als Testpiece für den alpinen Sportkletterer. Plattig, technisch und anspruchsvoll gesichert, ja einfach so richtig Old-School. Dementsprechend rar sind auch die erfolgreichen Begehungen. Obwohl es viele lockt, so schrecken doch die meisten vor dem Ruf zurück. Nina Caprez hat diesen nach ihrer Begehung mit der Aufwertung von 3 Seillängen auf 8a noch weiter befeuert, siehe (1,2). Trotzdem wollten wir einmal schauen... beide hatten wir kürzliche Erfolge im Grad 8b und darüber hinaus in der Tasche, ob wir wohl auch auf die Welt kommen würden?!?

Die Südwand der vierten Kirchlispitze mit dem Verlauf von Hannibals Alptraum (7c).
Der Oktober 2016 zeichnete sich nicht gerade durch sommerliche Wärme aus, und so waren auch für den Tag unserer Begehung tiefe Temperaturen und eine ziemlich unklare Nebelobergrenze angesagt. Wir kurvten ins gottverlassene Gebirge und tatsächlich: die Temperaturanzeige am Auto mit dem Bindestrich vor den Zahlen war nicht falsch, auch der Boden war gefroren. Immerhin konnten wir das Nebelmeer auf 1500m aber unter uns zurücklassen und bei schönstem Sonnenschein und grandioser Herbststimmung zum Elefantenbauch an der vierten Kirchlispitze hinaufsteigen. Der Weg war uns natürlich bestens bekannt, waren wir doch beide erst kürzlich für die Prix Garantie vor Ort. Wir stellten fest, dass jemand die nicht mehr taufrischen Fixseile ausgetauscht hatte - vielen Dank an unbekannt für diesen Service. Bei angenehmen Temperaturen machten wir uns in der Nische unter dem Silbergeier bereit. Reichlich warme Kleider wurden aber dennoch in den Haulbag eingepackt, denn... wer weiss schon. Bereits jetzt war sichtbar, dass die Nebelschwaden vor allem eine Richtung kannten, nämlich die nach oben. Um 10.30 Uhr ging's los mit der Kletterei.

Der Nebel hatte an diesem Tag das Konzept der Obergrenze leider nicht so ganz richtig intus... überall wölkt's und quellt's!
L1, 40m, 7b+: Entgegen aller Befürchtungen denkt man sich vom Einstieg, dass die Bohrhaken ja eigentlich recht dicht stecken. Dieser Eindruck täuscht zwar nicht, allerdings sind sie natürlich auch nicht grundlos da. Schon vom ersten Meter an ist die Kletterei anspruchsvoll und es lässt nicht nach. Es folgt die erste im Originaltopo mit 8+ bewertete Einzelstelle - wir finden aber eine gute Lösung und kommen zum Rastpunkt nach dem ersten Wandl durch. Die Crux der Seillänge dann aber am steilen Auftakt zur zweiten Hälfte (obwohl hier im Topo nur eine 8 steht). Das vermeintliche Reichweitenproblem lässt sich auch mit meiner Spannweite unmöglich lösen, saublöd antreten und schwer moven ist die einzige Alternative. Danach weitere, erstaunlich athletische Moves dafür, dass die Wand kaum senkrecht ist. Weil es aber auch kaum Tritte gibt und man ständig den Druck auf den Füssen aufrecht erhalten muss, fordert es dennoch enorm Körperspannung, Finger- und Oberarmkraft. Danach kommen tatsächlich ein paar gemütliche Meter (mit 7 bewertet), bevor das etwas weniger schöne Finish nochmals sorgfältige Planung erfordert. Dani steigt Onsight, mich spickt's an der Stelle am Anfang der zweiten Hälfte. Wir gelangen zur Einsicht, dass die Länge vielleicht einen Tick einfacher wie die L1 der Prix Garantie (7c) gleich nebenan ist. Somit ist 7b+ sicherlich ein passender Grad, 7a+ wie in diversen Kletterführern ist fernab jeder Realität, sowieso auch im Angesicht der Tatsache, dass die schwersten Einzelstellen bereits den Grad 8+ (7a+/7b) verlangen.

In L1 (7b+) von Hannibals Alptraum, die schwersten Meter sind eben gemeistert. Rechts vom Haulseil Prix Garantie (7c).
L2, 35m, 7c: Die ersten Meter nach dem Stand klettern sich ohne grössere Schwierigkeiten (7+), doch dann kommt die Stelle mit dem ominösen Doppelbohrhaken. Den unteren der beiden kann man anklettern, derjenige 30cm weiter oben... naja, der hilft halt eben optimal, um den folgenden, heftigen Plattenboulder (Crux der Länge, 9-) A0 zu bewältigen. Wir schmieren an dieser Stelle beide ab - sie ist praktisch grifflos, sauber antreten und Gleichgewicht halten sind gefragt. Da noch viele Meter warten, halten wir uns (dummerweise) nicht länger damit auf und steigen weiter. Die A0-Möglichkeit bezahlt man mit einem fordernden Platten-Runout (8) an kleinen, etwas fragilen Schüppchen, bevor dann ein richtig langer Abstand bei einfacher Kletterei (7) folgt. Die nun folgende Linksquerung ist tricky (8, sehr gut gesichert), das Finish dann einfach affengeil. Genau in der richtigen Menge hat's hier ein paar kleine Schüppchen und Tropflöcher in der ansonsten arschglatten Wand, damit's gerade aufgeht - ein wahres Wunderwerk der Natur. Nachdem wir den Plattenboulder dieser Länge beide nicht lösen konnten, ist es natürlich schwierig, einen präzisen Bewertungsvorschlag abzugeben. So 7c (und damit gleich wie L1 von Prix Garantie) könnte aber etwa hinkommen - man muss hier wohl einfach etwas Üben, damit man einmal schnallt, wohin genau angetreten werden muss, und wie man genau das Gewicht verlagern muss.

Die Stelle am ominösen Doppelbohrhaken in L2 (7c). Von dieser, gut erreichbaren Position muss man horizontal und quasi grifflos über die fein ziselierte, raue Platte klettern, bis man die erkennbaren Schuppen links aussen zu fassen kriegt. Am schwersten sind gleich die Moves aus der abgebildeten Position weg.
L3, 35m, 7c: Schon gleich aus dem Stand raus ist die Kletterei bei sehr guter Absicherung fordernd (8). Total geniale und abgefahrene Moves aber. Hoch antreten, reinstemmen, Tropflochcrims krallen, alles was das Herz begehrt, die Felsqualität super. Nach dieser ersten Mauer geht's kurz easy dahin (ohne Bewertung, ca. 7). Auch die ersten Meter der diagonalen Rechtsquerung klettern sich noch besser, als man vermuten könnte. Die fixen Petzl-Exen in den folgenden Bolts (vielen Dank!) lassen dann aber hohe Schwierigkeiten vermuten und prompt kommt es so (9-). Gut gesichert zwar, aber zwingend gilt es die senkrechte Wand zu klettern. Wiederum für die Steilheit erstaunlich athletisch, aber eben erneut so gut wie trittlos - von den Seitgriffen Druck auf die Füsse zu bringen und vorwärts zu moven ist enorm schwierig. Über etwa 5m ist's anhaltend, dazu mit einem heiklen Klipp garniert, danach lässt's nach und geht mit einem einfacher werdenden Runout zum Stand. Dani zieht es durch, ich kriege die Crux hingegen nicht auf Anhieb gebacken. Als Bewertung würden wir hier in etwa den Grad 7c vorschlagen.

Ausblick auf L3 (7c). Erst formidable Wandkletterei, dann etwas einfacher bei der Schuppe und die Crux durch die obere Wand.
In der Crux von L3 (7c), für links ein Seitgriffsloper, für rechts der ultimative Henkel ;-), die Tritte so gut wie inexistent.
L4, 35m, 7c: Gemäss diversen Topos wird diese Länge als Crux (7c) bezeichnet, uns ist sie hingegen in Summe fast am besten gelaufen. Nach wenigen gut machbaren Metern wird's schon schwierig (8) - rechtsrum oder linksrum ist die Frage. Beide gehen, einfach ist keine, der linke Weg ist aber etwas weniger kühn. Nach einem ziemlichen Runout (8-, eher etwas einfacher), wo die Griffe aber da sind, folgt dann das Herzstück dieser Länge. Eine seichte Verschneidung unter dem Abschlusswulst. Auf einem aus der Luft aufgenommenen Foto von Nina Caprez hatte ich diesen Abschnitt "als sicher noch coole, wohl dem Aussehen nach nicht allzu schwere Kletterei" eingestuft. Aber wie man sich täuschen kann! Griffe und Tritte hat es irgendwie keine nennenswerten, der Fels ist aber rauh und strukturiert. So stemmt, schiebt und patscht man sich in die Höhe... und tatsächlich, es geht, voll genial! Im Vorstieg ist diese Stelle (8+) sicherlich sehr unangenehm. Die Hakenabstände sind wohl nicht extrem weit, aber es ist doch ultrazwingend und so griff- und trittlos 2m über dem Bolt an der absoluten Abschmiergrenze cool zu bleiben, das erfordert einfach ein ultrasolides Nervenköstum. Dani weist das auf und steigt Onsight durch, der absolute Wahnsinn. Mir gelingt dann im Nachstieg etwas überraschend der Flash - irgendwie fühlte es sich vom Schauen her unmöglich an, trotz Seil von oben auch etwas unangenehm, aber mangels Alternativen ich habe einfach gemacht, und irgendwann war die Stelle vorbei. Zum Schluss geht's dann noch über den Wulst hinweg, aber da hat's griffige Risse und daher ist das kein Problem. Schwierigkeit: in etwa gleich wie die Längen davor, ergo 7c. Schwerer kaum, sonst hätten wir das wohl nicht auf Anhieb durchgestiegen. Aber wie erwähnt, für den Vorsteiger psychisch sicher der anspruchsvollste Brocken.

Hey yo, brother, 8a flash!!! L4 (hier die leichten, letzten Meter) fordern vom Vorsteiger alles ab, da man hier deutlich über dem Haken sehr gewagte und kaum kontrollierbare Stemm-Moves an der äussersten Haftgrenze vornehmen muss. Irgendwie waren Grip und Gravitation aber gnädig gestimmt, und so konnten wir hier beide sauber durchsteigen. Deshalb dürfte sich diese Länge kaum oberhalb von 7c bewegen.
L5, 25m, 7b+: Bis zu dieser Stelle hatten wir von prima Bedingungen profitieren können. Wiewohl, die Lufttemperaturen lagen bestimmt unter dem Gefrierpunkt. Das schliesse ich jetzt mal daraus, dass die Nullgradgrenze auf 1900m lag, während wir auf 2400m kletterten. Dank der Sonne, wenig Wind und der trockenen Luft oberhalb des Nebels ging's gut, der Grip war natürlich ideal. Doch nun wurden wir eingenebelt. Feuchte Luft, plötzlich lästiger Wind, unternull - trotz Ausrüstung wurde es rasch garstig. Somit haben wir von dieser letzten Seillänge vielleicht einen schlechteren Eindruck erhalten, als es in Realität ist. Mit klammen Händen geht's gleich los mit einer schweren Boulderstelle (8+/9-) an scharfen Tropflöchern - voll reinkrallen (autsch!) und auf den Sloper links aussen patschen, diffizil auflösen. In der Folge ist dann nicht ganz klar, ob man sich besser an das nicht ganz so kompakte Gelände links hält, oder direkt am Pfeiler klettert. Wir können es nicht recht beantworten - direkt sieht's nicht recht griffig aus, links ist's aber auch mühsam an reichlich runden Rissen. Gemäss dem Originaltopo warten hier nochmals zwei 8er-Stellen und es geht die Wand hoch. Die Absicherung ist prima, die Linie sicher etwas gesucht - wobei ich's bestimmt auch so eingebohrt hätte. Nach einem letzten, heiklen Move (8-) geht's dann ums Eck auf den Pfeilergipfel und wir haben's geschafft. Als Bewertung schreibe ich hier einmal 7b+ auf, ob der garstigen Bedingungen stiegen wir aber beide nicht durch und sind in dieser Hinsicht unsicher. Sicherlich ist's aber nicht markant einfacher wie die unteren Seillängen, zumal auch die Einzelstellenbewertung (8+/9-) höher liegt als in L1 und L4.

Das Top am Ende von L5 (7b+) erreicht, die Temperaturen inzwischen ganz schön frisch...
Vom Top der Route wären es noch rund 60m bis auf den Gipfel. Etwas linkshaltend käme man da in Vierer- bis Fünfergelände hin. Oder aber, man könnte die 20m hohe Wandstufe diagonal rechts hoch zum gut sichtbaren, vorletzten Stand der Prix Garantie klettern (für beides: Keile/Friends nötig). Eine weitere Idee von uns war es noch, über den Silbergeier abzuseilen, um dort mal einen Blick werfen zu können. Aber da hatten wir die Rechnung noch ohne den Nebel und den Windchill gemacht. Die gefühlte Temperatur lag wohl so bei -10 Grad, und was als gemütliches MSL-Sportklettern bei Sonnenschein begonnen hatte, entwickelte sich langsam zum seriösen Alpinabenteuer. Nix wie runter, hiess also die Devise - aber dabei natürlich trotzdem konzentriert bleiben und ja keinen Fehler machen. Effizient gelangten wir zurück zum Einstieg, dort unten blies der Wind nicht mehr so stark und es war schon deutlich angenehmer. Nach einem Vesper und letzten Aufräumarbeiten am Einstieg der Prix Garantie ging's dann an den Fixseilen und per Geröllsurf zügig in die Tiefe. Zurück beim Auto der gespannte Blick auf die Temperaturanzeige - ja, die waren den ganzen Tag nicht über den Gefrierpunkt gekommen. Zwei Spinner auf Tour im bereits winterlichen und deshalb verwaisten Rätikon, könnte man also konstatieren. Für uns war's aber ein genialer Tag, gut den genutzt zu haben. Und Hannibals Alptraum hatte genau das geliefert, was wir uns davon versprochen hatten.

Wie immer, tolles Ambiente im Rätikon. Im Herbst, wenn so ganz menschenleer ist, umso besser!
Ob die Route auch für mich Rotpunkt möglich sein könnte? Immerhin konnte ich bis auf wenige Meter alle Stellen gleich auf Anhieb klettern. Natürlich, dies dann auch im Vorstieg und mit dem Rotpunkt-Druck noch zu machen, ist eine ganz andere Geschichte... Man muss aber auch bedenken, wie solche Route üblicherweise in den Beiträgen geklettert wird, welche wir in den sozialen Medien mit "gefällt mir" beurteilen (habe es nun oft genug live vor Ort gesehen) - da wird die Route komplett mit Fixseilen eingerichtet, so dass man sich die Seillänge, welche man bearbeitet nach Belieben aussuchen kann. Selbstverständlich wird zuerst im Toprope genau ausgecheckt, ausführlich markiert und mit verlängerten Schlingen usw. ideal präpariert. Und selbst so sind sturzfreie Gesamtdurchstiege eine grosse Seltenheit - oft wird die Sache schon abgehakt, wenn alle Längen einmal gepunktet sind. Man darf sich einfach nicht der Illusion hingeben, dass man eine solche Route (noch dazu als Amateur) erfolgreich Rotpunkt meistert, indem man unten mit seinen 10 Express am Gurt einsteigt und dann in einem Anlauf bis zum Top durchklettert. Bei den Profis läuft's meist ein bisschen anders, als wir Normalos das üblicherweise beim Alpinklettern machen. Ob diese Belagerungstechnik hingegen Spass macht, oder der rote Punkt ungeachtet von Aufwand und Stil über allem anderen stehen soll, ist dann hingegen wieder eine andere Frage...

Facts

4. Kirchlispitze - Hannibals Alptraum 7c (7b obl.) - 5 SL, 170m - Scheel/Bösch 1986 - *****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Steigklemme fürs Fixseil, Keile/Friends nicht nötig

Ein Meisterwerk des alpinen Sportkletterns in der berühmten Südwand der vierten Kirchlispitze. Praktisch vom ersten bis zum letzten Meter wartet anspruchsvolle Kletterei, welche sich bis auf ein paar noch schwerere Einzelstellen fast durchgehen im achten UIAA-Schwierigkeitsgrad abspielt. Die Moves sind sehr technisch - die Wand ist meist knapp senkrecht und dabei arm an Griffen und Tritten. Der Fels ist aber zum grössten Teil vorzüglich, rau und mit hervorragender Reibung, so dass man sich auch an einem Hauch von nichts in die Höhe zaubern kann. Monieren kann man einzig, dass man sich teilweise an kleinsten Schüppchen bedient, welche hie und da etwas fragil wirken und teils auch schon weggebrochen sind. Trotzdem reicht's auf jeden Fall für 5 Schönheitssterne - Weltklasse! Von den Aspiranten werden gute Fusstechnik, Balance, Körpergefühl, Fingerkraft und trotzdem auch Athletik und Körperspannung gefordert. Und vor allem natürlich ein solides Nervenkostüm. Die Absicherung darf man zwar durchaus als "gut" bezeichnen (xxx), weite Abstände kommen kaum, und wenn dann wirklich nur auf den wenigen einfacheren Metern vor. Trotzdem ist die Kletterei halt aber einfach auch zwischen den Haken anhaltend schwer und zwingend zu meistern, noch dazu in einem mit reiner Kraft schwer kontrollierbaren Stil, oft hart am rauskippen. Keile und Friends kann man getrost zuhause lassen, auch wenn an 2-3 einfacheren Stellen noch die eine oder andere Sicherung platziert werden könnte - in der Regel ist da aber auch ein Bohrhaken in unmittelbarer Nähe, oder man würde nur riskieren, eine zum Klettern wichtige Schuppe beim Sturz abzusprengen.

Topo

Das Originaltopo von Martin Scheel stimmt nach wie vor uneingeschränkt. Die Route befindet sich 30 Jahre nach der Erstbegehung noch im Originalzustand. Das Hakenmaterial besteht aus Mammut-Ringhaken und Kronenbolts, es wirkt ein bisschen veraltet und sanierungsbedürftig. Nachdem die Haken aber relativ eng stecken, fanden wir es durchaus noch im akzeptablen Bereich.

Nach wie vor aktuelles Originaltopo von Martin Scheel. Quelle: azoom.ch
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Sehenswert auch das brandneue Video von Dani Arnold, welcher die Route am Tag nach unserer Begehung Rotpunkt klettern konnte...