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Sonntag, 29. Mai 2016

Geduldig und Stark (8a)

Geduldig sollte, stark müsste man sein. Irgendwie war ich gestern weder das eine noch das andere, und so ging mir die angepeilte 8a auf der Ibergeregg doch noch beinahe durch die Lappen. Bereits im letzten Herbst hatte ich mich dieser Route am steilen Zahn bereits einmal gewidmet. Dabei konnte ich eine für mich machbare Sequenz identifizieren und erachtete die Tour als reif für den Durchstieg.

Doch an jenem Spätherbsttag gab es keinen Versuch mehr, die Dunkelheit brach schon herein und wir mussten nach Hause. Bald darauf hielt der Winter Einzug, womit es vorerst vorbei war. Doch nun war es gestern endlich soweit, der säuberlich zurechtgedachte Plan sollte ausgeführt werden. Dumm nur, dass ich vorerst wieder keinen genauen Plan hatte, wie man die Route klettert. Notizen hatte ich mir keine gemacht, der Anfang ist gleich sehr steil und schwierig. Dazu trittarm und auch nicht verschwenderisch reich an Henkeln, d.h. es ist absolut entscheidend, wie man hier die Spannung aufbaut und in eine Sequenz einreiht. So waren schliesslich 3 Versuche nötig, bis die Beta wieder perfekt austariert war. Das tönt nach viel, doch in diesem Gelände geht's für mich nur, wenn ich möglichst die ganze schwere Sequenz durchklettern kann - was aber nur geht, wenn ich weiss wie. So beisst sich die Katze in den Schwanz... und wir kommen zu Lektion 1: bei Projekten, welche man erst sehr wenig besucht hat und wo man möglicherweise länger nicht mehr hin kommt, macht man sich ein paar Notizen zur richtigen Sequenz. Diese zwei Minuten Aufwand sind gut investierte Zeit.

An dieser stark überhängenden Nase verläuft die Route "Geduldig und Stark" (8a).
Der vierte Go scheiterte, da ich nach dem dritten nicht pausierte, sondern mit dem Putzen von einem Projekt anderswo in diesem Garten widmete. Hmm, auch das braucht Kraft, und die fehlte dann beim Klettern. Nun also eine lange Pause, nur mit Käfelen und geniessen der Aussicht. Das wirkte recht gut, ich war also nicht nur geduldig, sondern auch stark. Im fünften Go hätte es gereicht, nur rutschte mir beim Dynamo, welcher den ersten Routenteil und damit die Crux abschliesst, der Fuss weg und das war's. Da so wenig gefehlt hatte, und irgendwie auch um diesen Lapsus auszubügeln, stieg ich schon nach 15 Minuten Pause wieder ein. Wie dumm so etwas ist, konnte ich bald selber feststellen, da mir dieses Mal die Kraft für den entscheidenden Dynamo schon im Ansatz fehlte. Damit sind wir bei Lektion 2: man legt für RP-Versuche im Vornhinein fest, wie lange man bis zum nächsten Go mindestens pausiert (in diesem Beitrag findet man Anhaltspunkte dafür). Dann stellt man einen Timer und hält sich strikte daran, selbst wenn man sich schon vorher bereit fühlt, denn meistens ist man's eben doch nicht. Und während der Pausen wird geruht oder gesichert, andere Routen klettern, sonstige Anstrengungen oder auch übermässiges Sonnenbaden sind sicher nicht hilfreich.

Stimmungsbild von der Ibergeregg mit Blick auf den Vierwaldstättersee.
So langsam aber sicher drohten mir nun die Felle davonzuschwimmen und der vermeintlich sichere Durchstieg zu entgleiten. Als einzige Option blieb es, erneut mit einer langen Pause geduldig zu sein und auf zurückkehrende Kräfte zu hoffen. Als die Abenddämmerung dann schon hereinschlich, startete ich zum definitiv letzten Go des Tages. Trotz der Pause war ich nach den vorangegangenen Efforts nun nicht mehr ganz bei 100%, aber mit Entschlossenheit und dieses Mal stimmiger Präzision kam ich durch die erste Sequenz und schnappte mir das Horn, an welches dynamisiert wird. Bald darauf folgen Henkel, ein Rastpunkt, an welchem neue Kräfte generiert werden wollen. Aber wie es so ist, wenn man einmal über einen gewissen Punkt der Ermüdung raus ist: sie kommen dann irgendwie nicht mehr so richtig zurück. Mir graute schon vor der nächsten, nochmals bouldrigen Sequenz, die mit einem weiteren Schnapper abgeschlossen wird. So nutzte ich den Rastpunkt nicht bloss für das Zurückgewinnen der Kraft übermässig lang, sondern auch aus Angst, die Begehung im einfacheren, oberen Teil doch noch zu vergeigen. Zack, zack, zack, war ich schliesslich über diesen Teil hinweg und konnte mich auf dem Zahnfleisch dem finalen Jug-Pulling zum Umlenker widmen, puh, doch noch geschafft! Somit sind wir bei Lektion 3: egal was war, egal wie schlecht es bisher gelaufen ist. Jeder Versuch beginnt wieder bei null und stellt die Chance zum Durchstieg dar. Daran glauben hilft immer, nicht aufgeben und festhalten auch.

Facts

Der Klettergarten Chli Schijen auf der Ibergeregg hält gegen 100 Routen von ganz einfach bis 9a bereit. Es handelt sich um eine Gruppe von freistehenden Felsnadeln und Riffen. Das Gelände ist ziemlich verwinkelt und man braucht eine gewisse Zeit, bis man sich orientieren kann. Wer sucht, der findet aber von der grossgriffigen, geneigten Anfängerkletterei bis zu massiv überhängender Wandkletterei fast alles, was das Herz begehrt. Leider gibt es aktuell keinen Kletterführer, welcher alle Möglichkeiten vollständig auflistet und der wirklich auf dem neusten Stand ist. Hier gibt es ein frei verfügbares PDF, welches aber doch ziemlich gut weiterhilft. Und den Rest kann man ja selber entdecken. Die beste Jahreszeit, um am Chli Schijen zu klettern ist ganz sicher im Herbst über dem Nebelmeer. Im Frühling bleiben hingegen viele der schweren Sportkletterrouten recht lange nass. 

Dienstag, 24. Mai 2016

Gonzen - Django (7c)

Soll ich, oder soll ich nicht?!? Diese Frage in Bezug aufs MSL-Klettern stellten sich im Vorfeld mein Partner und ich vor ähnlichem Hintergrund. Während wir früher kaum eine Gelegenheit zum Alpinklettern verstreichen liessen, mutierten und mutieren wir im Lauf der Zeit mehr und mehr zu bequemen Sportkletterfuzzies. Warum auch früh aufstehen, weit zusteigen, unbequeme Standplätze ertragen, sich durch brüchigen Fels und über Runouts hinweg kämpfen und am Ende doch an technischem, kaum lesbarem Gelände in Schwierigkeiten scheitern, die man im Klettergarten schon zum Aufwärmen bezwingt?!? Tja, da eine sinnvolle Antwort zu finden dürfte schwierig sein. Aber manchmal lockt die Herausforderung, das Abenteuer und eine gewisses Mass an Suffering eben doch wieder.

Sicht auf den oberen Teil der Gonzenwand mit dem Verlauf von Django (7c). Hinweis: das Foto ist von November 2012.
So waren wir nach harter Sportkletterei am Tag zuvor also wieder einmal den Verlockungen des Alpinkletterns erlegen. An den Gonzen sollte es gehen, und zwar in die brandneue Route Django, wo man auch noch die Lorbeeren der ersten Wiederholung sowie der ersten Rotpunktbegehung abholen konnte. Gerade vorweg als Warnung, nur damit jetzt nicht alle hoffnungsfroh an diesen Berg rennen: wir trafen zwar auf gute Bedingungen, aber absolut uneingeschränkt trifft man diese am Gonzen noch nicht an. Mein Tourenpartner wohnt in Sichtweite des Bergs und konnte im Vorfeld berichten, dass die angepeilte Route in der ersten Tageshälfte bei Sonnenschein jeweils trocken sei, während mit der tageszeitlichen Erwärmung mehr und mehr Schmelzwasserstreifen aufträten. Dem wollten wir mit einem frühen Aufbruch Paroli bieten und so kam es, dass wir früh aufstanden und schon um 7.00 Uhr mit dem Zustieg starteten. Dieser begann nicht wie üblich bei den Rieterhütten (P.1576), sondern etwas weiter unten beim Lochbach (P.1478), da ab dort die Strasse wegen verbleibender Schneeresten nicht mehr mit dem Auto fahrbar war. Der Zustieg verlängert sich so um ca. 15 Minuten, so dass wir nach total einer Dreiviertelstunde den Abstieg über die Gemsweid und die exponierte Querung aufs Gonzenband gemeistert hatten und am Einstieg eintrafen. Um 8.15 Uhr erfolgte bei bestem Sonnenschein der Startschuss. 

Fertig gefahren... so in 1-2 Wochen kann man wohl ganz bis zu den Rieterhütten hinauf fahren.
Gonzen backside, von hier ziemlich unspektakulär. Die Schneeresten ergeben die Wasserstreifen in der Wand.
Tiefblick von der Wang nach Mels und zum Pizol gegenüber.
Am Einstieg angekommen, präsentiert sich die Route so...
L1, 7b (Erstbegeher 8/8+): Der Start in die Route ist eher unschön, grimmig und hart. Gleich vom allerersten Meter an gilt es knallhart kleinste Leisten zu ballern, dies in etwas splittrig-brüchigem Fels, dazu reichlich trittarm. Diese Passage wurde zwar von den Erstbegehern aufwendig geputzt, ist nur etwa 5m lang und zudem auch mit eng steckenden BH abgesichert. Trotzdem, so ganz ohne Aufwärmen ist es einfach herb. Unsere Onsight-Ambitionen werden schon nach ca. 2m zurechtgestutzt, der Schnapper an das offensichtlich vorstehende Feature war zwar von vornhinein gewagt, da man mit einem Ausbruch rechnen musste, allerdings war auf den ersten Blick auch kein besserer und soliderer Griff identifizierbar. Nach Auschecken und markieren der Griffe geht's dann im zweiten Go rotpunkt. Nach ein paar guten Griffen, nun in schönerem Fels, kommt noch eine knifflige Dachpassage, danach geht’s über eine schöne 6b-Platte zum unbequemen Stand. Ich hänge mich im Nachstieg mal an die Griffe, nach 2m bin ich dann ebenso wieder zurück auf dem Boden der Tatsachen. Zur Schonung meiner alten Knochen gibt’s dann 2 p.a., bevor die Kletterei für mich richtig startet. Sich hier unaufgewärmt an den Minileisten eine Fingerverletzung zuzuziehen, woran man dann monatelang herumlaboriert, das ist es mir nicht wert. Einen einfacheren und sicherlich angenehmeren Start in die Route würde der plattige 6a-Originaleinstieg linksherum vermitteln.

Die Crux von L1 (7b) gleich auf den ersten Metern, hier bereits vorbei. Ein zäher Auftakt...
Der obere Teil von L1 (7b)  bietet dann einfachere, plattige Kletterei.
L2, 7b+ oder 7c (Erstbegeher 9-/9): Feine Steilplattenquerung nach rechts hinaus zum Beginn, über den zweiten Haken hinweg schon relativ knifflig. Es folgt dann senkrechte Kletterei an den typischen Gonzen-Querstrukturen. Diese sind hier vorwiegend als kleine Leisten ausgefallen, dafür erstaunlich positiv und griffig. Etwas spooky ist dann die schon von weitem sichtbare Schuppe in Mitte der Seillänge. Klopf, klopf, hui tönt das hohl! Allerdings, ohne daran zu ziehen kommt man nicht an dieser Stelle vorbei. Da der Stand deutlich seitlich versetzt ist und dank der sinnvoll links platzierten BH die Eigengefährdung für den Kletterer minimal ist, kann man das riskieren, auch wenn es sich für mein Gemüt unangenehm anfühlt. Danach zieht’s dann nochmals an, die Wand wird noch etwas steiler. Da und dort findet man zwar immer noch eine passable Leiste, das Trittangebot wird aber immer schlechter. Die Sache kulminiert in der Stelle vom vorletzten zum letzten Bolt, wo man fast ohne Tritte drei Minileisten kompromisslos durchriegeln muss. Diesen Moves kann man nach unserem Erachten schon eine solide 7c anhaften. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, beim vorletzten BH scharf nach links zu halten, wobei man bald in etwas griffigeres Gelände gelangt. Man kann auch dann den letzten Haken problemlos klippen, somit „darf“ man diesen Weg, der insgesamt bei etwa 7b+ eincheckt, kaum verbieten. Ob es jetzt mehr Sinn macht, den einfacheren Weg links oder die deutlich härtere, direkte Linie zwischen den Haken zu klettern?! Da kann ich nur die Gegenfrage stellen, ob Klettern denn überhaupt Sinn macht. Zuletzt noch zu unseren Rotpunkt-Bemühungen: Dani hatte im Vorstieg intuitiv die linke Lösung gewählt und so die Seillänge prinzipiell onsight geklettert. Nur prinzipiell, weil ihm im schon einfacheren Gelände danach prompt noch ein Griff ausbrach… Somit ist nach der engeren, ethisch korrekten Definition die RP-Begehung als noch nicht erfolgt zu bezeichnen. Subjektiv (vor allem für meinen Seilpartner, aber ich teile diese Meinung) ist er sauber durch diese Länge geklettert, der Sturz am Ende war unnötig und ist ein kleiner Tolggen im Reinheft. Schade natürlich, aber kein Grund um nochmals auf Feld 1 zu starten – wir sind schliesslich keine Profis, es gibt hier kein Preisgeld, sondern allerhöchstens eine (kleine) virtuelle Trophäe, die jetzt auch nicht von überragender Wichtigkeit ist.

Der Vorsteiger hoch oben in L2 (je nach Lösung 7b+ oder 7c), unmittelbar bei der Crux.
Der Nachsteiger in der einfacheren Linksvariante der Crux, diese (guten) Griffe erreicht man bei der Direktvariante nicht.
L3, 7a (Erstbegeher 8-/8): Erst der kleinen Verschneidung entlang mit einem weiten Move, dann Querung nach links an einem griffigen Schlitz. Und Vooooorsicht: die 5-10cm dicke, über 1 Quadratmeter grosse Schuppe oberhalb tönt hohl und ist nicht solide verwachsen. Um weiter zu kommen, muss man sie allerdings (möglichst sanft!) belasten, es ist auch gerade die Crux dieser Länge. Dazu liegt der Stand dieses Mal leider wenig abseits und auch für den Kletternden sieht’s nicht unbedingt günstig aus, wenn sie kommt. Klar, möglicherweise hält sie noch 100 Jahre und Tausenden von Begehungen stand. Aber wenn doch nicht...?!?. Wie gross das Restrisiko ist, lässt sich kaum beziffern – doch dass sich gerade am selben Tag nur wenige Dutzend Kilometer entfernt an der Schattenwand im Alpstein ein tödlicher Unfall ereignete, wo die Sicherungspartnerin von einem im Vorstieg ausgelösten Stein erschlagen wurde, gibt natürlich umso mehr zu denken. Die Erstbegeher haben uns aber versprochen, hier nochmals vorbeizuschauen und die Gefahrenstelle zu bereinigen, sei es mit Entfernung der Schuppe, einem verschobenen Standplatz oder neuer Linie. Somit dürfte man hier in näherer Zukunft eine andere Ausgangslage vorfinden. Die weiteren Meter sind dann nicht mehr ganz so schwierig. Man klettert dann schliesslich an einem Stand der (noch nicht fertiggestellten) Route Doppelplatt (7a+) vorbei und über 2 gar nicht so einfache Wulste hinweg zu einem endlich mal bequemen Stand auf einem schrägen Band. Diese Länge konnten wir beide os/flash durchklettern.

Nachstieg in L3 (7a), das ist gerade die etwas heikle Passage mit der hohlen Schuppe. Als Seilzweiter aber easy...
Die klassische Sicht hinunter nach Sargans und ins Rheintal mit der Bündner Herrschaft.
L4, 7b (Erstbegeher 8+/9-): Steiler Auftakt mit weiten Zügen in überhängendem Gelände, eine gewisse Entschlossenheit ist da nötig. Dann kreuzt man die Linie der Doppelplatt (1 gemeinsamer BH), danach muss man für die Django nach rechts weiter. Während der Fels ansonsten auf dieser Länge prima ist, gibt es doch ein ca. 1.5m mächtiges Band aus splittrigem Fels. Mit einem Untergriff darunter kommt man an Henkel oberhalb, so muss man keinen einzigen Griff in dieser Zone nehmen. Die Crux dann in der Querung rechts raus in weniger steiles Gelände. Hier muss man wieder kleine Leisten „chlüüba“, mit den inzwischen warmen Fingern geht das. Dann rechts kleine Seit- und Untergriffschüpplein fassen, Gegendruck auf nicht existenten Tritten aufbauen und bald hat man es. Wobei, dann wartet eben noch der „Runout“ zum Stand. Im Vergleich zur Absicherung auf dem Rest der Route fehlt hier tatsächlich ein Bolt. Klar, allzu schwierig sind die Moves nicht (ca. 6b+/6c). Bisschen plattig antreten, der Fels ist dort oft nass und daher die Griffe etwas schmierig und zuletzt dann noch ein heikler Zug an den Büscheln, bis man auf dem kleinen Grasbödeli steht, welches den Standplatz ausmacht. Die Erstbegeher haben hier ein Seilstück platziert, so dass man den Stand noch vor dem Grasband-Mantle klippen kann. Dumm nur, dass der Föhnwind dieses hinter einen Felszacken verweht hatte, so dass man es nicht erreichen konnte. Auch diese Länge konnten wir beide os/flash durchklettern.

Athletischer Auftakt in L4 (7b), aufmerksames Sichern erwünscht, dass ein allfälliger Sturz nicht auf dem Band endet.
Der Runout am Ende von L4 (7b). Heikel ist vor allem der Mantle aufs Gras, und natürlich die Nässe.
L5, 6c+ (Erstbegeher 8-): Die ersten paar grasigen Meter sind noch nicht so das Gelbe vom Ei, ansonsten fand ich dies eigentlich die schönste Seillänge der Route. Nach dem zweiten Haken folgt eine gut abgesicherte, aber doch ziemlich zwingende, plattige Stelle in kompakten Fels, der gut rauh ist und hervorragende Reibung aufweist. Nach ein paar erneut einfacheren Metern folgt die Crux, wo in Wandkletterei ein Dächlein angeklettert und mit eleganten Moves überwunden wird. Dies ist auch die einzige Länge, wo wir die mitgeführten Klemmgeräte zum Einsatz bringen konnten. Zwischen dem ersten und zweiten Haken kann man dies bei einfacher Kletterei (ca. 6a) als "nötig" bezeichnen, in der Crux lässt sich der Abstand auch nochmals verkürzen, allerdings sind dort die Haken nicht weit auseinander. Gelegt habe ich die Camalots 0.75 und 2, da die Risse variable Breite aufweisen, bringt man jedoch sicher auch mittlere Friends anderer Grösse unter.

Gerade in der plattigen Crux der bis auf die ersten Meter sehr schönen L5 (6c+).
Das Finish von L5 (6c+), der sichtbare BH ganz am Ende wäre eine Seillänge tiefer besser investiert gewesen...
L6, 6c+ (Erstbegeher 8-): Steiler Start an guten Griffen, dann aufs schräge Band hoch. Was einfach aussieht und sich irgendwie nach "ich stelle mich ungeschickt an" anfühlt, ist wohl doch einfach etwas knifflig. Dann die technische Schlüsselstelle an sloprigen Strukturen, wirklich cool. Danach lassen die Schwierigkeiten nach, es folgt einfachere Kletterei im 5c/6a-Bereich, bei etwas weiteren Abständen. Erst ganz zuletzt ist der Fels nicht mehr zu 100% solide, und zum Abschluss wartet noch ein Boulder an Grasbüscheln auf die Wiese am Routenende. Diese ist ziemlich steil und es geht noch etwa 15m hinauf zu den nächsten Felsen, wo sich der BH-Stand befindet. Liegen hier Schneeresten oder ist es nass, dann ist das bestimmt etwas unangenehm.

Auch nochmals gute Kletterei am Anfang von L6 (6c+), technisch und sloprig.
Am Ende von L5 (6c+) muss man dann noch die steil-abschüssige Wiese hinauf.
Gegen 12:45 Uhr hatten wir nach rund 4.5 Stunden Kletterei das Top erreicht, die letzten beiden Seillängen hatten uns keine Mühe mehr bereitet. Das ist nicht mega schnell für die 6 relativ kurzen Seillängen, allerdings gab es auch keinen Grund zur Eile. Die Verhältnisse waren bestens, am Vormittag war wirklich die gesamte Route einwandfrei trocken. Dass dass Wasser zu Laufen begann, konnten wir jedoch bereits beim Abstieg einsehen und tatsächlich, am Nachmittag wäre man vor allem im Runout am Ende der vierten Seillänge nicht mehr durchgekommen, da genau dieses Stück vom Schmelzwasser überronnen wurde. Auch klimatisch waren die Bedingungen einwandfrei, die starke Maisonne und der kühlende Föhnluft sorgten zusammen eigentlich gerade für ideale Temperatur. So kämpften wir uns vom Abschlussstand erst mit Seilsicherung noch etwas aufwärts in weniger steiles Gelände, dann in einem kurzen Bushwhack durch die Lawinenverbauungen, bis wir auf den Pfad trafen, der uns zur Wang zurückführte. Von dort liefen wir retour an den Rieterhütten vorbei zum Auto. Auf der Talfahrt konnten wir uns den philosophischen Fragen stellen, wie denn nun dieser Ausflug einzustufen war, im Vergleich zum Sportklettern an einem schattigen Fels vom Tag zuvor, notabene bei bestem Bergwetter. Alpinistisch höherwertig? Trainigstechnisch suboptimal? Mehr bleibende Erinnerungen verschaffend? Gefährlicher und weniger gemütlich? Wohl von allem ein bisschen... gut war auf jeden Fall beides.

Vom Routenende noch ein kurzer Bushwhack hinauf in flacheres Gelände...
...danach der Abstieg an den Lawinenverbauungen vorbei und darüber hinweg.
Facts

Gonzen - Django 7c (6c+ obl.) - 6 SL, 150m - Klampfer/Ritzler/Gritzer/Manahl 2016 - ***;xxxx
Material: 14 Express, evtl. Camalots 0.75 & 2, 60m-Einfachseil (reicht für Rückzug)

Alpine Sportklettertour in steilem Fels durch den rechten, oberen Teil der Gonzenwand. Das Gestein ist über weite Strecken gut und bietet meist lässige Wandkletterei an Leisten. Hier und da gibt es auch ein paar splittrig-brüchige Meter und man klettert 2x an etwas hohlen Schuppen vorbei, zudem zieht man gerade auch an den schwersten Stellen teilweise an kleinen Features an, wo man nicht zu 100% sicher sein kann, ob sie der Belastung standhalten. Mit etwas Erfahrung und dank der guten Behakung sind diese Zonen aber durchaus zu beklettern, so dass der Eindruck einer lohnenden Route verbleibt. Die Absicherung ist erfreulich gut ausgefallen und erreicht solide xxxx. Mit Ausnahme vom Ende von L4 gibt es keine schweren Kletterstellen, wo man deutlich über dem letzten Haken steht. Trotzdem ist auch immer etwas Distanz zwischen den Sicherungen, ich empfand die Route als mit rostfreien Haken ideal eingebohrt, Kompliment an die Erstbegeher! Einsatzmöglichkeiten für Cams haben wir nur an zwei Stellen in L5 gefunden, wirklich nötig ist das Legen dort aber auch nicht, weil die Kletterei im Vergleich zum Rest der Route an diesen Stellen einfach ist und spätestens nach 5m der nächste BH kommt. Ein Abseilen über die Route macht wie bei allen Touren am Gonzen wenig Sinn, da es viel umständlicher und zeitraubender als der Fussabstieg ist. Idealerweise schirrt man sich bereits bei den Rieterhütten auf, oder macht allenfalls bei der Wang ein Depot. 

Topo

Das sehr gute Topo der Erstbegeher kann man hier als PDF downloaden. Wie bereits erwähnt konnten wir uns die erste Wiederholung sichern. Die Rotpunktbegehung ist hingegen nach wie vor zu holen und die Route ist von den Erstbegehern dafür freigegeben. Sie freuen sich aber sicher über eine Mitteilung, wenn dies gelungen ist. Somit verbleibt mir der Dank an Alex & Co für Arbeit & Material.
Topo der Erstbegeher für die Django (7c) am Gonzen.

Donnerstag, 19. Mai 2016

Sportklettern in Vingelz

Pfingsten 2016, ein schwieriges Kapitel in Bezug aufs Klettern für mich. Sintflutartige Niederschläge mit über 100mm Regenmenge innerhalb von 48h hatten alle meine Projekte in der näheren Umgebung unter Wasser gesetzt und ein längerer Trip in trockenere Gefilde war dieses Mal leider nicht möglich. So galt es, alle Register zu ziehen um doch noch möglichst viel herauszuholen.

Not so bad after all... an Pfingsten scheint doch noch die Sonne, zumindest wenn man sich am Bielersee befindet.
Zur Planung sehr hilfreich sind bzw. wären genaue Karten mit der totalen Niederschlagssumme. Leider kenne ich keine Website, welche eine richtig gute Kartendarstellung mit flächiger Übersicht der aggregierten Niederschlagsmengen für beliebiges Zeitintervall bereithält. Am nützlichsten empfinde ich einerseits die Karte von meteoradar.ch, welche aber immer nur maximal die letzten 24h abdeckt und leider kein Archiv bereithält. Bei kachelmannwetter.com gibt's eine nicht ganz so schöne Karte, dafür aber doch eine numerische, flächige Darstellung und vor allem ein Archiv, wo man die tägliche Regensumme mittels einfachem durchklicken gut untersuchen kann. Das Fazit meiner Analyse war, dass in ausser für mich nicht erreichbaren Gegenden wie z.B. dem Zentralwallis vor allem im Bieler Seeland im Vergleich zu vielerorts sonst nur relativ wenig Niederschlag gefallen war (ca. 50-60mm). So entstand der Plan, einmal die Felsen von Vingelz zu besuchen, auch nachdem diese als sehr schnell abtrocknend beschrieben werden. Surft man ein wenig im Netz, so kann man diese Wahl durchaus hinterfragen, erhält das Gebiet doch allenthalben schlechte Presse. Soviel vorweg, ich teile diesen Eindruck nicht, mir hat es gefallen.

Die Regensummenkarte von meteoradar.ch, allerdings erst nach Pfingsten. Ein Archiv hiervon gibt es leider nicht...
Je weiter wir aus dem immer noch regnerischen und verhangenen Osten nach Westen fuhren, desto mehr öffnete sich der Himmel. Auf dem gebührenpflichtigen und teuren Parkplatz am Dorfrand von Vingelz  (1 CHF pro Stunde, genügend Münzen bereithalten!) schien dann bereits die Sonne vom nahezu wolkenlosen Himmel und wir meisterten mit Vorfreude die 15 Minuten Zustieg auf bequemer, breiter Waldstrasse. Erst eine Seilschaft war vor Ort, als wir am Fels eintrafen - dies änderte sich nachher zwar noch etwas, allzu gross war der Andrang jedoch nie. So hatte man beinahe freie Wahl, an welchen Touren man sich versuchen mochte. Nur beinahe, weil eben auch hier an einigen Stellen noch etwas Feuchtigkeit aus dem Fels drückte. Bis und mit dem Grad 7a war dies kaum ein Problem, betroffen waren vor allem die schweren Routen, welche durch die eher raren, überhängenden Zonen der Wand führen. Wir wollten aber nicht verzagen, zuerst galt es sowieso das Aufwärmprogramm zu absolvieren und bis danach würde möglicherweise weitere Besserung eintreten. Das war dann auch der Fall, schlussendlich litt unser Vingelz-Trip nahezu gar nicht unter dem Grossregenereignis. Nachfolgend eine Beschreibung der Routen ab 7a, welche ich klettern konnte: 

Am Fels in Vingelz. Weder hoch noch steil, aber trotzdem gut.
Boo Cheddar, 7a: Kurze, technische und senkrechte Route, wo die Musik auf wenigen Metern spielt. Kleine Löcher, schlechte Tritte und von unten ist kaum einsehbar, welcher Griff nun als nächster angezielt werden soll.

Piepmatz, 7a: Ähnlicher Charakter wie Boo Cheddar und die Routen rundherum, wobei diese hier etwas athletischer und anhaltender daherkommt. Die Moves fand ich aber echt genial, Leisten, Löcher, Untergriffe und echte Bewegungsprobleme - sehr empfehlenswert! Fand ich im übrigen deutlich härter wie Boo Cheddar, ist aber in diesen Routen oft eine Frage der Morphologie.

Minipanza, 7c: Ein kurzer, überhängender Bauch rechts aussen im Sektor mit den Kinder- bzw. Anfängerrouten. Hier hielten wir uns natürlich sowieso auf, und so konnte mir meine Tochter das erste Mal ein paar Exen in mein Projekt hängen. Viererplatte zum Auftakt mit Zwischenstand, dann eben der Bauch mit einem Boulder am Seil. Hier konnte ich gleich passieren, trotz nur wenigen Spuren ist relativ offensichtlich, wie man es anpacken muss :-)

Grip, 7c+: Nach überhängendem Einstieg an Henkeln folgt in L1 (6b) eine Sequenz, wo auf sehr glatter Platte angetreten werden muss und der Challenge darin besteht, mittels Seitgriffen und ein paar Löchern/Leisten genügend Druck auf die Füsse zu bringen. Nach dem Zwischenstand ein Bauch, der mittels kleinem Bidoigt und der Schuppe auf Schulter mit weitem Zug zu Seitgriff überlistet wird, dabei schlecht, schwer und glatt anzutreten mit den Füssen. Das bleibt so, auch beim nächsten, weiten, dynamischen Zug zur guten Untergriffschuppe. Das war's schon beinahe, an ein paar Henkeln gelangt man zum Top. Also auch ein Boulder, aber was für ein cooler!

An der Feuerstelle wurde mächtig eingeheizt, schade hatten wir keine Wurst dabei.

Facts

Der Klettergarten Vingelz hält rund 50 Routen von 4a-8b bereit, die Routenlänge beträgt meist 10-15m. Alle Touren sind gut bis sehr gut abgesichert, teils mit Klebehaken saniert, anderswo stecken noch ältere Zinkbolts, die aber in vernünftigem Zustand sind. Die Kletterei ist mehrheitlich senkrecht und spielt sich vielfach an kleinen, seichten Löchern ab. Das Gestein ist glatt, die Sache ist stehtechnisch anspruchsvoll. Abgegriffen oder nicht, das ist hier die Frage: glatt und reibungsarm war der Fels hier sicher von Beginn weg, daher hat sich wegen der Spuren kaum viel geändert, mich hat die teilweise vorhandene Patina nicht gestört. Aber vielleicht bietet sie eine gute Ausrede, wenn es mit den Begehungen sonst nicht so klappt ;-) Ich fand die Routen wirklich lohnend. Klar, kein Ausdauergelände an guten Griffen, sondern stets knifflig und bouldrig interessant, Fingerkraft an kleinen Griffen,  Kreativität und Fusstechnik verhelfen zum Erfolg, typisch Jura halt. Der Klettergarten ist als sehr kinderfreundlich zu bezeichnen, das Gelände an den Einstiegen ist flach, der umgebende Wald ungefährlich und gut als Spielplatz zu nutzen. Eine Feuerstelle besteht ebenfalls bereits. Die Wand ist nach SSE ausgerichtet, mit einem Laubwald davor. An warmen Wintertagen mag es hier kletterbar sein, wobei man sich am Einstieg und in der ersten Routenhälfte meist im (Halb)schatten befindet. An warmen Sommertagen brennt die Sonne v.a. im oberen Wandteil sicherlich zu fest rein. Dann ist es ein taugliches Gebiet für abends, da die Wand ab Mitte Nachmittag am Schatten liegt. Ideal sind sicherlich die Übergangszeiten im Frühling und Herbst, zumal die Wand bloss auf 560m Höhe liegt.

Samstag, 14. Mai 2016

Skitour Granatenkogel (3318m)

Nach einem Missgeschick am Vorabend mit Fingerverletzung waren unsere Möglichkeiten zum Klettern stark eingeschränkt worden, da dem Patienten möglichst viel Ruhe und nicht Rumtoben im Freien empfohlen worden waren. Das war für einmal verschmerzbar, waren doch die Kräfte nach 4 Tagen in Serie am Fels schon etwas verschossen und die Kletterseele mit den tollen Erfolgen in der Tasche eh schon glücklich. So einigten wir uns nach all dem Trubel einschliesslich einem Spitalbesuch spätabends, dass meine mitgeführte Skitourenausrüstung doch noch zum Einsatz kommen würde...

Unterwegs im Ferwalltal, der Gipfel mittig im Talschluss das anvisierte Ziel, nämlich der Granatenkogel (3318m).
Bei der Tourenplanung fühlte ich mich ein bisschen wie in längst vergangene Zeit zurückversetzt. In der Schweiz war ich bereits so viel unterwegs, dass ich beinahe jeden Winkel des Landes kenne und die Kenndaten einer jeden Skitour auswendig wiedergeben kann, selbst wenn ich sie noch nicht begangen habe. Und sollte doch noch ein Puzzlestein fehlen, so weiss ich zumindest, wie ich in minutenschnelle adäquate Information einholen kann. Nun, im Ötztal präsentierte sich die Situation doch etwas anders. Noch nie war ich hier unterwegs, Täler und Berge waren mir völlig unbekannt, ja selbst das Auftreiben von Karten und Infos war eine andere Herausforderung als im Schweizerland. So wurde es reichlich spät, und ich entschied mich schliesslich für den Granatenkogel.

Der Granatenkogel (3318m) im Detail mit Aufstiegsspur zum Sattel 3070m. Die Abfahrt erfolgt direkt über die N-Flanke.
Diese Tour startet in Obergurgl auf ziemlich genau 1900m Höhe und führt zuerst über etwa 300hm den Skipisten entlang. Am entsprechenden NW-Hang rechnete ich mir noch gute Chancen auf eine geschlossene Schneedecke aus, was denn auch zutraf. Dass für diese vorwiegend nach NW ausgerichtete Tour kein allzu früher Aufbruch notwendig schien, war mir zum Zeitpunkt der Entscheidung nach Mitternacht natürlich auch nur lieb. Trotzdem schien es mit einem Pensum vom 1430hm und der möglichen Steilabfahrt über die N-Flanke eine rassige Tour auf einen imposanten Gipfel zu sein. So legte ich mich also aufs Ohr und konnte den Wecker auf 7.00 Uhr stellen, was mir doch noch leidlichen Schlaf bescheren würde.

Unterwegs am NW-Grat, kurz vor dem Gipfel. Hier könnte man auch mit Ski steigen, es lohnt sich aber kaum.
Am nächsten Morgen ging's dann nach einem Frühstück to go via Sölden ins verwaiste Obergurgl. Die Lifte waren nicht mehr in Betrieb, der Schnee reichte noch bis zum Parkplatz runter, das Wetter war einfach perfekt und andere Tourengänger schienen auch nicht in grosser Zahl unterwegs zu sein. So startete ich um 7.45 Uhr zu meinem Vorhaben. Nach der klaren Nacht war die Schneedecke pickelhart gefroren, ideale Voraussetzungen also. Rasch hatte ich die 300hm über die menschenleere Piste erklommen und konnte ins einsame Ferwalltal abbiegen. Dort geht es über ein paar Kilometer mit nur wenig Höhengewinn flach dahin. Am besten hält man sich sicherlich exakt im Talboden, die alten Spuren der Vortage oben an der Flanke ignorierte ich - sparen tut man sich dabei vielleicht 20-40 Höhenmeter an Gegenaufstieg, also so gut wie nichts, und über Kilometer schräg am Hang entlang zu gehen ist unangenehm und sorgt höchstens für wunde Knöchel.

Tiefblick aus der Nordflanke des Granatenkogel ins Ferwalltal.
Langsam aber sicher kam der Granatenkogel mit seiner eindrücklichen Nordflanke im Talschluss zum Vorschein. Es ist eindeutig DER Gipfel, Wächter und König des Ferwalltals, hier "muss" man quasi rauf. Als ich gegen das alte Zollwärterhaus auf 2500m schritt wurde ich mir gewahr, dass vor mir noch 3 Tourengänger bereits weit oben auf dem Ferwallferner unterwegs waren. Bis auf eine Höhe von ~2800m war die Schneedecke nämlich gefroren und Spuren meiner drei Vorgänger waren so gut wie keine erkennbar. Höher oben war der Schnee noch von pulvrigem Charakter, hier konnte ich dann ideal von der in den Vortagen gelegten, griffigen Spur profitieren. So ging es immer steiler hinauf über den Ferwallferner gegen die markante Lücke (ca. 3070m) im NW-Grat, die obersten 100hm sind dabei im Schnitt 40 Grad steil - es ist also höchste Vorsicht in Bezug auf die Lawinengefahr vonnöten, wobei ich in dieser Hinsicht dank den guten Bedingungen völlig sorgenfrei unterwegs sein konnte.

Il turista on top...
Meine Vorgänger hatten die Ski schon auf dem letzten Stück zur Lücke an den Rucksack geschnallt, ich ging diesen Teil noch fellend. Wenig oberhalb am NW-Grat entschloss ich mich dann auch zur Portage. Auf Teufel komm raus hätte man wohl bis zum Gipfel mit den Ski an den Füssen gehen können, das wäre aber umständlich und vermutlich auch langsamer gewesen, war doch eine exzellente Fussspur mit soliden Tritten in festem Schnee vorhanden. So waren denn auch keine Hilfsmittel wie Steigeisen oder Pickel notwendig. Es sei aber gesagt, dass man stellenweise vom Grat in die 45 Grad steile SW-Flanke ausweichen muss. Liegt hier ungespurter Hartschnee, so kommt man ohne alpine Gerätschaften nicht durch. Noch vor 10.30 Uhr und damit nach rund 2:40 Stunden Aufstiegszeit erreichte ich zeitgleich mit meinen Vorgängern den Gipfel mit Steinmann und Kreuz. Somit hatte ich trotz monatelanger Skitouren-Abstinenz und fehlender Höhenakklimatisation eine vernünftige Pace einhalten können, noch dazu ohne dass ich mich übermässig verausgabt oder angestrengt hatte, sondern im Komfortmodus aufgestiegen war.

In der Abfahrt noch Platz für eine eigene Linie in "bestem Presspulver" gefunden, die Steilheit hier schwer einzuschätzen.
So konnte ich zufrieden mit der Welt die Gipfelrast geniessen. Der Blick Richtung Norden und Westen in die vielen 3000er der Ötztaler Alpen war frei. Hier war noch manches potenzielle Tourenziel zu erkennen, da muss ich auf jeden Fall eines Tages zurückkehren! Im Süden hingegen war ein Wolkenmeer, dessen Top zum Zeitpunkt meiner Gipfelankunft noch tiefer lag. Klar war jedoch, dass die Thermik inzwischen eingesetzt hatte und die Quellungen höher und höher steigen würden. So machte ich mich dann bereit und schritt um ca. 11.00 Uhr zur direkten Abfahrt über die Nordflanke. Diese ist über 300hm im Schnitt rund 40 Grad steil, die Schlüsselstellen erreichen wohl so 45 Grad, zudem bricht sie unten in direkter Falllinie auch in felsigem Gelände ab. Erstens sollte man hier also nicht runterpurzeln, was für mich dank dem pulvrigen Schnee jetzt keine besonders akute Gefahr darstellte. Zweitens müssen absolut sichere Lawinenverhältnisse herrschen. Es gab hier bereits mehrere tödliche Unfälle durch Absturz und Lawinen, also Vorsicht!

Situation bei Rückkehr zum Ausgangspunkt - bereits ist eine 1m-Lücke in der Schneedecke vorhanden.
Nachdem die Bedingungen einwandfrei waren und die Flanke schon über ein Dutzend Spuren zählte, konnte ich mich auf der sicheren Seite wähnen. Die Schneequalität in diesem oberen Teil war nicht optimal. Um im Jargon zu bleiben, müsste ich wohl von "perfektem Presspulver" schreiben. In Tat und Wahrheit war der Schnee wohl pulvrig, aber eben auch etwas decklig, jedoch mit entsprechend Kraft, Technik und regelmässigen Pausen auch vernünftig fahrbar. So traf ich dann auf rund 3000m wieder auf die Aufstiegsspur und gelangte bald darauf wieder in den Bereich der tragenden Schneedecke, wo nun schöne Sulzschneeverhältnisse herrschten. So konnte ich gemütlich ins Ferwall hinuntercruisen und auch im flachen Talboden war der Schnee noch nicht klebrig und erlaubte rasches Fortkommen. Zuletzt dann noch die Abfahrt im Pistenbereich, auch dieses Teilstück war lohnend, noch vor 11.30 Uhr war ich zurück beim Ausgangspunkt. Hier herrschte schon die Wärme, also rasch umziehen, zurück ins Feriendomizil, den Nachmittag mit der Familie geniessen und am Abend dann die Heimreise.

Dieses Bild gehört zu dieser Skitour dazu... es kommt wieder gut.
Facts

Granatenkogel (3318m) von der Talstation der Festkogelbahn in Obergurgl (1900m)
Ski-Schwierigkeit S, bzw. S4 oder 4.1, 40 Grad über 300hm, Fussaufstieg WS-
Material: Harscheisen; Steigeisen und Leichtpickel je nach Verhältnissen nötig

Kartenausschnitt mit Route von http://www.tirol.at/karte.

Montag, 9. Mai 2016

Sportklettern im Ötztal

Unter dem Motto "Climbers Paradise" bewerben und unterhalten 15 Tourismusregionen im Tirol die Klettermöglichkeiten in ihrem Gebiet. In unserem Fall hatte das gewirkt, und wir wollten die schön sonnigen und warmen Auffahrtstage im Mai 2016 im Ötztal verbringen. Es gilt als eines DER Granitklettergebiete in Österreich und hält über 700 Klettergartenrouten in rund 20 verschiedenen Sektoren bereit. Überhaupt ist das 67km lange, von Süden nach Norden ausgerichtete Ötztal ein Outdoorparadies erster Güte. Skifahren und Touren, Bergsteigen, Wandern, Biken, Eisklettern, Klettersteiglen, Rafting, Kayak, Paragliding oder einfach nur relaxen, hier kann jeder auf seine Art glücklich werden. Nachfolgend unsere Erlebnisse sowie ein paar Tipps und Hinweise, in erster Linie natürlich für Kletterer

Klettergebiete

Wie bereits erwähnt gibt es im Tal rund 20 Klettergebiete, wobei einige vor allem dadurch bestechen, dass die Felsen praktisch aus einer flachen Wiese wachsen und sie damit besonders familienfreundlich sind. Noch am Anreisetag besuchten wird den Rammelstein bei Sautens. Er ist nicht weit von der Inntalautobahn gelegen und böte sich auch für einen Zwischenstopp auf der Vorbeireise an, z.B. dann, wenn es in die Dolomiten geht. Die Felsen liegen in einem fast märchenhaft anmutenden, moosigen Tannenwald versteckt, die Lage ist ganztags schattig und man parkiert nur etwa 30 Sekunden vom Fels entfernt an einer kaum befahrenen Nebenstrasse. Die zwei etwa 50m auseinander liegenden Sektoren halten 25 Routen von 4a bis 7b+ bereit, wobei das Angebot ab 7a sich leider auf bloss drei Routen beschränkt. Diese konnte ich bei unserem Besuch alle onsight klettern: bei Ebis Tour (7b+) handelt es sich um einen kurzen Boulder, wo man rasch 2 kleine Leisten halten und einen dynamischen Zug machen muss. Etwas anhaltender präsentiert sich da die 007 (7a), die mit echt kniffligen Moves an schrägen Leisten aufwartet. Im rechten Untersektor ist da schliesslich noch der Feuervogel (7a): über eine einfache Platte geht's zu einer überhängenden 5m-Verschneidung, wo ein paar kräftige Züge nötig sind, danach dann einfach zum Umlenker. Somit werde ich mangels fehlender Herausforderungen in näherer Zukunft kaum mehr am Rammelstein vorbeikommen - für Kletterer mit einem Niveau im Bereich 6a-7a lässt sich an den gut abgesicherten Routen aber sicherlich auch mehr als ein halber Klettertag verbringen.

Am Rammelstein bei Sautens.
Am nächsten Tag gingen wir in Oberried ans Werk. Hier gibt es rund 140 Routen von 3a-8b, wobei sich das Angebot auf den fünften und sechsten Franzosengrad konzentriert. Auch für Kinder und sonstige Anfänger gibt es einiges zu holen, für ambitionierte Sportkletterer hingegen lassen sich die Routen an einer Hand abzählen. Der Sektor ist nach Osten exponiert, die Sonne bescheint die Felsen nach dem Mittag kaum mehr. Erwähnenswert ist die flache, ganztags sonnige Wiese davor und die praktisch gefahrlose Umgebung am Einstieg, wo sich die Kinder nach Lust und Laune und zudem auch auf 2 Spielplätzen verweilen können. Die Routenlängen bewegen sich von wenige Meter kurz bis auf (wenige) Routen, die bis zu 40m lang sind. Hier konnte ich einen sehr erfolgreichen Tag feiern. Zum Auftakt gelang die nicht einfach Mistake (7a) mit kniffliger Stelle bald nach dem Einstieg und einem steilen Finger-Klemmriss beim Ausstieg. Bei der Fragile (7a) handelt es sich um die wohl beliebteste Route in diesem Grad im Tal - liegt wohl daran, dass man hier sehr rasch an den griffigen Schuppen 8m in die Höhe turnt und dann nur noch eine einfache Platte zum Umlenker vor sich hat. Bei der daneben gelegenen Express Machine (7c) konzentriert sich die Schwierigkeit ebenfalls auf 8m, wobei hier ein Einstiegsboulder mit Jumpstart (oder an hässlichen, gebohrten Fingerlöchern) zu einem No-Hand-Rest führt, gefolgt von einem abgefahrenen Dachboulder an Slopern. Mit vollem Einsatz kam ich da gleich drüber hinweg und konnte somit wieder einmal eine 7c onsight begehen :-) Gleiches hätte ich auch gerne mit der Ikonentour an der steilen Nase gemacht. In Rosmaries Baby (7c) wurde auch schon David Lama fotografiert, nur klappte leider mein Onsight nicht, der dynamisch henklig-steile Stil dieser Route sagt mir nicht ganz so zu - nach einem Sequenz- oder Ausboulderfehler im zweiten Go musste ich hier sogar ein drittes Mal ran, konnte mir dann aber den roten Punkt mit ausgehenden Kräften doch noch schnappen. Noch zu erwähnen: die Kinder kamen hier wirklich voll auf ihre Rechnung, es wurde viel geklettert und mit neu gefundenen Spielkameraden herumgetollt. Nachher waren sie total platt, auf die Planung von After-Climbing-Activities kann man nach einem Oberried-Besuch getrost verzichten.

Morgenstimmung im Klettergarten Oberried.
Pause macht man in Oberried bequem an Tisch und Bank, dies bei super Panorama!
An der markanten Nase turnt gerade eine Kletterin in Rosmaries Baby (7c), wie auch schon David Lama (siehe unten...)
Nachdem die Familie ihre Ruhe brauchte, machte ich mich am selben Abend noch auf, um die weiteren Gebiete der Umgebung zu inspizieren. So ging es am darauffolgenden Tag nach Aschbach, einer der beste Gärten im Tal für Sportkletterer. Hier gibt es zwar nur 9 Routen, aber bis zu 30m Kletterlänge in einem überhängenden, kantigen und sehr griffigen Fels mit ausdauernden Routen geben halt schon noch etwas mehr her wie die meist eher kurzen, bouldrigen Routen in den anderen Gebieten. Zudem gibt es hier nur in den Vormittagsstunden etwas Sonne, danach kann man bei besten Bedingungen angreifen. In Bezug auf Kinderfreundlichkeit werden hier im Portal null Sterne attestiert, was aber so nicht gilt. Am Wandfuss gibt es eine sichere, ebene Fläche. Natürlich gibt es hier keinen Spielplatz wie in Oberried, aber outdoorerprobte Kinder haben es hier trotzdem toll - unsere unterhielten sich, indem sie viele Szenen aus ihrer Heidi-CD nachspielten, u.a. dem Basteln eines Nests für einen (potenziell) verletzten Vogel und der Suche nach dem geheimnisvollen Wermuthskraut und dessen Zubereitung, so dass der arme imaginäre Piepmatz hernach wieder aufgepäppelt werden kann. Wir kletterten indessen die Route 17 (6a+) - sehr schön, steil und griffig, wirklich genial. Leider ist die Crux ziemlich unglücklich abgesichert. Klar, für mich kein Problem, ich falle dort kaum runter und breche mir deshalb auch nicht die Füsse. Wer in diesem Grad am Limit ist, lässt aber besser die Finger davon. Es sei aber erwähnt, dass dies ein absoluter Einzelfall im Ötztal ist, die Absicherung ist meist top, mit vernünftigen Abständen, hochwertigem Inoxmaterial und Deluxe-Standplätzen. Vielleicht die beste 6b im Ötztal ist die M. Jackson (6b): steil, henklig, mit imposanter Passage übers Dach. Sehr empfehlenswert, auch wenn hier deutliche Tendenz zur 6b+ besteht. Noch steiler ist dann die Single (7a): nach einem Einstieg an griffigen Leisten gibt's im oberen Teil eine längere Gegendruck-Passage an Seit- und Untergriffen unter dem Dach bei schlechtem Trittangebot, die Crux ist es dann, die Füsse übers Dach zu bringen. Doch damit nicht genug, schliesslich wollte auch noch die Toptour Hexentanz (7c) geklettert werden. Leicht überhängend an kleinen Leisten zu gutem Rastpunkt, dann steiler an besseren Griffen hinauf zum Dach und darüber hinweg. Die eindrucksvolle, ausdauernde Linie liess mich davon absehen, zu 100% all-in auf Onsight zu gehen. Im Nachhinein wurmt mich das ein bisschen, da es vielleicht doch möglich gewesen wäre. Wobei, bei dieser Traumtour im zweiten Go souverän den Sack zuzumachen hat mir auch Freude bereitet.

Der Klettergarten bei Aschbach, das Foto wird der Qualität dieses Sektors leider nicht wirklich gerecht.
Den letzten Klettertag verbrachten wir an den Felsen von Nösslach. Dieser Klettergarten befindet sich am Fuss einer rund 200m hohen Wand, welche auch ein paar MSL-Routen beinhaltet. Die Felsqualität ist hier sehr gut, neben den üblichen Leistentouren und Dächern gibt's auch ein paar optisch ansprechende Risse und Verschneidungen. Geboten werden 52 Routen von 5a-8a+, der Schwerpunkt liegt dabei im sechsten Franzosengrad bei Routenlängen von typischerweise 15-20m. Ich kletterte zuerst den Schachzug (7a) - ein schwerer, dynamischer Einzelzug von schlechten Leisten, was mir im Onsight gerade so knapp aufging. Dann Nix für Schwache (7c), wo ich auch grad durchsteigen konnte. Wohl eher nicht, weil ich so grausam stark bin. Die Crux ist aber ein Boulder in einer kurzen, 45 Grad steilen Zone. Mit entsprechend Reichweite und der entsprechenden Spannung konnten meine Füsse auf den vernünftigen Tritten bleiben, bis die Hand im entscheidenen Untergriff war - wem das nicht langt, der steht hier womöglich vor einer anderen Herausforderung. Wobei es ja aber immer schwer zu sagen ist, wie gut oder eben nicht sich eine Route für andere Personen und Morphologien klettert. Danach ging es in das Feuerherz (7b) mit seinen kleinen, aber positiven und scharfen Leisten in sehr steilem Gelände - coole Tour! Danach war es Mittag, die Sonne machte ihre Aufwartung am Fels, es wurde selbst auf über 1000m Seehöhe schon beinahe unerträglich heiss, und der Mumm um noch weitere Touren anzupacken schmolz wie Butter dahin. So gab es noch die Traumreise (6b), quasi die Ausweichvariante zu meiner 7c von vorhin, dann liessen wir es für einmal gut sein. Die vergangenen Tage hatten an unseren Kräften gezehrt, und etwas Rahmenprogramm sollte auch noch sein.

Impression aus dem Klettergarten Nösslach, der leider bildlich ob dem vielen Wald auch nicht einfach einzufangen ist.
Vorbildliche Abfalltrennung im Klettergarten. Leider fehlt ein Abteil für Zigarettenkippen, die lagen nämlich zuhauf rum... 
Noch einige Bemerkungen zu den anderen, grösseren und für Sportkletterer bedeutenden Sektoren im Tal, von welchen ich einen Augenschein erhaschen konnte. Der traditionelle Klettergarten in Astlehn (12 Routen, 6b-8a+) wäre kindertauglich, mit kurzem Zustieg und ostexponiert. Mich hat's rein vom Anblick her nicht so angemacht, zudem sollen die Routen unrealistisch hart bewertet sein. Eine echte Empfehlung wären hingegen die beiden Sektoren am Piburger See (12 Routen, 7a+-8b+). Geniale, überhängende und griffige Sportkletterei. Andererseits mit den Kindern suboptimal und vor allem interessant, wenn man 8a oder mehr projektieren will - oder natürlich gleich klettern kann. Da wäre ich gerne hin, vielleicht klappt's ein anderes Mal. Dann gibt's das Gebiet Ötz mit einem breiten Spektrum von 45 Routen von der Anfängertour bis zur 7c. Es ist aber unmittelbar am Dorfeingang neben der Hauptstrasse gelegen, d.h. von nicht so überzeugendem Ambiente, dafür ideal wenn man nur wenig Zeit hat oder auf der Durchreise ist. Ebenfalls sehr bekannt ist die Engelswand bei Tumpen - ein weiterer Fels, der aus der flachen Wiese wächst, mit 70 Routen von 3-8a. Sicherlich sehr interessant, wir haben schliesslich anderen Sektoren den Vorzug gegeben, vor allem weil man hier von der richtig heissen Nachmittagssonne wohl schon beinahe gegrillt worden wäre. Und dann ist noch das Niederthai - zahlreiche Blöcke, in einem Wald verteilt. Hier charakterisieren sich die über 100, meist eher schweren Routen (>7a) durch Kürze, dafür umso grössere Steilheit und oft auch durch geschlagene Griffe. Hier waren wir nicht, weil man für die besten Routen immer wieder von Block zu Block hätte zügeln müssen, mit Kindern jeweils nicht so praktisch.

Heidi und der Geissen-General having fun in Aschbach...
Jahreszeit

Vorne in Ötz befindet man sich auf 800m, hinten in Obergurgl beinahe auf 2000m, also in alpinem Gelände. Die Hauptklettersaison im Ötztal dauert grob vom April bis in den Oktober, wobei viele Gebiete entweder nur am Vormittag, oder nur am Nachmittag Sonne haben. Im Herbst gibt's dann aufgrund der hohen Berge rundherum wohl generell nicht mehr so viel Sonne. Somit ist das Ötztal sicherlich auch ein denkbares Ziel für die Sommerferien - wobei gesagt sei, dass es mir im Mai bei Tiefland-Temperaturen von 20-25 Grad bereits zu heiss war, um an der Sonne ambitioniert Sportklettern zu gehen. Aber da tanze ich wohl etwas aus der Norm, inzwischen bin ich es mir halt von meinen vielen Outdoor-Trainings vor allem gewohnt, bei eher kühlen 5-15 Grad am Schatten zu moven. Sonne und Hitze empfinde ich hingegen eher als lähmend und der Leistung abträglich.

Unterkunft

Im Ötztal gibt es natürlich zahllose Unterkünfte von Campingplätzen über Ferienwohnung zu Pensionen und gehobeneren Hotels. Da kann jeder nach seinem Gusto entscheiden. Wichtiger ist es vielleicht noch, wo man sich einquartiert. Wir selber waren in Längenfeld, und es hat uns da gefallen. Für Kletterer würde ich generell empfehlen, irgendwo zwischen Tumpen und Huben zu logieren - da dünkte es mich am schönsten und man ist für die verschiedenen Klettersektoren auch zentral gelegen. Welches der Dörfer es dann genau ist, dünkt mich hingegen nicht so erheblich. Zu erwähnen noch: Hauptsaison herrscht natürlich im Winter und auch im Sommer ist viel los. Der Frühling und Herbst sind eher Zwischensaison - im Mai 2016 war es zwar kein Problem, eine Unterkunft zu finden, jedoch waren z.B. die meisten Restaurants in Längenfeld geschlossen, nur gerade im Don Camillo konnte man eine Pizza futtern gehen.

Ausblick auf das mittlere Ötztal, im Vordergrund der Aqua Dome und die Gegend um Längenfeld.
Rahmenprogramm

Wie bereits erwähnt, bietet sich dem Touristen ein riesiges Angebot, die Tourismus-Webseite klärt einem schön über alle Möglichkeiten auf. Wir besuchten die Therme im Aqua Dome, eine riesige Wellness-Anlage in Längenfeld. Nicht ganz geschenkt (60 Euro für die ganze Familie), aber es war es wirklich wert! Dazu gab es noch die gut kindertaugliche Wanderung über die Hängebrücke bei Längenfeld sowie einen Besuch im Ötzi-Dorf in Umhausen mit Führung. Was man dort über den Eismann selbst und die Lebensweise in der Steinzeit erfährt, fanden nicht nur die Kinder, sondern auch wir selber höchst spannend. Schon verblüffend, dass man selbst zu dieser Zeit bereits ausführlich Engineering betrieben hat! Diese drei Aktivitäten bilden natürlich nur einen Bruchteil der Möglichkeiten, alle würde ich aber als sehr empfehlenswert bezeichnen. Nicht zu vergessen natürlich auch die Möglichkeiten zum Skifahren. Einerseits hätte man auf den Pisten in Sölden noch die Möglichkeit gehabt, andererseits bietet das Ötztal unzählige, lohnende und wirklich eindrückliche Skitouren in der grandiosen Bergwelt. Die beste Zeit dafür ist wohl von März bis Mai, wo man ideal zwischen Skitouren und Sportklettern abwechseln könnte. Für mich persönlich hat es noch für eine rasche Tour auf den Granatenkogel (3318m) mit seiner steilen Nordflanke gereicht, welche demnächst in einem Folgebeitrag beschrieben wird.

Unterwegs zur Hangebrücke oberhalb von Längenfeld - einfach eine schöne Gegend!
Topo

Die Klettermöglichkeiten im Ötztal sind alle sehr gut mit Topos und Routenlisten auf der offiziellen Seite im Web dokumentiert. Wer sich die Mühe macht, alles auszudrucken, kann auf den Erwerb eines Topos sogar verzichten. Vor Ort liegen zudem gratis nützliche Infobroschüren auf. Für Snobs und diejenigen, die es sich leisten wollen, gibt es auch einen regionalen Topoführer übers Ötztal. Dessen Inhalt ist +/- deckungsgleich mit dem, was man auch auf dem Web findet. Eine weitere Möglichkeit ist der Führer Sportclimbing in Tirol von Vertical Life. Es gibt ihn günstiger auch als App. Aber Achtung, damit man die Topos anzeigen kann, braucht man Internet-Verbindung, was als Ausländer ein ziemliches Hindernis darstellt. Der Führer deckt ein viel weiteres Gebiet wie bloss das Ötztal ab und beruht auf Fototopos. Somit kriegt man zumindest einen ersten Eindruck der Wände, allerdings sind die Fotos oft von eher mässiger Qualität und auch sonst ist nicht unbedingt viel Liebe zum Detail da, d.h. es fehlen Infos z.B. Infos zu Schönheit und Charakter der Routen. Im Plaisir Ost 2015 sind zudem die Klettergärten Rammelstein, Ötz, Engelswand, Auplatte, Nösslach und Oberried in der üblichen Filidor-Qualität mit Topos und genauen Zustiegsskizzen enthalten.

Gratis Infobroschüren, welche vor Ort erhältlich sind. Auf dem Bild David Lama in Rosmaries Baby (7c) in Oberried, welche ich auch klettern konnte. Allerdings posiert er hier leicht abseits der Linie für den Fotografen. An diesen Griffen kommt man jedenfalls nur vorbei, wenn man kurz vor dem Stand noch nicht müde ist und noch Lust auf einen kleinen Umweg hat...
Fazit

Es war ein absolut genialer Aufenthalt im Ötztal, wobei das erstklassige Wetter an Auffahrt 2016 uns natürlich auch sehr in die Karten gespielt hat. Es wurden tolle Routen geklettert bis die Kräfte erschöpft waren, Unterkunft und Rahmenprogramm passten ebenfalls bestens. Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch erwähnen, dass ich von den Klettermöglichkeiten im Ötztal doch auch ein bisschen enttäuscht war. Für Sportkletterer mit Fokus von 7b aufwärts gibt es andere Regionen, welche einem deutlich mehr bieten, z.B. das Tessin, um ein weiteres Gneisgebiet zu nennen. Für einen Aufenthalt von ein paar Tagen kann auch der Hardmover glücklich werden, bleibt man länger, so muss man sich die wirklich lohnenden und von der Linie her überzeugenden Herausforderungen aber bald einmal suchen gehen. Ideal ist das Ötztal und seine Klettermöglichkeiten sicherlich für Leute mit polysportivem Fokus, Plaisir-Kletterer und Familien mit kleinen Kindern, welche auf sehr gutmütiges Gelände am Einstieg angewiesen sind.