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Mittwoch, 29. Januar 2020

Neujahrstrip 2020 ins Val Pennavaire

Über den Jahreswechsel sollte es wie bereits traditionell an den sonnig-warmen Fels statt in den Schnee gehen. Nach intensiven Regenfällen schien der Tessiner Gneis wenig versprechend. In Spanien war der Nebel zu fürchten, zudem ist's einfach ziemlich weit weg. Darum ging's wieder einmal an die ligurische Küste, sowieso eine meiner Lieblingsgegenden zum Klettern im Winter. Immerhin waren schon fast 2 Jahre vergangen, seit wir das letzte Mal da waren. Wie geplant war der Aufenthalt von schönem und mildem Wetter geprägt. Mitten im Winter den ganzen Tag in kurzer Hose und T-Shirt am Fels verbringen, das hat schon etwas für sich!

Frantoio

Dieses Gebiet wurde erst im 2018 erschlossen. Sehr erstaunlich, thront der markante Pfeiler doch prominent an der sonnigen Talflanke und bietet allerbeste Pennavaire-Kletterei. Die im Führer beschriebenen 10 Minuten Zustieg sind für die 170hm eher etwas optimistisch berechnet. Aber nein, weit ist's nicht. Es warten ein bequemer Wandfuss, ganztägig Sonne (um den Jahreswechsel von ca. 8.30-16.30 Uhr) und 18 spannende Routen von 6a+ bis 8a mit bis zu 32m Länge. Die Kletterei ist meist grossgriffig und athletisch, gespickt mit eindrücklichen Dächern - eine super Adresse! Nur alleine wird man am Frantoio aus logischen Gründen bestimmt nicht sein. Gekletterte Routen: Pendolino (7a+), Freski (7c+), Extra Vergine (7b), Gombo (7c), Giara (7b), Taggiasca (7b), Gallone (7a+), Marasca (7a), Quarta (6b), Teciallo (6c+), Chitarra (6a+)

In der Gombo (7c) am Frantoio, wo's an distanten Henkeln athletisch über die Dachzone geht.

La Similar

Wegen der Ähnlichkeit zu den katalanischen Gebieten soll dieser Fels seinen Namen erhalten haben. Doch erst einmal gilt es den richtigen Pfad zu finden, der Guide ist hier reichlich vage. Man findet ihn am Apex des kleinen Schotterstrassen-Loops, welcher von der SP 216 abzweigt. In gut 100hm Abstieg geht's in 15 Minuten zum Fels hinunter. Der Pfad verläuft stellenweise hart am Abgrund und auch jenseits des an sich bequemen Einstiegsbereichs beginnt bald Absturzgelände - mit kleineren bzw. nicht berggewöhnten Kindern nicht unbedingt ein entspanntes Erlebnis. Wer die Sonne geniessen will, sollte zeitig vor Ort sein. Sie erscheint zwar früh, verschwindet aber an den kürzesten Tagen schon um ca. 14.00 Uhr wieder. Es gibt 20 Routen von 6a bis 7c+ mit bis zu 30m Länge. So richtig profitieren kann aber nur, wer mindestens 7a drauf hat. Die Kletterei ist leicht überhängend und vergleichsweise wenig athletisch - mehr technisch an kleinen Leisten. Gekletterte Routen: Jade (7a), Berrinches (7a+), L'ultimo de mis Perros (7b), Alcanfor (6b+), Al Nonagesimo (7a+), Entrada (6a) 

Blick auf den Sektor La Similar - der grün umwucherte in der Mitte ist es.

La Galera

Hierbei handelt es sich quasi um einen (gar nicht so-)klein-schnuckligen Sektor hoch über Veravo an sehr sonniger Lage. Wie wir es uns schon gewohnt sind, reichen die angegebenen 25 Minuten Zustieg für die doch 380hm nicht wirklich aus. Wer's gemütlich nimmt, wird wohl fast die doppelte Zeit brauchen. Dafür kann man sich am bequemen Wandfuss wieder erholen, man geniesst hier auch ganztags die Wintersonne. Angeboten werden 38 Routen von 5c-8a mit meist um 15m Länge. Die grösste Auswahl und die besten Herausforderungen gibt's eher in den unteren Graden. Von den knapp 10 Touren im siebten Franzosengrad befinden sich fast alle etwas erhöht in einer Grotte, in die ein paar Meter hinaufgekraxelt werden muss (suboptimal für kleine Kinder). Dort gibt's Kletterei im Moonboard-Style: kurz, extrem steil, dynamisch. Für meinen Begriff fühlen sich diese Routen alle hart an (das könnte auch heissen, einen persönlichen Schwachpunkt identifiziert zu haben). Ach ja: die Frequentierung war trotz dem längeren Zustieg hoch. Gekletterte Routen: Casuarina (7a), Tower of London (6c), Tool Sleng (6b+), Devil's Island (7a), Hanoi Hilton (7b+)

Wir bleiben, bis das Licht ausgeht! Fantastische Abendstimmung im Galera-Sektor hoch über dem Val Pennavaire.

Belvedere dei Nonni

Ein weiterer, ganz neuer Sektor. Zusammen mit dem unweit gelegenen Mondo Sommerso befindet er sich im vorderen Val Pennavaire. Man erreicht ihn, indem man von der von Vesallo wieder talauswärts führenden Panoramastrasse ca. 130hm absteigt. Am Belvedere gibt's 17 Routen von 6a+ bis 7b mit 12-18m Länge. Grundsätzlich liegt der Sektor am Sonnenhang. Die Sonne erreicht die rechten Routen ab ca. 11 Uhr, während die steile linke Wand nach NW exponiert ist und um diese Jahreszeit keinen einzigen Sonnenstrahl abbekommt. Alle Routen im siebten Franzosengrad befinden sich dort, sie sind kurz, steil, athletisch und irgendwie ein bisschen schmerzhaft. Die Gesteinsqualität ist im ganzen Sektor nicht restlos überzeugend, d.h. durchaus eine Stufe schlechter wie in anderen Sektoren. Trotzdem verbrachten wir natürlich auch hier einen vergnüglichen Tag. Gekletterte Routen: Kuk (7b), Graca (7a), Ring Road (7a), Tibidabo (7a+), Route 66 (6c), El Chepe (6b), Righi (6b+)

In der Tibidabo (7a+) am Belvedere dei Nonni.

Roccia dell'Arma

Am Neujahrstag herrschte wunderbares, mildes und windarmes Wetter, also ging's für einmal ganz das Val Pennavaire hinauf an diesen Sektor, der sich quasi an der oberen Abschlusskrete befindet. Im Guide werden die Felsen hochgelobt, es warte hier silbergrauer Kalk, welcher an die besten Klettereien in der Schweiz erinnere. Mir ist unbekannt, wo die Autoren in der CH geklettert sind, ihrem Urteil kann ich mich jedoch ganz bestimmt nicht anschliessen. Der Fels ist unangenehm kompakt, geschlossen sowie struktur- und reibungsarm. Somit verlaufen die meisten Routen (v.a. die einfacheren) im gemüsigen Gelände, während die schwierigen unschön zu beklettern sind. Schon die Aufwärmtour an der Muro Rosso, Anselmo (6b), war richtig zäh. Die als Projekt ausgesuchte Pork Soda (7c) erinnerte ein wenig an die African Postman (8a) im Pilatusgebiet, dünkte mich aber deutlich härter und somit eher unrealistisch eingestuft. Somit verliessen wir den Sektor bald wieder, um noch nach der Placca Silvana Ausschau zu halten. Der visuelle Eindruck war jedoch derselbe, aktive Kletterer berichteten uns auch, dass die Routen im 7ab-Bereich sich vorwiegend an geschlagenen Griffen abspielen würden. So machten wir uns mit dem Fazit, dass der Platz an sich wunderschön und sonnig ist, sich die Gegend aber besser für das Wandern wie das Klettern eignet aus dem Staub.

Italienische Kletterin in einer 6a im Sektor Muro Rosso am Roccia dell'Arma

Cimetiero dei Camosci

An diesen Felsen wurde erst in den letzten beiden Jahren mit der Erschliessung begonnen. Der Prozess ist auch noch nicht abgeschlossen, so dass das Hauptproblem soweit darin besteht, sich überhaupt eine Übersicht zu verschaffen. Das im Guide abgedruckte Topo ist bei Weitem nicht (mehr) vollständig, noch dazu grottenschlecht, Namen sind nur wenige angeschrieben und mit jenen aus dem Topo stimmen sie auch nicht zwingend überein. Schwierige Ausgangslage also! Nach längerem Werweissen war die angeschriebene Nevrotica mit der Anna (7a) aus dem Topo in Übereinstimmung gebracht. Coole, leicht überhängendende Wandkletterei an Leisten, ein bisschen engagé. Wir kletterten auch noch die Mettetevi d'accordo. Deren erste Seillänge (6b) ist cool, die zweite (7b+) an geschlagenen Griffen mit Crux heikel direkt über dem Band eher unlohnend. Hingegen ist die Piochhe (7b+) auch eine extrem coole Abfolge an kleinen Leisten. Sonst noch erwähnenswert: im Winter gibt's hier nur wenig Sonne von ca. 14-16 Uhr. Einige Touren bleiben länger nass oder feucht und die Felsstruktur ist überhaupt nicht typisch fürs Val Pennavaire.

Sieht irgendwie speziell aus, klettert sich aber doch gar nicht so schlecht: Cimetiero dei Camosci.

Il Rettilario

Das Reptilarium ist eigentlich eher ein Subsektor der Guggenheim-Felsen, auch wenn's einen eigenen Namen trägt. Von der Guggenheim-Grotte sind es ca. 2 Minuten hinauf, wobei eine kurze Steilpassage an einem Fixseil zu überwinden ist. Oben ist der Einstiegsbereich dann sehr bequem. Angetroffen haben wir 12 Routen mit 10-15m Länge in den Graden 5b-7b+, die am Vormittag Sonne erhalten. Die einfacheren Routen sind eher senkrecht, die schwierigen steil und athletisch. Leider kommt auch hier Felsqualität und Kletterei nicht an jene der bereits früher erschlossenen Sektoren unterhalb heran. Dafür hatte man hier oben seine Ruhe, während unten in der Grotte grosser Andrang herrschte. Gekletterte Routen: Crotalo (7a), Boa (7b) und Da Vinci (7a), Dix (7c), Andy Warhol (7b), Pizarro (6b+)


Das war der einzige etwas graue Tag unserer Ferien. Blick vom Rettilario auf das Mittelalter-Dorf Colletta.

Terminal / Pook & Casa dei Nonni

Vor der Heimreise wollten wir uns noch ein wenig im rasch zugänglichen Terminal vertun. Dafür reichte auch das im Hochwinter kurze Sonnenfenster von 10-14 Uhr gerade aus. Auch hier hat sich auf der rechten Seite in den letzten Jahren noch etwas getan. Im Sektor Pook kamen einige zusätzliche Sintertouren hinzu, während rechts aussen noch ca. 10 steil-henklige, typische Pennavaire-Klettereien eingebohrt wurden. Somit hat man total ca. 35 Routen von 5c-7c mit Längen von 15-35m zur Verfügung, welche von einem zentralen Basislager angegangen werden können. Eine Kombination mit dem linken Terminal-Sektor ist natürlich möglich, dort rüber sind's dann aber doch ein paar Minuten Fussmarsch, d.h. nicht ganz ideal. Gekletterte Routen: Panero (7a), Via d'Amor (7b+), Tambo (7a)

Ein bisschen Sinterklettern kann nie schaden! In der Via d'Amor (7b+) am Terminal.
Sehr zufrieden aber auch mit leichter Wehmut nahmen wir darauf hin Abschied vom Val Pennavaire. Ja, hier würden sich noch manche Wintertage gut aushalten lassen und an Kletterherausforderungen wäre auch für eine geraume Zeit gesorgt! Mit sehr guten Erinnerungen an tolle Ferien, lässige Kartenspiele, gesellige Stunden in der Bar und daheim und viele Sonnenstunden machten wir uns auf den Weg nach Norden, mit im Gepäck auch noch eine reich gefüllte Ticklist. So soll's doch sein! Wir freuen uns auf jeden Fall schon jetzt auf den nächsten Besuch im Val Pennavaire!

Freitag, 24. Januar 2020

Grindelboulder's Shortcut 2020

Auftakt zur Wettkampfsaison 2020! Der Shortcut ist ein neuer 1-Tages-Wettkampf, der im Grindelboulder in Bassersdorf durchgeführt wird. Natürlich sind wir dem Reiz erlegen, spannende neue Boulder auszuprobieren und unseren Formstand zu messen. Vor allem aber wollten wir dem Team um Florian und Ingo die Ehre erweisen. Wenn sich jemand schon Aufwand und Mühe nimmt, einen solchen Anlass auf die Beine zu stellen, dann sollte man diesen auch honorieren. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön, ein kurzer Wettkampfbericht und ein paar Gedanken zur Einführung von Stärkeklassen bei Kletterwettkämpfen.


Qualifikationsboulder mit (zu) viel Dynamik...
Bericht vom Shortcut

Das ist nämlich der springende Punkt an diesem Event: er wurde in 2 Ligen durchgeführt. Die Einteilung wurde bei der Registration nach Ermessen des Veranstalters vorgenommen. Das funktionierte hier ganz leidlich, da man "sich eben kannte" - trotzdem stellt sich natürlich immer die Frage, wo genau man die Trennlinie schlussendlich zieht. Für mich hiess es, in der ersten Liga anzutreten, Larina durfte auf Level 2 mitmachen - dies notabene an einem Wettkampf, der nicht für Kinder konzipiert war und sonst (bis auf eine Ausnahme) auch keine teilnahmen. Sie boulderte hervorragend, kam aber nicht ganz in die Endausmarchung, weil doch noch ein zwei, drei Tops fehlten, die mit ihrer Grösse kaum machbar schienen. Meine Quali hingegen verlief frustrierend. Von 13 Bouldern konnte ich gerade mal 2 Stück toppen, denn sie waren generell sehr anspruchsvoll. Entweder äusserst kleingriffig, oder dann koordinativ-dynamisch. Rein intuitiv wäre ich in der 2. Liga besser aufgehoben gewesen - dort waren die Boulder nämlich machbar, ich konnte alle inklusive dem späteren Halbfinal plus den Final flashen. Aber natürlich wäre das dann auch wieder nicht wirklich fair gewesen. Zu gut für die 2. Liga, aber zu schlecht für die 1. Liga, das war mein Fazit :-/

So à la "Hand auflegen" im Halbfinal, mehr mein Ding...
Anyway, nachdem ich bei den Erstliga-Problemen während der 3-stündigen Periode wirklich alles und das Letzte gab, konnte ich noch ein paar Zonen holen und qualifizierte mich schliesslich mit Rang 5 gerade noch für den 6er-Halbfinal, Glück gehabt. Die beiden Halbfinalboulder kamen mir dann sehr entgegen, in senkrechter Wand auf Reibung über Volumen schleichen, das ist sehr viel mehr mein Ding wie affenartig durch die Gegend zu springen. Somit ging ich überraschend als Führender in den 3er-Final, wo noch ein langer, athletischer Boulder (beinahe eine Kletterroute ;-)) wartete. Dieser gelang mir gut - nur zum Topgriff reichte es mir nicht ganz. Diesen hätte es aber gebraucht, um den Wettkampf dank Countback zum Halbfinal zu gewinnen. Wobei Platz 1 dann fast ein wenig gestohlen gewesen wäre. Der Sieger, ein junger Kaderkletterer, ist doch ein ganzes Stück stärker als ich. Somit blieb mir also Rang 2 und damit doch noch ein versöhnliches Ende für einen Wettkampf, wo ich nach der ersten Stunde noch keinen Pfifferling auf mich gegeben hätte. So darf es im 2020 gerne weitergehen :-)

Im Final wird dann noch der Bizeps getestet...

Kletterwettkämpfe in Stärkeklassen

Grundsätzlich macht's ja absolut Sinn, Kletterwettkämpfe in Stärkeklassen durchzuführen. Das ergibt einigermassen homogene Teilnehmerfelder. So kann adäquat geschraubt werden, es macht für die Teilnehmenden Spass, Routen/Boulder mit einer passenden Schwierigkeit zu versuchen und mit einer echten Chance auf einen vorderen Rang ist die Motivation mitzumachen umso grösser. Doch wie teilt man ein? Es bräuchte halt eben ein Ranking-System, wie es z.B. im Tennis oder beim Skifahren existiert. Das wäre an sich keine Hexerei: es müssten nur sämtliche Wettkämpfe über dieselbe Plattform laufen (was mit digitalrock.de schon zu einem wesentlichen Teil gegeben ist). Dann ein Punkte-System et voilà, das Grundgerüst wäre in kurzer Zeit vorhanden. Somit könnte objektiv in Stärkeklassen eingeteilt werden. Ich sehe zahlreiche Vorteile:
  • Es gibt bereits erste Wettkämpfe mit (so etwas wie) Stärkeklassen. Einerseits der Shortcut, andererseits auch die Zürcher Klettermeisterschaft, wo es bei den Erwachsenen jeweils Elite und Fun gibt. Das (ungeschriebene) Gesetz für die Einteilung ist dort, ob man irgendwann einmal Wettkämpfe auf nationalem Level bestritten hat. Benachteiligt natürlich vor allem jene, welche nach ihrem nationalen "Karriereende" wieder einmal wettkämpfen wollen, aber längst nicht mehr das Niveau für die Elite haben.
  • Die Drop-Out-Quote aus der Wettkampfkletterei nach den Jugendkategorien (U16 bzw. U18) ist enorm hoch. Das ist systemisch bedingt: nachher heisst's nämlich bei der Elite mitzumachen. Wer da nicht schon bei der Jugend zur absoluten Spitze in den jeweiligen Jahrgängen gehört hat, kann fast nur aufhören (und tut dies im Moment auch). Die nationalen Elite-Wettkämpfe finden einfach auf extrem hohem Niveau statt (Quali-Routen ab ~8b aufwärts) und der Weg an Fun-Wettkämpfe steht auch nicht offen.
  • Aktuell ist der Zulauf an Kletterwettkämpfe noch recht überschaubar - selbst bei den Jugendlichen, erst recht bei den Erwachsenen. Alle, die gerade Lust haben, können bei jedem Wettkampf teilnehmen, selbst an der Schweizer Meisterschaft. Manchmal sind die Teilnehmerfelder (z.B. in der U14) aber doch schon ziemlich gross. Mit Olympia und der absehbaren, zunehmenden Popularität des Kletterwettkampfsports wird sich das bestimmt akzentuieren. Man wird also die Teilnehmerzahl limitieren müssen, was schlussendlich (sinnvollerweise) auch wieder auf ein Ranking und/oder Stärkeklassen hinausläuft. 

Sonntag, 19. Januar 2020

Skitour Schächentaler Windgällen (2764m)

Die Schächentaler Windgällen ist ein klotziger Felsberg über dem Klausenpass, der im Winter nur selten Besuch erhält. Einen einfachen Weg auf den Gipfel gibt es nämlich keinen. Bei günstigen Verhältnissen sind jedoch die bekannten Sommeraufstiege (SE-Flanke, NW-Grat) mit Steigeisen zu klettern. Für die Abfahrt bietet sich das bisher kaum bekannte Canalone auf der Nordseite an. Es ist eine tief in die Felsen eingefressene Schlucht, die eine Extremabfahrt mit Steilheiten im Bereich 45-50 Grad präsentiert. Nachdem ein weiterer, traumhafter Januartag mit einwandfreiem Sonnenschein, milden Temperaturen und stabiler Schneedecke vorhergesagt war, wollten wir eine ausgiebige Rundtour unternehmen.


Unsere Tour startete im Sali (1146m). Der Strasse entlang ging's auf der Glatten-Standardroute nach Unter Stafel. Nun entweder hier bereits WSW queren oder (vermutlich eher besser) noch weiter bis zum Ober Stafel und erst dort zum Lang Boden gehen. Über die 30 Grad steilen Nordhänge erreicht man schliesslich den Übergang der Ruosalper Chulm, wo sich das Panorama öffnet und herrliche Blicke zu Clariden, Schärhorn & Co bietet - ein idealer Platz für eine Pause. Schliesslich gingen wir weiter der Krete entlang nach W, hinauf zum imposanten Felsenzirkus der Läged Windgällen. Um den Einstieg ins Couloir zu finden, welches auf die Hochfläche führt, muss man zuletzt etwas nach links queren. In diesem herrschten perfekte Bedingungen, trittiger Schnee mit guten Stufen, da waren weder Steigeisen noch Pickel angezeigt. Oberhalb vom Couloir können die Skier wieder montiert werden und bald war mit dem Gipfel der Läged Windgällen (2572m) ein nächstes Etappenziel erreicht.

Im Aufstieg nach der Ruosalper Chulm, vor dem eindrücklichen Felsenzirkus der Läged Windgällen.
Die SE-Flanke zur Hoch Windgällen sah ab diesem Ausgangspunkt sehr respekteinflössend aus. Steil, mit herausfordernden Felspassagen und steilen Schneefeldern gespickt. Wenig erstaunlich, dass diese Perspektive manchem Anwärter den Mumm nimmt. Wir waren aber fest entschlossen und wollten uns die Sache aus der Nähe ansehen. Um den hochalpin anmutenden Sattel bei P.2535 zu erreichen, muss man in der Nordflanke mehr Höhe vernichten, als man zuerst denkt - ansonsten sind ein paar Felsrippen zu überqueren. Dann kamen die Ski auf den Rucksack und die Steigeisen an die Füsse. Die Route durch die SE-Flanke ist mit orangen Punkten markiert, welche teilweise sichtbar waren. Ebenso sind stellenweise Drahtseile und Bohrhaken vorhanden, die wir aber kaum resp. gar nicht nutzten. Auch die Route ist an sich offensichtlich - einfach dem logischen Weg folgen. So gelangten wir ohne grössere Aufregung auf die Höch Windgällen (2764m). Die Verhältnisse waren aber auch perfekt - die felsigen Passagen waren aper und dort wo Schnee lag, war dieser hervorragend trittfest, die Januarsonne vermochte ihn noch nicht übermässig aufzuweichen. Vorsicht, später im Jahr heisst es hier, sehr früh dran zu sein!!!

Durch diese Wand geht's hinauf (SE-Flanke der Höch Windgällen, Sommerbewertung T5+, II).

Kletterei mit Steigeisen und ein wenig sperrigem Zusatzgepäck. Ja, sowas macht unsereins Spass!

Gipfel der Schächentaler Windgällen mit schlichtem Kreuz und grossem Steinmann. Die Gipfelbuchbox war leider leer...
Nun wartete der spannendste Teil der Tour, nämlich der Canalone! Er ist, da so tief eingeschnitten, quasi von nirgends her vollständig einsehbar, d.h. auch von den Bergen in der Umgebung her nicht. Landeskarte und auch Luft- bzw. Satellitenfotos geben auch keinen wirklichen Aufschluss darüber, wie die Topografie der Windgällen-Nordseite wirklich ist. Eine genaue Routenbeschreibung würde da jetzt natürlich helfen, doch eine solche hatten wir nicht. Um die Spannung und den Abenteuerfaktor zu erhalten, verzichte ich jetzt auch darauf, hier eine solche zu publizieren. Also: Spürnase auspacken - wer's unbedingt braucht, kann mich ja privat fragen. Unsere Nasen jedenfalls witterten eine fahrbare Linie und so kam's dann auch. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gelände hier durchgängig im Bereich 40-50 Grad steil ist. Einen Sturz oder auch nur einen kleinen Schneerutsch - von einer grösseren Lawine gar nicht zu sprechen - mag es hier nicht leiden. Nach dem Auftakt im engen Steilgelände öffnet sich die Sache unten etwas und die Steilheit geht auch zurück. Hier konnten wir es bis zur 2000er-Höhenkurve über gute 500hm richtig krachen lassen, die Abfahrt im gesetzten Pulver machte enormen Spass.

Durch diese hohle Gasse muss der Skifahrer kommen. Eingang bzw. Ausfahrt aus der Nordschlucht der Höch Windgällen.

Absolute Knaller-Hänge nach der Ausfahrt aus dem Canalone. Hier war auch die Schneequalität noch echt gut.
Wenig später waren wir in der grossen Ebene unter den Hütten von Alplen. Im Aufstieg hatten wir Spuren im Felsenweg durchs Loch gesehen, ebenso im Schnäbeli wie auch in der mittigen Linie via Brätt. Es gäbe also mehrere Möglichkeiten, die Steilstufe hinunter zu Ruosalp zu überwinden. Wir hingegen hielten an unserem Plan fest, zogen die Felle auf und wollten auch noch den Alpler Stock mitnehmen. Dahin sind es mit etwas Auf und Ab netto zwar nur 250hm, aber doch noch ein bisschen Distanz. Doch wir kamen wieder an die Sonne, konnten unsere Blicke über das weite Gelände schweifen lassen und erreichten bald das Top, wo wir eine sehr bequeme Rast halten konnten. Nun wartete noch die Abfahrt nordseitig um den Alpler Stock herum. Auch hier gab's noch einige gute Schwünge. Diese Variante endet beim Gross Gaden wieder auf der Glatten-Normalroute. Zuletzt ging's noch gute 250hm in Lauberhorn-Manier über den Ziehweg hinunter und die Runde hatte sich geschlossen. Das war nun wirklich Skibergsteigen at it's best. Solche Verhältnisse dürfte es gerne noch ein wenig öfter bzw. länger geben!!!

Fantastisches Ambiente auf dem Alpler Stock, wo  wir unsere Runde nochmals gut überblicken konnten.

Facts

Route: Sali (1146m) - Ruosalper Chulm - durchs Couloir zur Läged Windgällen (2572m) - über die SE-Flanke auf die Höch Windgällen (2764m) - Abfahrt durchs Canalone Nord nach Alplen - Alpler Stock (2091m) - via Gross Boden zurück nach Sali. Das ergibt alles in allem gerade gut 2000hm Aufstieg und Abfahrt und dürfte skifahrerisch deutlich lohnender sein, wie wenn man vom Sali direkt zum Canalone geht (bzw. von dort nach Sali abfährt). 

Aufstieg, allfällige Abstiege und Abfahrten erfordern solides alpines Können und eine gute Spürnase für die beste Route. Die Sommerbewertung bewegt sich im Bereich T5+, II und die steilsten Schneepassagen sind wohl je nach Verhältnissen gute 50 Grad. Logischerweise bilden Steigeisen und zwei Eisgeräte auf solchen Touren die Standardausrüstung, auch wenn es bei Top-Verhältnissen vielleicht spartanischer geht.

Mittwoch, 15. Januar 2020

Gipfelsammeln im Lidernengebiet

Das aktuell hervorragende Wetter und die günstige Lawinensituation wollten für eine Tour genutzt werden. Somit war es möglich, abseits der üblichen Skitourenrouten unterwegs zu sein und exklusive Ziele zu besuchen. Schon seit längerer Zeit auf meiner Bucket List befand sich Diepen im Riemenstalder Tal. Schlussendlich konnte ich die Tour ohne den Aufwand allzu stark zu vergrössern zu einem Gipfelsammeln im Lidernengebiet erweitern.

Auf dem Siwfass (2180m), links der markante Gipfel vom Hundstock.
In erster Linie liegt das an der Tatsache, dass ich bei meiner Ankunft gleich ohne Wartezeit in die Luftseilbahn nach Gitschen zusteigen konnte. Erst hatte ich nämlich geplant, den Diepen aus dem Tal anzugehen. In einer knappen Stunde ab der Bergstation hatte ich bereits die ersten beiden Gipfel besucht. Nämlich Hagelstock (2181m) auf der Standardroute via Spilauer See und Siwfass (2180m), den man von der Lücke zwischen den beiden Gipfeln westwärts umgeht und dann von Norden einfachh zum Kreuz steigt. Somit waren die ersten 500hm im Kasten und ein günstiger Ausgangspunkt für den ersten Teil der Rotenbalm-Abfahrt gelegt. Die Schneequalität war hier gar nicht mal so schlecht, windgepresster Pulver - ohne Deckel und noch recht genussreich zu befahren. Auf 1800m kamen die Skis wieder zu stehen und die Felle mussten erneut aufgezogen werden.

Blick vom Siwfass über das Abfahrtsgelände zum markanten Diepen (2221m), rechts davon der Tibistock (2022m).
Als nächstes geht's nun bis 40 Grad steil zum Übergang Firtiggrätli (1959m). Schon anhand der Karte und aus der Ferne schien es mir attraktiv, noch den Abstecher zum Tibistock (2022m) zu machen. Er wird aber gegen Süden von einer Felsbarriere verteidigt, somit war unsicher, ob dies realisierbar wäre. Aus der Nähe schien es nicht komplett undenkbar, also wollte ich es versuchen. Direkt an der Südkante wartet ein Auftakt, ca. 5m etwas plattige Kletterei im 3. Schwierigkeitsgrad. Die Stelle ist aber wenig exponiert, so war es gut zu machen. Danach einfacher im T5-Gelände zum schmucklosen Gipfelplateau, Abstieg danach auf derselben Route, danach kurze Abfahrt mit Fellen zurück zum Firtiggrätli.

Der Tibistock (2022m). Von Süden aufgrund der Felsbarriere nur mit Kletterei im 3. Grad zu erreichen.
Ab dort wird nun die sehr steile Nordflanke des Diepen gequert. Die Hänge die man begeht, sind gegen 40 Grad steil, weiter oben ist die Neigung noch extremer. Hier darf also nichts ins Rutschen kommen! Danach erreicht man wieder gutmütigeres Gelände, bevor man in die neuerlich sehr steile NW-Flanke des Diepen (2221m) einsteigt. Diese war stark abgeblasen (dürfte wohl oft so sein), nur in den Rinnen lag ausreichend Schnee. Wenn man sich an die mit Ski machbare Route hielt, war's bis 45 Grad steile und gerade noch so mit den Fellen gangbar. Für die letzten 50hm deponierte ich dann wegen Schneemangel die Ski. Auch hier war der Gipfel wieder schmucklos - kein Kreuz, kein Steinmann, kein Gipfelbuch. Untrügliches Zeichen, dass er wohl nur selten besucht wird. Zurück bei den Brettern zog ich die Felle ab und schwang mit Genuss die mit einer lockeren Schicht auf kompakter Unterlage bedeckten Steilhänge ab. 

Blick vom Äbneter Stöckli auf die steile NW-Flanke des Diepen (2221m), über welche der Aufstieg verläuft.
Nun ging's zum letzten Gipfel: mit ca. 60hm Aufstieg liess sich auch noch das Äbneter Stöckli mitnehmen. Wenn viel Schnee liegt, ist dieses ab dem Sattel kaum oder nur schwer zugänglich. Doch links (südseitig) vom teilweise scharfen Grat waren die Steilwiesen grossmehrheitlich aper. Somit liess ich die Bretter im Sattel deponiert und ging zu Fuss zu diesem letzten Gipfelziel meiner Reise und wieder zurück. Danach stach ich die 35-40 Grad steilen Nordhänge nach Äbnet hinunter, der Schnee auch hier windgepresst pulvrig, Marke "ganz ordentlich". Von Äbnet geht's im Bereich des auf der LK verzeichneten Sommerwegs rechts vom Bach zu den Hütten von Alplen runter. Das Gelände ist gut befahrbar, auch wenn man ein paar Schwünge zwischen Erlengebüsch hindurch machen muss. Während in den Rinnen Deckelschnee war, war dieser auf den Rücken noch locker. Die letzten 200hm ab Alplen zurück zum Ausgangspunkt Chäppeliberg über hartgefrorenen Schnee und auf der teilweise vereisten Strasse waren dann kein Genuss mehr, aber doch immerhin gut mit den Ski zu befahren.

Das Äbneter Stöckli (2087m). Aufgestiegen wird über den Ostgrat links, was südseitig zu Fuss (da aper) ging.

Facts

5-Gipfel-Rundtour im Lidernengebiet
Ski-Schwierigkeit ZS+, total ca. 1050hm Aufstieg und 1600hm Abfahrt
Nur bei sicheren Lawinenverhältnissen machbar, normale Skitourenausrüstung ausreichend

Übersicht vom Gipfel des Diepen über die westliche Lidernen Ski-Arena, die nur selten begangen wird.

Freitag, 10. Januar 2020

Jahresrückblick 2019

Jetzt ist das 2019 auch schon wieder rum. Somit also Zeit, um traditionell auf das vergangene Kletterjahr Rückschau zu halten und die markantesten Eckpunkte nochmals Revue passieren zu lassen. Ganz kurz zusammengefasst liest sich das Fazit wie folgt: ruhmreiche Touren mit grosser Aura oder mit Ernst und Risiko behaftete Aktionen im Hochgebirge gab's fast keine. Dafür viel Kletterspass mit der Familie und Freunden, sei es auf MSL-Routen, beim Sportklettern am Fels, an Wettkämpfen oder dem dafür nötigen Indoor-Training. Als Dekoration fehlen ein paar lässige Tage in Schnee und Eis trotzdem nicht - wer's genau wissen möchte, möge weiterlesen.

Sportklettern

Rein quantitativ ist das 2019 mein bisher erfolgreichstes Sportkletterjahr überhaupt. Mir gelangen 178 Routen >=7a, nämlich: 2x 8b, 7x 8a/+, 23x 7c/+, 54x 7b/+ und 92x 7a/+. Das ist mehr als im sehr erfolgreichen 2018. Zugleich gelang mir endlich die Devi (8a) auf der Galerie, für welche ich lange Jahre nicht genug Saft hatte. Somit liegt der Schluss nahe, dass ich mich in der Form des Lebens befinde. Subjektiv macht es mir zwar nicht immer diesen Eindruck. Das liegt wohl einerseits an der Verschiebung der Perspektiven. Egal auf welchem Niveau man klettert, es gibt immer noch eine nächste Route, die gerade ein bisschen zu schwierig ist und genug Strom hat man auch nie ;-) Weitere Highlights des Sportkletterjahrs sind natürlich unsere Trips ins Tessin, die Vogesen, nach Chamonix, ins Engadin, nach Briançon, Kalymnos und ins Val Pennavaire. Nicht geschafft habe ich den Durchstieg einer 8c-Route, die ich im Frühjahr über längere Zeit projektiert hatte. Zwar konnte ich die Tour solide in zwei überlappenden Hälften klettern, aber ganz gereicht hat's doch nie. Somit wäre das Ziel fürs 2020 ja eigentlich gegeben - mal sehen!

Supercoole und extrasteile Sandsteinkletterei in den Vogesen - sehr empfehlenswert!

Wettkämpfe

Die Wettkämpfe haben sich im 2019 zu einem zentralen Aspekt meiner Tätigkeit im Klettern entwickelt. Einerseits selbst als Teilnehmer, andererseits als Coach für die Kinder - an insgesamt 19 Events war mindestens jemand vom Team Dettling dabei. So kam es tatsächlich vor, dass wir an einem strahlend schönen, outdoortauglichen Frühlings- oder Spätsommertag in einer Halle um Podestplätze kämpften. Aber es macht enormen Spass, die Leidenschaft mit der Familie zu teilen und auf den Punkt Vollgas geben zu müssen beim Klettern. Die Erfolge und wohin das alles führen wird, stehen nicht im Zentrum: alles kann, nichts muss. Trotzdem versuchen wir uns natürlich immer möglichst weit vorne in der Rangliste zu platzieren und das gelang im 2019 mit grossem Erfolg. Team Dettling sicherte sich total 23 Podestplätze (alle mind. 4 Stück!!!) und wir gingen nur selten von einem Wettkampf ohne Edelmetall heim. Mir persönlich lief's im 2019 fantastisch, ich konnte total 8x aufs Treppchen steigen und sogar 2 Wettkämpfe gewinnen. War's die Fitness, die Routine oder einfach Glück?!? Wir werden sehen: im 2020 sind wir nach aktuellem Stand wieder voll motiviert im Zirkus dabei und greifen an, wo es etwas zu holen gibt :-)

Ein farbenfrohes Wettkampfjahr 2019 ging zu Ende. Foto: Kletterzentrum Gaswerk

MSL

Trotz ausgiebigem Sport- und Wettkampfklettern ging ich auch noch auf MSL. Und dies im langjährigen Vergleich sogar sehr oft, nämlich total 30x. Exakt die Hälfte dieser MSL-Routen kletterte ich mit meinen Kindern, wobei da inzwischen bereits richtig anspruchsvolle Unternehmen möglich sind. Ein absolutes Jahres-Highlight ist denn auch die MSL-Woche mit meiner Tochter in Chamonix. Jeden Tag konnten wir eine prima MSL-Route vom Stapel lassen, u.a. die fantastischen Eau Rance (6b+) und Venus (6b+). Auch mit erwachsenen Partnern gelangen mir geniale Begehungen. Einzelne hervorzuheben bedeutet andere abzuwerten, dennoch erwähne ich hier Cacciatori di Pareti (7b), Nikita (7b), Pipistrello (7b+), Jimmy (6b+), Trumpfkönig (7a+), Fusion (7b), Braveheart (7a+), Venus (7a+) und Cirrus (7a) speziell. Die meisten dieser Touren sind auf dem Blog bereits wohldokumentiert, einige Beiträge sind aber noch nicht ganz fertig gestellt. Einen solchen wird's zur schlechtesten MSL aller Zeiten (=zumindest jener, die mir in meinem ganzen bisherigen Kletterleben am wenigsten Spass gemacht hat) bestimmt nie geben. Ihr dürft jetzt alle 3x raten, welche das wohl ist. Als Tipp gebe ich noch mit, dass es keine brüchige 3-SL-Tour mit elend langem Zustieg in einem unbekannten Gebiet ist, sondern... pssst, nicht weitersagen.

Auch ein Blog, der noch fehlt... und gleich Anlass für das nächste Ratespiel. Wer erkennt's?

Bohren

Nicht nur zum MSL-Klettern fand ich im 2019 Zeit, sondern auch zum Erschliessen. Auch wenn das auf dem Blog wenig zur Geltung kam, so war es ein sehr erfolgreiches Jahr in dieser Hinsicht. Ich konnte 2 Mehrseillängenrouten einrichten, nämlich die Semi-Trad-Linie Maverik (9 SL, 7a) und die alpine Sportkletterei Dur à Cuire (8 SL, 7b+). Bei beiden fehlen aber noch ein paar Details, darum gibt's noch keine Blogs und Topos. Vielleicht hätte ich den Aufwand auf mich nehmen können, um nochmals alleine hinzugehen und alles wie gewünscht in Ordnung zu bringen. Aber ich bin ja kein Unternehmen, das seine Produkte auf den Markt bringen muss. Somit klettere ich die Routen lieber nächstes Jahr nochmals, bevor sie dann publiziert werden. Auch immer noch in Arbeit ist die Lanciamira, das Bigwall-Projekt mit meiner Tochter. Sie ist inzwischen 11 SL lang im Bereich 6ab mit einer SL 6c. Wir haben extrem viel Freude an diesem Unternehmen, Fortsetzung folgt. Im Klettergarten habe ich auch noch ein paar Eier gelegt, welche noch nicht alle ausgebrütet werden konnten. Zu jenen, wo das Kücken bereits geschlüpft ist, gehören Hibernator (7b+) und Stairway to the Stars (7c+) im Waldsektor der Galerie (da wäre eigentlich wieder einmal ein Topo-Update fällig...) sowie die Pachiderma (7b) in Claro. Vermutlich auch noch nie näher erwähnt habe ich den 1976 Crack (M5) und die Lotterie (M6), zwei Drytool-Routen ganz links auf dem Urnerboden. 

Unterwegs in der Lanciamira, Edition 2019.

Eisklettern, Nordwände & Bergsteigen

Tja, in dieser Rubrik ist nicht allzu viel los. Zum Eisklettern waren die Verhältnisse generell eher bescheiden, insbesondere in der näheren Umgebung. Somit gab es für mich nur einen Mixed-Tag im Urnerboden (mit den beiden bereits erwähnten Neutouren) sowie einen einzigen, längeren Eisfall, nämlich den Allmenalpfall (WI4) in Kandersteg. Immerhin war dieser ein richtiges Highlight! In Sachen Nordwände/Bergsteigen qualifiziert einzig die eindrückliche Durchsteigung der Tödi Westwand direkt aus dem Tal kommend.

Yours truly unterwegs im Allmenalpfall (WI4) in Kandersteg, definitiv eines der Schweizer Eiskletter-Highlights.

Skitouren

Skitouren habe ich im 2019 genau 27 Stück gemacht. Von Januar bis Mitte Februar gab's bei uns daheim im Zürcher Oberland aussergewöhnlich viel und guten Schnee (dafür sogar ausgeprägte Lawinengefahr). Dies erlaubte mir, alle bisher gemachten, lohnenden Touren im Oberland zu wiederholen und auch neue Hügel, Routen und Kombinationen auszuprobieren. Zumindest momentan sieht's gar nicht danach aus, als ob sich das heuer wiederholen würde. Ein paar Mal machte ich auch noch längere und alpinere Skitouren. Herausragend waren der oben bereits erwähnte Tödi und die mit dem Gleitschirm kombinierte Tour auf Rorspitzli & Rothorn.

Kick it in der Tödi Westwand, ein Hybrid zwischen Bergsteigen und Skitouren.
Wer jetzt noch Lust hat, weitere Jahresrückblicke zu lesen, findet hier alle bisher existierenden Ausgaben. Mir verbleibt zum Schluss der Dank an alle meine Tourenpartner im 2019 und insbesondere an meine Familie, die so oft mit dabei war und mich manchmal auch alleine hat ziehen lassen. Auf ein tolles Berg- und Kletterjahr 2020!

Sonntag, 5. Januar 2020

Skin & Fly: Leistchamm (2100m)

Nach der Rückkehr aus den Kletterferien im Süden war die Gelegenheit da, zur Abwechslung wieder einmal die Schweizer Winterlandschaft zu geniessen. Auf eine lange Anfahrt wollte ich verzichten, ebenso auf ein überranntes Tourenziel. Noch dazu sollte es im Aufstieg etwas Sonne geben und ein bisschen Nervenkitzel sollte trotzdem mit von der Partie sein. Als der Weisheit letzter Schluss präsentierte sich schliesslich eine Tour auf den Amdener Leistchamm mit dem Flug-Zeug im Gepäck nach dem Motto...

if (snow == "good") ski else fly

Startplatz auf dem Leistchamm...
Mein Aufstieg startete im Arvenbüel. Auf der markierten Route ging's zusammen mit zahlreichen Schneeschuhwanderern zur Alp Looch. Fleissige Gipfelsammler könnten ab da noch den Flügenspitz mit einbeziehen, aber da war ich früher schon einmal. Wenig später steht man unter der doch einigermassen imposanten Nordflanke des Leistchamm, die bei (allerdings selten anzutreffenden) guten Bedingungen ein paar interessante Abfahrtslinien bieten würde. Über den steilen Nordrücken ging's im Bereich des Sommerwegs dem Gipfel entgegen. Während für den Aufstieg gute Conditions herrschten, schien die Abfahrt wie erwartet eher wenig zu versprechen. Nach rund 90 Minuten Aufstieg hatte ich das Top erreicht. Ein super Panorama und fabelhafte Tiefblicke auf den Walensee warteten - einfach genial!

...und Landeplatz beim Bahnhof Weesen. Der Leistchamm in Bildmitte in weiter Distanz (gut 10km entfernt).
Nachdem auch der Wind passte, legte ich meinen Gleitschirm direkt am Gipfelkreuz aus. Die Kalotte lässt sich gerade schön auf die ebene Gipfelfläche platzieren. Der Pilot oder eben zuerst noch Skifahrer steht allerdings schon am Rand des steileren Abhangs und dann geht's los, den Nordrücken hinunter. Ein wenig Entschlossenheit ist schon nötig, aber dank den guten Bedingungen war's ein Kinderspiel. Dem Westgrat entlang flog ich Richtung Weesen, thermischer Aufwind erleichterte mir die Sache und unter mir zogen gleich 4 Adler gleichzeitig ihre majestätischen Kreise. Doch weiter ging's, wenig später gab's eine für einmal ganz ungewohnte Perspektive auf die Galerie. Diese spendierte mir nochmals Thermik und damit die Möglichkeit, noch ein wenig länger in der Luft zu bleiben. Doch jedes Vergnügen endet einmal, in diesem Fall mit einer Ski-Landung auf der grünen Wiese unmittelbar beim Bahnhof Weesen - ja, das geht im Fall problemlos!