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Montag, 24. Februar 2014

2x Stotzig

Kaum zu glauben, es ist schon beinahe Ende Februar und meine vorletzte Skitour liegt bereits rund 7 Wochen zurück. Am Neujahr war es gewesen, seither hatten mich verschiedene Föhnphasen, mässiges Wetter und schlechter Schnee nie mehr gelockt. Eine solche Pause mitten in der Saison hatte es in bisher bald 25 Tourenwintern noch nie gegeben.

Wie auch immer, für den vergangenen Sonntag war ein Traumtag angesagt, und am Alpenhauptkamm und südlich davon lag genügend Schnee. Vielerorts dem Vernehmen nach sogar bester Pulverschnee, also sollte sich eine Tour bestimmt lohnen. Wir entschieden uns schliesslich, nach Realp zu fahren. Einsame Touren muss man dort grundsätzlich nicht erwarten. Morgens um 9 Uhr waren dort weit über 100 Fahrzeuge von Tourengängern parkiert, und gegen den Stotzigen Firsten wälzten sich schon wahre Karawanen. 

Unser Ziel, das Stotzig Muttenhorn (3062m).
Wir machten uns bereit und schritten mit etlichen anderen Tourengängern in das Witenwasserental hinein. Das abgelegene Stotzig Muttenhorn (3062m) war nämlich unser Ziel. Der kürzeste Weg dahin führt hinauf in Richtung Stelliboden. Bis dahin war eine gute Spur in Richtung Tälligrat und Rottällihorn vorhanden, doch nun galt es selber die Initiative zu ergreifen. Darob waren wir nicht etwa erschrocken, denn wir hatten insgeheim gerechnet, bzw. gehofft in diesem vielbegangenen Gebiet unsere einsame Nische zu finden.

Blick zum Gipfel. Die Perspektive täuscht etwas, die Steilheit am Grat beträgt ziemlich durchgehend 40-45 Grad.
Etwas nördlich von P.2602 bogen wir hinein ins Tal des Muttengletschers. Diesen erreichten wir alsbald und überquerten ihn kurzerhand, um dann steiler gegen den Saaspass hinaufzuspuren. Während wir in der Querung nach dem Stelliboden an einer Geländekante ein (dort harmloses) etwa 10x10m grosses Triebschneepaket ausgelöst hatten, waren wir erst etwas in Sorge ob der steile Hang gegen den Gipfel hinauf möglich wäre. Vor Ort stellten wir dann beruhigt fest, dass hier kein Triebschnee lauerte, und der 40 grädige Hang problemlos war. Soweit wie sinnvoll möglich schritten wir noch dem SE-Grat entlang mit den Ski, auf 3000m war dann endgültig Skidepot.

Blick vom höchsten Punkt, dem W-Gipfel auf den Verbindungsgrat zum E-Gipfel.
Ab da war der E-Gipfel rasch erreicht. Steigeisen und Pickel waren nicht nötig, und dürften für routinierte Gänger höchstens bei sehr ungünstigen Verhältnissen erforderlich sein. Der höchste Punkt des Berges ist übrigens der W-Gipfel, für welchen man noch etwa 100m lang dem fast horizontalen Grat folgen muss (Achtung, grosse Wächten!). Die Gipfelrast war sehr angenehm, es war mild und windstill, das Panorama genial und wir hatten den Berg für uns alleine. Ein grosser Kontrast zu den bisherigen Gipfel-Aufenthalten dieses Winters meinte mein Begleiter, der öfters als ich den Bedingungen getrotzt hatte.

Tolles Panorama vom Top, hier (v.l.) Witenwasserenstock, Pizzo Pesciora und Pizzo Rotondo.
Zügig waren wir retour beim Skidepot und stiegen auf die Latten. In einwandfreiem Schnee kurvten wir hinunter zum Muttengletscher und kamen erst im Loch unten auf etwa 2350m zum Stillstand. Ab hier ist eigentlich zwingend nochmals ein Skiaufstieg vonnöten. Das Tal der Muttenreuss bietet nämlich kein geeignetes Skigelände, und auch Lawinengefahr droht von den engen Talflanken. Wichtig zu wissen: im kalten und zugigen Kessel dort unten sind gute klebende Felle Pflicht, nicht umsonst war wohl die Aufstiegsspur gegen den Stotzigen First hin mit linken Fussabdrücken garniert...

Tolle Pulverabfahrt über den Muttengletscher, so hätten wir es uns schon lange gewünscht!
In Richtung des Stotzigen First ging es dann auch für uns. Auch wenn nur 400hm zu überwinden sind, so gilt es doch noch etwas Distanz zu bewältigen. Fraglich ist natürlich sowieso, was man an einem Sonntagnachmittag nach einem schönen Weekend auf diesem Gipfel noch will. Tatsächlich, die Standardroute über den E-Hang war zu einer Piste eingefahren! Doch es war mein erster Besuch überhaupt hier und wir hatten die Abfahrt über die N-Flanke geplant, und dank deren Breite war ich mir sicher, dass wir hier noch eine Variante mit jungfräulichem Gelände finden würden. Dies traf dann auch ein, ein gutes Dutzend Spuren war (in einem engen Korridor) vorhanden, so konnten wir ohne weiteres unsere eigenen Linien in den Pulver ziehen. War dieser ganz oben noch leicht vom Wind gedeckelt, wurde er schon bald von allerbester, führiger Qualität und auch diese Abfahrt war absolut traumhaft.

Weitläufiger Aufstieg zum Stotzigen First, landschaftlich jedoch sehr schön!
Mit ein Grund, dass diese Abfahrt nicht sonderlich beliebt ist, liegt am Gegenaufstieg. Auf 1820m kommt man im Tal der Furkareuss zu stehen. Auch dieses ist in Richtung Realp nicht befahrbar, und man muss zwingend nochmals rund 170hm gegen das Hotel Galenstock aufsteigen. So klebten wir also die Felle das dritte Mal an und erledigten was zu tun war. Nach dem letzten Wechsel ging es dann über die gepistete Furkastrasse retour nach Realp. Gute 7 Stunden hatten wir für die ganze Runde gebraucht, aber Wetter, Schnee und Tour waren echt genial gewesen. Unter diesen Voraussetzungen war es natürlich ein leichtes, das eben erlebte als "die bisher beste Skitour des Winters" zu qualifizieren. Doch selbst in einem normalen Winter würde diese Tour sicher zu den Highlights gehören. Zufrieden war ich auch mit meiner Performance, trotz absolut inexistentem Konditionstraining konnte ich die über 2100hm in vernünftigem Tempo bewältigen, und davon sogar noch über 800hm selber spuren. Zum Glück wird man doch nicht ganz so schnell alt, wie man es manchmal befürchtet... 

Galenstock und Bielenhörner vom Stotzigen First.
Facts

Route: Realp - Stelliboden - Saaspass - Stotzig Muttenhorn 3062m - Muttengletscher - P.2357 - Deieren - Stotzigen Firsten 2752m - N-Abfahrt nach Chalt Herbrig - Hotel Galenstock - Realp. Total ca. 2100hm Aufstieg/Abfahrt mit 3 Fellwechseln. Schwierigkeit ca. ZS+, Zeitbedarf 7-8 Stunden für die ganze Tour. Link zur Karte mit unserer Tour: klick! 

Samstag, 15. Februar 2014

Galerie - Recherche Inutile (7a)

Im Januar hatte ich noch von aussergewöhnlichen Bedingungen geschrieben, weil über Weihnachten und Neujahr zwei Wochen am Stück auf der Galerie geklettert werden konnte. Mittlerweilen ist es Mitte Februar, und bezüglich dem Klettern draussen hat sich nichts geändert. Ein Update ist hingegen am Topo fällig. Mit der Recherche Inutile hat es nochmals eine neue Variante gegeben.

Diese führt erst rechts vom Emigrant hoch und mündet dann in die Ouagadougou, über welche man den Ausstieg bewältigt. Die Kletterlänge beträgt just 25m. Es warten 4 knifflige Stellen, die jeweils wieder von Ruhepunkten unterbrochen sind. Daher ist die Route auch recht schwierig zu bewerten. Ich denke, sie checkt in der Gegend von 7a ein, unter Umständen auch nur bei 6c+. Um den Grad definitiv festzulegen, möchte ich noch das Feedback von ein paar weiteren Kletterern mit unterschiedlichen Morphologien abwarten.

Kathrin in der Recherche Inutile (7a)
Woher der Routenname kommt, ist für einmal ganz einfach zu beantworten. Wir waren angerückt, um wieder einmal einen verschollenen Fingerring per Metalldetektor zu suchen. Im Gegensatz zur früheren Aktion in Carate Urio war dieses Vorhaben deutlich schwieriger: der Boden an den Einstiegen ist mit allerhand metallischen Altlasten gespickt, über lange Jahre hat man Grünzeugs und allerhand Grümpel von oben über die Wand hinunter geworfen. So gab es ständig Fehlalarm und wir fanden ausser alten Büchsen, Drähten und weissichnichtwas nix, vor allem den gesuchten Ring nicht. Das war aber auch nicht weiter erstaunlich, denn der tauchte wärend wir uns abmühten zuhause wieder auf. Von daher also eine wahrlich nutzlose Suche, immerhin entstand rund um diese vergebliche Aktion noch die Recherche Inutile.



Routenverzeichnis (von links nach rechts):

Die folgenden Touren sind alle schön, lohnend und verlaufen in gutem, griffigem und leicht überhängendem Fels. Die Absicherung ist bestens ausgefallen, je nach Route sind 6-12 Express nötig. Für die Recherche Inutile und die Ouagadougou ist zwingend ein 50m-Seil zum Umlenken nötig, bei den anderen reicht (knapp!) durchwegs ein 40m-Seil.

Tac Isaac (6b)
Piazkletterei, gar nicht so einfach wie man denken können.

Immigrant (6b+)
Bouldriger Start, danach Ausdauerkletterei an meist grossen Griffen.

Emigrant (6b+)
Griffige Kletterei mit einer markanten Schlüsselstelle am Dächlein.

Recherche Inutile (7a)
Vier knifflige Stellen mit Ruhepunkten dazwischen, spannende Sache.

Ouagadougou (6c+)
Interessante Kletterei, knifflige Einzelstellen ohne gute Ruhepunkte brauchen Ausdauer.

Devi (8a)
Unten easy, dann an Leisten, Seit- und Untergriffen durch die steile Wand, Maximalkraftausdauer!

Grünabfuhr (7c+)
Nach gemütlichen Auftakt erst Untergriffe, dann Resistance an besseren und schlechteren Leisten.

Sepultura (7b)
Prima Route! Weite Züge, dazwischen immer wieder gute Griffe. 

Thai City (8a)
Lange Zeit eher gemütlich, das Finale an Löchern und Slopern hat es dann in sich!

Cogne - E Tutto Relativo (WI4)

Ein bisschen spürten wir schon die Efforts der vorangegangenen Tage und da es zudem draussen auch noch schneite, nahmen wir gerne einen zweiten Cappuccino und verweilten noch etwas länger beim Frühstück. Schliesslich obsiegte dann aber doch die Motivation, einen weiteren Eisfall zu begehen. Weil wir schon zuvor wegen Fernarbeitspflichten den Schichtwechsel für die Kinderbetreuung auf 14 Uhr festgesetzt hatten, passte der Tutto Relativo perfekt ins Programm. Dies tönt nun ein wenig nach Ausweichtour, was aber der Wahrheit nicht entspricht. Diese Route hatte ich daheim noch ganz oben auf die Wunschliste gesetzt. Vor Ort waren aber nun einige deutlich schwierigere Routen geglückt und so verblieb natürlich auch ein Stück weit die Verlockung, eine weitere Herausforderung anzunehmen.

Routenübersicht, aufgenommen kurz vor dem Einstieg
Aber fertig der kühnen Träume, die Tourenwahl war erfolgt und wir fuhren nach Lillaz. Der Zustieg zum Tutto Relativo ist ziemlich kurz und dauert rund 20-30 Minuten. Natürlich war bereits eine optimale Spur vorhanden, Konkurrenz aber zum Glück keine in Sicht - man sei sich gewahr, dass dies an Weekends ganz anders aussehen wird, handelt es sich doch hiermit um eine der beliebtesten Touren des Valeille. Wie immer waren wir zwecks Bequemlichkeit mit bereits montierten Steigeisen und Klettergurten zugestiegen und so konnte es sogleich losgehen. Die erste Länge bietet gemütliche Kletterei von 70-75 Grad in prima Sorbet und war dementsprechend rasch erledigt: 50m, 4 Schrauben, mit der Zeit gewöhnt man sich einfach an das Medium Eis und fühlt sich auch über den Sicherungen wohler. Der BH-Stand befindet sich links an den Felsen und gibt den Blick frei auf das Prunkstück der Route, die zentrale Säule. Bevor man diese anpackt, gilt es aber noch eine einfache Überführungslänge (40m, max. 60 Grad) zu überwinden. Stand macht man entweder rechts an einem Baum, oder dann hinter der Säule an BH. Bei unserer Begehung floss rechts im steilen Teil eine massive Dusche, und so war die Option mit dem BH-Stand in der Nische deutlich angenehmer und trockener.

Tiefblick auf die einfachere L2, zumeist im Schnee, am Schluss kurz 60 Grad im Eis.
Die Säule selber liess sich dann prima klettern: erst rausqueren auf einer schmalen Leiste und dann aufwärts. Im zentralen Teil war das Eis trocken und von idealer Konsistenz, perfekt zum Schrauben und der eine oder andere Hook bzw. Tritt war ebenfalls vorhanden. Die Steilheit beträgt auf wenige Meter 90 Grad, und legt sich dann rasch graduell zurück. Insgesamt kann man sagen, doch deutlich schwerer wie die Patri-Fälle, aber auch klar einfacher wie Tuborg oder Sentinel Ice. Anyway, den BH-Stand nach der Säule erreicht man in etwa 10-15m weiterem Aufstieg über Schnee links an den Felsen. Zum Glück waren noch Fussspuren von Vorgängern sichtbar, ansonsten wäre es hier echt schwer geworden, waren doch die BH schon komplett zugeschneit und nicht mehr erkennbar.

Blick auf die Säule, im rechten Teil tropft es gewaltig, am besten grossräumig ausweichen.
Die letzte Seillänge bietet dann noch eine tolle Gully-Kletterei, anregend aber ohne grosse Schwierigkeiten. Eis hatte es hier nicht mehr allzu viel und da auch noch Schnee lag, musste man etwas aufpassen, um Felstreffer zu vermeiden. Kletterei und Absicherung waren aber tadellos möglich. Nach dem Ausstieg auf den Schnee steigt man noch etwa 15m weiter, bis wiederum links in den Felsen ein Stand à l'Italienne mit Schlingenverhau um einen Block plus ein BH sichtbar wird. Somit war ein weiteres Ziel erreicht, und ob den winterlich-feuchten Bedingungen hielten wir uns nicht lange auf. Um ins Tal zu gelangen, steigt man noch etwa 20hm durch die Rinne auf, bevor man sich nach links wendet und in einer ziemlich steilen Querung einfacheres Gelände erreicht. Hier käme man gerade am Einstieg der Cristal Giusy (80m, WI4) vorbei, mit der man weiteren Eishunger stillen könnte. Für uns lag dies zeitlich nicht mehr drin, zügig stiegen wir über die Schneehänge ab und waren wie abgemacht zeitig zurück daheim - zur Freude unserer Kinder blieb noch ausreichend Gelegenheit, um nochmals am Sylvenoire-Sessellift Skifahren zu gehen.

Blick auf die letzte SL, auch wenn es hier einfach aussieht wartet in der Rinne nochmals richtige Eiskletterei.
Facts

E Tutto Relativo II WI4 180m
Material: 6-8 Schrauben, 2x60m-Seile, mit 2x50m muss man in L4 kurz (gefahrlos) gemeinsam steigen.

Zugang: durch den Ort Lillaz hindurch und auf gespurtem Wanderweg ins Valeille hinein und auf die erste Anhöhe hinauf. Dort, wo der Weg wieder etwas abfällt, bei der Ausschilderung links den Hang hinauf und zum Einstieg. Zeit ca. 20-30 Minuten.


Route: in L1 (50m) eine homogen geneigte Rampe von 70 Grad, oft feucht. Stand danach links in den Felsen. In L2 (35m) Schnee oder leichtes Eis, zum Schluss kurz etwas steiler (60 Grad) an den Stand an Baum rechts oder an BH rechts hinter der Säule. In L3 (35m) die markante Säule, mit kurzem senkrechtem Stück, danach um 85 Grad, BH-Stand etwa 15m darüber im Fels links. In L4 (60m) eine schöne, enge Rinne um 70 Grad und etwas Schneegestapfe, BH-Stand in den Felsen links.

Abstieg: abseilen über die Route ist mit 2x60m gut möglich, bequemer ist aber der Fussabstieg. Man steigt noch etwa 20hm auf und quert dann nach links hinaus und steigt über das Schneefeld ab. In 10 Minuten ist man retour beim Einstieg, wenn man nicht noch die 2 SL der Cristal Giusy (WI4, 80m) anhängt, an deren Einstieg man direkt vorbeiläuft.

Im Fussabstieg, hinten sind gut noch die 2 schönen SL der Cristal Giusy (WI4, 80m) erkennbar.
Gefahren: auch dieser Eisfall befindet sich in einer Lawinenrinne mit recht grossem Einzugsgebiet oberhalb, deshalb Vorsicht nach starken Schneefällen und/oder viel Wind. Dank dem, dass die Kaskade von einigen Schneefeldern unterbrochen ist, kann man hier unter Umständen auch anderen Seilschaften folgen, ohne sich einer allzu grossen Gefahr von Eisschlag auszusetzen.

Stand à l'Italienne.

Samstag, 1. Februar 2014

Cogne - Eis und Mixed in Moline

Den ganzen Vortag und auch über Nacht hatten die Flocken fast ununterbrochen getanzt, etwa 25cm an Neuschnee waren hinzugekommen. Obwohl eigentlich eine Besserung angesagt war, war auch noch der Morgen total verhangen und die Schneeflocken wirbelten durch die Gegend. Unser Plan wäre es eigentlich gewesen, das Lillaz Gully zu klettern, doch irgendwie hatten wir den Eindruck, dass dafür bessere Tage kommen würden, wo man die Tour mit deutlich mehr Genuss klettern könnte.

Um doch noch ein wenig an die frische Luft zu kommen, beschlossen wir einmal dem Eis- und Mixedklettergarten am Bach zwischen Cogne und Lillaz einen Besuch abzustatten. Dieser ist rasch erreicht und da sollte auch der viele Neuschnee nicht so stören. Das Topoblatt listet doch immerhin 19 verschiedene Routen auf, von WI2 bis M6 ist ziemlich alles vorhanden. So machten wir uns also auf den Weg, von Cogne aus kann man gut zu Fuss gehen. Natürlich zeigten sich bei diesem Marsch urplötzlich die ersten blauen Störungen, der Schneefall hörte auf und quasi innert Minuten riss der Himmel auf. Doch noch umdrehen und fürs Lillaz Gully packen?!? Nein, wir blieben beim Klettergarten und nachmittäglichem Skifahren mit den Kindern.

In der Schlucht mit dem Klettergarten. Gibt es noch einen weiteren Sektor? Ich denke nein, bin aber nicht ganz sicher.
Der erste Blick auf den Klettergarten sieht durchaus interessant aus. Tatsächlich gibt es einige spannende und auch gar nicht so einfache Eislinien, und im steilen linken Teil stecken Bohrhaken, welche die Mixed-Routen definieren. Bei genauerer Betrachtung frage ich mich (auch im Nachhinein) allerdings, wo diese 19 Routen denn zu finden sein sollen. Vielleicht (eher unwahrscheinlich allerdings) gibt es weiter flussabwärts nochmals einen Sektor, doch da wo wir waren gibt es meines Erachtens exakt 3 Eislinien und eine einzige Mixed-Route, bei welcher die BH nicht dermassen verrostet sind, dass man sich schon am Einstieg fürchten muss.

Die einfachste Eisroute ganz rechts aussen, mit ca. WI3 zu bewerten.
Uns sollte dies nicht stören, denn für unser Zeitbudget gab es genügend zu tun, dennoch denke ich, dass es wichtig ist hier nicht mit falschen Vorstellungen anzureisen. Irgendwie hat es mich auch etwas verblüfft, denn sonst überall in den Routen von Cogne ist die Ausrüstung mit BH an den Ständen perfekt und up-to-date, und die Informationen zu den Routen akkurat. Just im Klettergarten ist es anders. So pickelten wir uns also an den Eislinien ab, welche nach meiner Einschätzung (von rechts her kommend) mit ca. WI3, WI4- und WI4 zu bewerten wären. Hier allerdings, im Gegensatz zu den längeren Touren ohne Kletterspuren, und dementsprechend eher schwieriger für den Grad als in den alpineren Routen.

Der Kletterer in der lohnendsten Eislinie im Gebiet, ca. WI4-.
Mein persönliches Highlight war dann die Mixed-Route. Diese führt durch ziemlich überhängenden Fels, dessen Schichtung für einige positive Hooks sorgt, am Schluss folgt dann ein Eisvorhang. Insbesondere der Wechsel an diesen ist ziemlich athletisch. Im Vergleich zu meinen Erfahrungen auf dem Urnerboden oder auch dem Tösstal denke ich, dass diese Route schon im Bereich von M6+/7- einzuordnen ist. Im Onsight war ich da chancenlos, ganz einfach weil es nicht geht, wenn man nicht einfach den Hooks blindlings vertraut und an dem zieht, was dem Pickel Widerstand bietet. Nach dem Auschecken konnte ich dann allerdings rotpunkt durchsteigen und von daher bot dieser Trip nach Cogne also auch eine neue Bestleistung in dieser Skala. Jaja, ich weiss, das ist noch auf sehr bescheidenem Niveau, Freude gemacht hat es mir trotzdem! Mit diesem Erfolg in der Tasche liessen wir es für gut sein und trotteten nach Hause, um mit den Kindern die Pisten am "grossen Lift" in Cogne unsicher zu machen. Bei hervorragendem Schnee, bestens präparierten Abfahrten und keinen Leuten war auch dies eine tolle Sache!

Ziemlich steile Mixedkletterei, hinten die steilste Eislinie, ca. WI4.
Facts

Eis- und Mixedklettergarten bei Moline/Cogne, ca. 8 Routen im Bereich WI3-WI4 bzw. M6-M7
Material: 6-8 Eisschrauben, 50m Einfachseil

Rasch erreichbarer Klettergarten am Fluss gleich unterhalb der Strasse zwischen Cogne und Lillaz. Die Routen bieten Kletterlängen von 15-25m und geben für einen An- oder Abreisetag, bzw. bei Schlechtwetter durchaus eine interessante Möglichkeit, sich etwas zu betätigen. Die Lage ist schön, und wenn die Sonne scheint, gibt es gar einige wärmende Strahlen. Wer möchte, kann auch von der Strasse aus Topropes installieren. Leider ist gerade dieser Klettergarten nur mässig eingerichtet. Mit ein paar sinnvoll platzierten Ständen und brauchbaren Zwischensicherungen gäbe es doch noch etliche zusätzliche, interessante Möglichkeiten. Insgesamt also eher etwas für den kleinen Hunger, oder dann die Bohrmaschine mitbringen und dem Gebiet einen neuen Schliff verleihen!

Zugang: von Cogne Richtung Lillaz gehen/fahren, beim letzten Kreisel ist der Ortsteil Moline. Man passiert die letzten Häuser und geht noch ca. 300-400m weiter. Dort, wo rechts die Leitplanke aufhört, es befindet sich da auch ein Kieslagerplatz mit Bagger, geht es runter ins Bachbett. Ein paar wenige Schritte flussabwärts führen zum Ziel. Zeit von Cogne ca. 15-20 Minuten.

Routen: so wie ich es einschätze, gibt es hier 3 Eisrouten, an denen man noch die eine oder andere Variante einbauen kann. Mixedrouten gibt es im linken Teil etwa 3-4 Stück, welche von der Hakenanzahl her vernünftig abgesichert sind. Allerdings ist das Material total verrostet und nur 1 Route weist neue BH auf, dies ist denn auch die einzige, die ich als kletterbar einstufen würde. Die anderen kann man allenfalls im Toprope machen.

The dark side: total verrostete BH, nicht fachmännisch gesetzt (Dübel steht zu weit raus). Weckt nicht gerade das Vertrauen...