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Dienstag, 20. September 2011

Eisklettern im Sihltal

Die Temperaturen sinken, der erste Schnee fällt. Zeit, um an den Winter und ans Eisklettern zu denken. Das ist ein Teil, aber nicht die wahre Motivation für diesen Bericht. Unter heisser Sonne, aber an einer schattigen Wand hatten wir in Kalymnos wieder einmal Eismeister Urs Odermatt getroffen. Thema war dabei unter anderem unsere "Fläscheposcht" im Sihltal, welche in einem sehr schönen Beitrag Aufnahme in seinen Eiskletterführer Schweiz: Band Ost fand.

Zusammen mit Jonas hatte ich kurz danach noch zwei weitere tolle Fälle im Gebiet begangen. Leider verpassten wir es daraufhin, diese Begehungen auch zu publizieren, so dass sie im Führer keine Aufnahme fanden. Schade, aber selber schuld. Doch nun ist Zeit, um diesen Fauxpas zu beheben, und es wird hier das aktuelle Topo aus dem hinteren Sihltal präsentiert.

Das Topo vom Sihltal. Eine hoch aufgelöste PDF-Version gibt es auch: klicke hier!
Wir haben damals zuerst den "Fläschegeischt" angepackt. Vom Depot sind zuerst weitere ca. 200m Kletterstrecke an Zustieg zu bewältigen. Es handelt sich meist um etwa 45 Grad steile Schneehänge in einer Art Couloir, teilweise hat es aber auch etwas Eis, und auch den Fels berührt man. Wir begingen dieses Stück seilfrei, mir hat es sehr viel Spass gemacht!

Der Fall beginnt dann fulminant, mit einer ersten Seillänge in ca. 80 Grad steilem Eis (WI 3+). Sofort fiel die eher schlechte Eisqualität auf: nach unserer Begehung der "Fläscheposcht" gab es einen föhnigen Wärmeeinbruch, bevor die Kälte zurückkam. Dementsprechend war das gefrorene Nass etwas morsch und hatte Lufteinschlüsse, so dass man den Pickel teilweise bis zum Schaft versenken konnte.

Die zweite Seillänge ist dann eine einfachere Schrägtraverse (WI 2) an den Fuss der eindrücklichen, breiten und fast 100m hohen Schlusswand. Diese ist mit 80-85 Grad Neigung ordentlich steil. Wir begingen sie in 2 Seillängen (WI 4- und WI 4), in der Mitte bot sich eine nicht komplett zugefrorene Felsnische als Standplatz geradezu an. Die Ausstiegslänge endet dann mit einer fast senkrechten Stufe, vor allem die letzten Züge in dünner werdendem Eis waren nicht unspannend.

Kathrin in der "Fläscheposcht". Von den anderen beiden Fällen gibt es leider keine Kletterbilder.
Glücklich darüber, den ersten Fall bereits gemeistert zu haben, seilten wir (von unten gesehen) rechts davon durch gestuftes Gelände an Bäumen ab. Vor allem Jonas wollte es nicht entgehen lassen, auch noch den steilsten Zapfen im Gebiet zu versuchen - d.h. die Linie, die jetzt als "Fläschebier" bekannt ist. Nach 2 Abseilmanövern und kurzer Traverse zu Fuss ist man bereits am Einstieg.

Die erste Seillänge führt von dort an den Fuss der steilen Säule. Es bestehen unterschiedliche Routenmöglichkeiten. Die linke, direkte Linie erreicht auch 85 Grad und ist etwa WI 4-. Rechts davon kann man aber auch die Schwachstellen ausnützen, und kommt wohl mit WI 3/3+ durch. Am Fuss der Säule gibt es einen bequemen und sicheren Stand, an welchem erst mal mein vaterländischer Kuhnagel behoben werden musste.

Jonas packte dann erfolgreich die auf 25m anhaltend steile Säule (gut 85 Grad, WI 4+) an und konnte sie erfolgreich ohne zu ruhen durchsteigen - Chapeau! Zuletzt erreicht man über einige einfachere Meter und etwas Schnee den ersten Baum. Von dort kann man weiter aufsteigen und dann links an den Bäumen abseilen wie zuvor, man kann den Fussabstieg über den Sommerweg erreichen, oder auch unsere Variante wählen.

Wir seilten nämlich über den Fall ab, was am mittleren Stand allerdings das Einrichten einer Sanduhr erforderte. Am Einstieg angelangt, steigt man dann erst über Schneehänge zu Fuss ab, bevor über die letzte Steilstufe nochmals 50m abgeseilt wird. Das "Fläschebier" lässt sich auch von unten erreichen indem man den Einstieg der "Fläscheposcht" benützt und dann quert. Weiter links sind auch wilde, teilweise steile, aber etwas inhomogene Varianten möglich (120m, 40-75 Grad).

Das war es dann mit unserem Ausflug ins Sihltal, ein toller Eisklettertag mit 260 "richtigen" Eisklettermetern, und etwa 200 einfacheren Zustiegs-Klettermetern, für die etwa die Hochtourenbewertung ZS gilt. Ein Enchainement der beiden Fälle ist für genügend schnelle und fitte Seilschaften sicher die aktuelle Königstour im hinteren Sihltal.

Alle Facts und nützlichen Hinweise entnimmt man meinem extra angefertigten PDF: klicke hier!

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