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Mittwoch, 1. Mai 2013

Schweiz Extrem Ost

Endlich ist er da, der Schweiz Extrem Ost! Ganze 19 Jahre hatte es gedauert, bis über die Zentral- und Ostschweiz wieder ein qualitativ hochwertiger Auswahlführer für Routen von 6a bis 9a verfügbar ist. Die letzte Ausgabe, noch Schweiz Extrem genannt und das ganze Land abdeckend, stammte aus dem Jahr 1994. Sie war natürlich inzwischen hoffnungslos veraltet und auch vergriffen.

Der Extrem Ost kommt vom Filidor Verlag und stammt aus der Feder von Sandro von Känel. Ein klein wenig ist er aber auch mein Kind. Bei zahlreichen Arbeiten (Gebietsauswahl, Recherchen, Kontakte schaffen, Topos kontrollieren, Bewertungen harmonisieren, etc.) konnte ich unterstützend mitwirken. Nach über 20 Jahren Aktivzeit, vorwiegend in der genannten Region, war mir natürlich vieles aus dem Effeff bekannt. Andererseits, wenn es dann um exakte Details geht, so wird es dann manchmal doch wieder schwierig: "Beginnt der Pfad zum Voralpsee nun vor, in oder erst nach der Kurve?". Ja halt irgendwo dort, gefunden habe ich ihn bisher immer. Doch wenn man einen exakten und fehlerfreien Kletterführer will, so kommt man eben nicht umhin, alles nochmals genau zu hinterfragen und vor Ort zu überprüfen.

Cover vom Extrem Ost. Quelle: Filidor.
Mit dem Resultat bin ich aber höchst zufrieden. Der Führer verdient das Prädikat höchst empfehlenswert und gehört mit Garantie in die Bibliothek eines jeden Kletterers, der im Perimeter wohnhaft oder irgendwann im Raum Ostschweiz unterwegs ist. Für diejenigen, die sich bereits gut auskennen, haben wir viel darin investiert, um Neuheiten präsentieren zu können. So rund 20 vorher noch nie (z.B. Reduit, Axenstrasse, Nordgalerie, ...) oder schon seit langer Zeit nicht mehr (z.B. Telli, Göscheneralp, Erotisches Karussell, ...)  in gedruckter Form publizierte Klettergärten beschrieben. Auch von vielen anderen Gebieten (z.B. Galerie, Brüggler-Überhänge, ...) steht erst jetzt mit dem Extrem Ost ein vernünftiges, qualitativ hochwertiges und aktuelles Topo zur Verfügung. Ebenso gibt es im MSL-Bereich komplett neu beschriebene Gebiete (z.B. Titlis Nordwand, Hoch Fulen, Teufelstalwand, ...), wie auch viele andere mit Major-Updates (z.B. Zuestoll, Chli Bielenhorn, Graue Wand, ...).

Gebietsübersicht. Details zu den beschriebenen Gebieten gibt es hier. Quelle: Filidor.
Die Gestaltung des Führers ist absolut einwandfrei. Die Topos wurden von Sandro liebevoll, detailgetreu und mit ansprechender Farbgestaltung auf dem Computer gezeichnet. Das Piktogramm-System fürs benötigte Material ist einfach und sehr übersichtlich, sehr genaue Zustiegsskizzen sind vorhanden, bei den MSL-Touren meist auch Wandfotos mit eingezeichneten Einstiegen. Da kann man sich nun wirklich beinahe nicht mehr verirren - und sonst ist nicht der Führer schuld ;-) !!! Ebenso sind viele grossformatige Kletterfotos enthalten, was den Führer schön bunt macht. Die Kehrseite dabei ist, dass er ein stattliches Buch mit 367 Seiten geworden ist. So nimmt z.B. der Klettergarten Voralpsee mit seinen 18 Routen inklusive der Bilder total volle 6 Seiten in Anspruch. Es ist halt immer ein Kompromiss zwischen Schönheit und Schlichtheit. Mir persönlich wären einige grossformatige Personenaufnahmen weniger, dafür einige kleine Übersichtsfotos mehr (z.B. Klettergarten inkl. Wandfuss) deutlich lieber, weil ich daraus einen viel grösseren Nutzen ziehen könnte. Aber das sieht vielleicht nicht jeder so (Kommentare erwünscht...)!

Der Klettergarten an der Axenstrasse ist eines der neu beschriebenen Gebiete. Quelle: Filidor.
Dann noch ein Hinweis in eigener Sache: mich haben nun schon einige Fragen à la "warum ist dieses oder jenes Gebiet nicht enthalten?" erreicht. Ja, es gibt in der Zentral- und Ostschweiz einige bedeutende Klettergärten, die im Extrem Ost nicht beschrieben sind. Das ist nicht etwa so, weil uns diese unbekannt wären oder sie uns nicht gefallen, sondern weil die Erschliesser einer Publikation nicht eingewilligt haben. Dieses Einverständnis und die Zusammenarbeit mit den Pionieren war uns sehr wichtig, also waren diese Vorbehalte zu akzeptieren. Von daher möchte ich auch alle Kletterer bitten, sich strikte an die im Führer erwähnten Einschränkungen (z.B. Nordgalerie) zu halten und auch sonst ein vernünftiges Verhalten zu zeigen. Einerseits, damit wir dort noch lange klettern können, andererseits um auch zu demonstrieren, dass eine Publikation nicht allzu starke negative Auswirkungen nach sich zieht.

Fazit

Der durchgehend 2-sprachig (Deutsch/Englisch) gehaltene Extrem Ost ist ein konkurrenzloses Werk, eigentlich unverzichtbar und jeden der 48 Franken oder 38 Euro wert. Mit Klettern in der Schweiz von Matteo Della Bordella aus dem Verlag Versante Sud steht zwar ein ähnliches Buch zur Verfügung, welches aber in punkto Aktualität, Qualität, Klarheit und Gebietsauswahl deutlich unterlegen ist. Vom SAC gibt es die Komplett-Kletterführer Graubünden, Alpstein und Zentralschweiz (2 Bände, einer ist aktuell noch nicht erschienen). Wenn man dazu noch den GLclimbs und den Kletterführer Schächental anschafft, so hat man ungefähr dieselbe Information wie sie im Extrem Ost steht auch zur Verfügung, plus noch weitere Infos zu leichten oder weniger bedeutenden Routen, aber dafür auch 6 Bücher im Regal und ein mehrfaches an Geld ausgegeben. Und all dies sage ich, ohne eine Rappen an Tantiemen pro verkauften Extrem Ost zu erhalten...

3 Kommentare:

  1. Sali Marcel,
    vielen Dank für die interessanten Infos. Ich habe den Extrem Ost natürlich auch gleich gekauft und ich teile deine Meinung voll, dass er sehr gut gemacht ist und das Geld sicher wert ist. Die Bilderwahl finde ich eigentlich auch gut gelungen, da sie meist die Felsart eines Gebietes gut aufzeigen.
    Ich habe auch gesehen, dass deine neue alpine Route am Zuestoll bereits enthalten ist; die ist sicher sehr schön; ich nehme an, du wirst einen Post machen, wenn du sie freigibst!
    Nur dein Fazit, dass man die anderen Kletterführer nicht mehr braucht, kann ich nicht teilen. Beispielsweise enthalten der Alpstein- und der Churfirsten-Führer vom SAC viele weitere sehr gute Gebiete (auch im Extrem-Bereich), welche ich nicht missen möchte (z.B. Kreuzberge, Frümsel,..). Und zudem ist die Wildhuser Schafberg-Wand nicht vollständig drin (der rechte Sektor fehlt ganz). Wobei ich sagen muss, dass die Auswahl in diesen Gebieten für einen Nicht-Local, welcher selten im Gebiet ist, wirklich die Top-Gebiete (Äscher, ..) umfasst.
    Das soll auch keine Kritik an diesem Führer sein; es ist einfach eine Frage der Anzahl Seiten welche man zur Verfügung hat.
    Der Zeitpunkt der Publikation ist optimal; ich freue mich auf die (alpine) Klettersaison!
    lieber Gruss, Hans

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  2. Salut Hans,

    Vielen Dank für Deinen Kommentar!

    Ja, ich werde natürlich an dieser Stelle berichten, wenn meine Zuestoll-Route freigegeben ist. Aktuell stecken noch nicht einmal alle Bohrhaken. Und wenn das mit dem Wetter so weitergeht, dann braucht es wohl noch etwas Geduld.

    Mit der Aussage "man braucht die anderen Kletterführer nicht mehr" hast Du mein Fazit allerdings etwas zu sehr auf die Spitze getrieben. Für Kletterer aus der jeweiligen Region, die viel unterwegs sind und auch Freude an weniger bekannten Routen haben, stimmt das sicher nicht. So finden sich all diese Führer denn auch in meinem Regal, und die Berichte über exotischere Routen auf meinem Blog. Allerdings kenne ich auch sehr viele Kletterer, die nur hin und wieder alpin bzw. überhaupt draussen unterwegs sind und sich auf die etablierten Klassiker und Highlights fokussieren. Jenen reicht bestimmt auch der Extrem Ost als Grundlage aus. Für einen 7a-Kletterer hat es da ja mehr drin, als man in 20 intensiven Klettersommern überhaupt abhaken kann.

    Über die Gebietsauswahl kann man natürlich immer diskutieren. Der rechte Sektor der Schafbergwand wird halt mehrheitlich durch den Plaisir Ost abgedeckt. An den Kreuzbergen sind die in punkto Aufwand/Ertrag lohnenden, gut abgesicherten und zugänglichen Alpin-Sportkletterrouten dünn gesät. Die Frümsel-Ostwand spricht mich persönlich nicht so an, ich finde die Routen mit 3-4 SL zudem auch eher kurz. Noch viel eher vermisse ich im Extrem Ost den oberen Wandteil des Gonzen, die besten Routen an den Jegerstöck oder eine Route wie die Fandango am Gross Bielenhorn. Aber eben, irgendwo muss man immer eine Grenze ziehen, und das ist beim Extrem Ost meines Erachtens gut gelungen.

    Hoffe wir schaffen es bald wieder mal auf eine gemeinsame Klettertour!

    Lieber Gruss, Marcel

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