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Freitag, 21. Juni 2013

Nordgalerie - Corazon Negro (7b)

Die Cliffs am südlichen Ufer vom Walensee wurden in den letzten Jahren entdeckt und bieten sich als Ganztages- oder Feierabend-Ziel bei warmem Wetter an. Bis um 18 Uhr klettert man im Schatten, erst danach gibt es etwas abendliches Streiflicht. Unter den Routen befinden sich einige wahre Perlen, mit einer für die Region einzigartigen, versinterten Felsstruktur. Vielfach ist die Kletterei technisch anspruchsvoll, spielt sich an Auflegern ab und verlangt gute Fussarbeit; rasch und einfach abzuholen sind die Routen in der Regel nicht. Mit der Publikation im Schweiz Extrem Ost haben die vorher schon dank Mund-zu-Mund-Propaganda beliebten Felsen noch weiter an Popularität gewonnen. 

Hauptsektor auf der Nordgalerie. Gar nicht so einfach einzufangen...
Von den im Führer aufgeführten Routen des Hauptsektors hatten drei noch Projektstatus - was sich jetzt allerdings bei einer davon geändert hat. Nach sehr aufwendigen Putzarbeiten, wo jegliches, nicht solides Gestein gründlich entfernt wurde, ist aus der Nr. 2 (NR) im Topo die Corazon Negro (7b) geboren. Der Dank für die grosse Arbeit gebührt der Erstbegeherin Anna und ihren beiden Gehilfen Mike und Erich! Auf Einladung konnte ich mir zur Bewertungskalibration eine der ersten Rotpunkt-Wiederholungen schnappen. Nach ein paar etwas dolomitisch anmutenden Einstiegsmetern geht es bald heftig-bouldrig zur Sache. Ist diese Crux passiert, so ist auf den nachfolgenden Metern noch etwas die Resistance gefragt, bevor 20 weitere, genüssliche Klettermeter im Bereich von 6c+ zum Umlenker führen. Insgesamt eine wirklich sehr schöne und empfehlenswerte Route! (Edit vom 23.8.2013: nachdem im oberen Teil 2 BH nach rechts versetzt wurden, wartet dort nun nochmals eine Stelle im Bereich von 7b, siehe auch die Kommentare unten).

Der Kante entlang (oder etwas links davon) verläuft die Corazon Negro (7b).
Die anderen beiden Projekte betreffen die Nr. 1 (NR), welche noch nicht komplett gebohrt bzw. geputzt ist, und weiterhin in Arbeit ist. Hier können wir uns auf ein (für den Sektor) eher härteres Gerät bereit machen. Auch wenn Name und Bewertung bereits fix sind, die Route im Toprope schon etliche Begehungen erfahren hat, ist die Route Arcimboldo (6b+) aktuell noch nicht freigegeben (Edit vom 28.7.2013: Arcimboldo ist inzwischen fertig gebohrt und freigegeben, siehe hier). Nachdem dieses Frühjahr eine Rüfe über den rechten Wandteil abgegangen war, musste zuerst wieder aufwendig der Staub von den Griffen gewischt werden. Weiter funkten der Kletterverzicht im Mai und die sintflutartigen Regenfälle von Anfang Juni in den Plan. Seither war die Ausstiegsverschneidung stets nass. Aber eines ist gewiss: mit ein bisschen Geduld werden auch die (momentan) letzten beiden Projekte auf der Nordgalerie dem Verkehr übergeben.

Abendstimmung am Walensee.

Montag, 17. Juni 2013

Chli Glatten - Illuminati (7a+)

Kaum zu glauben, schon beinahe 7 Monate waren seit meiner letzten MSL-Tour vergangen. Eine Frist, die länger ist, als es diejenige zwischen der letzten Skitour der alten, und der ersten Skitour der neuen Saison war. Aber was bringt es noch, darüber zu lamentieren. Am letzten Samstag war die Gelegenheit gekommen. Die Wetterlage war zwar nicht restlos überzeugend, der viele Schnee allenthalben in der Tourenwahl noch sehr hinderlich. Doch schliesslich ging es gen Klausenpass, mit dem Ziel am Chli Glatten eine Route zu klettern.

Vor Ort zeigte es sich dann, dass nur gerade die Touren am Südpfeiler und Gelbem Pfeiler nicht flächig nass waren. Die Schnittmenge von den weder mir noch meinem Tourenpartner bereits bekannten Routen beschränkte sich auf die Illuminati (7a+), eine Kreation aus dem Jahr 2011 von Hans Gisler und Heinz Müller. Das schien gemäss Topo eine attraktive Wahl, so mussten wir nicht lange studieren und stiegen über Schnee und Geröll zum Wandfuss empor. Um 11.15 Uhr ging's los.


Der Gelbe Pfeiler am Chli Glatten mit der von uns gekletterten Linie.

SL 1, 6c bzw. 7a+: die erste Länge hält gleich die nominelle Crux bereit. Sie ist aber nur eine Variante zur 6c der Kamasutra, die nach kleingriffig-überhängender Wandkletterei aussieht. Mir war nicht nach Kaltstart und Scheitern gleich zu Beginn von Saison, Tag und Route, an entscheidender Stelle drückte auch noch die Nässe. Somit war die Entscheidung getroffen. Die 6c bietet schöne, technische Wandkletterei mit zum Teil recht weiten Hakenabständen. Insbesondere vor dem zweiten und dritten Haken gilt „stürzen verboten“.


Kurzes Nebel-Intermezzo in SL 1, sonst aber meist bestes Bergwetter, da hatten wir auch etwas Glück!
Durch diese irre steile Wand geht es hoch. Oben eine Seilschaft, die den Höhenpunkt in Kamasutra (7b+) bereits erreicht hat.

SL 2, 6c: in einem leicht fallenden Quergang geht es rund 20m nach rechts. Die Tritte sind zwar recht gut, die Griffe aber winzig und die Wand leicht drückend. Spezielle Art von rüberschleichen also. An der Absicherung gibt es nicht viel zu meckern, dennoch sollte gerade der Nachsteiger die Schwierigkeiten im Griff haben, sonst wird es unangenehm. Kleiner Hinweis: der erste Zwischen-BH steckt jetzt nicht gerade in einem Filetstück von Fels...


Der Quergang der 2. SL: Erich on lead...
... und yours truly schleicht fotogen hinterher.

SL 3, 7a: fulminanter Start mit überhängender Wandkletterei. Doch leider ist die Felsqualität hier nicht über alle Zweifel erhaben. An schiefrigen Auflegern oder etwas fragilen Leisten und Schuppen muss man hier ordentlich Guzzi geben. Da fehlte mir das Vertrauen und der Onsight war rasch passé. Während die Haken erst +/- klettergartenmässig stecken, wartet dann dort, wo sich die Wand zurücklegt, ein 10m-Runout im anhaltenden 6b-Gelände, der ganz schön kühles Blut verlangt. Zuletzt dann noch eine 6a+-Verschneidung zum Stand. Achtung: der letzte BH steckt in einem nicht solide verwachsenen Block. Man lässt ihn besser gleich aus (macht eh nur Seilzug…) und legt am Verschneidungsansatz den 0.4er Camalot.


Kurze Ruhepause in SL 3. Von der Position des Akteurs bis zur gut sichtbaren Exe im dunkelgrauen Fels gibt es keine Sicherungsmöglichkeit, dies bei anhaltenden Schwierigkeiten von 6b. Kühles Blut ist unabdingbar...
...geschafft. Kurz bevor ich im Vorstieg beim Haken war, begann ich doch noch zu Überlegen "was wäre wenn". Auf dümmere Gedanken kann man in einer solchen Situation schlicht und einfach nicht kommen. Mit Verkrampfung und Zuschrauben wie im 8a gelangen die letzten Moves dann doch.

SL 4, 6b+: der Stand und die ersten Meter dieser SL sind an einer grossflächig hohlen Schuppe lokalisiert. Wird ja wohl halten, ist aber schon ziemlich spooky – wenn nicht, dann heisst’s definitiv Tschüss. Die Kletterei an sich steil und athletisch mit guten Griffen. Ziemlich streng, gar nix easy, dafür gut gesichert. Nach etwa 10m biegt man dann nach rechts ab und erreicht mit einem einfacheren Quergang den nächsten Stand an der Kante draussen.


Erich on lead in SL 4...
... und der Autor im Nachstieg.

SL 5, 6c: der Start in diese SL ist gleich knifflig. Für uns wurde das durch die Tatsache verstärkt, dass ein Teil des Schmelzwasserfalls aus dem Stärntaler hierher gewindet wurde, womit auch noch alles feucht bis nass war. Dank dem rauhen Fels ging es trotzdem, sorgen macht hier eher die Absicherung: der erste BH kommt bald, doch dann geht’s etwa 6m bis zum nächsten. In dieser Zone ist die Crux zu meistern, und auch der Sturzraum ist nicht wirklich frei. Achtung, solide Nerven und Können sind erforderlich. Die obere Hälfte der Seillänge hält dann die besten Meter der Route bereit, steile Kletterei an rauhem, griffigem Fels.


Hart neben dem Wasserfall durch in SL 5. Ohne eine kurze Dusche ging's nicht...
Aber bis zum Stand ist man schon wieder trocken. Kniffliger Abschluss-Mantle zum Ende von SL 5.

SL 6, 6c+: schon wieder sind es bereits die ersten Meter, welche einem Schweissperlen auf die Stirn treiben. Erneut kommt der erste BH bald, und dann eine obligatorische Stelle in eine Verschneidung hinein. Man solle einen Cam platzieren, weil es sonst expo sei… ich frage mich bloss wo? Irgendwann klickte dann der Karabiner in den nächsten Bolt, puh überstanden! Nach ein paar einfacheren Zügen warten dann weitere knifflige Stellen: erst eine griffarme Passage in der Verschneidung, dann eine athletische Passage nach rechts hinaus, zuletzt ausdauernde Wandkletterei an Slopern. Während die Moves echt cool sind, ist der Fels etwas soso, und man muss zumindest teilweise schuhschachtelgrosses Zeugs benützen, das nicht sonderlich solide wirkt.


Man überlege sich gut, ob man dem Start in SL 6 gewachsen ist. Ab hier folgt die Crux und 5m Runout zum nächsten BH, den Sturz auf die Platte runter möchte ich lieber nicht von nahem sehen... 
An den Stand von SL 6 wartet zum Schluss noch schöne, ausdauernde Sloper-Wandkletterei.

SL 7, 6b+: nun noch das Abschlussbouquet. Aufgepasst, es ist nicht garantiert, dass dieses einen ungerupft entlässt. Die Crux, technische Moves welche saubere Fussarbeit erfordern, ist nochmals voll obligatorisch zu meistern. Ist diese Passage einmal überwunden, folgt ein 5c-Linksquergang auf glatten Platten. Auf wundersame Weise ist die Absicherung hier nun ziemlich üppig ausgefallen, also irgendwie nicht restlos den Schwierigkeiten angepasst.


Unterwegs in SL 7. Noch zwei einfachere Schritte aufwärts, dann startet die obligatorische Crux-Sequenz.

Um ca. 17.15 Uhr erreichen wir das Top. Das hatte nun ganz schön Einsatz und Effort gefordert. Die Kletterschwierigkeiten wären ja das eine, so wirklich megaschwere Moves (auf jeden Fall im Vergleich zu dem, was ich sonst im Klettergarten mache) gab es hier eigentlich nicht. Doch die Runouts im bisweilen zweifelhaften Fels hatten ihren Tribut gefordert. So ganz frei und unbeschwert bewegte ich mich hier nicht, und auf diese Weise ist halt bereits eine 6c+ anforderungsreich. Wie wusste doch schon Wolfang Güllich: „der wichtigste Muskel beim Klettern ist das Gehirn“. Tja, das war heute wieder mal Beweis dafür…

Via die Abseilpiste über Harakiri und dem klassischen Gelben Pfeiler traten wir alsbald den Weg ins Tal an. Der Verspätung noch nicht genug verklemmte sich beim Abziehen prompt das Seil, so dass wir noch in den Genuss von zwei Zusatz-SL auf der üppig sanierten klassischen Linie des Gelben Pfeilers gelangten. Irgendwann war dann auch das bereinigt, bald darauf standen wir am Wandfuss und nach rasantem Schneefeld-Rutschen wenige Minuten später mit nassen Schuhen bereits beim Automobil. Dennoch, zwei, drei Stunden Rückstand auf die Marschtabelle hatten wir uns eingehandelt. Also nix wie ab nach Hause…


Am Nachmittag gingen die Lawinen im Minutentakt über die Clariden-Nordwand ab,  ein eindrückliches Schauspiel.

Facts

Chli Glatten – Illuminati 7a+ (6b+ obl.) – 7 SL, 230m – Gisler/Müller 2011 – ***, xxx
Material: 12 Express, Camalots 0.3 – 0.5

Anspruchsvolle alpine Sportkletterroute durch die SE-Wand des Gelben Pfeilers. Die Kletterei in der überhängenden Wand ist über weiteste Strecken steil und athletisch. An den Schlüsselstellen ist die Route gut abgesichert, der eine oder andere etwas unglücklich-heikle Runout fehlt aber nicht (Hinweis: diese Stellen wurden offenbar nach unserer Begehung mit zusätzlichen BH entschärft, siehe Kommentare). Der Fels ist meist solide und griffig, teils auch wirklich schön, insgesamt von der Qualität her aber leider nicht überall top. Ich vergebe der Route hier 3*, die 4* aus dem Extrem Ost sind für mich eindeutig nicht vertretbar (siehe auch die Diskussion in den Kommentaren). In meiner persönlichen Glatten-Hitliste rangiert sie deutlich hinter Touren wie Kamasutra, Poker, Herbstwind, Yog Sothoth oder Uristier. Wer will, findet hier das Topo zum Download

Mittwoch, 12. Juni 2013

Querelen in Lecco

Intensiver Dauerregen auf der Alpennordseite, Sonnenschein im Süden: ein klarer Fall eigentlich, die Siebensachen packen und ab geht's. So war das früher, nun, als Familie mit zwei Kindern ist das zwar immer noch möglich, doch die logistische Herausforderung wird grösser. Dieses Mal wollten wir aber dennoch die Chance packen. Um dem Verkehrschaos am Gotthard auszuweichen, sollte es nicht ins Tessin, sondern an den Comersee gehen. Das ist an sich eine gute Idee, sofern man dann einen Klettergarten auswählt, wo die Haken auch tatsächlich noch stecken.

Ein bisschen etwas wie ein Geheimtipp ist die Anfahrt über den Splügenpass (oder alternativ auch Julier- und Malojapass) immer noch. Während es anderswo lange Autoschlangen gibt, hat man hier freie Fahrt. Wobei statt Autobahn und Tunnel halt auch viele Haarnadelkurven warten. Dennoch, ab Zürich erreicht man so in gut 3 Stunden Lecco. Oder besser, würde man in 3 Stunden Lecco erreichen. Aktuell ist nämlich ein Abschnit auf der Autobahn SS36 entlang dem oberen Comersee gesperrt, so dass man zwischen Colico und Bellano auf die alte Seestrasse ausweichen muss. Das kostet fast eine halbe Stunde extra. Immerhin ist die Staugefahr für aus dem Norden anreisende (SA Vormittag hin, SO Abend zurück) klein.

Situation auf dem Splügenpass. Noch hat es viel Schnee, die Tour auf den Pizzo Tambo wäre noch problemlos möglich.

SA: Falesia Discoteca (Topo)

Rasch erreichbar, kurzer Zustieg, bequemer Wandfusss und ein gutes Routenangebot zwischen 6a und 7c+. Dank diesen Parametern war diese Westwand wenig nördlich von Lecco unsere Wahl für den Samstag. Und ich muss sagen, das war eine sehr gute Wahl, die Klettereien haben mir exzellent gefallen. Steile, bzw. leicht überhängende Wandkletterei wird einem geboten, gespickt mit vielen kleinen, aber meist positiven Leisten und hohem Anspruch an die Fingerkraft-Ausdauer. Fels und Kletterei sind von ähnlichem Zuschnitt wie im Hauptsektor des Gross Schijen auf der Ibergeregg, die Absicherung ist formidabel. Da wir an diesem Tag zu sechst mit "nur" 3 Kindern am Fels waren, lag entsprechend viel an Kletterei drin.

Easy Platz zum Klettern und Spielen...
Folgende Routen bin ich persönlich geklettert:

Charlie & Jasmine (6b, ***): Eher kurze Route, die erst ein paar einfache Meter bereit hält, dann aber mit einer knackigen Crux an Leisten und schwerer Fussarbeit aufwartet. Zuletzt dann einige Meter ausdauernd an Leisten zum Top.

Turbo Tubbies (7a, ****): Die ersten 15m sind mit 6a+ bewertet und von ähnlichem Charakter wie der oben beschriebene, rechte Nachbar. Nach einem Ruhepunkt auf dem etwas schottrigen Band geht es dann zur Sache. Mit kräftigen Boulderzügen will ein überhängender Wulst bezwungen werden, bevor sehr schöne, wieder etwas einfachere Ausdauerkletterei zum Umlenker auf 30m Höhe führt.

Disco Inferno (7a+/7b, *****): Einfach eine absolut fantastische Ausdauerkletterei an Leisten, die aber trotzdem viele abwechslungsreiche Moves und interessante Passagen bereithält. Im Onsight bewies ich leider an entscheidender Stelle bereits etwas angebrutzelt nicht die nötige Übersicht. Zum Tagesabschluss aber, nachdem meine Kameraden schon gegen mich gewettet hatten, gelang mir in einer eindrücklichen Begehung noch der Rotpunkt.

Ali Shuffle (6c+/7a, ***): Schöne Route, deren Schwierigkeiten nach oben hin stetig zunehmen. Da wirklich gute Ruhepunkte fehlen, kommt die Ausdauer zum Zug und die Crux über die letzten 2 Haken hinweg ist echt kräftig und knifflig zugleich. Für mich verdient diese Route eine klare 7a, Turbo Tubbies und sogar auch Disco Inferno waren mir leichter gefallen.

In der Cruxzone von Turbo Tubbies (7a), die Kletterei deutlich steiler, wie man anhand dem Foto meinen könnte.
Da ich ausser in der Aufwärmroute im Onsight unglücklich agiert und auch bezüglich der Sequenz der Routen schlecht taktiert hatte, musste ich in den Siebnern jeweils 2x ran. Nach insgesamt 200 anspruchsvollen Klettermetern waren meine Unterarme dementsprechend gefordert, zudem war es auch spät geworden. So machten wir uns auf, um im Albergo Maggio im Valsassina zu nächtigen. Die Attribute freundlich, sauber, gutes Frühstück und ein mit 80 Euro für 4 Nasen sehr attraktiver Preis machen es zu einer sehr empfehlenswerten Adresse. Fürs Nachtessen bietet sich in dieser Zone die Pizzeria 4 Stagioni beim Camping am Colle di Balisio an.

SO: Masone, Sasso Carlano & Falesia del Mago

Der Plan für den Sonntag war, an der Falesia Masone zu klettern. Das sah auf dem Topo super aus, selbst Adam Ondra war schon für diesen Crag angereist, also sollte das wohl etwas Gutes sein. Die angegebene Zustiegszeit von 30 Minuten (bzw. 1 Stunde gemäss Schweiz Extrem Süd) hätte zu Bedenken Anlass geben können. Aber gut, wir hatten Zeit, und mit etwas Geduld wäre das auch mit den Kindern zu meistern. Tatsächlich war es dann ein hartes Stück Arbeit: es sind doch beinahe 400hm zu meistern! Und da es den Kindern zum Spielen und den Eltern zum Klettern jeweils an nichts mangeln soll, waren wir entsprechend schwer bepackt. Aber Mama und Papa spielten Sherpa, die Kinder wanderten gut die Hälfte auf eigenen Füssen. Natürlich waren etliche Pausen fällig, in welchen sie immer wieder die schöne Aussicht "uf d Schneeberge" bestaunten, so dass wir erst nach etwas mehr als einer Stunde das Objekt der Begierde erreichten.

Tobias in der Crux von Turbo Tubbies (7a).
Wir musterten die Wände: aufgrund der Chalkflecken waren die Routenverläufe wohl glasklar zu erkennen, doch die Absicherung schien ziemlich spärlich zu sein, denn Bohrhaken waren eigentlich keine sichtbar. Erst ein genauerer Blick zeigte, dass die Haken alle fein säuberlich abgeflext waren. What the heck...?!? Wie ich inzwischen rausgefunden habe, sind hier irgendwelche Querelen im Gange. Auslöser waren Unstimmigkeiten über geschlagene Griffe, dem Beseitigen von Vegetation am Wandfuss, Diebstähle von fixem Material aus den Routen, das Liegenlassen von Abfall, das Zupappen von Griffen mit Chalk, etc.. Halt einfach so ein bisschen alles, womit man als Besucher einem Erschliesser so richtig Freude machen kann. Irgendwie kann ich das schon ein Stück weit nachvollziehen: wer Routen einrichtet und bewertet leistet viel Arbeit und exponiert sich. Unflätiges Benehmen, mangelnder Respekt und abwertende Kommentare, wenn möglich noch anonym im Internet, sind auch hierzulande leider keine Unbekannte. Zwar habe ich in der Schweiz noch nie von einem deswegen ausgenagelten Klettergarten gehört, doch dass Neuerschliessungen nicht mehr veröffentlicht werden, liegt genau daran. Für alle, die dem Italienischen mächtig sind, ist die Story übrigens nachzulesen (1, 2).

Unterwegs in Ali Shuffle an der Falesia Discoteca (6c+/7a).
Für uns blieb derweilen keine andere Option, als wieder den Abstieg anzutreten. Das dauerte natürlich seine Zeit, aber noch immer waren wir genügend früh dran, um einige Seillängen in einem anderen Gebiet zu klettern. Doch anstatt eine sichere Wahl zu treffen, liessen wurden wir dazu "überschnorret", doch einmal den Sasso Carlano auszuchecken. Es folgte eine ziemlich lange Fahrt auf kurviger Bergstrasse und die nächste Enttäuschung: der abgelegene Fels ist kaum 10m hoch, hat einen unbequemen, nicht kindertauglichen Wandfuss und sieht alles andere als attraktiv aus. Etwas frustriert zogen wir von dannen. Die einzig noch sinnvoll erscheinende Option schien ein Stopp auf der Heimreise. Dafür bot sich die in der Nähe von Colico liegende Falesia del Mago an. Deren Ambiente unmittelbar an einer ziemlich stark befahrenen Strasse ist nicht gerade traumhaft. Doch etwas Auslauf und Bewegung vor der Heimfahrt würde nicht schaden, also machten wir uns ans Werk und kletterten die Routen I Due Guru (5c), Il Macchinista (6a+), Aspettando il Riccio (6c), Go Up (7b) und Giardinaggio (6a+). Alle davon sind empfehlenswert und bieten schöne, knifflige und kräftige Moves. Die Toproute Go Up (7b) ist sogar ein echt cooles Maxkraftausdauerproblem. Doch bis ich es endlich entschlüsselt und durchstiegsreif hatte, schien leider die Sonne rein, womit es mit dem Halten der abschüssigen Slopern leider subito finito war.

Ambiente an der Falesia del Mago.
Als kurzen Zwischenstopp auf einer Fahrt in den Süden kann ich den Besuch an der Falesia del Mago durchaus empfehlen, auch wenn die Wandhöhe bloss 12-15m ist und das Ambiente schöner sein könnte. Der hautfressende Gneis ist ähnlich wie an den Boulderblöcken in Cresciano und Chironico. Und im Prinzip handelt es sich auch um Boulderprobleme, welche am Seil begangen werden. Wir indessen traten nach einer letzten Portion Pasta die staufreie Heimfahrt in den immer noch regnerischen Norden an. Auch wenn es am Sonntag nicht ideal gelaufen war, so war das doch ein voll lohnender Trip, der sicher eine baldige Wiederholung finden wird. Nächstes Mal, da bin ich mir sicher, werde ich vor Aufbruch jedoch das Bacheca auf der Seite von Paolo & Sonja checken und auf den italienischen Foren nach weiteren Ausnagelaktionen Ausschau halten - auch um andere Felsen in der Gegend sind Kontroversen im Gange, und sicher ist in dem Fall sicher.


Montag, 10. Juni 2013

Än Schuss in Ofä...

Normalerweise mache ich ja nicht viel Wind um meine Projekte. Aber nachdem jenes am Zuestoll schon bereits im Kletterführer enthalten ist, fühle ich mich hin und wieder eines Zwischenberichts schuldig. Obwohl, ganz generell gilt die einfache Regel, dass solange an dieser Stelle nichts gegenteiliges darüber berichtet wird, die Route noch nicht fertig und kletterbar ist. 

Der miserable Frühling 2013 erlaubte bis fast Mitte Juni auch kein Vorrücken in die Zuestoll-Südwand. Doch nachdem endlich ein sonniges Wochenende anstand, wollte ich zur Tat schreiten. Die Zufahrt auf die Sellamatt ist inzwischen schneefrei, was hingegen vom Zustieg nicht behauptet werden kann. Bis hinauf aufs Rüggli schleppte ich meine Sherpa-Ladung (36kg, habe zuhause nachgewogen) über immerhin recht gut begehbaren Altschnee. Der Pfad über den Nordrücken hinauf zum Gipfel ist dann hingegen aper und in guten Bedingungen. Gemäss Gipfelbuch war ich erst der zweite Sommerbesucher.

Auf dem Weg zum Rüggli gehts noch fast komplett über Schnee. Erst der Zuestoll-Rücken ist aper.
Dieser Höllenschlund liegt zwar nur etwa 50m neben dem markierten Bergweg, ist mir aber bisher noch nie aufgefallen. Das Karstloch ist mindestens 20m tief und äusserst heimtückisch, da von oben kommend oder wenn zugeschneit schlicht und einfach kaum oder gar nicht sichtbar. Ein Sturz ins abgrundtiefe Loch hinunter wäre mit Bestimmtheit das Ende. Von daher ist die Gegend im Winter bzw. solange Schnee liegt eher zu meiden. Ich habe mich nach dieser Entdeckung jedenfalls strikte an den Verlauf des noch nicht sichtbaren Sommerwegs gehalten...
Nach einer ausgiebigen Pause machte ich mich dann auf den Weg in die Südwand. Das Wetter mit den vielen Quellwolken schien mir bereits ziemlich schauerträchtig und wollte mir nicht recht gefallen. Diese Jahreszeit ist einfach für MSL-Touren noch nicht so richtig geeignet, aber jetzt schon klein beigeben wäre auch blöd gewesen. Weil auf dem Einstiegsband noch reichlich Schnee lag und es zudem unklar war, ob die Wächte an der Palisnideri zur Nordseite hin passierbar wäre, entschloss ich mich, Seile zu fixieren, um nach Abschluss der Arbeiten wieder nach oben zum Gipfel aussteigen zu können.

Wobei, von "Abschluss der Arbeiten" zu sprechen, ist hier weit gefehlt. Noch bevor ich mit dem Bohren wirklich begonnen hatte, war auch schon fast wieder fertig damit. Meine gepimpte Uneo erlitt doch prompt einen Motorschaden. Ein Röcheln und mit viel, viel Geduld ein Bohrloch war ihr gerade noch zu entlocken. Und gleich als ich meinem Ärger darüber mit ein paar lauten Worten Luft machen wollte, kühlte ein Graupelschauer mein Temperament wieder ab. Da galt es dann nur noch, den in Wandmitte deponierten Sack, die inzwischen nassen Seile und meiner selbst wieder auf den Gipfel zu hieven: 120m jümaren und haulen, welch eine Freude... und es gibt Leute, die tun das tagelang zum Spass! Das war es dann für diesen Bohrtag. Es wartete noch der Abstieg und die Heimreise. Tja, so kann es halt laufen, und so läuft es dann manchmal auch. MSL-Routen einrichten geht halt einfach nicht schnellschnell, sondern erfordert Opfer, Geduld, Rückschläge und Hartnäckigkeit. Doch genau darum ist eine eigens eingerichtete MSL-Route ja auch etwas solch spezielles - gewisse Dinge haben eben ihren Preis... und mit Geld kann man sie nicht kaufen.

Hier führt meine Route durch...
Fazit: die Bedingungen für Klettertouren an den Churfirsten sind noch nicht optimal. Nordseitig liegt ab ca. 1600m ausser an exponierten Stellen noch eine geschlossene Schneedecke. Auch südseitig ist das Weiss noch nicht verschwunden und sorgt für zumindest stellenweise heikle Zustiege. Aus den Rissen und Verschneidungen drückt zudem auch noch die Nässe, z.B. ist die Ausstiegsverschneidung von Baustop bzw. Chico Mendez noch tropfnass und höchstens unter sehr erschwerten Bedingungen zu klettern.

Und meinereiner brauche ich nun zuerst mal eine neue Bohrmaschine. Für dieses Mal verzichte ich wohl auf den Umbau einer Kleinmaschine vom Uneo-Typ, sondern schaffe mir ein etwas robusteres Modell an, auch wenn dies ein paar hundert Gramm an Zusatzgewicht mit sich bringt und man erst ein paar Fränkli ansparen muss. Möge das neue Ding vor Motor- und Getriebeschaden gefeit sein. Meine aktuellen Favoriten kommen aus dem Hause Makita (BHR162RFE mit 14.4V oder BHR202RFE mit 18V), Panasonic (EY7840 mit 14.4V) oder Bosch (GBH 18V-LI mit 18V). Tipps und sachdienliche Hinweise zu diesem Thema werden dankend entgegen genommen - merci!

Blick zum Säntis. Die Schafbergwand sieht gut aus, die höher gelegenen Wände von Moor und Mittagwand sind vermutlich noch suboptimal.

Dienstag, 4. Juni 2013

Galerie - Nebula Extension (7c+)

Kaum stand mit dem Extrem Ost ein übersichtliches und aktuelles Topo für die Galerie zur Verfügung, ist es in einem Punkt auch schon wieder veraltet. Nur damit keine falschen Verdächtigungen aufkommen: verantwortlich bin in diesem Fall nicht ich, sondern Anna. Sie hat im zweiten Stockwerk im Bereich der ehemaligen Lunaris zwei neue Routen kreiert, die sich nun deutlich homogener und damit schöner klettern, vielen herzlichen Dank dafür! Nachdem ich die Tour inzwischen durchsteigen konnte, erlaube ich mir, hier eine Meldung dazu abzugeben.

Die Nebula Extension beginnt mit einem Einstieg über die schöne Nebula (7c, interessante Einzelstelle mit diversen Lösungsmöglichkeiten). Man übersteigt den Umlenker, um dann in gerader Linie weiterzuklettern. Erst kommt man an einem bequemen No-Hand-Rest vorbei, bevor der Ernst der Sache (wieder)beginnt. Die senkrechte bis leicht geneigte Wand bietet verdoneske Kletterei mit oft ziemlich weit auseinander liegenden Tropflochgriffen und ist teils ziemlich trittarm. Etwas Fingerkraft zu haben, sowie plattiges Antreten und Aufrichter mit dem Fuss auf Nasenhöhe zu beherrschen kann also nicht schaden. Dabei ist es vorgesehen, dass man keine allzu grossen Umwege nach links oder rechts macht: an entscheidender Stelle gehört weder die ziemlich weit weg liegende linke Kante der neuen Lunaris, noch der keinen Vorteil bringende Riss rechts der Route Solaris dazu. Hingegen darf man die beiden Ohren (gute Seit-/Untergriffe) unmittelbar neben dem Riss benützen. Zuletzt geht es dann etwas einfacher bis zum Stand, vom welchem man mit einem 70m-Seil den Boden gerade wieder erreicht.

Könnte die Nebula Extension sein... ist es aber nicht. Sondern ein Symbolbild, wie es in der Presse jeweils so schön heisst...
Die Erstbegeherin schätzt den unteren und den oberen Teil separat beide auf je 7c ein. Ich denke, das kann schon passen. Im oberen Teil hängt es sicher davon ab, wie gut und gerne man Platten klettert. Ob die Körpergrösse entscheidend ist, bin ich nicht sicher. Für die Grossen sind die wenigen Griffe zwar nicht ganz so weit auseinander, dafür ist eben das Hochbringen der Füsse auf die wenigen Tritte umso schwieriger. Zwischen den beiden Routenteilen ist ja eine perfekte Ruheposition, wo man sich praktisch beliebig lange erholen kann. Es ist zweifelsfrei eine Zusatzschwierigkeit, beide Teile nacheinander fehlerfrei durchzusteigen vs. beide separat. Ob man für dieses Zusatzelement ein "+" mehr vergeben darf, soll oder muss, verdient wohl eine philosophische Diskussion bei Bier oder Kaffee. Ich will mir nicht anmassen, hier eine definitive Antwort zu geben.

PS: die Route Lunaris führt nun neu komplett dem Riss bzw. der Kante entlang zum Stand nach der zweiten Seillänge von Pizzabuuch und kann als lohnende Fortsetzung von No Name (7b) geklettert werden. In dieser neuen Variante verringert sich der Schwierigkeitsgrad von Lunaris von 7b+ auf 6b. Mit dem folgenden Topo werden die ganzen Updates in diesem Sektor hoffentlich klar und deutlich illustriert...