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Mittwoch, 3. Juli 2013

Cheselenflue - Pulsar (7a)

Den schönsten Tag der Woche mussten wir leider wegen diverser Verpflichtungen ungenutzt verstreichen lassen. So sahen wir uns mit einem zwar noch schönen und warmen Tag konfrontiert, dem aber womöglich ein gewittriges Ende zuteil war. Gefragt war also eine Route, die rasch erreichbar, aber doch lohnend und lang war. Und die zudem im Falle des Falles einen raschen Rückzug in sichere Gefilde erlauben würde. Die populäre Cheselenflue habe ich im Laufe meiner Kletterkarriere noch nicht oft besucht. Doch für diesen Tag war sie eine gute Wahl, auf ging's!

Unser Ziel für den Tag, die gegen 300m hohe SE-Wand der Cheselenflue
Der Zustieg vollzieht sich ab der Strasse zur Melchsee-Frutt. Die Bergfahrt ist nur zur geraden Stunde erlaubt und kostet eine Taxe von 12 CHF (das war einmal... Achtung Abzocke, neu sind offenbar 36 CHF fällig, siehe den Kommentar unten). Hat man das Fenster gerade verpasst, so ist der Fussmarsch ab der Stöckalp auf jeden Fall schneller als zu warten, es sind nur gerade 200 zusätzliche Höhenmeter. Ab dem Parkplatz an der Strasse auf 1260m erreicht man den 300hm höher gelegenen Einstieg in einer knappen Dreiviertelstunde. Der Zustieg von links her und über ein Feld von grösseren Blöcken gegen die Route hoch dünkte mich dabei weit bequemer, als der direkte Weg in Routen-Falllinie, der oben durch feines Geröll und unten durch das Affenwäldchen führt (letztere Variante nutzten wir für den Abstieg). Um ca. 11.30 Uhr war das Gear montiert und reichlich Sonnencrème eingeschmiert, so dass wir bei warmen Temperaturen starten konnten.

Im Zustieg, sogar noch ein paar Schneeresten gefunden.
SL 1, 50m, 5b: Nicht üble, aber teilweise etwas botanische Seillänge mit auch noch nicht bester Felsqualität. Die Haken werden am besten lang und in Halbseiltechnik eingehängt, sofern man einigermassen komfortabel und ohne Seilzug den Stand erreichen will. Schwierigkeiten warten keine nennenswerten.

Yours truly im Sommerlook folgt in SL1, welche zum Schluss grasig und einfach ist.
SL 2, 35m, 6b: Eine steile, griffige Zone mit teils noch etwas lottrigem Fels führt zu einer ersten, kräftigen Stelle. Danach grosse Linksquerung, an deren Ende für den Grad nochmals eine recht knifflige Stelle und zuletzt mit reichlich Seilzug zum etwas unbequem gelegenen Stand.

Die erste Crux in SL2 ist erreicht, hier muss man schon mal zupacken.
Von oben ist's dann super fotogen. Basti klettert die obere Crux in SL2.
SL 3, 20m, 6c: Nach der harten 6b von zuvor schwant einem ob der steilen Gegendruck-Schuppe schon böses. Tatsächlich ist die Kletterei athletisch, doch ist die Schuppe so griffig, dass sich die Sache als problemlos entpuppt. Nach der Schuppe wartet noch eine Wandstelle an feinen Leisten. Beide empfanden wir diese SL als deutlich einfacher wie die zweite, und würden die Schwierigkeitsgrade eher tauschen.

SL 4, 30m, 6a+: Grosse Querung nach links, bei welcher teilweise sogar abwärts geklettert werden muss. Der Fels hat alpine Durchschnittsqualität. Dank der guten Absicherung aber doch eine problemlose Sache.

Der Blick nach unten ist korrekt, in der Querung von SL 4 klettert man diagonal abwärts.
SL 5, 50m, 6a+: Lange und sehr schöne Reise in meist tadellosem Fels mit eher plattigem Charakter. Zwischendurch wartet eine prima Warzenplatte, dann wieder ein kleiner Aufschwung, wo man genau hinschauen muss, etc...

SL 6, 35m, 7a: Eine super Seillänge mit überhängender Ausdauerkletterei, meist an diagonalen Querschlitzen, welche ein bisschen an den oberen Wandteil am Gonzen erinnern. Zwei Zonen mit etwas weniger steilen Metern vor und nach der Crux erlauben bei entsprechender Fitness, an etwas besseren Griffen wieder zu Kräften zu kommen, bevor am Schluss noch ein flottes Dacherl wartet. Dieses prüft zuletzt nochmals, ob noch genügend Reserven vorhanden sind.

Die Cruxlänge ist der Hammer! 35m lang, ca. 3-4m überhängend mit kniffliger Ausdauerkletterei an schrägen Schlitzen.
SL 7, 20m, 7a: Erneut eine super Seillänge in sehr gutem Fels mit Schlitzen, Tropflochleisten und Auflegern. Die eigentliche Crux ist eher kurz und mehr ein Bewegungsproblem als kräftig. Zwei-, dreimal richtig hinstehen und schwuppdiwupp, schon ist das geschafft. Fiel mir deutlich einfacher wie die Länge davor.

Die Crux in der zweiten 7a ist mehr ein Bewegungsproblem. Fusstechnik und Gefühl an Slopern hilft.
SL 8, 30m, 6c+: Ohne nennenswerte Schwierigkeiten quert man unter dem Dach durch, um es an seinem linken Ende zu übersteigen. Kurz etwas unübersichtlich und an abschüssigen Griffen, aber eigentlich nicht so schwer. Bald darauf nochmals eine knifflig-kleingriffige Stelle an einem kurzen Bäuchlein, dann einfacher weiter, bei sehr üppiger Absicherung, zum eher unbequemen Stand.

So schaut er, wenn man ihm zwei Haken weit seiner Vorstiegs-SL stiehlt, um den unbequemen Stand zu vermeiden...
SL 9, 30m, 6b: Einer Rampe folgend und zuletzt mit einigen murksigen Metern geht es unter das grosse Dach hoch. Erstaunlich einfach lässt sich dieses in einer Rechtsquerung bezwingen, bevor man mit einigen gutgriffigen Metern den Stand erreicht.

Dachquerung in SL 9, dank guten Griffen nur 6b, solches Gelände könnte auch viel schwerer sein.
SL 10, 35m, 6b+: Ein athletischer Start an phänomenalen Querschlitzen bietet ein fantastisches Schlussbouquet. Das ist aber nicht die Crux dieser Länge, man quert dann etwas nach links und gelangt in eine weniger griffige Zone, wo die Moves nochmals sorgfältig geplant werden wollen. Zuletzt wieder nach rechts, zum Stand kurz vor der dem Übergang in die Schrofenzone.

Kurz vor dem Top, der Himmel immer noch (teilweise) blau!
Um 16.30 Uhr waren wir nach 5 Stunden (plus ein paar Minuten) Kletterei am Top angelangt. In den letzten 4 Seillängen hatten wir immer wieder unser Smartphone gezückt, um Entwicklung und Zugbahn der Gewitterzellen am Radar zu verfolgen und per Webcam einen Blick nach Westen zu werfen. So hatten wir die Sache (vermeintlich?) im Griff. Immerhin ist auch ein Rückzug aus der Tour rasch zu bewerkstelligen, selbst vom Top brauchten wir keine 40 Minuten, um wieder den Wandfuss zu erreichen. Im äussersten Notfall gäbe es auf der Route auch gleich mehrere ausladende Dächer, unter welchen man bei Starkniederschlägen ausreichenden Schutz vor Wassermassen und Steinen finden könnte. Nun, für uns war all dies nicht nötig: am Fuss der Route verschwendeten wir keine Zeit mehr, sondern surften umgehend übers Geröll hinunter und waren um 17.45 Uhr beim Auto. Gerade noch zeitig, um regelkonform gen Tal fahren zu können. Kaum hatten wir Platz genommen, fielen schon die ersten Tropfen, bereits im Dorf Melchtal hatte der Regen höchste Intensität angenommen. Wie heisst es doch: "ich liebe es, wenn ein Plan aufgeht...".

Geröllsurfen auf dem Weg nach Hause. Vom Top der Route geht's in rund 1 Stunde retour zum Auto.

Facts

Cheselenflue - Pulsar 7a (6a obl.) - 10 SL, 335m - Britschgi/Degelo/Furrer 2001 - ****; xxxx
Material: 15 Express, Keile/Friends unnötig, 2x60m-Seile sparen 1 Abseilstelle, sind aber nicht zwingend.

Beim Pulsar handelt es sich um eine der längsten und schwersten Routen an der Wand der Cheselenflue. Von Walter Britschgi und Gefährten wurde sie im Jahr 2001 in 15 Tagen Arbeit von oben eingerichtet und mit zahlreichen Bohrhaken gut abgesichert. Von oben zu erschliessen war in dieser Zone sicher eine gute Idee, denn der Fels ist längst nicht überall kletterbar und mancherorts von schlechter Qualität. Mit einigen Querungen und Wendungen folgt die Route aber weitestgehend gutem, ja stellenweise perfektem, kletterfreundlichem Fels. Keine Seillänge ist richtig schlecht, und die obere Hälfte richtiggehend spektakulär und sehr lohnend. So kann man gut und gerne 4* vergeben, wenn auch vielleicht eher im unteren Segment dieser Stufe.

Nochmals ein Shot aus der super fotogenen SL2 (6b).
Auf dem Papier ist die Route schwerer als zB eine Sternschnuppe oder gar eine Lancelot an den Wendenstöcken. Auch wenn man sich an den Schlüsselstellen im Pulsar durchaus festhalten muss, so stimmt dies bezüglich dem Gesamtanspruch der Route keineswegs. Natürlich ist es auch die sehr gute Absicherung, welche die empfundenen Schwierigkeiten eher tief hält. Nirgendwo muss man über den weiteren Verlauf werweissen bzw. pausieren oder runterschütteln, damit man sich den nächsten Runout zutraut. Sondern es kann einfach sorgenfrei stetig nach oben gestrebt werden. Wo sich die Vorstiegscrux der Route befindet, vermag ich nicht zu sagen. Auf jeden Fall habe ich keine zwingende, schwere Stelle wahrgenommen. Ich glaube nicht, dass die Angabe von 6b als obligatorischer Schwierigkeit hier angebracht ist, 6a tut es auch. Damit man in der Route Spass hat und man nicht einen Extrem-Klettersteig bewältigt, sollte man aber in Halle oder Klettergarten dennoch +/- eine 7a drauf haben. In ein paar einfacheren Seillängen (zB 1, 2, 5, 10) müssen manchmal auch ein paar Moves zwischen den Haken geboten werden (xxxx), in den Cruxlängen stecken die Bolts wie in einem gut gesicherten Klettergarten (xxxxx).

Mein Fazit zur Route fällt insgesamt äusserst positiv aus: natürlich fehlt ihr der grosse Nimbus und die Wand, durch welche sie führt, sieht von weitem weder besonders attraktiv aus, noch führt sie auf einen Gipfel. Die Kletterei ist aber wirklich formidabel, über weite Strecken steil und athletisch, mit interessanten Moves und bestem Fels. Irgendwie ideal auch für den Saisonanfang, um sich das nötige Vertrauen für schärfere Unternehmungen zu holen. Meine komplette, souveräne Onsight-Begehung hat mir auf jeden Fall grössten Spass bereitet  und mich wirklich happy gemacht. Nach so einem Tag weiss man doch einfach wieder, dass solche MSL-Begehungen die Krone des Klettersports sind!

8 Kommentare:

  1. Achtung, wenn man im Fenster zwischen 8.00 und 18.00 Uhr die Schranke bei der Stöckalp hin und zurück passiert, wird neu eine Gebühr von astronomischen 36 CHF für die Fahrt auf der Bergstrasse fällig (siehe hier).

    Somit gibt es 2 Lösungen: entweder man kommt vor 8.00 Uhr bzw. geht nach 18.00 Uhr, dann ist die Gebühr nach wie vor bloss 12 CHF. Oder dann parkiert man gratis bei der Talstation Stöckalp. Der Zustieg verlängert sich so netto um rund 20 Minuten, das dürfte verschmerzbar sein.

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  2. Salü Marcel
    Schön, was für dich schon alles "(auf-)gegangen" ist. Deine Meinung zu Pulsar vs Wenden kann ich nur (ca 3x) unterstreichen: Ich hatte das Glück, meine "Wendentaufe" zu erleben... Ich glaubte ja, ziemlich fit zu sein, musste aber feststellen, dass die Millenium für mich als Debüt eine Nummer zu gross war, obwohl ich die erste schwere SL (mE sicher schwerer als 6c) onsight kletterte. ... noch vor dem Band war ich aber platt. Somit freue ich mich (auch) auf die Pulsar (Rp?), das Prachtsex (bzw. überhaupt das Bockmattli), den Salbit ... ja überhaupt einen schönen und unfallfreien Klettersommer - dir natürlich auch. Gruss Robert

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    1. Hoi Robert,

      Wow, Wendentaufe, super! Ich finde die Millenium eine super Route, die natürlich nicht geschenkt ist. Vom Band weg sieht's übrigens auf dem Topo noch richtig schwer aus, ist aber weniger schlimm wie man meinen könnte. Die 7a und 7b führen über 2 Dächer weg, wo viele Haken stecken und man noch schnell einmal drüberbeschissen hat. Dann noch eine strenge, aber absolut geniale 6b+ dazwischen, die 6a+ und 5c+ danach gehen dann schon, und die letzte Länge ist mehr ein kurzes Boulderproblem.

      Wünsche Dir auch alles Gute, schöne Ferien und viel Spass auf den geplanten Touren!

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  3. High Robert
    Freu dich nicht zu früh auf den "Pulsar" denn in der ersten Seillänge darf der Rasenmäher nicht fehlen, die Zweite geht im Bruch daher bis zum... was sonst Quergang. Die 3-te ist mal ausnahmsweise in Ordnung, um in der vierten... oh nein! Quergang nach unten! Die fünfte Sl. geht durch die Bennesseln, dann kuze schöne Nobbilwall mit gossblockig-lottrigen Ausstieg zum Hängestand, gleich 2m über dem grossen Band. Dann endlich zwei schöne 7a längen. Aber in der 8 Sl. schon wieder Quergang nach links! In der neunten Länge dann Quergang nach rechts über den optischen Megabruch der dann doch ok ist. Die letzte Länge ist dann zum Abschluss wieder schön an guten Griffen bis zur Platte.
    Alles in allem drei schöne Längen in der Mitte und zum Schluss für mich eine 2,5* Route (von max. 5*).

    Im Übrigen ist Millenium am Nollen auch nur eine mässige Tour, unten plattig und dann mit Crux im brüchigen Dach und etwas splittriger und überhängender Wandzone darüber. Viel besser sind die Kassiker: Caminando, Batman und Cleopatra am Nollen. Excalibur, Lancelot, Baue Lagune am Wenden. Sternschnuppe, Voie du Frére und P. Ochsner am Hut sowie der letzte Mohikaner und Vreneli am Mähre und Inwyler und Thorah am Tälli.

    Ciao
    Bagual

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    1. Ciao Bagual,

      Zum Glück ist Alpinklettern ja eine freiwillige Angelegenheit :-)

      Wenn man es (sehr) pessimistisch interpretiert, dann könnte man Deine Beschreibung vom Pulsar durchaus als richtig bezeichnen. Wobei die 2.5 Sterne auf Deiner Skala ja schon richtig viel sind :-) Und ja, die Linie hat einige Quergänge, dafür klettert man praktisch durchgehend im guten und kletterfreundlichen Fels.

      Ob man die Millenium wirklich als "mässige Tour" bezeichnen soll?!? Ich auf jeden Fall bin schon viel mässigere Touren geklettert (zB Herkules, Miss Marple, Konflikt, ...) und habe dabei für mich persönlich 5* Genuss gehabt, auch wenn man objektiv betrachtet die 5* vielleicht nicht geben kann. Nicht so aber bei der Millenium, das sind für mich ganz klare 5*. Der untere "Platten"teil gefiel mir super, die beiden Cruxdächer sind jetzt nicht der Oberhammer, aber na ja, so ist das eben.

      Bzgl. Deinen restlichen Empfehlungen: Caminando gefällt mir weniger gut wie Millenium. Batman (kenne ich nicht) ok vielleicht, aber dann doch nur für abgebrühte Gemüter. Cleopatra (kenne ich auch nicht) soll ja in der Crux eher etwas brüchig sein und ist auch eher für die Fortgeschrittenen unter uns. Excalibur, Blaue Lagune, Sternschnuppe und Patent Ochsner sind 5* Touren, die Voie de Frère bekommt auch 4*. Die Lancelot wäre ja auch recht schön, wäre sie nicht kaputt gebohrt...

      Gruss, Marcel

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  4. Hoi Marcel
    Ja mit den 4 Stern Berertung liegst Du etwas hoch im Kurs, ich würde meinen nach dem Börsencrash solle auch hier eine Recapitalisierung stattfinden. Ich würde meinen die Schönheit von Pulsar lässt sich aus der Entfernung, wenn mann die Wand betrachtet sehr gut abschätzen.
    Gruss und schönes Klettern in den Dolomiten, probier mal den Bruneckerturm, und den Klettergarten gleich beim Pisciaduparkplatz links in Schatten (steil, grosse Griffe, Kindertauglich 3 min vom Megaprakplatz zum Pisciaduklettersteig)
    Mike

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  5. Jungs,
    Also wenn Ihr gratis von der Stöckalp zum Chees-Cliff hochfahren wollt, müsst ihr in der Mittelstation etwas konsumieren und das Ticket entwerten lassen, so geht das.
    Bagual

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