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Mittwoch, 4. September 2013

Got that monkey off my back...

Ferien in Kalymnos sind wieder einmal angesagt und da die Form passt stellt sich die Frage, welche Routen es denn dieses Mal sein sollen. Immer wieder lockt es mich in den Ferien, eine (nach persönlichen Massstäben) harte Route zu projektieren und zu punkten. Meistens habe ich bisher diesen Plan rasch aufgegeben und bin den Verlockungen des Onsight-Kletterns erlegen. Dieses Mal habe ich jedoch einen anderen Approach gewählt. Ursprünglich zwar freiwillig, danach wurde es dann fast zum Zwang. Wenn nämlich einmal Zeit und Aufwand in eine Route investiert ist und klar geworden ist dass sie geht, dann kann man dann auch nicht mehr zurück...

Beim Projekt handelt es sich um die 'Path to Deliverance' (8a) an der Spartan Wall. Für Kalymnos eine ziemlich spezielle Tour, denn es handelt sich nicht um stark überhängende Sinterkletterei, sondern um eine äusserst knapp strukturierte +/- senkrechte Platte. Ohne solide Fingerkraft geht zwar auch hier nichts, aber an Balance, Vertrauen in die Füsse und Kreativität um die Strukturen in eine vernünftige Sequenz einzureihen darf es ebenso nicht fehlen. Nachdem ich letztes Jahr bereits einmal in der Tour geschnuppert (und gleich wieder abgebaut) hatte, nahm ich mir dieses Mal an Tag 1 die Zeit, um die Tour seriös auszubouldern. Das brauchte seine zwei Stunden, aber schliesslich war für jede Stelle eine Lösung gefunden...

Der erster Durchstiegsversuch brachte mich dann schon über die erste schwere Stelle hinweg zum Beginn der Crux. Da kam Hoffnung auf und ich beschloss, auch Tag 2 in die Route zu investieren. Mein vierter Go ging dann schon mitten in die Crux hinein, der fünfte eigentlich richtig gut, aber halt doch nur bis zum vorletzten schweren Zug. Wegen kommender Sonne, aufgebrauchter Kraft und erkennbaren Limiten der Fingerhaut war allerdings auch Tag 2 erfolglos geblieben. Aber so nahe am Durchstieg konnte ich doch nicht aufgeben... also Material hängen lassen und am nächsten Tag nochmals angreifen! Beim ersten Go am dritten Tag ging allerdings gar nix, kein Strom, keine Souplesse, schon vor den schwersten Zügen war fertig, shit!

Sektoren Spartan Wall und Afternoon. Die 'Path to Deliverance' genau in Bildmitte über die weisse Platte entlang der Schattengrenze.
Mental wurde es nun natürlich noch schwieriger: hatte ich den Höhepunkt schon überschritten und war das nun alles für die Katz?!? Abbauen, Ruhen oder Weiterprobieren?!? Ruhen liegt mir weniger, Aufgeben auch nicht so, also Weiterprobieren. Beim nächsten Versuch ging es dann auf einmal wieder viel besser, der heikle Schnapper zum Ende der Cruxzüge gelang erstmals im Durchstieg, danach reichte es leider noch nicht ganz. Am Boden dann die Mindgames: ein weiterer Versuch lag noch drin. Aber was beim Scheitern? Noch einen vierten Tag investieren, möglicherweise gefolgt von weiteren? Die Ferien auf dieses eine Ziel fokussieren und schlussendlich doch scheitern?!? Tja, wenn man einfach aufgeben kann, hat man es manchmal schon einfach.

Im insgesamt achten Versuch kam dann aber die grosse Erlösung: irgendwie lief alles noch ein bisschen besser wie zuvor, der Schnapper am Ende der Crux sass besser, so dass auch die folgende Züge klappten. Im crimpy Finale krallte ich dann mit den Fingern bis aufs letzte in die rasiermesserscharfen Tropflöcher, einen Schmerz verspürte ich zu diesem Zeitpunkt keinen mehr... allerdings haben diese paar Meter ziemlich viel kostbare Hornhaut gekostet. Das war aber in diesem Moment meine kleinste Sorge, denn schliesslich war der Umlenker erreicht und meine insgesamt siebte 8a gepunktet :-) Dennoch machte sich in den ersten Minuten danach gar nicht so die grosse Freude bemerkbar. Sondern einfach grosse Erleichterung, es geschafft zu haben und damit vom Projektstress erlöst zu sein. Somit kann ich nun nach vorne blicken und guten Gewissens aufs onsighten fokussieren. Natürlich konnte ich es auch bisher nicht lassen, mir die eine oder andere Begehung unter den Nagel zu reissen. Hier die Übersicht über die bereits gekletterten Routen:

Sektor Spartacus

Tales of Greek Heroes (6b+, ***): Hübsche und anhaltende, aber nirgends besonders schwierige Kletterei, meist an wasserzerfressenem Fels mit ein paar wenigen Sintern. Gutes Aufwärmgelände.

Gladiator (7b, *****): Kingline mitten in der Spartacus-Cave. Der Einstiegsboulder ist gesucht und noch nicht besonders hübsch, aber auch nicht so das Problem. Danach steiles Gebolze an Sinterbobbeln und Löchern mit drei schwereren Stellen: gleich zum Beginn des steilen Teils, in einer griffarmen Linksquerung und zuletzt noch beim Anlaufen auf schlechten Tritten an einem Zweifinger-Untergriffloch.

Leonides (7b, *****): Sehr anhaltende, fast 40m lange Seillänge an wasserzerfressenem Fels und ein paar Sintern. Gutes Stehvermögen unerlässlich, aber auch Fingerkraft wird gefordert. Felsqualität und Moves sind einfach hervorragend, vom Charakter her irgendwie wendenmässig geil!

Daily Routine, aber immer wieder schön. Aktuell täglich 28-29 Grad, 40km/h Wind und tiefe Luftfeuchtigkeit - optimal!
Sektor Spartan Wall

Spartakiada (7a+, ***): Auf weiten Strecken recht hübsche Kletterei im 6c-Bereich, die Crux kommt erst zum Schluss beim Anklettern des Umlenkers. Mit einem Faustklemmer ging das Klippen desselben für mich problemlos. Allerdings geht das nur mit richtig grossen Händen (hier endlich mal von Vorteil, zumeist ist das umgekehrt!). Kathrin konnte den Faustklemmer unmöglich halten und musste eine deutlich aufwendigere Lösung wählen. 

Path to Deliverance (8a, ****): Eindrückliche Tour durch eines der glattesten Gemäuer auf Kalymnos. Während in der ersten Hälfte noch einige überraschend griffige Löcher auftauchen, fordern danach sloprige Leisten und schlechte Tritte Bewegungsgefühl und Fingerkraft. Die Passage an fetzenscharfen Tropflöchern zum Schluss fordert dann die letzten Reserven an Kraft und Haut.

Sektor Afternoon

Bye bye Doc (6c, ****): Geniale, fetzenscharfe Tropflochkletterei mit mehreren kniffligen Stellen - hat mich sehr an die Kadenz am Rosenlauistock in den Engelhörnern erinnert. Die Absicherung ist mit perfekt platzierten Bolts bestens. Für alle, die diesen Kletterstil lieben ganz sicher eine Empfehlung!

Claire (6c, **): Irgendwie die nicht so ganz geniale Route. Lange Zeit hübsche Tropflochkletterei im 6a-Bereich mit einer kleingriffigen Crux über den letzten BH hinweg. Ganz direkt geklettert sauschwer, leicht linksherum passt 6c durchaus, allerdings würde man irgendwie logischer gleich zum eins weiter links gelegenen Stand klettern, auch wenn es so vermutlich nur noch 6b/+ wäre. 

1 Kommentar:

  1. Hallo Marcel,

    danke für deinen genialen Bericht und Bilder.
    Finde es schon aufregend nur zu lesen wie sich der ein oder andere trotz der Gefahr und einem evtl. Scheiterns dennoch durchkämpft...wahnsinns Leistung.

    Bin selbst lange noch nicht soweit das ich mir so etwas zutrauen würde, aber mal sehn ;)!

    Freu mich schon auf weitere Berichte und Bilder von deinen Touren.

    Gruß,
    Dom

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