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Donnerstag, 30. Januar 2014

Cogne - Sentinel Ice (WI5+)

Nach dem Abenteuer im Tuborg am Vortag hatte es Kathrin schon etwas gefuxt, dass sie bei unseren Erfahrungen im fünften Eisgrad nicht mitreden konnte. Also musste ein adäquates Projekt her, dieses sollte sich auch zeitlich im Rahmen halten, da wir am frühen Nachmittag wieder retour sein mussten, um Jara zurück in die Schweiz zu verabschieden. Die richtige Wahl war Sentinel Ice, der Wächter des Valnontey. Er bietet bei kurzem Zustieg drei spannende, steile Seillängen und ist zudem nicht jedes Jahr gewachsen. Aufgrund von Tourenberichten im Internet war ich mir aber gewiss, dass aktuell gute Bedingungen herrschen.

Von uns gekletterter Routenverlauf mit Position der BH-Stände.
So machten wir uns auf, über eine gute Spur und tragenden, windgepressten Schnee erreichten wir den Einstieg in weniger als 30 Minuten. Aufgeschirrt waren wir bereits, und sogleich konnte es losgehen. Die erste Seillänge bietet schon wirklich spannende Kletterei mit einem kurzen Stück, das an die Senkrechte heranreicht. Wer mehr daraus machen will, kann im linken Teil fakultativ schon eine 10m-Säule klettern. Der Stand befindet sich dann rechterhand an den Felsen.

Zoom auf die erste Länge, die im Mittelteil steiler/schwerer ist wie man meinen könnte.
Die zweite Länge bietet gemütliche Kletterei (75-80 Grad) und führt unter die Abschlusssäule hoch. Standmöglichkeiten gibt es an der Lärche rechts, oder in der Nische hinter der Säule. Zum Sichern und Weiterklettern ist meines Erachtens der Baum viel vorteilhafter. Und dann eben das Prunkstück der Route: was von weitem wie eine solide Säule aussah, war in Tat und Wahrheit eine Mischung zwischen Vorhang und Zapfen. Dieses Ding reichte zwar gerade so bis zum Boden runter, allerdings war es unten komplett gerissen und somit eben doch ein freihängender Vorhang. Die ersten paar Meter waren zudem auch nicht gerade eben dick (weniger wie 50cm), wie ein Blick von der Seite zeigte.

Das ist das zweite Teilstück im Sentinel Ice, die einfachste der drei Seillängen.
Hätte ich dieses Stück Eis in jungfräulichem Zustand angetroffen, so hätte ich wohl kehrt gemacht. Notabene, für die ganz Starken gäbe es übrigens noch die massiv überhängende Drytooling-Version an Normalhaken aus der Nische raus, die sieht echt schwer aus! Item, nachdem schon etliche Seilschaften diesen Vorhang beklettert hatten und er der Belastung problemlos standgehalten hatte, so würde es für uns wohl auch reichen. Vor allem auch, weil eigentlich gar keine (heftigen) Pickelschläge mehr nötig waren: die Löcher waren schon gut ausgeschlagen, und man konnte im steilen Teil eigentlich fast durchgehend hooken. Dies war sicher eine sehr grosse Erleichterung, denn ansonsten wäre es in diesem alten, harten, glatten und etwas glasigem Eis ein hartes Stück Arbeit gewesen, die 15 sehr steilen Meter zu überwinden.

Fast wie wenn der Zapfen die Zunge rausstrecken würde... er ist mit dem Boden nicht (!) verbunden.
Auf diese Weise gelang uns beiden aber das Enchainement dieses Teilstücks, bzw. natürlich auch der ganzen Route. Lustig dabei ist immer wieder meine Hook-Paranoia, und die anschliessende rasche Gewöhnung daran, ein Phänomen das mir vom Cliffen beim Bohren bestens bekannt ist. Setzt man den Hook, so überwiegt in der ersten Sekunden das Feeling "uh, oh, wird das wohl halten, oh Mist gleich fliegt mir der ganze Scheiss um die Ohren und ich trete den Weg in die Tiefe an". Mangels Alternativen belastet man aber dann doch, und nachdem man mal eine Zeit lang daran gehangen ist, so fühlt man sich rasch wohler und wohler.

So sieht es von der Seite aus, eine delikate Sache!
Philosophieren hin oder her, wir hatten das Top vom Sentinel bereits erreicht, es wird durch einen BH-Stand an den rechten Begrenzungsfelsen markiert, etwa 15m oberhalb vom Ausstieg der Säule. Mit unseren 50m-Seilen waren dann 3 Abseilfahrten notwendig, mit 2x60m spart man sich eines der Manöver. Dennoch, rasch hatte uns der Boden wieder und innert Minuten waren wir retour in Valnontey. Es blieb sogar noch Zeit für das kleine Eltern-Wellness-Programm, d.h. rasch in Ruhe eine Cappuccino zu trinken. Dann ab nach Hause, beim Kinderhüten war Schichtwechsel angesagt und sogleich wurde man natürlich in Beschlag genommen. Von den gemütlichen Lunchs, Saunagängen und einem nachmittäglichen Nickerchen kann ich definitiv höchstens Träumen, wieder raus in die Kälte und ab auf die Piste heisst es da jeweils für mich!

Die steile Passage sauber durchgezogen und das Top erreicht, bravo Kathrin!
Facts

Sentinel Ice I WI5+ 110m
Material: 6-8 scharfe (!) Eisschrauben, 2x50m oder 2x60m geht beides gut.

Schöne Kaskade mit drei interessanten Seillängen, die am Taleingang des Valnontey wacht. Hat man nur wenig Zeit zur Verfügung, so findet man hier eine spannende Kletterei und je nach persönlichen Niveau und den Verhältnissen auch eine Herausforderung.

Zustieg: von Valnontey auf dem gespurten Wanderweg etwa 400m ins Tal hinein und bei einem im Winter verwaisten Bar-Gebäude links hinauf zum gut sichtbaren Fall, der Abzweiger ist auch ausgeschildert. Liegt eine Spur, was bei guten Verhältnissen die Regel ist, dauert der Zustieg keine 30 Minuten.

Route: L1 (35m) bietet nach gemässigtem Auftakt einige steile Meter in der Gegend von 85 Grad, je nach Gusto auch noch mehr. L2 (35m) ermöglicht nochmals entspannte Kletterei mit einer Neigung von 75-80 Grad. In L3 (40m) geht es erst am freihängenden Zapfen 15m im kompromisslosen 90-Grad-Gelände dahin, bevor die Neigung ausklingt und man zuletzt über ein Schneecouloir den letzten Stand erreicht.

Gefahren: im Gegensatz zu vielen anderen Fällen in Cogne empfiehlt es sich hier definitiv nicht, hinter einer anderen Seilschaft einzusteigen. Sämtliche losgelösten Eisbrocken fallen exakt über die Route hinunter und treffen auch den Einstieg. Bei viel (Neu)Schnee drohen auch Lawinen und/oder heftige Spindrifts.

Abstieg: Abseilen über die Route an 3 bestens eingerichteten Kettenständen.

Aussicht aufs Valnontey und dem PP bei den letzten Häusern, hinten Punta Arpisson (3035m) und Pointe Garin (3451m).

Mittwoch, 29. Januar 2014

Cogne - Tuborg (WI5-)

Frühmorgens zeigte das Thermometer in Lillaz frische -15 Grad. Ich fragte meine Begleiter, ob sie denn gerne in der Sonne oder lieber am Schatten klettern würden. Die Antwort darauf kann man sich ja denken, ergo war das SE-seitig ausgerichtete Rive Gauche des Valeille das Ziel. Hier weisen alle gängigen und rasch erreichbaren Fälle eine Bewertung von mindestens WI4+ auf, ein rechter Challenge für meine Begleiter, die erst das zweite Mal beim Eisklettern waren. Als letzte Frage verblieb mir noch, ob sie die steilen Meter lieber am Anfang oder am Ende hätten. Das Steile zum Auftakt, hiess es, also waren die Würfel gefallen. In den Tuborg sollte es gehen.

Ein frostig-kalter Traumtag im Gran Paradiso Nationalpark. Hier das Rive Droite des Valeille mit Stella Artice (WI5).
Der Anmarsch dauert je nach Qualität der vorhandenen Spur ca. 40 Minuten. Bevor dann die Eiskletterei richtig beginnt, gilt es ein Couloir hinaufzusteigen, das schon einige 65-70 Grad steile Stufen aufweist. Das ist im Aufstieg für Kletterer dieses Niveaus seilfrei zu machen, bei einer Führungstour hat man den Strick aber bereits auszupacken. Nach 50m hat es rechts einen BH zum Nachnehmen, von da sind es nochmals 60m zum BH-Stand links der steilen Länge. Eine Seilschaft war da bereits am Tun, und so hatten wir optimale Sicht auf das Geschehen.

Zwei französische Kletterer bereits in Aktion, in der Cruxlänge von Tuborg (WI5-)
Nicht nur für meine Begleiter, sondern auch für mich hiess es anschliessend tief Luft holen. Einigermassen anspruchsvoll sah die Sache nämlich aus: die Crux bestand aus dem baldigen Überwinden eines überhängenden Wulstes, danach ging es aber noch viele Meter knapp unter der Senkrechten weiter und auch eine leichte Dusche war unvermeidlich. Ich machte mich auf den Weg und konnte die Sache gut durchziehen, nach dem steilsten Teil bot sich ein No-Hand-Rest ideal zum Wechsel auf trockene Handschuhe an, und sogar ein Foto lag drin. Zügig hatte ich danach den Stand erreicht, dieser befindet sich entweder links (alter BH und NH) oder gerade oben (neue BH). Meine Begleiter hatten indes dann etwas zu kämpfen, gelangten aber schliesslich mit Stolz, Freude und Pump erfüllt an den Stand.

Tiefblick vom No-Hand-Rest nach dem Überhang der Cruxlänge.
Damit war quasi der Mist bei diesem Eisfall geführt, der Ausstieg jedoch noch lange nicht erreicht. Zunächst galt es nun einmal, mittels einer 60m langen Schneefeld-Traverse den Fuss den nächsten Aufschwungs zu erreichen (BH-Stand links im Fels). Die nächste Mauer ist anhaltend 80 Grad steil und bietet sehr schöne, etwas weniger ernste Kletterei. Zum Schluss dann in weniger steilem Gelände mit Neige Polystyrene an den BH-Stand hoch, der sich rechts in den Felsen befindet. Nun hatte auch ich zu kämpfen, und zwar beim Sichern: bei der Dusche in der Cruxlänge waren die Seile nass geworden, nun waren sie steifgefroren und es war ein harter Fight, sie durch das Sicherungsgerät zu zwingen!

Blick auf die nächste Mauer, welche auch anhaltende 80 Grad steil ist.
Zum Dessert wartet dann eine weitere Seillänge, mit einem 20m langen Aufschwung von 80-85 Grad. Das Eis war hier teilweise ziemlich dünn, so dass auch einige Grasbüschel zum Pickeln herhalten mussten. Mit etwas Rubihorn-Erfahrung macht man das ja aber liebend gerne. Nun hatten wir es also geschafft, und so konnte ich meinen Begleitern auch mitteilen, in welchem Schwierigkeitsgrad sich unsere Tour abgespielt hatte. Nur das wohlverdiente Tuborg konnte ich vor Ort leider nicht offerieren, weshalb wir uns auf den Weg ins Tal machten.

Chapeau Baba & Jara, das Eiskletterbrevet ist bestanden!
Vom Top muss man oberhalb der Abbruchkante etwas nach unten queren, um von dort an einem Baum abzuseilen. Der Rest verläuft dann über die im Aufstieg benützten Stände. Das tönt ja eigentlich recht easy, doch musste ich meine Begleiter natürlich auch auf den einfacheren Teilstücken sauber sichern bzw. ablassen, so dass total doch 6 Manöver fällig waren. Mit den total vereisten Seilen war dies einfach ein Riesenmurks und eine grosse Qual, und dementsprechend dauerte es auch viel länger, als die meisten dafür brauchen werden. Anyway, irgendwann hatten wir wieder die Schneeflanke am Einstieg unter den Füssen und machten uns schnurstracks auf den Weg retour nach Lillaz. Das Thermometer im Auto zeigte bereits wieder -12 Grad an, ein wahrhaft frostiger Tag, aber wir hatten das beste daraus gemacht!

Was ist hier falsch`?
Facts

Tuborg - II WI5- 260m
Material: 10 Eisschrauben, 2x60m-Seile

Toller Eisfall mit einer fordernden Cruxlänge, in welchem man in den späten Vormittagsstunden ideal an der Sonne klettern kann. Da diese den Fall eher von der Seite bestreicht und nicht allzu lange anhält, muss man sich bei einigermassen kalten Temperaturen keinerlei Sorgen bezüglich der Solidität machen. Nach der Crux geht's dann nicht mehr so anhaltend weiter, die obere Mauer lohnt aber den Aufstieg übers Schneefeld dazwischen bestimmt.

Zustieg:
Vom Parkplatz vor Lillaz ins Dorf hinein, und dann auf dem gespurten, ausgeschilderten Eisfall-Wanderweg ins Tal hinein. Nachdem man den Tutto Relativo und Konsorten passiert hat, überquert man die Brücke, folgt eine Weile der orografisch linken Talflanke und steigt dann (wie ausgeschildert) steil hinauf zum Beginn des Couloirs.

Route:
L1 und L2 führen über gut 100m durchs Couloir hinauf, im Schnee mit einigen Stufen von 65-70 Grad. Die Cruxlänge L3 ist auf 50m sehr anhaltend 80-85 Grad steil, am Beginn wartet über etwa 8m ein senkrechtes Stück. Danach in L4 eine 50m langes Schneefeld hochsteigen, bevor in L5 eine weitere, anhaltende Mauer von 80 Grad wartet. Zuletzt dann in L6 ein kurzer Aufschwung, der auf einigen Metern nochmals 80-85 Grad erreicht.

Abstieg:
durch Abseilen über die Route, zuoberst an einem Baum, dann an perfekten BH-Ständen.

Topo von gulliver.it

Montag, 27. Januar 2014

Mr. & Mrs. Spindrift

Über Nacht hatte es 10cm Neuschnee gegeben, aber das sollte uns nicht am Trip ins Valnontey hindern. Wenn man den Kletterführern glauben schenken mag, ist hier die ‚Mur de Patri‘ die erste Adresse. Wir wollten (und konnten schliesslich) die Patri de Gauche WI4 klettern und so bezüglich dem Schwierigkeitsgrad schon einmal eine Schippe drauflegen.

Der Zustieg war (und ist allermeistens) auch für Fussgänger gut gespurt. Warum hier allerdings die meisten zu Fuss ins Tal hineinwackeln erschliesst sich mir nicht so ganz. Wir wählten die Tourenski, was selbst auf dem Weg ins Tal hinein und auf den gespurten Pfaden einerseits schneller, und andererseits bequemer und kraftsparender ist. Je nach Fitness und Wegzustand sind zu Fuss 1.5-2h zu veranschlagen, wir waren schliesslich in 1:15h vor Ort. Ganz die ersten waren wir nicht, drei Seilschaften waren bereits eingestiegen um das Eis vom Schnee zu putzen, was uns nur recht sein konnte.

Situation kurz vor dem Einstieg. In der ersten SL gibt es mehrere Optionen, die Sache anzupacken.
Die erste Seillänge bietet eine fast 50m lange Genuss-Eiskletterei (70-75 Grad). Das Eis war optimal bissig, immer wieder hatte es auch von den vielen Begehungen am Weekend zuvor gute Tritte oder tiefe Hooks. Den Stand bezogen wir in der Höhle an Sanduhr und Schraube, es gäbe auch unbequem steckende NH und wer noch 15m weiter nach rechts raus quert findet dort einen Stand mit BH. Die zweite Länge bietet neben zwei Schneehängen einen rund 10m langen Aufschwung von 80-85 Grad, der BH-Stand befindet sich danach rechterhand gut sichtbar an einem markanten Block.

Kathrin folgt in der ersten SL, der Neuschnee war beim Klettern nicht  störend.
Ab da steigt man in weiteren rund 100 Wegmetern hinauf ins Amphitheater mit dem oberen Wandteil. Zu überwinden sind dabei zwei eher kurze Stufen im Bereich 70-75 Grad, der Rest ist meist Gehgelände. Nach dem zweiten Aufschwung befindet sich links im Fels nochmals ein BH-Stand zum Nachnehmen (nicht gut sichtbar). Nun waren wir also da: die Seilschaft vor uns aspirierte auf den schwierigeren rechten Fall (WI5), so blieb für uns die klassische Linie frei, optimal! Links packt man an, die erste Seillänge bietet wiederum sehr schöne Genusskletterei mit Steilheit von ca. 75-80 Grad. Bevor der Fall aufsteilt und enger wird, gibt es links am Fels einen gut geschützten, optimalen BH-Stand.

Die dritte Seillänge bietet oft Gehgelände und zwei kurze Eisaufschwünge.
Zu spüren war hier bereits der Spindrift. Der bei kalten Temperaturen gefallene Schnee war so locker und leicht, dass bereits ein moderater Wind genügte, um ihn das Gully der letzten Seillänge hinunterzuspülen. Die anderen beiden Vorgängerseilschaften hatten von hier ob dem garstigen Ambiente den Rückzug angetreten, doch gefährlich war die Lage keineswegs – einfach ein bisschen alpine Härte war notwendig. So wurde also die Kapuze montiert und der Kragen zugeschnürt und los ging’s. Diese letzte SL ist sowohl die schönste, spannendste wie auch schwerste. Man quert erst nach rechts hinaus, hat dann eine recht anhaltende Meter im Bereich 80-85 Grad und kommt schliesslich in eine tolle Goulotte. Eingekesselt zwischen zwei Felswänden klettert man hier in einem kaum meterbreiten Eisstreifen dem Ausstieg entgegen. Das war eine echt geniale Sache!

Nun im oberen Teil, das wäre dann die insgesamt vierte SL.
Am Ausstieg hatte ich kurz etwas Mühe, den BH-Stand zu lokalisieren. Natürlich war hier alles mit Pulverschnee zugekleistert, so dass ich sämtliche Felsen im Umkreis putzen musste. Mit etwas Spürsinn war ich aber rasch am richtigen Ort, eigentlich war es gar nicht schwierig. Es genügte mir die Frage zu stellen, wo ich die Bolts platziert hätte und tatsächlich, da waren sie. Beim Nachnehmen gab es dann die eine oder andere Dusche, der feine Pulverschnee kroch dabei in jede denkbare Ritze. Als Kathrin dann da war, hiess es nichts wie runter. Mit 2x Abseilen ist man rasch wieder unten am Fuss des Amphitheaters, von wo man (mit Blick ins Tal) rechtshaltend zu Fuss absteigen kann. 

In der Goulotte zum Ausstieg der Tour. Der Spindrift hatte für einmal kurz abestellt, so gemütlich war's nicht immer.
Es war schon erstaunlich, wie extrem auslösefreudig der frische Triebschnee war. Zum Glück waren die Mengen aber so gering, dass keinerlei Gefahr drohte. In rund 10 Minuten waren wir retour beim Depot am Einstieg. Abfellen und Aufsatteln hiess es, für den Rückweg waren wir nun gegenüber den Fussgängern definitiv im Vorteil. Zuerst gab es sogar noch einige Schwünge im Pulver, dann eine rasante Fahrt auf dem Climber’s Track und schliesslich ging es skatend und schiebend retour nach Valnontey. Nur gerade 20 Minuten braucht dies, zu Fuss dauert es mindestens 3-4x so lange!

Blick in den Talschluss des Valnontey, Teil des Nationalparks am Grand Paradiso 4061m.
Facts

Patri de Gauche II WI4 250m
Material: 6-8 Eisschrauben, 2x50m-Seile reichen gut aus

Klassischer und viel besuchter Eisfall im Valnontey. Die Kletterei ist wirklich sehr schön, die Schwierigkeiten sind nicht anhaltend und waren für die Bewertung von WI4 auch nicht sonderlich hoch. Aber gut, im Eis machen die Bedingungen natürlich immer viel aus. Besonders stimmungsvoll ist die obere Wand, mit der homogenen Startlänge und der einzigartigen Goulotte zum Ausstieg. Der ziemlich weite Zustieg ins Tal hinein kann zwar gut zu Fuss erfolgen, denn meistens ist gespurt. Insgesamt deutlich schneller und bequemer ist man aber definitiv mit den Ski.



Sonntag, 26. Januar 2014

Cogne - Cascades de Lillaz (WI3)

Was klettert man zum Ferienauftakt in Cogne? Die Cascades de Lillaz sind auf jeden Fall eine gute Wahl. Geboten wird einem ein landschaftlich tolles Erlebnis mit Eiskletterei über 5-6 Seillängen und ein paar Gehpassagen durch die Schlucht. Das Ambiente ist gemütlich und wenig alpin, d.h. es handelt sich um eine Genusskletterei ersten Ranges. Die Schwierigkeit auf dem einfachsten Weg ist mit WI3 zu veranschlagen, doch in den meisten Seillängen kann man je nach individuellem Können und Geschmack auch schwierigere Varianten einbauen.

So sollte es also das erste Mal Eisklettern für Barbara und Jara werden. Die Anfahrt von Cogne nach Lillaz ist in minutenschnelle erledigt, beim Ortseingang gibt es reichlich Parkfläche. Zuerst zu Fuss über die Brücke und in den Ort hinein, danach der Beschilderung folgen. Es geht auf jeden Fall (im Aufstiegssinn) rechts vom Fluss entlang, was für Ortsunkundige jetzt nicht a priori klar ist. Hat man den richtigen Track einmal gefunden, erreicht man in rund 10 Minuten auf flachem Pfad den Einstieg. Nachdem sich am Parkplatz eine Riesenmeute an Eiskletterern am präparieren war, hatten wir hier freie Bahn, tiptop!

Der erste Aufschwung an den Cascades de Lillaz (ca. 50m, 60-75 Grad, WI3, 1-2 SL)
Am ersten Aufschwung gibt es wie überall mehrere Linien. Um meine beiden Begleitern nicht gleich zu überfordern, wählte ich die Linie links, mit Steilheiten zwischen 60-75 Grad. Unterwegs gibt es linkerhand sogar noch 2 gebohrte Stände, welche ich gerne benutzte, um die Kommunikation nicht gleich abzuschneiden. Ansonsten reichen aber 50m bis über die Kante hinauf, wo neuerlich zwei gebohrte Stände zu finden sind.

Barbara am ersten Aufschwung, nicht schlecht fürs erste Mal!
Danach folgt ein kurzes Gehstück, wo man einen teilweise zugefrorenen, tiefen Pool umrundet. Hier ist äusserte Vorsicht angebracht, in diesem Pool sind auch schon Leute eingebrochen und ertrunken. Man kann sich aber auf sicherer Linie dem Rand entlang halten. Am Start des nächsten Aufschwungs sieht man dann auch, dass es sich beim Pool um eine Art Trevi-Brunnen der Eiskletterer handelt. An dessen Boden befinden sich allerhand Opfergaben und es gäbe massenhaft Booty-Gear zu fischen, wenn das Wasser denn nur nicht so kalt und tief wäre. Die Kletterei an diesem zweiten Aufschwung ist dann easy und nur etwa 25m lang, ganz rechts herum um 70 Grad, direkt eine kurze Steilstufe von 80 Grad. Danach rechts ein ideal gelegener BH-Stand, etwas weiter in der Schlucht hat es auch links nochmals einen.

Der Trevi-Brunnen der Eiskletterer am Fuss des zweiten Aufschwungs. Vorsicht, reinfallen ist tödlich!
Danach folgt ein längeres Gehstück (150-200m) durch die schöne Schlucht. Es lohnt sich, die Seile aufzurollen, ansonsten zieht man diese nur durchs Wasser. Beim danach folgenden Amphitheater war dann die grosse Gruppe vom Parkplatz vor Ort, welche die unteren Stufen umgangen hatte und mit Topropes beschäftigt war. Praktisch gezwungenermassen wählten wir mittig eine steile Säule, auf 15m ca. 85 Grad. Dank idealer Hooks und Tritte, noch dazu in einer Art Verschneidung für die Steilheit aber sehr gutmütig, so dass auch die Anfänger an meinem Seil ohne Mühe passieren konnten. Nach ein paar einfacheren Metern stehen dann oberhalb gleich mehrere BH-Stände zur Verfügung.

Courte passage raide (85 Grad, kann umgangen werden) am dritten Aufschwung. Tolle Kletterei, ideales Eis!
Nach einem weiteren kurzen Gehstück folgen die Ausstiegslängen. Hier gibt es zwei Möglichkeiten, entweder links oder rechts. Da am Fuss des rechten Aufschwungs ein wahrer Stau herrschte, wählten wir die linke Linie. Die sah zwar von den Bedingungen her durchaus grenzwertig aus, doch vielleicht würde es ja doch gehen. Eine erste Länge (60m, WI3) bis zum Kettenstand am Baum rechterhand liess sich noch gut klettern. Doch der Weiterweg, mit nur sehr dünnem Eis auf den Felsplatten und viel fliessendem Wasser sah dann zwar vermutlich kletterbar, doch sicher nicht absicherbar aus. Da war mir dann das Risiko doch zu hoch. Also Abseilen und rüber zur rechten Variante.

Schlechte Bedingungen im linken Ausstieg, dünnes und mieses Eis, das zu viel Sonne erwischt hat.
Dort hatte sich die Meute mehr oder weniger aus dem Staub gemacht. Entlang einer grossen Felsverschneidung klettert man in sehr schönem, geneigten und kompakten Eis (60m, WI2). Richtige Tritte waren hier ausgetreten, so kam man dementsprechend schnell und bequem voran. Am Ende der Verschneidung, oben auf der Fläche gibt es rechterhand wiederum zwei BH-Stände. Ab da sind es nochmals 60-65m bis zum Ausstieg, über weitestgehend einfaches Eis (WI2). Ganz zum Schluss war dann auch nur noch ein schmaler Eisstreifen vorhanden, so dass auf den letzten 20m keine Sicherungen mehr platziert werden konnten. Dank moderaten Schwierigkeiten war dies aber problemlos.

Jara in Action, meine alten Rambos waren genau das richtige Werkzeug für ihn: je kräftiger man schlägt, desto besser halten sie.
Vom Ausstieg wendet man sich nach links und erreicht zuerst etwas aufsteigend das Trassee eines Wegs. Diesem folgt man bequem in rund 15-20 Minuten direkt retour zum Parkplatz, am Einstieg kommt man nicht mehr vorbei. Zumeist wird hier bei diesem vielbegangenen Fall gespurt sein, somit sollte es kaum Sorgen bezüglich der Routenfindung geben. Zufrieden über das Erreichte setzten wir uns ins Auto, meinen Begleitern hatte ihre erste Tour grossen Spass bereitet und auch für mich war es ein toller Einstieg. Die Bedingungen waren sehr angenehm gewesen, die Softshell war ausreichend und den ganzen Tag konnte ich mit ein- und demselben Paar an Windstopper-Handschuhen klettern – so sollte es doch immer sein!

Was ist hier falsch?
Facts

Cascades de Lillaz WI3 (einfachster Weg, steilere Varianten existieren) – 5 SL + einiges an Gehgelände
Material: 2x60m-Seile vorteilhaft, 6-8 Eisschrauben, die Stände sind alle gebohrt

Tolle Genusskletterei in schöner Landschaft, auch für stärker kletternde eine Empfehlung, da auch schwierigere Varianten eingebaut werden können. Zudem hat man hier nur einen sehr kurzen Zustieg und praktisch keine objektiven Gefahren. Zu beachten ist indes, dass der Fall ziemlich der Sonne ausgesetzt ist, und da nur auf 1600-1800m gelegen, auch nicht immer in guten Bedingungen.  

Mittwoch, 22. Januar 2014

Eisklettern im Sertig

Das Sertigtal, ein wenig hinter Davos gelegen, ist bei Eiskletterern wohlbekannt. Meist schon anfangs Dezember geht hier die Saison los, und sie dauert meist bis gegen Ende März. Das schöne Kompakteis in den bis 200m langen Routen begeistert, vom fortgeschrittenen Anfänger bis zum Experten der WI5 klettert, finden hier alle eine interessante Betätigung.

Ich zeige hier einige Bilder von unserem letzten Besuch im März 2013. Die Fotos sind also nicht aktuell, die Bedingungen sind diese Tage aber auch gut, die Anfahrt lohnt sich. Damals war ich auf der Suche nach einem Partner für ein End-of-Season klettern. Es fand sich gleich eine motivierte Gruppe mit Aurèle, Simon und Vincent, so dass wir in zwei Teams antreten konnten, was entsprechend tolle Fotos ergab. An jenem Tag konnte ich dann auch die kleine Kerze (WI4+) im Vorstieg durchziehen. Die Masterlinie im Gebiet, die grosse Kerze (WI5-) ist dann das nächste Mal dran!


Im Zustieg, der übrigens zumeist gespurt ist, so dass man auch zu Fuss aufsteigen kann. Allerdings ist's mit Skis dennoch bequemer/schneller, und von der Abfahrt wollen wir gar nicht erst sprechen. Wohl dem, der leichte Skischuhe hat, die man auch gut zum Klettern benützen kann! Wie zu sehen ist, gab es an jenem Tag einen ziemlichen Andrang. Das ist an Tagen wo sonst nix geht nicht ganz untypisch, da die meisten Fälle aber sehr breit sind und mehrere mögliche Linien bieten, können jeweils mehrere Seilschaften parallel klettern, so dass mit etwas Kooperation alle ohne Wartezeit zum Genuss kommen.


Zuerst, quasi zum Aufwärmen (oder dem ersten Abkalten) kletterten wir den zweiten Fall von links. An seinem rechten Rand ist er etwas schwerer, die WI3 aus dem Topo markiert da schon eher die allerunterste Grenze von dem, was man dieser Route noch andichten kann. Aber item...


Nun in Aktion an der Ausstiegssäule der kleinen Kerze (WI4+). Wirklich eine sehr lohnende Route, zumal sie an diesem Tag auch in prima Verhältnisse anzutreffen war. Der absolute Könner kann sowohl im Zustieg wie im Ausstieg (links/links) noch schwerere Variante einbauen.


Eine andere Perspektive auf meinen Vorstieg. Die letzten 10m an der Säule sind +/- senkrecht. Aber wie man so schön sagt, mit den Nomics hat man 'immer 2 Henkel in der Hand' und es ist ja nur senkrecht. Tja, eigentlich stimmt das ja, aber es ist halt auch Eis und kein Fels. Lustigerweise der Sertig-Ausflug dann doch nicht das Ende meines Eiskletterwinters. Fast einen Monat später war ich noch im Campsut am Werke, wo es darum ging der Mixed-Route 'Götter in Flammen' (M9-) eine Begehung abzutrotzen. Für mich war das vor allem toller Anschauungsunterricht, Dani holte sich da einen raschen Rotpunkt an diesem eindrücklichen Gemäuer.



Und falls sich jetzt jemand fragt "warum postet der noch diesen alten Schund?!?" dann werde ich antworten, um in die richtige Stimmung zu kommen. Jetzt kommt nämlich endlich der Winter und vorerst ist fertig mit dem sommerlichen Sportklettern die ganze Zeit. Wer als Anfänger gerne noch mehr übers Eisklettern und die benötigte Ausrüstung erfahren möchte, der ist mit diesem Artikel im Bergzeit Magazin an der richtigen Adresse.

Auf eine tolle eisige Zeit!

Samstag, 18. Januar 2014

Urnerboden - Genesis (M8)

Im Mixed-Klettergarten auf dem Urnerboden herrschen zwar aktuell auch nicht Traum-Bedingungen, doch immerhin gibt es hier im Gegensatz zu vielen anderen Orten noch ein bisschen Eis und etwas zu tun. Gerade diese Woche hat sich die Vielfalt der Routen dank dem Einsatz von Dani Benz und Stefan Indra um eine weitere Einheit vergrössert. Ich danke den beiden herzlich für ihren Einsatz und die Bereitschaft, die Informationen über die neue Route zu teilen! Folgende Zeilen hat mir Dani zur Verfügung gestellt:

"[...] Entstanden ist nun eine direkte Fortsetzung der Route "Volxlauf". Dort, wo diese nach rechts weg zum Stand quert führt die neue Linie gerade hoch über einen kleinen Wulst, dann warten ein paar heikle Hooks an Eisglasur (sehr gut abgesichert). Danach kommt ein stark überhängender Riss, welcher sich an super guten Hooks klettern lässt (man kann oft die ganze Pickelhaue versenken, daher war auch das Einbohren hier viel einfacher als unten in der Glasur). Nach der Dachkante geht's noch wenige Meter hoch und es kann ein Camalot 0.5 gelegt werden.


Dani beim Einbohren der direkten Verlängerung vom Volxlauf, die Route wird Genesis benannt und mit M8 bewertet.
Danach stieg ich nochmals ein für einen Rotpunkt-Versuch. Dieser endete oben beim Stand, leider noch bevor das Seil eingehängt war. Eine kleine Unachtsamkeit (das Eisgerät war so gut platziert, dass ich dachte, es könne sich nicht lösen, und so passte ich halt nicht auf) brachte mir einen 'Gratisflug' ein. Das Sturzgelände ist ideal, der letzte Haken war unten im Dach und so stürzte ich zwar bis etwa auf halbe Routenhöhe, der Flugraum war aber frei und der Fangstoss sehr weich. Den Camalot, der vom Einbohren her noch platziert war, hatte ich nicht eingehängt und somit nun unabsichtlich auch gleich bewiesen, dass es ihn nicht braucht. Rückblickend würde ich sogar sagen, dass man an dieser Stelle besser keine Sicherung legt, damit das Seil im Sturzfall nicht über den recht scharfen Fels an der Dachkante läuft (diesen könnte/sollte man am besten einmal noch gründlich mit dem Hammer entschärfen).


Perspektive von der anderen Seite - irre steile Kletterei ab dem Abzweiger aus dem Volxlauf.
Der nächste Versuch klappte dann einwandfrei, ich kannte da auch schon die meisten Hooks. Passend zu meiner ersten 'eigenen' Mixedroute und auch zu meinem aktuellen Lesestoff heisst die Route nun 'Genesis'. Als Bewertung würde ich ungefähr M8 veranschlagen, wohl wissend dass ich eigentlich keine Ahnung von Mixed-Bewertungen habe."

Weitere News: über drei andere, neue Urnerboden-Routen (WI3, M4, M5) hatte ich schon im Dezember berichtet. Und zwischen 'Try Tooling' und 'Darkness and Pain' hat Jonas Allemann eine Dry-Route erschlossen. Diese führt entlang von Rissen und zuletzt etwas Torf, sie checkt ungefähr bei D7 ein. Die Absicherung ist mit BH gut, dennoch ist etwas beherztes Klettern erforderlich. Zuletzt noch ein kleiner, aktueller Verhältnisbericht (vom 15.1.2014): dank guter BH-Absicherung gibt es auf dem Urnerboden eigentlich fast immer etwas, was man noch klettern kann. Insgesamt sind die Verhältnisse aber schon suboptimal. Durch die Wärme hat sich das Eis an den meisten Orten vom Fels gelöst und ist nicht mehr zuverlässig, auf jeden Fall sicher nicht zum Schrauben. Auch ist es dort wo man nach oben aussteigt auch vielerorts eisfrei und/oder nicht gefroren, was die Sache oft auch unangenehm macht.

Die Gasthauswand am Urnerboden, frisch überzuckert. Die Verhältnisse sind aber schlechter, wie man von hier meinen könnte.

Montag, 13. Januar 2014

Thron eingestürzt!

Es ist zwar Mitte Januar, aber irgendwie fühlt es sich wie März an. Dass dieser Eindruck nicht täuscht, zeigen uns auch die Eiskaskaden. Eine um die andere geht "viel zu früh" von dannen. So zum Beispiel diesen letzten Sonntag der Thron im Avers. Vormittags wurde er, wie auch am Tag zuvor, noch "bei guten Bedingungen" begangen, am Nachmittag war er weg. 

Diesen Vorfall möchte ich zum Anlass nehmen, um ein bisschen über das Verhalten des Homo Alpinensis nachzudenken. Dies soll keine Anklage von einzelnen Personen oder Personengruppen sein, und ich nehme mich selber von dieser Kritik auch gar nicht aus. Ich stelle einfach fest, dass die Tourenwahl in diesem verkorksten Winter oft mehr vom Wunschdenken als von der Vernunft geleitet wird. Da werden bei gefährlichen Verhältnissen auf Teufel komm raus steile Skitouren unternommen, mürbe gewordene Eisfälle angepackt und es wird selbst bei üblem Tauwetter in Nordwände eingestiegen.

Bild von Bodhi Climbing auf Facebook, aufgenommen am 12.1.2014.
Dabei sollte die Maxime für die Wahl solch alpiner Unternehmungen nicht lauten "ich will jetzt hin, es wird schon gehen", sondern man sollte sich viel mehr fragen, ob nicht ein besserer Tag kommen wird, wo man die entsprechende Tour bei besseren und vor allem viel sichereren Verhältnissen geniessen kann. Die Tourenwahl sollte doch von den aktuellen Möglichkeiten und Bedingungen geleitet sein, unter dem Bestreben die Risiken bestmöglichst zu minimieren - und nicht in erster Linie von den eigenen Ambitionen. Klar, dies ist derzeit eine bittere Pille, die es zu schlucken gilt, denn die eigentlich idealen Tage für winterliche Klettereien gehen vorbei und kommen diese Saison kaum mehr zurück. Dennoch ist es sicher besser, diese Pille zu schlucken als einen Unfall zu erleiden. Stay safe!

Tägliche Durchschnittstemperatur mit Max/Min seit Anfang Jahr in Hinterrhein (1620m, ca. 20km vom Thron entfernt).
Temperaturverlauf in Hinterrhein am Einsturztag, 12.1.2014. Beide Bilder sind von der Seite wettermelder.sf.tv.

Dienstag, 7. Januar 2014

Galerie - Immigrant (6b+)

Unglaublich, aber wahr: über die Weihnachtsferien konnte man de fakto zwei Wochen am Stück auf und über der Galerie klettern. Dies im Fels und zwar durchgehend bei angenehmen und guten Bedingungen. Während einzelne Exponenten fast täglich ihr Stelldichein gaben, war ich nur hin und wieder zwischen dem Skifahren mit den Kindern und der einen oder anderen Skitour vor Ort. Mit einer Rotpunktbegehung der Pro niederi Trieb (7c) konnte ich die nach meiner 4-wöchigen Pause wieder aufsteigende Form beweisen und auch für eine kleine Neutour war Gelegenheit. Das ist aber bei weitem nicht das einzige, was sich in diesem Klettergarten getan hat.

Die Linie im Waldsektor hatte ich schon vor einiger Zeit erspäht, und auch weiteres Optimierungspotential mit einem Direkteinstieg für die Grünabfuhr (7c+), einem verbesserten Ausstieg für die Ouagadougou (6c+) und der Sanierung von einigem unzuverlässig gewordenen Mammut-Longlife-BH hatte ich gesichtet. Aber offenbar gibt es Leute, die Gedanken lesen können, denn bei meinem nächsten Besuch waren die Arbeiten an der Grünabfuhr und der Ouagadougou bereits erledigt. Auch gut so, danke für Arbeit und Haken! Somit hat nun also die Grünabfuhr neu einen direkten Einstieg der sie optimal von der Sepultura entflechtet und sie kann nun auch ohne meterlange Verlängerungen seilzugfrei geklettert werden. Dieser erste Teil ist aber einfach im Vergleich zum Rest, die Schwierigkeit verbleibt wie vorher bei 7c+. Weiter links schliesst die Ouagadougou nun nicht mehr mit einem langen Quergang nach links ab, sondern verlangt zum Schluss zwei, drei weite Leistenzüge gerade hinauf, um dann in einfacherem Gelände wieder etwas nach rechts auszusteigen. Ganz sicher eine sinnvolle, logische Korrektur, welche auch das Abbauen der Tour massiv vereinfacht. Hier ist es vielleicht debattierbar, ob die 2-3 weiten Züge am Schluss die Schwierigkeit etwas erhöhen. Eventuell leicht, aber sicher nicht massiv. 

Kathrin punktet den 'Immigrant' (6b+). Die Exen rechts hängen im 'Emigrant', bei 'Tac Isaac' wird links an der Schuppe gepiazt.
Und dann eben kommt meine Neutour zwischen Tac Isaac und Emigrant hinzu, die wir sinnigerweise mit Immigrant benannt haben. Sie bietet nach einem kurz etwas kniffligen, bouldrigen Start interessante, ausdauernde Kletterei an guten Griffen. Eingerichtet und gepunktet wurde sie am 4.1.2014 von Kathrin und mir. Die Schwierigkeit schätzen wir als ähnlich ein wie im Emigrant rechts davon, das wäre dann eine 6b+. Wobei ich an dieser Stelle schreiben muss, dass Kathrin die beiden Routen mit 6c bewertet, man urteile also selber :-) Im Zuge dieser Erschliessung habe ich dann auch links eine logische und bequeme Umlenkung installiert, die nun gemeinsam für Tac Isaac und Immigrant benützt wird. Ebenso habe ich die marode Longlife-Umlenkung vom Emigrant mit 2 neuen BH saniert und an deren Schluss noch 2 BH gesetzt, so dass man dort jetzt (in gleicher Schwierigkeit) direkt klettern kann, und nicht mehr zum Klippen nach links in die Nachbartouren ausweichen muss. Mit all diesen Optimierungen und nachdem der Wandfuss vom Gestrüpp befreit wurde, lässt es sich an dieser tollen Wand nun noch genusssreicher klettern.


Routenverzeichnis (von links nach rechts):

Die folgenden Touren sind alle schön, lohnend und verlaufen in gutem, griffigem und leicht überhängendem Fels. Die Absicherung ist bestens ausgefallen, je nach Route sind 6-12 Express nötig. Für Recherche Inutile und Ouagadougou ist zwingend ein 50m-Seil zum Umlenken nötig, bei den anderen reicht (knapp!) durchwegs ein 40m-Seil.

Tac Isaac (6b)
Piazkletterei, gar nicht so einfach wie man denken können.

Immigrant (6b+)
Bouldriger Start, danach Ausdauerkletterei an meist grossen Griffen.

Emigrant (6b+)
Griffige Kletterei mit einer markanten Schlüsselstelle am Dächlein.

Recherche Inutile (7a)
Vier knifflige Stellen mit Ruhepunkten dazwischen, spannende Sache.

Ouagadougou (6c+)
Interessante Kletterei, knifflige Einzelstellen ohne gute Ruhepunkte brauchen Ausdauer.

Devi (8a)
Unten easy, dann an Leisten, Seit- und Untergriffen durch die steile Wand, Maximalkraftausdauer!

Grünabfuhr (7c+)
Nach gemütlichen Auftakt erst Untergriffe, dann Resistance an besseren und schlechteren Leisten.

Sepultura (7b)
Prima Route! Weite Züge, dazwischen immer wieder gute Griffe. 

Thai City (8a)
Lange Zeit eher gemütlich, das Finale an Löchern und Slopern hat es dann in sich!

Freitag, 3. Januar 2014

Jahresrückblick 2013

An dieser Stelle folgt der bereits traditionelle Rückblick (siehe 2012) auf mein vergangenes Bergjahr. Darüber gibt es einiges zu berichten, denn an total 139 Tagen hatte ich bergsportliche Aktivitäten unternommen. Das ist ungefähr gleich viel wie im langjährigen Schnitt, somit scheine ich mit meinen Habits und meiner Zeiteinteilung also ziemlich konstant zu funktionieren - wenn die Passion für die Berge eben da ist, dann ist sie da!

Anteilsmässig noch häufiger als in den letzten Jahren war ich im Klettergarten unterwegs, nämlich total 77x. Dafür gibt es zwei ganz klare Gründe: erstens ist das eine familienkompatible Aktivität und zweitens war das Wetter in der ersten Hälfte des 2013 so bescheiden, dass oft gar keine andere Alternative blieb. Unsere Entdeckungsreisen führten uns nach Sizilien und nach Lecco, und ganz traditionell besuchten wir auch das Frankenjura und erneut Kalymnos. Ansonsten war ich sehr häufig zeitsparend an den von mir aus nächstgelegenen Cliffs am Walensee unterwegs. Sportlich gesehen gab es im Frühjahr eine längere Durststrecke, wo ich viel Energie in Routen investierte, deren Durchstieg mir aber vorerst verwehrt blieb. Zum Ende der Saison wurde ich dann doch noch belohnt, so dass ich mir auch dieses Jahr 2x eine 8a und 4x eine 7c+ rotpunkt notieren darf, sowie 3x eine 7c onsight. Fürs nächste Jahr hoffe ich nun, einen neuen Schwierigkeitsgrad knacken zu können. Wird auch langsam Zeit, denn jünger wird man ja nicht.


Was das MSL-Klettern anbetrifft, galt es diese Saison viel Geduld zu zeigen. Wegen lange anhaltendem Schlechtwetter mit Kälte und verbleibenden Schneemassen konnte man erst im Juli an längere und höher gelegene Routen denken. Schliesslich konnte ich bis Ende November dann doch noch 21x ins Doppelseil einbinden. Ein Highlight diesen Sommer waren die genialen Ferien im Grödner Tal, wo ich zusammen mit Kathrin die fantastische 'Ötzi trifft Yeti' an der Kleinen Zinne begehen konnte, ebenso die 'Oro e Carbone' an der Mur del Pisciadu und als Dessert auch noch die 'Via Priz' am Piz Ciavazes. Zweimal buchte mich mein Spezl Tobias um Pause-Punkte zu sammeln, der Salbit Westgrat und die Hasse-Brandler durch die Nordwand der Grossen Zinne sind aber auch für sportliche orientierte Kletterer ganz oben auf der Wunschliste einzuordnen. Wegen der kurzen Saison (anfangs Oktober war bereits wieder finito) schaffte ich es dieses Jahr leider nie an die Wendenstöcke, dies steht nun fürs nächste Jahr wieder oben auf der Liste. Allerdings, die drei Zuestoll-Routen Solitaire, Quiero Thierry und Millenium waren ein guter und würdiger Ersatz.

Im Anarchist (12 SL, 8a+) am Schweizereck im Rätikon.
Wie geplant habe ich mich mit 14 Ausflügen öfters als früher dem Eisklettern gewidmet. Erleichtert wurde dies auch durch die sehr lange Saison, noch im April konnte ich in Campsut das letzte Mal meine Nomics schwingen. Dementsprechend gab es auch Fortschritte zu verzeichnen: ich konnte Routen bis WI5 und M7 im Vorstieg begehen, etwas was ich mir früher noch nicht zugetraut hatte. Das Highlight war sicher, endlich einmal im gelobten Kandersteg zu klettern, Pingu und Rübezahl standen dabei auf dem Menü. Der ultimative Schocker dieses Jahres ist auch in dieser Kategorie anzusiedeln und bezieht sich auf meinen Sturz in der Rubihorn-Nordwand, nachdem mir ein Bohrhaken ausgebrochen war. Dieser Zwischenfall verlief aber dank der guten Absicherung glimpflich. Und was das neue Jahr bringt, werden wir ja sehen. Ich würde mich freuen, wieder einmal im Brunnital ans Werk gehen zu können, wo die Bedingungen in den letzten Wintern nie mehr gut waren. Und nachdem ich im 2013 nie in Chamonix unterwegs war, hoffe ich doch, dass sich dies im kommenden Jahr wieder ergibt.

Bisher undokumentierte Route in den Urner Alpen (WI4, Dezember 2013).
Was die Skitouren anbetrifft, war ich mit 21 Touren gemessen an der eigentlich überaus langen Saison nicht sonderlich aktiv. Während die Felle vielerorts noch bis weit in den Juli hinein aufgezogen wurden, war mein Saisonende schon anfangs März. Zudem unternahm ich die Mehrheit der Touren (nämlich 13 Stück) in der unmittelbaren Umgebung meines Daheims. Nur selten gab es also eine längeren Ausflug, die beiden besten waren sicherlich die jeweiligen Kombis Brunnenstock/Voralphorn sowie Chli/Gross Ruchen. Nun ja, man kann halt nicht alles haben, und das Klettern hat bei mir aktuell gegenüber dem Touren Vorrang. Und zudem herrscht auch noch Konkurrenz durch das Skifahren mit den Kindern, das in näherer Zukunft noch ausschliesslich auf der Piste stattfinden wird.

Unterwegs vom Chli zum Gross Ruchen. Welch ein Privileg, hier durchschreiten zu dürfen!
Erstbegehungsmässig war es ein gutes, wenn auch nicht extrem aktives Jahr. Am Walensee konnte ich im Klettergarten das eine oder andere einrichten, auf Sizilien und Kalymnos hinterliess ich zwei weitere Souvenirs, am Urnerboden gab es neue Mixed-Routen, doch das wichtigste sind (mir) hier sowieso die MSL-Routen. Die geniale Solitaire am Zuestoll konnte ich nach rund 2.5 Jahren Arbeit und 8 Bohrtagen beenden und dem Verkehr freigeben. Für die Liebhaber etwas von etwas exotischeren Touren steht im Felsaufschluss des Ragnatscherbachs neu die 13 SL lange 'Salto de Agua' bereit, es wird an dieser Stelle demnächst darüber berichtet. Auch im nächsten Jahr wird es aus diesem Bereich sicher wieder Neuigkeiten meinerseits geben. Ich möchte meine begonnenen Touren an der Läged Windgällen und an der Schafbergwand zum Abschluss bringen, und sofern die Wettergötter wohlgesonnen sind, bin ich topmotiviert auch das Projekt in der Eiger-Nordwand zu vollenden. Ähm ja, und dass dies nicht bereits das Ende meiner Phantasie ist, dürfte wohl niemanden überraschen.

Am Eröffnen in 'Salto de Agua' (13 SL, 6c+) im Ragnatscherbach.
Somit schliesse ich diesen Jahresrückblick mit einem herzlichen Dank an meine Familie, die oft begeistert dabei ist und mich auch sonst in jeglicher Form beim Bergsport unterstützt. Ohne diese Hilfe wäre das alles nicht möglich, herzlichen Dank! Ebenso möchte ich meinen weiteren, immer motivierten Tourenpartnern dankeschön sagen - und auf ein neues im 2014! Der Wermutstropfen verbleibt zum Schluss, nämlich der kürzliche Hinschied von Elia. Vor 2 Jahren hatten wir gar gemeinsam im Sarganserland eine Route eingerichtet, nun wurde ihm in der Schwarzhorn Nordwand bei Gefahrenstufe 'gering' eine Lawine zum Verhängnis. Ein trauriges Ereignis, das uns stets zu Vorsicht und Demut mahnen sollte. Andererseits erinnert es aber auch daran, dass es von all den schönen Bergtagen nicht unendlich viele geben wird. Geniessen wir also jeden einzelnen davon und ziehen Kraft und Freude daraus. In diesem Sinn, auf ein unfallfreies und glückliches Bergjahr 2014!