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Freitag, 5. Dezember 2014

Unfall in Ponte Brolla Ost

Nicht schon wieder... mein Blog soll kein Ort werden, wo ständig über Kletterunfälle berichtet wird. Im Ostsektor von Ponte Brolla hat sich aber einer ereignet, aus welchem auch wieder das eine oder andere lernen können. Mitte Oktober stürzte ein Deutschweizer Kletterer aus rund 10m Höhe auf den Boden und verletzte sich schwer. Was ist passiert?

Gemäss den Angaben auf aquile.net stieg der Kletterer in eine Route ein, welche er nicht komplettieren konnte. Stimmen die Angaben auf dem Foto, so dürfte es sich um die Artiglio del Diavolo (6c) handeln. Der Rückzug erfolgte, indem ein dünnes Maillon von nur 4mm oder 5mm Dicke in einen einzigen BH installiert wurde. Beim Ablassen am Doppelseil öffnete sich nun die nur von Hand angezogene Schraube, wohl durch die Reibung der Seile oder durch die Vibration. Leider war die Festigkeit dieses dünnen Billig-Maillons (es handelte sich um ein nicht genormtes Baumarkt-Maillon) nicht genügend gross, so dass es aufgebogen wurde und der Sturz auf den Boden folgte.

Mit dem Doppelseil wurde an einem dünnen/kleinen Maillon abgelassen. Durch Reibung des Seils oder durch Vibrationen, unterstützt durch die Schwerkraft, öffnete sich der Verschluss. Dabei muss man sagen, dass auch etwas Pech mit dabei war. Von 4 möglichen Konfigurationen mit Anordnung des Verschlusses und Laufrichtung des Seils ist wohl nur eine einzige brandgefährlich. Foto: M. Bognuda / aquile.net
Links das Unfall-Maillon, rechts ein baugleiches, noch unbenutztes Teil. Die Festigkeit ist nur 4mm oder maximal 5mm, zudem war es kein genormtes Qualitätsstück. Gemäss Experimenten von Tessiner Kletterern verbiegt sich ein 4mm-Maillon im offenen Zustand bereits, wenn man ein Gewicht von ca. 100kg anhängt. Foto: Kantonspolizei TI, Sgt M. Castellani / aquile.net
Schauplatz des Unfalls: 1) ist die Stelle, an welcher das Maillon platziert wurde, hierbei handelt es sich mit grösster Wahrscheinlichkeit um einen Bolt der Artiglio del Diavolo (6c). An der Stelle 2) gab die Verankerung nach, 3) markiert die Sturzstrecke von 5-10m und 4) den Punkt des Aufpralls. Foto: Kantonspolizei TI, Sgt M. Castellani / aquile.net
Fazit:

  • Ein Rückzug soll wenn schon durch Hinterlassen eines Karabiners und nicht eines Maillons erfolgen. Dazu hatte ich schon bei meinem Text zur Festigkeit von Maillons aufgerufen. Es ist nämlich total nervig, wenn Bohrhaken schon durch Maillons belegt sind. In vielen Fällen braucht es nur wenig, und man kann die Dinger nur noch mit Werkzeug oder gar Eisensäge entfernen. Die Mehrkosten eines günstigen Schnappers gegenüber einem genormten Maillon mit ausreichender Festigkeit (8mm) sind minimal (ca. 1-2 CHF).
  • Dünne Baumarkt-Maillons sind einfach totaler Schrott, wenn schon dann verlasse man sich auf genormte Ware mit ausreichender Dicke/Festigkeit. Diese nimmt massiv ab, wenn der Verschluss offen ist. Dass man die Schraube nur mit Werkzeug zuverlässig anziehen kann ist ein weiterer Grund, dass man besser einen Karabiner anstelle von Maillons für Rückzuge verwendet!
  • Dieser Tipp ist eigentlich gar nicht nötig, weil man ja nicht auf Maillons zurückgreifen soll. Wäre dieses aber so platziert worden, dass sich der Verschluss gegen oben und nicht gegen unten öffnen muss, so wäre hier sehr wahrscheinlich nix passiert. Vibration und Seilreibung dürften fürs Öffnen des Verschlusses nur ausreichen, wenn die Schwerkraft unterstützen kann.
  • Beim Rückzug von einer zweifelhaften Verankerung wird besser abgeseilt als abgelassen. Die auf die Verankerung wirkende Kraft ist beim Ablassen theoretisch doppelt so gross wie beim Abseilen. Die dynamisch auftretenden Kraftspitzen dürften den Faktor 2 sogar eher noch übertreffen, weil es beim Ablassen entsprechend schwierig ist, eine gleichmässige Belastung zu erreichen.

2 Kommentare:

  1. Hallo, weiß jemand vielleicht ob das verwendete Maillon aus Stahl oder einem anderen Material war?

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  2. Wird mit grosser Wahrscheinlichkeit verzinkter Stahl sein und mit 4mm Durchmesser ziemlich sicher auch kein legiertes Aluminium.
    Punkt 4 im Fazit finde sehr interessant, ist mir bis jetzt noch gar nie durch den Kopf.

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