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Sonntag, 3. Mai 2015

Tiefencastel

Mit sintflutartigen Regenfällen fiel am ersten Mai-Wochenende praktisch die gesamte durchschnittliche Regenmenge für den ganzen Monat. Da stellte sich die Frage, ob es denn noch irgendwo in der Schweiz trockenen, und lohnend zu bekletternden Fels gibt. Heute kann man sich dann dem Internet einen sehr genauen Eindruck verschaffen, wo, wann und wie viel Nass vom Himmel kam. Meine Analyse zeigte, dass die Situation in Mittelbünden am besten war. Also auf nach Tiefencastel - einem überhängenden, auch bei Regen bekletterbaren Stück Fels, das ich noch nie besucht hatte.

Nordexponiert, auf einer Höhe von fast 1000m gelegen und im Tannenwald versteckt, handelt es sich dabei um einen typischen Sommer-Crag. Der dann allerdings trotzdem gut zu beklettern, und auch praktisch komplett trocken war. Logo, wenn weniger Feuchtigkeit herum ist, dann werden die Bedingungen wohl noch etwas besser sein. Aber an dem lag es nicht, dass wir nicht die grossen Trophäen mit nach Hause nehmen konnten. Die Routen sind zwar nicht allzu lang, aber steil, athletisch, dynamisch zu klettern und einfach anspruchsvoll.

Beim linken Teil im Hauptsektor ist ein ebener, gemütlicher Platz. Rundherum ist es hingegen öfters ziemlich abschüssiges Gelände. Für grössere Kinder und solche, die es sich gewohnt sind, aber ein toller Abenteuerspielplatz.

Den Anfang machten wir mit der Action Zwiebl (6c+), der sicherlich lohnendsten Route in diesem Schwierigkeitsbereich. Schon auf dem ersten Meter wartet ein harter Boulder, der für einen Weckruf sorgt. Griffig-steil geht's danach weiter, Power ist gefragt. Und fürs Abschlussbouquet sollte dann auch noch etwas davon übrig sein. Puh, ging gerade noch. Als nächstes setzte ich die Irmscher (7c) aufs Programm. Wobei, 7c ist die nur, wenn man den Stand aus der Kletterstellung klippt. Ansonsten darf man nur 7b aufschreiben, wobei ich mich frage, was man dann macht: abspringen? In den Stand greifen? Anyway, es handelt sich um athletische Kletterei mit weiten Zügen an guten Griffen. Zumindest bis zum letzten Haken, von dort bis zum Stand sind es dann nur noch weite Züge ohne gute Griffe. Für 7b ganz schön schwer... im dritten Versuch konnte ich schliesslich inklusive Stand-Klipp passieren.

Ebenfalls einen Versuch gaben wir in FA/18 (7a), einem 3-Bolt-Rüteli ganz aussen. Kurz, aber gar nicht schnurz! Die Kletterei ist sehr steil, voll powerig und einfach sehr schwer! Deutlich schwerer wie 7a, fand ich, und Kathrin erst recht. Da stieg ich dann lieber nochmals in eine wenigstens auch schwer bewertete Route ein. Die Wahl fiel auf die Easy (7c+). Die benutzt den Irmscher-Einstieg, um dann in einer Traverse auf die Linie des Requiem (8a+) einzuschwenken. Knallharte Moves an Mikroleisten warten im oberen Teil. Für mich hiess es da nach zwei Versuchen pffff, maybe another time. Dennoch, es war ein ganz lässiger Klettertag in einem für uns neuen Gebiet, ganz ohne rote Punkte gingen wir nicht nach Hause und der Trainingseffekt war bestimmt gegeben.

An vielen Haken hat der Zahn der Zeit genagt. Leider ist nur sehr punktuell saniert wurden.

Facts

Klettergarten Tiefencastel, ca. 30 Routen von 5a-8c, nordexponiert, auf 1000m gelegen. Topo: klick!

In einem moosigen Tannenwald gelegenes, etwas verzweigtes Klettergebiet. Die Nebenmassive bieten kurze Routen von meist 5-10m Länge. Also fast eher Bouldern mit Seil, dennoch aber meist sehr herausfordernd. Der grosse, ca. 20m hohe Überhang vom Hauptsektor bietet sehr athletische, oft auch bouldrige Kletterei in recht gutem Fels mit Leisten und Löchern. Die Bewertung empfand ich als eher auf der harten Seite, irgendwie ist die Sache recht gewöhnungsbedürftig. Zu erwähnen ist auch, dass die gemäss Topo 19 Routen im Hauptsektor nicht alle unabhängig sind. Bei Andrang (was wohl selten der Fall ist) oder Nässe (nach stärkeren Regenfällen von innen heraus durchaus möglich) kann die Auswahl dann rasch stark eingeschränkt werden. Leider ist das Material (verzinkte Anker und Inox-Plättli) inzwischen in die Jahre gekommen, vielerorts ziemlich sanierungsbedürftig und auch nicht immer optimal platziert. Bisher wurden jedoch nur punktuell Haken nachgebessert. 

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