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Dienstag, 29. Dezember 2015

Brüggler - Weg des Wassers (6b)

Für mich ist der Brüggler das Klettergebiet der 1990er-Jahre. Hier hatte ich in meinem Anfangszeiten erste MSL-Erfahrungen gemacht, damals in den einfacheren Routen noch praktisch ohne Bohrhaken. Nachdem wir unsere Fertigkeiten steigern konnten, fiel eine um die andere Route. Und eines Tages war der Strauss an Brüggler-Touren dann beinahe vollständig. In jüngerer Zeit kam ich im Schwändital nur noch selten vorbei, andere Ziele lockten mehr. Doch für eine rasche und doch genüssliche MSL-Kletterei im extrem sonnigen, warmen und schneearmen Dezember 2015 war der Brüggler genau das richtige Ziel.

Der Brüggler Ende Dezember 2015. Von Winter keine Spur!
Wir entschieden uns für die Route Weg des Wassers, erstbegangen 1987 durch T. Blasche, K. Burgdorf und B. Reisacher. In meinen Frühzeiten hatte ich mich hier noch nicht hineingetraut, ja es steckten ja auch nur 4 Bohrhaken in der Form von Zwischensicherungen. In den Nullerjahren schwappte dann eine üppige Sanierungswelle über die gesamte Brüggler-Wand und es war Chr. Klingler, der sich anno 2006 dem Weg des Wassers annahm, den alten Grümpel mit solidem Inox-Material ersetzte und auch noch etliche zusätzliche Sicherungen platzierte. Nachdem wir in einer guten halben Stunde vom Parkplatz Matt im meist aperem Gelände mit ein paar Schritten auf kompaktem Hartschnee zum Einstieg hinauf gewandert waren, konnte es um 12.15 Uhr losgehen. Die Kleidung durfte sommerlich ausfallen, auch im T-Shirt und mit hinaufgerolltem Beinkleid war es sehr angenehm temperiert.

L0, 4c, 20m: Die alten Topos zeigen als Weg zum Einstieg eine gepunktete Linie, in den neueren (GLclimbs und Plaisir Ost 2015) ist dann hingegen eine Seillänge im angeblichen Grad 4c eingezeichnet. Es steckt jedoch kein Material und es handelt sich auch um Kraxelgelände, welches gut seilfrei zu meistern ist.

L1, 5c+, 45m: Querend nach links durch die dunkelgraue Wand, zum Überhang hinauf wartet dann auch gleich schon die Schlüsselstelle. Irgendwie etwas gesucht, aber dennoch schöne Kletterei. Dann in schöner Wasserrillenkletterei zum bequemen Stand, ein idealer Aussichtsbalkon.

L2, 6a+, 40m: In den alten Topos mit UIAA 5 bewertet, GLclimbs und Plaisir Ost notieren eine 5b. Schon vom Stand aus wirft diese Bewertung Fragezeichen auf, da es sich doch um eine ziemlich kompakte und ordentlich steile Platte handelt. Wenn die Bohrhaken nicht grossräumigst umklettert werden, dann handelt sich das viel mehr um eine Länge im Bereich 6a/6a+ - jedoch sehr schön mit Steilplatten, ein paar Wasserrillen, Schlitzen und Löchern.

Kompakter Fels in L2, welche in der Gegend von 6a/6a+ anzusiedeln ist.
L3, 6b, 50m: Die Linie hinauf durch die steile Wand und über den Wulst hinweg ist durch eine Zone von schwarzem, wasserzerfressenem Fels gegeben. Nach ein paar einfachen Metern zu Beginn nimmt man gerne wahr, dass dieser zwar bisweilen leicht staubig, dafür aber wirklich gut strukturiert ist und prima Kletterei bietet. Die Crux dann ein bisschen knifflig am oberen Wulst, mit Seitgriffen will auf Gegendruck geklettert werden. Zuletzt an Löchern und Schlitzen hinauf zum Stand - hier waren mir die Exen schon längst ausgegangen. Tja, wenn man sich auf die Kletterführer-Angabe von 10 Stück verlässt, aber vor Ort dann 15 benötigt werden, dann ist das eben so.

Die letzten Meter in L3 (6b), die Steilzone bereits hinter sich gelasssen.
L4, 5c, 30m: Nun hier eine echte 5c mit den üblichen Wasserrillen und grossen, griffigen Schlitzen. Die Kletterei entpuppt sich als unproblematisch und viel einfacher als in L2. Hier stecken nur noch 3 BH auf der gesamten Strecke, dazulegen ist möglich, weitersteigen auch.

L5, 5b, 30m: Hier geht's nun gemeinsam mit der Route Glück im Unglück durch die Föhrenzone. Es wurde aber ein durchaus lohnender Weg gefunden, ein paar Aufschwüngen an Wasserrillen bieten lässige Kletterei. Mit 60m-Seilen oder der Bereitschaft kurz gemeinsam zu steigen mit L4 kombinierbar.

Blick vom Ausstieg hinab auf die letzten Meter, die noch ein kniffliges Boulderproblem bereithalten.
L6, 6b, 35m: Die letzte Seillänge zum Grat hinauf beginnt mit einem Boulderproblem gleich vom Stand weg. Danach schöne, eher plattige und nicht allzu schwere Kletterei im Bereich 5c+. Die Crux der gesamten Route dann am letzten, steilen Wändli. Erst von einem Wasserrillen-Hueco eine kleine Leiste identifizieren und diffizil aufstehen. Dann an runder Kante schlechttrittig dülfern und darauf vertrauen, dass oben ein Griff kommt. Die Leiste dann durchblocken und sloprig manteln, dann hat man es schon fast geschafft. Die steilen letzten 3m mit den griffigen Wasserrillen am Ende sind zwar auch nicht trivial, aber nicht ganz so schwer.

Um 15.30 Uhr erreichten wir schliesslich das Top im sanften Nachmittagslicht. Die Route hatte mich jetzt zwar wie erwartet nicht vor grosse Herausforderungen gestellt, aber trotzdem grosses Vergnügen bereitet. Und kurz vor Schluss musste ich bei den finalen, bouldrigen Metern doch tatsächlich noch etwas tüfteln und 2x überlegen, um nicht die saubere Begehung noch zu verschenken. Mit einem tollen Blick ins absolut schnee- und auch nebelfreie Flachland rollten wir die Seile auf und gingen in wenigen Schritten zum Gipfel. Nach einem kurzen Vesper bei absoluter Windstille und höchst angenehmen Klima ging es talwärts. Entlang der Krete lag zwar Hartschnee, jedoch mit guten Tritten und griffiger Oberfläche, daher absolut unproblematisch. Südseitig war es beinahe komplett aper und das Gelände kaum schmierig, meist sogar furztrocken. Um 16.45 Uhr waren wir retour beim Parkplatz und konnten beschwingt nach Hause düsen.

"Gott's Namä Lobä", unverkennbar, das Gipfelkreuz auf dem Brüggler. Hinten Mürtschenstock und Schilt.
Facts

Brüggler - Weg des Wassers 6b (6a obl.) - 6 SL, 230m - Blasche/Burgdorf/Reisacher 1987 - ***;xxx(x)
Material: 1x oder 2x50m-Seile, 15 Express, evtl. Keile und/oder Camalots 0.3-2

Lässige Plattenkletterei in für Brüggler-Verhältnisse weitgehend grasfreiem Fels, gehört zu den besten Linien in dieser Wand. Geboten wird einem ein Mix von Wasserrillen, gefinkelten Platten, Schlitzen, griffigen Löchern und wasserzerfressenem Fels. Die Absicherung ist seit der Sanierung im Jahr 2006 als gut zu bezeichnen. Alle schweren Stellen sind auf Niveau xxxx mit Inox-BH ausgerüstet. In den einfacheren Passagen sind die Abstände teils weiter (xxx), hier wäre es aber stets möglich, mit Keilen, Klemmgeräten oder Schlingen für zusätzliche Sicherungspunkte zu sorgen und ebenfalls Niveau xxxx zu erreichen. Ob man das als nötig empfindet, dürfte individuell verschieden sein. Abgebrühte Alpinisten mit ausreichendem Kletterniveau werden jedenfalls nicht unbedingt dazulegen müssen. Ein Abseilen über die Route ist möglich, braucht jedoch deutlich mehr Zeit wie der Fussabstieg, der in ca. 15 Minuten rasch erledigt ist.

2 Kommentare:

  1. Immer wieder schön zu lesen, dass Leute immer noch Spass an einer Linie haben, die man einmal gesucht und gefunden hat :) Etwas schade, dass die Route dermassen saniert wurde. Wir hatten damals noch die M10 Mammut Bohrhaken von Hand geklopft - natürlich alles von unten, wie es sich gehört. Viel Spass noch!
    p.S. Die "Konflikt" im Rhätikon wäre auch noch ein Ziel.... ;)

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    1. Hallo Thomas,

      Danke für Deine Zeilen, und natürlich für Deine Route, welche uns einen schönen Klettertag beschert hat. Die Sanierung würde ich als gelungen bezeichnen. Die Route ist nun gut, aber nicht übertrieben abgesichert. Klar, womöglich wäre es (an den schweren Stellen) mit noch dem einen oder anderen BH weniger gegangen, das liegt immer im persönlichen Ermessen.

      Was die Route Konflikt betrifft, diese konnte ich bereits anno 2007 begehen. Das war noch lange, bevor ich diesen Blog startete. Trotzdem gibt's an anderer Stelle einen Bericht zu unserer Begehung:

      http://stat.ethz.ch/~dettling/konflikt.html

      Auch diese Route hat uns prima gefallen!

      Beste Grüsse, Marcel

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