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Sonntag, 21. Mai 2017

Clariden (3267m) mit Abfahrt via Tüfelsjoch

Es gibt in den Alpen so viel zu entdecken, dass selbst ein aktiver Tourengänger ein Leben lang immer wieder neue spannende Ziele findet. Das Kennenlernen von neuen Landschaften und Gebieten ist eine Passion von mir, so dass ich normalerweise auf das wiederholte Besuchen von Gipfeln verzichte. So gehört der Clariden, welchen ich vor ungefähr 20 und vor ungefähr 10 Jahren bereits 2x besucht hatte, nicht mehr in mein primäres Beuteschema. Trotzdem war ich heute nun zum dritten Mal oben. Und ja tatsächlich, trotz bereits bekanntem Gipfel war es eine sehr schöne Tour. Mit der Abfahrt via Tüfelsjoch konnte ich der Sache etwas Originalität geben und für mich persönlich doch noch etwas Neuland entdecken.

Absolut fantastische Bedingungen am Klausenpass. Blick zum Bocktschingel (3077m) und Clariden Vorgipfel (3191m).
Ein Tourensonntag stand für mich auf dem Programm. Grosse Pläne wurden geschmiedet, aber mit den intensiven Schneefällen am Alpenhauptkamm auch wieder verworfen. Viele Alternativen wurden in Betracht gezogen und eigentlich hatte ich mich mit einem ganz anderen Plan schlafen gelegt. Doch im Anblick der noch sehr dichten Restbewölkung, welche sich noch den ganzen Vormittag über halten würde, änderte ich meine Pläne nochmals und bog von der Autobahn in Richtung Glarnerland ab. Bei meinen ursprünglichen Ziel hätte ich weder auf vorhandene Spur, noch auf andere Tourengänger zählen können, und klare Sicht wäre eine Voraussetzung gewesen. So dann also auf zum zwei Tage zuvor eröffneten Klausenpass - schliesslich wusste ich, dass dort Kollegen unterwegs sein sollten.

Die einstige Schlüsselstelle am Iswändli und durch den Rückgang des Gletschers heute ein harmloser Hang. Trotzdem gibt's unter- und oberhalb, sowie natürlich auf dem Weg zum Gipfel bei ungünstigen Verhältnissen mehr als genügend Gelegenheit, in die Tiefe zu stürzen. Leider sind Unfälle auf dieser an sich nicht sonderlich schwierigen Tour keine Seltenheit.
Das Timing passte. Als ich um 6.15 Uhr meine Ski anschnallte, erblickte ich unter den Dutzenden von Tourengängern, welche sich bereit machten, auch gleich meine Kollegen. So ergab sich ein gemütlicher Aufstieg mit nettem Austausch. Das Panorama konnte man indessen vorerst noch nicht so richtig geniessen, drückte doch die Bise immer wieder Nebelschwaden vom Urnerboden hinauf. Die Schneedecke war kompakt, jedoch nicht wirklich gefroren und mit einer dünnen Schicht Neuschnee belegt. Etwas vor dem Iswändli (ca. 2700m) änderte sich beides. Wir befanden uns nun über der Nebeldecke und genossen besten Sonnenschein und der Schnee war richtig pulvrig. Bald war das Skidepot erreicht.

Blick vom Vorgipfel (3191m) zum Clariden (3267m). Gut sichtbar der kettenversicherte Aufstieg über den Westgrat.
Meine Kameraden wollten über die Normalroute zurück zum Klausenpass fahren. Ich jedoch schnallte meine Ski auf den Rücken, hatte ich doch den festen Entschluss gefasst, auf den Claridenfirn abzufahren. Falls mir das Tüfelsjoch zu heikel gewesen wäre, so hätte ich immer noch südlich um den Claridenstock herum zurück zum Chammlijoch gehen können. Zwei andere Tourengänger waren ebenfalls gerade am Aufschnallen ihrer Ski - es sah also danach aus, als ob ich Mitstreiter finden könnte. Dem war so und ein zweiter Blick offenbarte, dass es sich dabei um Bekannte aus früheren Zeiten handelte, mit welchen ich auch schon super Tourenerlebnisse geteilt hatte. So wollten wir die Tour gemeinsam fortsetzen.

First Lines auf dem Claridenfirn. Dieser breite und optimal geneigte Hang mit 300m Höhendifferenz ist der Hammer!
Die erste und logische Frage war "bisch no vill unterwägs?". Und so konnten wir uns gegenseitig erzählen, dass wir (als frühere Intensiv-Skitourer) heute meist zu Gunsten vom Pistenskifahren und sonstigen Aktivitäten mit den Kindern verzichten. Ein Wunder eigentlich, dass wir uns am Clariden und nicht in einer Pistenkneipe getroffen haben. Wir kraxelten über den Kettenweg entlang vom Westgrat auf den Gipfel. Dies ist ein etwas stauträchtiges Teilstück an einem Tag, wo so viele Tourengänger den Clariden besuchen. Anyway, wenig später war der Gipfel erreicht und wir wurden uns Gewahr, dass tatsächlich noch niemand in Richtung Claridenfirn abgefahren war. Umso besser, so konnten wir in diesem fantastischen Hang die First Lines ziehen!

Aufstieg zum Tüfelsjoch. Die Tourengänger zielen ziemlich genau auf den Klettersteig hin, der hinaufführt.
Die Schneequalität war überzeugend: kompakter, etwas angefeuchteter Pulver, der sehr gut drehbar war - der Hammer. Zu bald standen wir unter dem Tüfelsjoch. Auf etwa 2780m gilt es, wieder anzufellen und so 100hm aufzusteigen. Dann führt ein kurzer Klettersteig mit Kette und ein paar Eisenbügeln über eine Felsstufe hinauf. Der Übergang vom plattigen Fels in den Schnee kann je nach Verhältnissen heikel/expo sein, heute ging es aber problemlos. Vom Joch dann kann man linkerhand entweder Abseilen (soweit mir bekannt 3x25m, Angabe ohne Gewähr) oder rechterhand entlang der Ketten absteigen. Zumindest, sofern diese nicht zugeschneit sind. Aktuell waren sie für die erste Traverse nach rechts nutzbar, danach unter dem Schnee versteckt. Mit langem Buddeln wären sie wohl freizukriegen gewesen, doch der Schnee war so kompakt und optimal trittig, dass wir schliesslich ohne dieses Hilfsmittel abstiegen.

Fussabstieg vom Tüfelsjoch bei zugeschneiten Ketten. Solange der Schnee kompakt und trittig ist, kein grösseres Problem. Allerdings ist das Gelände schon steiler (ca. 45-50 Grad) und vor allem viel exponierter, als es auf diesem Foto den Anschein macht. Wer hier ins Rutschen kommt, hat einen Fehler zu viel gemacht.
Wir wählten schliesslich die westliche Abfahrt Richtung Roten Pfaffen. Erstens wollten wir zurück zu den auf dem Klausenpass stehenden Automobilen, zweitens war der untere Teil der Abfahrt via Tüfels Friedhof zur Chlus im unteren Teil bereits ausgeapert. Auch hier gab's noch sehr schöne Schwünge in feuchtem Pulver, allerdings musste auch noch die Nebeldecke durchstossen, sowie ein Lawinenkegel traversiert werden. Auf 2100m beim Tüfels See unterhalb der Clariden Nordwand war fertig mit der Herrlichkeit. Hier muss man schiebend zum Mälchbödemli zurück queren, der mühsam faule Schnee hier unten machte das auch nicht einfacher. Dann ist's nur noch ein kurzes Stück retour zum Pass, es war Schlag 12 Uhr. Das emsige Treiben der Tourengänger hatte dem noch grösseren Andrang der Motorsport- und Velofreunde Platz gemacht. Zurück nach Hause zur Familie, um mit ihr den sonnigen Nachmittag zu geniessen war unser aller Devise. Auch wenn's "nur" meine dritte Besteigung des Clariden war, so war's doch eine sehr schöne Tour bei nahezu optimalen Verhältnissen gewesen.

Nochmals ein Rückblick zum Tüfelsjoch. 

Facts

Clariden (3267m) vom Klausenpass, ZS+, 1350hm, ca. 3-4h. Der Fussaufstieg zum Gipfel über den mit Ketten versicherten Westgrat ist mit WS+ zu bewerten. Steigeisen und Pickel empfehlenswert, sowie Klettergurt, Schlinge und ein möglichst grosser Karabiner. Die Abfahrt via Tüfelsjoch (ZS+) erfordert zwei Gegenaufstiege von total 200hm (150hm zum Joch, 50hm am Tüfels See). Zeitbedarf vom Gipfel 2-3h. Die Anforderungen bei der Überquerung des Tüfelsjoch sind in etwa vergleichbar mit dem Auf-/Abstieg am Clariden. Steigeisen und Pickel empfehlenswert, dazu Klettergurt, Schlinge und ein möglichst grosser Karabiner. Bei guten Bedingungen (d.h. Ketten frei) ist ein Seil nicht nötig. 

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