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Freitag, 15. September 2017

Rätikon - Gruobenbutz (7a)

Die Ostwand der Sulzfluh im Raum Partnun, mit ihren bekannten Routen wie Rialto, Kathedrale und Abraxas, bildet ein sehr beliebtes Kletterziel. Der Gruobenbutz steht dabei weniger im Fokus, wobei dieser wie man vernimmt (und es auch meiner persönlichen Erfahrung entspricht) mutmasslich die beste Route der Wand ist. Schon lange hatte ich ihn auf der Liste. Dass es nur zur Realisierung kam, lag dann aber doch an der wegen Unterhaltsarbeiten gesperrten Strasse von Schuders zum Grüscher Älpli. Unerwartet waren wir da angebrannt und mussten mit dem Gruobenbutz den Plan B zu Rate ziehen.

Der Blick vom Partnunsee auf die Sulzfluh Ostwand mit dem ungefähren Verlauf vom Gruobenbutz (12 SL, 7a).
Ein weiteres Mal diesen Sommer (nach der Miss Partnun, der Baluga und der Sunshine Reggae) starteten wir also vom P6 bei Äbi (Parkgebühr 6 CHF/Tag, ausreichend Kleingeld mitführen). Nach dem Hin und Her war es inzwischen beinahe 10.00 Uhr geworden, bis wir aufbrachen. Zügigen Schrittes ging’s am Gasthaus Alpenrösli und am Partnunsee vorbei, schon nach knapp 45 Minuten standen wir unter der Wand des Chli Venedig. Wir richteten unten am Wanderweg (wo uns später der Abstieg vorbeiführen sollte) ein Depot ein. Von da erreicht man den nicht näher bezeichneten, aber unmittelbar rechts der schluchtähnlichen Verschneidung beim vorgelagerten Block gelegenen Einstieg in ein paar wenigen Minuten. Um ca. 11.00 Uhr ging’s los mit der Kletterei.

L1, 5b, 30m: Gar nicht so trivial geht’s los, zudem steckt der erste Haken reichlich hoch. Das Gestein ist nicht von allerbester Qualität, zudem staubig, da häufig vom Wasser überronnen. Tatsächlich waren denn auch zum Zeitpunkt unserer Begehung noch einige Griffe feucht und schmierig. Der obere Teil dann etwas einfacher mit ein paar Stemm-Moves in einem Winkel.

Ein bisschen ein rustikaler Ausstieg aus der sowieso eher rustikalen und für den Grad zähen L1 (5b).
L2, 6a, 40m: Eine schon deutlich schönere Seillänge, die aber durchaus sorgfältiges Treten verlangt. Der Fels ist zuerst gar nicht so üppig strukturiert, etwas abwärtsgeschichtet und ein bisschen glatt. Der zweite Teil der Seillänge dann ein bisschen einfacher.

L3, 5c+, 45m: Schöne und abwechslungsreiche Kletterei mit steilen, griffigen Aufschwüngen und einfacheren, wasserrilligen Passagen. Im oberen Teil muss einmal links um die Kante geklettert werden.

Die Route beinhaltet auch immer wieder einfachere Passagen, bis auf die letzte Seillänge sind die Schwierigkeiten wenig anhaltend. Bei solcher Gesteinsqualität kann man jedoch auf keinen Fall sagen, die Route sei in diesen Passagen langweilig.
L4, 5c+, 40m: Eine wirklich fantastische Seillänge, welche mitten durch eine kompakte Platte führt. Dort gibt’s aber auch eine vom Wasser zerfressene Rinne, welche willkommene Griffe und Tritte bietet.

Auch diese Seillänge ist eine echte Perle (L4, 5c+).
L5, Grasband: Nun muss etwa 120m über das Grasband zum oberen Wandteil aufgestiegen werden. Das  Gelände ist problemlos begehbar, Seilsicherung absolut unnötig. Am schnellsten und bequemsten geht sowas, wenn sich einer aus der Seilschaft ausbindet und der andere das Seil hinterherzieht. Die Fortsetzung auf der hellen Platte bei den tiefsten Felsen links der gelben Nische ist mit dem Originaltopo gut aufzufinden.

Ausblick vom grossen Grasband auf den oberen Wandteil. Die Fortsetzung beginnt leicht rechts der Bildmitte bei der hellen Platte (dort, wo der Felsriegel im Grasband am tiefsten hinabreicht).
L6, 6a, 45m: Erst gemächliche Plattenkletterei, welche in der Mitte mit einer zupfigen Stelle aufwartet, die in einem weiten Move zu bewältigen ist. Die zweite Hälfte dann einfacher und am Schluss etwas grasig. Der Stand ist deutlich rechts zu suchen.

L7, 6c, 40m: Gemäss Topo scheint’s nun das erste Mal ernst zu gelten. Rechtsrum über die steile Stufe, dann sehr schön die griffig-steile Wand hinauf. Beim Ausstieg dann etwas knifflig nach rechts, hier muss man auf Reibung antreten und auch mal einen Sloper halten. Für eine 6c geht das aber tiptop.

Griffig-steile Kletterei mit einer etwas sloprigen Reibungsstelle am Schluss in L7 (6c).
L8, 5b, 40m: Quergang nach rechts und dann aufwärts, dies entlang einer Verschneidung. Schöne und ziemlich gemütliche Kletterei.

L9, 6a, 50m: Vom Standplatz aus sieht das erste Wändchen banal aus, aber es täuscht. Klar, allzu mega schwierig ist das nicht, aber irgendwie doch kniffliger wie man für eine 6a erwarten könnte. Dafür bietet der Rest in schrofigem Gelände dann keine Schwierigkeiten mehr.

Am Ende von L9 (6a) überquert man erneut ein Schrofenband. Die Fortsetzung in L10 führt vom Kletterer diagonal nach rechts oben zur rechten Bildecke, die Crux jener 6c-Länge befindet sich am gut sichtbaren Dachwulst.
L10, 6c, 45m: Erst eine schöne Wand, die aber von einem fetten Wasserstreifen durchzogen ist. Wir haben aber Glück und kommen gerade so ums schmierige Bad herum. An der (gar nicht so brüchigen) Schuppe geht’s hinauf auf ein Band. Sich mit einem Mantle an einem Kleingriff in der Platte oberhalb zu etablieren ist die Crux. Original mit 6c+ bewertet, dafür m.E. gutmütig, 6c dürfte reichen. In der Platte dann tiptope Moves zum Stand.

Rückblick auf die schöne Abschlussplatte von L10 (6c).
L11, 5b, 50m: Erst noch ein paar Schrofen, dann steilt das Gelände auf und bietet schöne, plattige Kletterei in rauem Fels.

L12, 7a, 45m: Nun folgt noch das Pièce de Résistance. Während man bis hier von einer anregend-gemütlichen Route sprechen konnte, wo nur 2 kurze Stellen den Grad 6c verlangten, warten hier nun anhaltende Schwierigkeiten (die man jedoch notfalls grösstenteils vermutlich auch A0 bewältigen kann). Und gleichzeitig mit der Route änderten auch die Bedingungen ihren Charakter. Waren wir bisher im T-Shirt bei angenehmer Wärme geklettert, so versteckte sich die Sonne nun hinter einer Quellwolke, dazu ging eine zügige Brise. So waren klamme Finger und taube Füsse das Thema. Schon die ersten Meter aus dem Stand hinaus schienen mir recht knifflig, nach ein paar gängigeren Moves kommt man zur Crux. Hier stecken 3 BH zwar sehr nahe, wobei der dritte aus der Kletterstellung jedoch nur sehr schwer zu klippen ist. An etwas dubiosen Seitgriffen geht man erst mit schlechten Füssen auf Gegendruck. Sich nach Auslaufen der Seitgriffe in der plattigen Wand zu etablieren ist die Herausforderung – ein bisschen eine Zauberstelle (feingriffig, gutes Antreten nötig). Ziemlich anhaltend geht’s weiter, erst die letzten Meter bieten dann griffigen Henkelgenuss. Im Originaltopo war diese Seillänge mit 6c A0 bewertet. In den Kletterführern ist daraus eine Freikletterbewertung von 6c+ geworden. Meines Erachtens ist das zu tief und vor allem ein zu kleiner Unterschied gegenüber den deutlich einfacheren L7 und L10. Laut Lektüre im Wandbuch schlagen denn soweit ich gesehen habe auch alle, welche eine freie Begehung angeben, einen Grad zwischen 7a und 7b vor. Nachdem ich ein bisschen konservativ sein will, dünkt mich 7a durchaus passend.

Der Rückblick auf die anhaltende L12 (7a) ist mässig fotogen. Man erkennt aber doch den kompakten Fels.
Die Uhr war inzwischen auf 15.00 Uhr vorgerückt, somit hatte uns die Route rund 4:00 Stunden beschäftigt. Am Ende von L12 befindet sich das Wandbuch in einer Gamelle. Von dort geht’s erst durch eine grasige Rinne hinauf – noch relativ steil, jedoch gut seilfrei möglich, am Ende der Rinne am Grat befindet sich nochmals ein BH zum Nachnehmen. Aber dort gilt es noch, rund 150m über den einfachen und kaum exponierten Grat aufs grosse Plateau der Sulzfluh-Nordabdachung aufzusteigen. Wir hielten uns nicht lange auf und machten uns gleich rechterhand auf den Abstieg. Dort gilt es kurz Acht zu geben, dass man nicht fälschlicherweise das Gruobenflüeli überschreitet, sondern direkt aus dem Sattel hinabsteigt. Der Beginn ist dort nicht so offensichtlich, während man danach auf eine gute und markierte Wegspur trifft, welche an den Höhlen vorbei retour zum Depot führt. Rund 50 Minuten nach Ankunft beim Wandbuch waren wir dort. Nun konnten wir es rollen lassen, zuerst im übertragenen Sinn am Partnunsee vorbei. Mit dem Erreichen der Strasse aber dann auch im eigentlichen Sinn – den Trottinettspass retour zum Parkplatz, bzw. sogar bis nach St. Antönien liessen wir uns natürlich nicht entgehen.

Facts
Sulzfluh – Gruobenbutz 7a (6b obl.) – 12 SL, 470m + 300m Gehgelände – Eggenberger/Stecker 2003 - ***;xxx
Material: 1x50m-Seil, 12 Express, Keile/Friends nicht nötig

Anregende und gemütliche Kletterei, die viele schöne Passagen in bestem Rätikon-Kalk bereithält. Wie bei allen Routen dieser Zone gilt es unterwegs einige grasig-schrofige Zonen und Schuttbänder zu passieren. Das geht in jedem Fall problemlos und stört (je nach persönlicher Einstellung) den Genuss kaum. Hingegen kommt so natürlich kein richtiges, ausgesetztes Wandfeeling auf. Die letzte Seillänge stellt mit deutlichem Abstand den höchsten klettertechnischen Anspruch und befindet sich im 7a-Bereich, dürfte aber notfalls mit Hakenhilfe deutlich zu entschärfen sein. Der ganze Rest der Route spielt sich (bis auf die Bänderzonen) recht homogen im 5c/6a-Bereich ab, mit zwei kurzen Stellen im Bereich von 6c. Die Absicherung an diesen schwierigen Stellen ist tadellos (xxxx), die einfacheren Stellen sind ebenfalls gut, wenn auch etwas weiter abgesichert (xxx). Es stecken verzinkte Bolts, meist noch in sehr gutem Zustand, punktuell jedoch korrodiert aber derzeit (2017) alles safe. Mobile Sicherungsmittel empfand ich nicht als notwendig, wer möchte könnte jedoch an den einfacheren Passagen sicher noch ein paar kleinere bis mittlere Cams (z.B. Camalot 0.3-1) unterbringen. Beschrieben sind Route und Gebiet in den Führern Rätikon Süd von Panico und im SAC-Führer Graubünden (z.B. bei Bächli Bergsport erhältlich).

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