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Freitag, 1. Mai 2020

Gonzen - Plattänani (7b)

Bei der Plattänani handelt es sich um einen Gesamtdurchstieg der imposanten, bis 600m hohen Gonzen-Südostwand. Die Route wurde in der zweiten Hälfte der Nullerjahre erschlossen, erhielt aber bis dato fast keine Aufmerksamkeit und nur eine Handvoll Begehungen von Locals und Insidern. Das liegt ganz wesentlich daran, dass es nach wie vor kein Topo gibt. Der Zufall wollte es, dass ich den Erstbegeher Thomas Wälti am Berg getroffen habe. Er hat mir damals gesagt, dass er bis zum heutigen Tag die Absicht hat(te), an der Route noch ein paar Verbesserungen vorzunehmen. Danach, wohl spätestens mit der Neuauflage des SAC-Kletterführers zu den Churfirsten, würde es dann ein Topo geben. Wer möchte, findet hier schon einen Begehungsbericht zur Route.

Die Gonzen-Südostwand mit dem Verlauf der Route 'Plattänani'.
Für einen Komplettdurchstieg der Gonzen-Südostwand eignet sich in erster Linie das Frühjahr - dann sind die Tage lang, das teilweise doch präsente Gras hat noch nicht gesprossen und die Temperaturen bleiben auch auf dieser Höhenlage noch im erträglichen Rahmen. Ein Nachteil besteht höchstens darin, dass es um die persönliche Form und Routine vielleicht noch nicht zum Besten bestellt ist, um eine solch lange und anspruchsvolle Tour zu gehen. Doch schliesslich müssen sich solche Befindlichkeiten den Zielen beugen und wir beschlossen, einen motivierten Besuch zu geben. Unsere Tour startete um 8.30 Uhr beim P.730 am Anfang des Gonzenwalds. Auf Forststrassen geht's hinauf zum Cholplatz, von diesem Richtung SW auf einer deutlichen Wegspur zum Wandfuss und schliesslich auf schwächeren Spuren der Wand entlang zum Einstieg. Man passiert dabei die nach links offene Einstiegsverschneidung von "Ä guäts Gfühl", bevor die nächste Linie mit Fixé-Laschen ein gutes Stück weiter oben schliesslich die Plattänani ist. Charakteristisch ist die ca. 15m lange, nach rechts offene Verschneidung in der Mitte der ersten Länge, ca. 20m weiter rechts startet der Gonzo über die speziell seit-/abwärts geschichtete Platte. Wir hatten zügig auf die Tube gedrückt und die 600hm Zustieg in knapp 45 Minuten erledigt, um 9.30 Uhr starteten wir mit der Kletterei. Hinweis: sämtliche Angaben zu Schwierigkeiten und der Länge der einzelnen Sequenzen sind von uns ohne Kenntnis von "offiziellen" Angaben geschätzt und damit als grober Richtwert zu betrachten.

Unterer Wandteil

L1, 50m, 5c: Los geht's bei einer gebohrten Sanduhrschlinge. Die Länge bietet Kletterei an der liegenden Wand, inklusive einer gar nicht mal so banalen Verschneidungspassage, welche man sich jedoch schwieriger wie nötig machen kann. Der Beginn ist nach dem Winter aufgrund der Schneeschmelze auch gerne etwas staubig - geht aber schon!

Hier geht's los, der Vorsteiger bereits an der markanten Verschneidungspassage in L1 (5c).
L2, 50m, 5c+: Reibungskletterei auf glatten Platten mit bereits ein paar fordernden Passagen, dann über einen Wulst hinauf und zuletzt Quergang nach links. Rein vom Charakter her fast eher wie eine Granitseillänge in der Region am Grimselpass zu klettern!

Das Gras ist im ersten Abschnitt nie weit weg, aber der Fels ist kompakt & gut, die Moves sind interessant!
L3, 35m, 5c+: Mehr oder weniger gerade hinauf und am Ende ein wenig nach links. Kann man sich nach Belieben einfacher oder schwieriger machen, wenn man sehr direkt über die kompakte Felszone mit den Haken klettert. Mit dem Auge für die griffigen Strukturen geht es auch einfacher.

L4, 30m, 6a+: Langer, prima abgesicherter Linksquergang in logischer Linie über eine Art Rampe. Am Schluss vor dem Stand wartet noch eine knifflige, plattige Stelle, wo man das erst Mal genauer hinschauen muss. Für das was jedoch demächst folgt, ist es noch kein adäquates Aufwärmprogramm...

Tolle Kletterei in L4 (6a+), wo man zu deren Ende die Moves bereits ein wenig sorgfältiger zu planen hat.
L5, 30m, 7a+: Plattiger Auftakt mit Querung nach links und nachher einer fordernden, zwingenden Plattenstelle gerade hinauf. Die Hauptschwierigkeit kommt am darauf folgenden Wulst. Vorwiegend kräftig an Untergriffen und mit Gegendruck auf abschüssigen Reibungstritten muss man Höhe machen, wobei die Sache sehr unübersichtlich ist. Aufgrund der seltenen Begehungen ist der Fels hier leider etwas staubig. Es folgt ein Runout durch eine etwas einfachere Zone, bevor das Finish dann nochmals gute Planung und Übersicht für den richtigen Weg durch die wenigen Strukturen der glatten Steilplatte erfordert.

Fertig mit einfach Durchmarschieren! In L6 (7a) gibt's fordernde Plattenstellen und den kräftigen Wulst ob dem Kletterer.
L6, 35m, 7b: Eine anhaltende Monster-Seillänge! Zuerst wie gehabt fusstechnisch anspruchsvolle Steilplattenkletterei an Seit- und Untergriffen mit der kniffligsten Stelle dort, bevor es in eine steilere Wandzone hineingeht. Dort über ein paar Haken hinweg etwas griffigere Kletterei, wobei auch da die positiven Leisten fehlen, über welche man seine Kraft effektiv an den Fels bringen könnte und deshalb allerhand an Bewegungskreativität gefragt ist. Zuletzt geht's dann noch über eine Dachzone hinweg, wobei vor allem der Ausstieg auf die Platte darob den heiklen Abschlusspunkt der Länge darstellt. Dieser Abschnitt verlangt dann auch noch einen zwingenden, etwas kühnen Reibungsmove, bevor man die letzten Meter auf's Grasband hinaufsteigt. Leider hat's mir hier nicht ganz für einen Onsight gereicht und weil die Länge im Rückblick überhaupt nicht fotogen ist, gibt's auch keinen visuellen Eindruck.

L7, 45m, 6b: Der Weg über die kompakte Platte zwischen zwei Graskanälen scheint auf den ersten Blick etwas gesucht, entpuppt sich aber als geniale Kletterei an prima mit Knobs gespicktem Fels. Es folgt eine Linksquerung, die man sich deutlich schwieriger als nötig machen kann (tief bleiben hilft). Auch danach ist der Weg direkt über die Haken deutlich schwieriger wie derjenige des geringsten Widerstands. Dass die Haken so weit rechts stecken hat aber seinen Grund: Seilzug! Den gilt es hier zu vermeiden, indem man präventiv lange Exen einsetzt! Die Schlusspassage in griffigem Gelände ist dann nochmals echt genial.

Eine lange und abwechslungsreiche Reise in abschnittweise genialem Fels wartet in L7 (6b).
L8, 35m, 6c+: Erneut ein wahrer Knaller von einer Seillänge! Gleich zu Beginn fordernde Kletterei in prima Fels mit der Klimax beim Wechsel von der linken Rampe auf die rechte Wandzone. Dort geht's vorerst etwas einfacher daher bis zum Abschlussbouquet. Dort gilt es zuerst, mit kniffligen Moves eine kurze Verschneidung zu gewinnen, in welcher ein zwingender, wackliger Schritt bei etwas suboptimalem Sturzgelände wartet (Cam 0.2-0.3 hilfreich, das entschärft die Situation). Einmal geklippt, folgt ein athletischer Patscherfinish mit Hooks und allerlei Trickserei, bevor man trotz langen Exen mit reichlich Seilzug über die Platte zum bequemen Stand schleicht.

Das Patscherfinish von L8 (6c+) bietet echt fordernde Kletterei und auch davor ist's kein Gehgelände!
L9, 35m, 7a: Der ersten Piaz-Verschneidung entlang geht's gut, während die steile aber eng gesicherte Wand darob (A0 hier für einmal gut möglich, sonst könnte man längst nicht immer darauf zählen!) fordernde athletische Moves bereithält. Hier hat's aber echt coole Griffe, Löcher und abstehende Schuppen, genial! Mit einer Querung nach links erreicht man das Hauptproblem, es besteht im Ausstieg auf den Pfeiler mit seiner linksseitig sehr glatten Wand - veeery tricky! Zuletzt dann einfacher hinauf zu historischem Schlaghaken von Seth Abderhalden und gemeinsamem Stand mit der Route "Ä guäts Gfühl".

Ja, die Sicht aufs Sarganserland, Richtung Bündner Herrschaft und Falknis/Fläscherberg aus der Gonzenwand ist grandios!
L10, 50m, 5b: Zuerst einige Meter gemeinsam mit "Ä guäts Gfühl" (Sanduhr, Bolt mit Irniger-Plättli), danach den Fixé-Plättli entlang links über die schöne Platte hinauf. Bemerkung: "Ä guäts Gfühl" zieht hier nach rechts ins grasige Gelände hinaus, ist auf dem folgenden Abschnitt bis aufs Mittelband wenig offensichtlich und lohnend, so dass viele Begeher jener Route quasi automatisch aber ungewollt die Längen der Plattänani klettern. Die Platte klettert sich gemütlich und genussreich, allerdings stellt sie auch die Prallzone für die Steine dar, welche in der etwas gerölligen Zone unter dem Mittelband herumliegen. Also äusserste Vorsicht, wenn sich andere Kletterer oberhalb befinden.

Die schöne Platte von L10 (5a), die dem Steinschlag ausgesetzt ist. Vorsicht bei Schneeresten und Leuten oberhalb!
L11, 50m, 5c: Plattige Kletterei von meist gemässigter Schwierigkeit, die aber durchaus mit ein paar spannenderen Moves gewürzt ist. Die Haken stecken hier ein wenig kreuz und quer, der Einsatz langer Exen hilft!

L12, 50m, 3a: Geneigte Zone mit eher etwas unsicherem Fels und weiträumiger Absicherung. Es geht hier ziemlich genau gerade hinauf und es stecken 3 Bolts - allerdings sind sie nicht sonderlich gut erkennbar. Also einfach keine Fehler machen und auch seinen Seilpartner sollte man nicht mit Steinen bewerfen.

L13, 50m, 3a: Ähnlicher Charakter wie die Länge zuvor, allerdings noch ein wenig unschöner. Auch hier stecken wieder 3 BH als Zwischensicherung. Zuerst geht's eher Richtung 11 Uhr hinauf zum zweiten Bolt, denn eher gerade zum dritten und zum Stand, welcher sich nach 50m ein paar Kletterzüge unterhalb des Mittelbands befindet (eher schwierig sichtbar, die Haken und das verbindende Seilstück haben sich farblich dem Fels angeglichen und waren etwas unter Steinen verdeckt). Einfacher erkennbar ist der Stand vom Gonzo am Fuss der oberen Wand, der befindet sich allerdings ca. 10-15m zu weit rechts!

Die Uhr war inzwischen auf 15.45 Uhr vorgerückt, somit hatte uns der untere Wandteil über eine Dauer von 6:15 Stunden beschäftigt. Von hier könnte man notfalls über das Mittelband absteigen (T5-T6), man erreicht so den obersten Teil der Gemsweid und schliesslich das Gelände von Wang, von wo man nach Älpli gelangt und über den Leiternweg zurück zum Ausgangspunkt absteigen kann. Eine leichtere Alternative zum Gipfel bestünde in der Südgrat-Route (6 SL bis max. 5c+, davon 2 SL Gehgelände plus Umgehungsmöglichkeit der letzten 2 Kletterseillängen). Wir wollten aber nicht lugg lassen und über die Plattänani den Gonzen erreichen.

Oberer Wandteil

L14, 45m, 6b+: Zur Entschädigung folgt nun aber wieder eine ganz tolle Seillänge, welche nach den ersten, noch leicht brüchigen und gleich taffen Metern, leicht überhängende, für den oberen Gonzen-Wandteil ganz typische Querschlitz-Kletterei bietet. Eine echt geniale Turnerei, welche durch die hier ziemlich luftig gehaltene Absicherung zusätzlich aufgewertet wird. Man muss kühn steigen, sich seiner Sache sicher sein und auch öfters auf die richtige Routenwahl spekulieren. Achtung, aber hier sind die Ständen nicht mehr verbunden und zum Abseilen eingerichtet, man käme nur mit Materialverlust runter.

Toller Fels und echt coole Kletterei in L14 (6b+), während die auf dem Foto gut sichtbare Zone unter dem Mittelband (d.h. die zwei Seillängen davor) weniger erbauliches Gelände bietet. Die Route verläuft von hier aus gesehen am linken Bildrand durch die kompaktesten und grasärmsten Zonen. Sowas gehört auf einer alpinen Kletterroute halt einfach dazu, tut der Sache aber überhaupt keinen Abbruch, zudem ist dieser Abschnitt auch schnell erledigt.
L15, 40m, 6b: Weniger lohnender Abschnitt mit vorwiegend plattiger Kletterei, teilweise grasdurchsetzt und mit fragilen Schuppen gespickt. Nach einem unschwierigen Auftakt folgt in der Mitte eine kurze, plattige Rechtsquerung, bevor es Richtung 13 Uhr weitergeht (der folgende BH ist hinter dem Gras versteckt und von unten kaum sichtbar!). Zum Schluss wieder gerade hinauf - zum Glück stecken da die Haken etwas näher, denn es hält hier definitiv nicht alles, was nach Griff oder Tritt aussieht. Vom letzten BH steigt man dann am besten direkt gerade hinauf an den Grasbüscheln aus (etwas psychisch & zwingend!). Der Versuch meines Seilpartners, hier etwas mehr rechts im Fels zu klettern hat mit dem Ausbruch eines grösseren Untergriff-Blocks geendet. Vorsicht, links der Hakenlinie sind noch grössere Schuppen/Blöcke auf Abpfiff und dies in direkter Schusslinie oberhalb der Sicherungsperson!

L16, 45m, 6a+: Auch nicht sonderlich begeisternde Kletterei, zumindest aber weniger schwierig und weniger heikel. Doch auch hier gibt's einiges an Gras und einige Blöcke belastet man im Interesse der Sicherheit auch besser sanft oder gar nicht. Schon beinahe originell ist dann jedoch die Gras-Reibungs-Querung auf den Knien kurz vor dem Stand. Hatte ich mich erst noch gefragt, ob das einfach ein Hasenfuss-Move meinerseits gewesen sei, kam dann mein Seilpartner mit genau derselben Methode daher. Daher besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass du die Stelle auf dieselbe Weise klettern wirst! Auf dieser Länge hatte ich zwischendurch noch einen Cam 0.5 gelegt, der die Sache spürbar angenehmer machte.

Gras-Reibungskletterei auf den Knien am Ende von L16 (6a+). Das ist einfach die logische Fortbewegungsart hier...
L17, 45m, 6c: Nun ist aber wieder fertig mit durchzogenem Gelände und es kommt wieder absolut begeisternde Kletterei! Dies jedoch mit reichlich fordernder Absicherung. Schon der Weg zum ersten Bolt ist nicht komplett unbedenklich und die fordernd-plattigen Moves zum zweiten Haken sollte man auf jeden Fall auf die Reihe kriegen, denn der Abstand ist weit und das Sturzgelände ungünstig, sprich das würde wohl heftig wehtun! Weiter geht's in bestem Fels steilplattig unter ein Dach, an seinem rechten Ausläufer darüber hinweg und in eine weitere Steilplattenzone hinein. Dort nochmals eine tricky Stelle zu einer Schuppe mit Thank-God-Henkel, echt fantastisch! Hinweis: wer sich diese Seillänge nicht (mehr) zutraut, in Zeitnot o.ä. ist, erreicht vom Stand nach L16 linkshaltend subito den Südgrat, über welche man einfacher aussteigen kann. Weiter ist es sogar möglich, ab der markanten Schulter den Gipfelkopf linkshaltend zu Fuss zu umgehen.

Super Kletterei in kompaktem Fels in L17 (6c), anspruchsvoll und psychisch!
L18, 40m, 6c+: Unsere rudimentäre Schilderung der Route hatte uns nach L17 nur noch eine einfache Ausstiegsseillänge zum Gipfel versprochen. Doch hier war schon auf den ersten Blick klar, dass dem nicht zutreffen würde, wartet hier doch nochmals eine steile, ja überhängende und kompakte Seillänge. Die Moves sind athletisch und während die Absicherung gut ist, so verpflichtet sie doch zum Steigen - wer heftig angezählt ist, könnte in die Bredouille kommen! Aber echt geniale Kletterei mit Schlitzen, Slopern, Reibung und zum Schluss einer Verschneidung, wo ich in der Not noch den berühmt-berüchtigten Ninja-Kick auspacken musste (geht aber sicher auch ohne, wenn man es besser klettert...).

L19, 50m, 4a: Das war es nun definitiv mit den Schwierigkeiten! Unsere rudimentäre Skizze zeigt Plattänani zwar bis zuletzt unabhängig vom Südgrat bzw. "Ä guäts Gfühl". Aber einerseits schienen weder der blockig-brüchige Fels rechts noch die Grascouloirs gerade hinauf empfehlenswert, noch war dort fixes Equipment zu erspähen. Die logisch-lohnende Linie führt hier 11 Uhr nach links (Cams 0.2-0.5 möglich), wobei man nach ca. 15-20m dann automatisch auf Bolts mit anderen Laschen und damit "Ä guäts Gfühl" trifft. In gemässigter Kletterei aber super Linie geht's zuletzt über die Rippe hinauf direkt zum Gipfelkreuz an welchem man nachsichert, ein genialer Ausstieg aus dieser langen Wand!

Die letzten Meter bieten eine stimmungsvolle Ankunft auf dem Gipfel!
Um 18.45 Uhr, damit nach weiteren 3:00 Stunden Kletterei vom Mittelband oder sogar 9:15 Stunden ab Einstieg hatten wir es geschafft und konnten am Gipfel abklatschen. Das war nun echt ein geniales Erlebnis gewesen, durch eine solch grosse Wand zu steigen ist doch immer wieder fantastisch. Wir plünderten unsere letzten Vorräte, die Getränkeflaschen waren jedoch schon eine Weile leer. Einerseits kann man auf einer solch langen und sonnigen Route fast nicht genügend Flüssigkeit mitführen, andererseits wollten wir auch bewusst vor dem nochmals athletisch-steilen oberen Wandteil den Rucksack erleichtern. Nachdem wir die Einsamkeit und die fantastische Stimmung auf dem Gipfel aufgesogen hatten, machten wir uns um 19.00 Uhr auf die Socken, denn schliesslich würde es auch irgendwann dunkel werden. Im direkten Weg durch die Lawinenverbauungen (d.h. im waldigen Osthang) lag noch tiefer, aufgeweichter Schnee. So zog es uns wie automatisch in Richtung des bereits schneefreien Nordgrats und via Folla gelangten wir zu den Rieterhütten. 

Ambiente am Gipfel - grandios!
Hier stellte sich dann die entscheidende Frage: rechts hinaus und über den auf der Karte weglosen Hang (in Realität gibt's eine ganz ordentliche Wegspur, wie ich es später selber erfahren konnte) nach Älpli oder gehen wir via das Berghaus Gonzen?!? Wir entschieden uns für letzteres, das darf man aber als einen Fehler bezeichnen (umwegig, ca. 10 Minuten langsamer). Schlussendlich gelangt man auch so nach Älpli und von dort über den Leiterweg zurück zum Cholplatz im Gonzenwald. Lokale Quellen melden mir, dass dieser Weg zur Zeit (Frühling 2020) nach einem Steinschlag aus der Wangwand offiziell gesperrt sei. Wer sich daran halten möchte, müsste also derzeit via Lanaberg gehen, was noch etwas mehr Zeit kostet. Nachdem wir die steilen Bergstrassen runtermarschiert waren, trafen wir um 20.10 Uhr zurück beim Auto am P.730 ein, wir hatten also trotz dem Umweg nur eine gute Stunde vom Gipfel gebraucht. Der Kreis hatte sich geschlossen, läck war das eine geniale Unternehmung gewesen - und der Muskelkater am ganzen Körper am Tag darauf garantiert.

Facts

Gonzen - Plattänani 7b (6b+ obl.) - 20 SL, 800m - Th. Wälti et al. 2007/2008 - ***;xxx
Material: 1x oder 2x50m-Seil, 14 Express, Camalots 0.2-0.5

Lange und eindrückliche alpin-sportliche Kletterei mit Gipfelerlebnis. Die Route sucht und findet über weite Strecken grasfreien, kompakten und genussreich zu bekletternden Fels. Weite Abschnitte bieten super Kletterei in gonzentypischer Mischung, d.h. Seit-/Untergriffe, Füsse mit Gegendruck auf Reibung, ab und zu gibt's coole Knobs und auch die fantastischen Querschlitz-Passagen kommen vor. Es sei erwähnt, dass v.a. im unteren Wandteil hier und da das Gras spriesst, die Längen unter dem Querband von minderer Qualität (aber dafür einfach) sind und auch im oberen Wandteil nochmals zwei alpin angehauchte Sequenzen warten. Alles in allem aber auf jeden Fall lohnend für meinen Geschmack. Die Absicherung ist im unteren Teil gut, an den schweren Stellen sogar sehr gut (Niveau xxxx), wobei es da und dort doch wieder einmal eine zwingende Passage bis in den oberen 6b-Bereich gibt. Zu erwähnen ist noch, dass die verzinkten Haken für eine z.Z. nur gut 10-jährige Route teils schon arg korrodiert sind. Im oberen Teil steckt rostfreies Material, dafür sind die Abstände dort spürbar weiter mit öfteres zwingenden Passagen. Für eine Wertung von xxx reicht's aber gerade noch. Mit Cams kann man nur eher wenig anfangen, am ein paar kleine Exemplare der Grössen 0.2-0.5 trägt man nicht schwer und könnte froh drum sein. Die Cruxlängen sind in freier Kletterei echt taff, aber an den schwierigsten Stelle A0 zu haben. Im Gesamtkontext holt man sich aber mit der Plattänani nach "Ä guäts Gfühl" den vermutlich zweiteinfachsten Gesamtdurchstieg der Gonzenwand unter den modernen Routen. Die anderen Touren (u.a. Füürsetzer, Ablöscher, Aischans Weg) sind zwar in den Maximalschwierigkeiten nicht unbedingt höher, aber anhaltender und v.a. (noch) fordernder abgesichert und mit zwingenderen Passagen.

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