Seiten

Mittwoch, 23. Juni 2021

Bockmattli - Dreimal kurz gelacht (6c)

Nachdem die Kinder zu ihrem eigenen Programm aufgebrochen waren, blieb für Kathrin und mich die Gelegenheit zu einer gemeinsamen Klettersession. Wetter und Bedingungen sprachen für eine MSL, allzu grosse Sprünge lagen aber wegen Gewittern und zeitiger Rückkehr nicht drin. Da es aufgrund der Wärme zudem ratsam schien, am Schatten zu klettern, zog es uns wieder einmal ins Bockmattli - doch schon einige Jahre her, seit wir das letzte Mal dort waren! Einige spannende Projekte verbleiben und während wir unseren Plan A verwerfen mussten (da dort an diesem Tag kein Vorankommen war), fanden wir mit der 'Dreimal kurz gelacht' am Grossen Bockmattliturm eine prima Alternative.

Bottom-Up Sicht auf die Bockmattlitürme mit Zustieg und Verlauf von 'Dreimal kurz gelacht'

Etwas vor 10 Uhr konnten wir einen der letzten Parkplätze bei Rüti ergattern und stiegen wieder einmal Richtung Schwarzenegg hinauf. Diesen Weg hatte ich nicht wirklich vermisst, das durch die alpwirtschaftliche Nutzung überdüngte und zertretene, oft schlammige Gelände und der intensive Duft nach Kuhmist in der schon stechenden Sonne machen ihn nicht zum Genuss, sondern zum 'obnoxious part of the game'. Ab der Schwarzenegg im Angesicht der imposanten Türme hellte sich die Stimmung aber schlagartig auf. Nach einem vergeblichen Abstecher in Richtung Plan A stiegen wir schliesslich über die Rampe unter der Föhrenturm Nordwand (zuletzt am laufenden Seil gesichert) hinauf zum eigentlichen Einstieg in der Westschlucht. Um 11.30 Uhr hatten wir alles parat und konnten starten.

Der Blick vom Einstieg auf den steilen Start in L1 (6b+).

L1, 50m, 6b+: Die ersten Meter bewältigt man noch auf dem Parcours der klassischen Nordwandroute, um dann aber gleich rechts abzubiegen. Alsdann nehmen die Schwierigkeiten zu - steiles Gelände, ein paar Löchlein, Seit- und Untergriffe, Stehprobleme. Ein "Problem" stellt der dritte Haken dar - schwierig zu klippen, er schien er mir unsicher (in Schuppe gebohrt und schon etwas rausgerutscht, Mutter lose) und vor allem ist er entscheidend (bei Versagen ist ein Grounder im Bereich des Möglichen) - Vorsicht also! Ein Dutzend Meter geht's noch griffig-steil weiter, dann wird man in flacheres, gängigeres und etwas grasiges Gelände mit schöner Kletterei an griffigen Schwarten entlassen. Die Hakenabstände da dann eher weit, zum Legen eher suboptimales Gelände darum habe ich es gleich bleiben lassen.

Das Finish von L1 (6b+) etwas grasig - stört aber nicht. Unten ist der Fels kompakt und die Kletterei prima.

L2, 30m, 6b: Hier ist vor allem die Orientierung nicht einfach. Am logischsten scheint der Weg leicht linkshaltend hinauf - das ist aber definitiv falsch und führt in die klassische NW-Wand. Stattdessen klettert man in erst einfachem Gelände diagonal nach rechts, unschwierig und mit mobiler Ergänzung der Absicherung. Schliesslich steilt es auf, eine trickreiche Passage mit schöner Kletterei wartet und dann wieder die Frage, wo geht's weiter?!? Links steil über die Ecke hinweg ist richtig.

Richtig lässige, griffige Kletterei mit einer Plattenpassage am Ende wartet in L2 (6b).

L3, 30m, 6c: Ein Bijou von einer Seillänge! Auf dem Netz liest man, die Crux sei am Anfang und könne untenrum umgangen werden. Ich bin direkt mit dem Haken auf Brusthöhe gequert, auch das ist für 6c gutmütig und vielleicht auch so nicht einmal die schwierigste Stelle der Seillänge (untenrum ist aber bestimmt einfacher), wobei da lange Beine für einmal sicher kein Nachteil sind . Sehr schön geht's in griffigem Fels mit Wandkletterei weiter, zu entschlüsselnde Passagen wechseln sich mit Ruhepunkten. Zuletzt dann elegant an die Kante und an dieser hinauf zum leider sehr unbequemen Stand. In dieser Länge habe ich keine mobilen Sicherungen gelegt.

Sehr schöne Wandkletterei mit elegantem Ausstieg über die Kante bietet die Cruxlänge (L3, 6c).

L4, 55m, 6a: Monsterlänge über den Pfeiler, welche sicherlich die meisten 50m-Stricke überfordert. Erst geht's noch gängig dafür mit weiteren Abständen voran, wobei man mobil ergänzen kann. In der zweiten Hälfte warten dann 3 markante, gut eingebohrte Boulderprobleme, Bei jedem will die Lösung ertüftelt werden, wobei mir dies für 6a doch gehörig schwierig vorkam. Im Schnitt ist diese Länge natürlich einfacher wie die ersten drei, in Sachen Maximalniveau dünkte mich die Anforderung kaum wesentlich geringer. Am Ende findet man gut sichtbar an der Kante die Irniger-Platte, der bequemere Standplatz mit 2 BH befindet sich unmittelbar rechts davon in der Nische mit der alten Wandbuchdose. Ausser ein paar Fetzen altes Zeitungspapier findet man in jener aber keine Erhellung.

Kathrin in der letzten Boulderstelle am langen Pfeiler, den die Route in L4 (hart 6a) verfolgt.

L5, 30m, 6a+: Quergang nach links in steilem Gelände und dann aufwärts, hier ist die Felsqualität nun nicht mehr so vortrefflich wie in den unteren Längen - passt aber schon. Die Schwierigkeiten lassen nach und in etwas grasigem Gelände erreicht man schon bald den nächsten Stand.

L6, 30m, 5c+: Zum Ende wartet noch eine klassische Verschneidungskletterei, laut dem 1992er-Bockmattliführer ein UIAA-6er. Tatsächlich löst sich alles gut auf und es wartet keine richtig schwierige Stelle. Vorsicht ist jedoch angezeigt, da einige Schuppen und Blöcke links nicht solide verankert sind. Bis auf einen BH nach ca. 5m ist die Länge clean, man kann jedoch gut mobil ergänzen.

Klassische Verschneidungskletterei in L6 (5c+), die hier sichtbaren letzten Meter die einfachsten.

Um 15.30 Uhr und damit nach knapp 4:00 Stunden Kletterei mit einer an beiden Seilenden nahezu mühelosen, perfekten Onsight/Flash-Begehung hatten wir die Schulter des grossen Bockmattliturms erreicht. Von da wären es noch 2 Seillängen mit leichter Kletterei bis auf den Gipfel, von wo man den recht langen Abstieg über den Südgrat nehmen müsste (oder alternativ umständliche Abseilerei, siehe meinen Bericht zur Supertramp). Wir hatten von vornhinein entschieden, vom Routenende auf der Schulter wieder zum Depot am Einstieg abzuseilen. Das geht mit 4 Manövern (60m-Seile, sonst 5 Manöver) zügig. Der beste Weg zurück auf sicheren Boden ist nicht das Abklettern vom Zustieg, sondern zwei weitere Abseilstrecken. Wichtig: keinesfalls vom Muniring am Einstieg der Schlucht entlang abseilen, sondern etwas absteigen zum Irnigerstand westlich der Schlucht (an welchem man im Zustieg vorbeigekommen ist, mit Blick talwärts links der Schlucht). Nun erst zwischen den Föhren durch und dann steiler 45m gerade hinunter zu einem weiteren Irnigerstand, der nicht sonderlich auffällig ist. Ab diesem sind es dann weitere 50m an den Wandfuss. Mit kurzem Abstieg erreicht man den Trepsenweg und dann wie gehabt zurück ins Tal. Um 17.30 Uhr waren wir retour an der Strasse und fuhren sehr zufrieden mit diesem schönen Ausflug zurück nach Hause zu den Kindern.

Facts

Bockmattli - Dreimal kurz gelacht 6c (6b obl.) - 6 SL, 230m - Kälin/Gysi 1986 (saniert) - ***;xxx
Material: 2x60m-Seile, 10 Express, Cams 0.3-1, evtl. Keile

Sehr schöne und eindrückliche Bockmattlikletterei, die vor allem auf den ersten 3 Seillängen mit überzeugender Felsqualität daherkommt. Danach wird es etwas alpiner, bleibt aber lohnend. Die Bewertung ist für eine Route aus dieser Epoche erstaunlich gutmütig ausgefallen - es ist kein extremes Unternehmen, sondern eher dem Genre "Plaisir+" zuzuordnen. Dazu trägt auch die Absicherung bei. Im 2004/2005 wurde diese durch die BGA einem Facelifting unterzogen. Die schwierigen Stellen sind alle gut mit Inoxbolts gesichert (Niveau xxxx), die einfacheren Passagen sind weiter gebohrt und erfordern teils mobile Gerätschaften. Mir reichte dafür ein Set Cams 0.3-1 gut aus. Keile könnte man sicherlich auch einsetzen und hier und da würde man vermutlich auch einen grösseren Cam unterbringen, wofür ich aber nie Bedarf verspürte. Für die Planung ist noch zu erwähnen, dass die Route im Hochsommer durch ihren Verlauf nahe der NW-Kante schon ab ca. 13.30 Uhr Sonne erhält (v.a. im oberen Teil).

Topo der BGA von der Sanierung 2004/2005, herzlichen Dank!



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ich freue mich über Ergänzungen zu diesem Blog via Kommentarfeld!
Kontakt: mdettling74@gmail.com.