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Freitag, 26. November 2021

Mettener Butzli - z'Schlanggä Unghyyr (6b) & Butzliläll (6b)

Nachdem wir schon das Saisonende vermutet hatten, so ging der MSL-Sommer doch noch in Verlängerung. Das nahmen wir sehr gerne, denn einen goldenen Novembertag an der Wärme zu verbringen während im Flachland dichter Nebel wabert, hat einen extrem grossen Genussfaktor. Im Vorjahr waren wir bei 'derselben' Gelegenheit am Gabchopf über dem Urnerboden geklettert. So wollten wir es dieses Jahr nun westlich der Passhöhe beim Mettener Butzli versuchen. Eine taxpflichtige Strasse führt dort bis auf fast 2000m hinauf und damit in unmittelbare Nähe der Einstiege. Vor allem auch wird sie, im Gegensatz zur Passstrasse selber, nie mit einer offiziellen Wintersperre belegt, so dass man am Butzli wirklich bis zum Wintereinbruch klettern kann.

Sicht vom Ausgangspunkt auf Berglichopf und Butzlichopf mit dem Verlauf der gekletterten Routen.

Somit kurvten wir ins Schächental, die Bewilligung (10 CHF/Tag, 100 CHF/Jahr) kauft man nicht mehr im Posthaus Urigen, sondern auf einem Bauernhof, der 250m nach der Abzweigung von der Passstrasse folgt (vor Ort ausgeschildert, Kartenlink). Zudem gibt's da übrigens deliziösen Alpkäse zu kaufen, den ich wirklich sehr empfehlen kann. Meistens dürfte auf dem Hof jemand vor Ort sein, der einem mit den Besorgungen hilft, bei Abwesenheit geht's auch im self-service. Ab diesem Punkt gewinnt man noch 700hm mit dem Fahrzeug, zuerst auf Teer, zuletzt dann auf einer etwas rauen Naturstrasse. Einmal in der Arena des Butzli parkiert, gibt's dann viele Möglichkeiten: Berglichopf, die Butzli-Wände, Alpler Stock, Schächentaler Windgällen und selbst für die Touren an der Läged Windgällen handelt es sich um den Ausgangspunkt mit dem kürzesten Zugang. Zu unserem Ziel, den Wänden über dem Mettener Butzli, beschränkt sich der Zugang auf gerade mal 100hm und ~10-15 Minuten. Hatten wir ursprünglich eine 'Family Affair' zu dritt geplant, so ergab sich kurzfristig noch die Begleitung von Viktor, der mit Kathrin ein Team bildete. Larina und ich waren um ca. 11.20 Uhr parat und stiegen ein in ...

z'Schlanggä Unghyyr (4 SL, 6b)

L1, 5c: Unmittelbar rechts der grossen Höhle geht's los, der Einstieg ist mit einem Klebehaken und einer Anschrift markiert. Gleich mal ordentlich steil und griffig geht's los. In der Mitte der Seillänge wartet dann sogar eine leicht überhängende Passage mit Oho-Effekt für den angegebenen Grad, wenn man direkt über die Haken klettert. Ein lässiger Auftakt!

Zum Auftakt klettert man gleich eine richtig steile Seillänge (L1, 5c).

L2, 6a+: Eine ziemlich lange Reise mit viel Abwechslung! Erst hält man sich unschwierig rechts hinaus, erklimmt dann einen Pfeiler und passiert einen Abseilstand, bevor man die grosse Verwerfung nach links hin überquert und in einem luftigen, jedoch sehr eng gebohrten Quergang entlang von einer Fuge über dem Abgrund zum Stand quert. Der letzte Move zum Stand hinauf ist dann ziemlich knifflig! Hinweis: für diese Länge sind ca. 14 Exen nötig, einige verlängerbare helfen, um den Seilzug einzudämmen.

Die Crux in L2 (6a+) befindet sich in den letzten Moves zum Stand hinauf.

L3, 6b: Sehr schöne, eng abgesicherte Tropflochkletterei. Nach einer kleinen Linksschleife zum Auftakt folgt bald die Crux, wo man einige kleinere Griffe bedienen muss, bei nicht allzu üppigem Trittangebot. Bald lassen die Hauptschwierigkeiten wieder nach, in genussreicher, gutgriffiger Kletterei geht's hinauf zum Stand.

L4, 6a+: Diese eher kurze Seillänge kann gut an L3 angehängt werden. Dies erfordert allerdings, dass man entweder viele Exen mitführt (ca. 18 Stück) oder hin und wieder eine wieder aushängt, was aufgrund der kurzen Hakenabstände gut möglich ist. Einer Art Verschneidung entlang gewinnt man hier an Höhe, der Fels teilweise mit sintrigen Strukturen, cool! Am Ende versperrt ein steiler Wulst den Ausstieg, eine Rechtsquerung und ein kräftiger Abschlusspiaz bieten die Lösung.

Die letzten beiden Seillängen (L3/L4, 6b) kann man gut verbinden, super Tropflochkletterei!

Um 13.00 Uhr, somit nach 1:40h Kletterei, hatten wir das Top erreicht und konnten uns ins säuberlich geführte Wandbuch eintragen. Viel länger hielten wir uns nicht auf, lag doch das Routenende bereits im Schatten und wir wollten sowieso noch eine zweite Route attackieren. Das Abseilen geht sehr zügig vonstatten, sind doch nur zwei Manöver nötig. Vom Top geht's schon steil zu Stand 2, der mit einem kleinen Seitpendel erreicht wird. Ab dort dann 45m freihängend, sehr luftig und mit der Möglichkeit für tolle Schattenspiel-Fotos zurück auf den Boden. Nach einem kurzen Imbiss wechselten wir 30m nach links zum 'Butzliläll', wo Kathrin und Viktor noch in der letzten Länge engagiert waren. Ein paar Minuten nach 13.30 Uhr kletterten wir los...

Das Abseilen ist spektakulär luftig und bietet Gelegenheit zum Schattenspiel.

Butzliläll (4 SL, 6b)

L1, 6a: Auch diese Route ist angeschrieben und weist einen Startbolt auf, der sich jedoch fast eher zu weit links befindet. Der Start ist gemächlich und griffig, die Absicherung dort allerdings noch nicht sehr üppig (v.a. im Vergleich zu später). Nach der Hälfte steigt man dann gerade hinauf, hier warten ein paar zügige Tropflochpassagen, wo man sich für eine 6a doch ganz schön festhalten muss! Am Ende dann einige Meter horizontal nach links querend zum Stand.

Super Tropflochfels im Butzliläll, hier folgt Larina in L1 (6a).

L2, 5b+: Achtung, Verhauergefahr! Dem Topo entsprechend quert diese Länge beständig nach rechts. Zu Beginn ist das auch der logische Weg, doch nach ca. 15m lockt rechts ein Stand, den man horizontal anklettern könnte (falsch!) und links hinauf locken einem Zwischenbolts (falsch!). Letzteres scheint an diesem Punkt die offensichtlichste und logischste Variante, vorerst ist's auch mit 5b-Schwierigkeiten kletterbar, aber man landet so im Zigermandli. Wer seine Augen öffnet, findet sicher auch den korrekten Bolt, in Richtung 13/14 Uhr klettert man zum Stand vom Butzliläll.

Das Ende von L2 (5b+) erlaubt es, das Panorama Richtung westliche Urner Alpen zu zeigen.

L3, 6b: Das Herzstück der Route mit luftiger und ziemlich anhaltender Tropflochkletterei. Das fühlt sich echt fast ein bisschen wie an den Wendenstöcken oder am Schweizereck an, ziemlich aussergewöhnlich jedenfalls für eine Plaisirroute! In einer seichten Verschneidung geht's leicht linkshaltend hinauf, über ein paar anhaltende Meter muss man seine Moves schon sorgfältig planen und sich mit bisweilen suboptimalen Seitgriffen geschickt auf abschüssigen Tritten positionieren. Dank der sehr eng gehaltenen Absicherung ist diese Passage aber wenig zwingend. Die zweite Hälfte ist dann einfacher, bietet aber immer noch tollen Fels und führt zu einem bequemen Stand in luftiger Position.

Oh yeah, fantastischer, wasserzerfressener Fels und geniale Kletterei in L3 (6b).

L4, 6a: Nochmals eine coole Länge, v.a. der griffige Auftakt im Steilgelände ist grandios. Nach ca. 7m gelangt man auf's sich zurücklegende Abschlussterrain. Erst kommt man da, einem Riss folgend, zügig voran. Doch unverhofft wird der doch nochmals überraschend knifflig, erst die letzten Meter sind dann wieder Formsache.

Die letzten Meter zum Top in L4 (6a) und schon die letzten Sonnenstrahlen dieses Tages...

Ein paar Minuten vor 16.00 Uhr und somit nach 2:15h Kletterei waren wir oben. Der Butzliläll hatte uns damit ein wenig mehr Zeit gekostet - erklärbar damit, dass die Kletterstrecke einerseits länger ist, andererseits im Schnitt auch schwieriger. Auch hier, wie schon im Unghyyr, war uns eine perfekte Team Onsight/Flash-Begehung gelungen - scheint bei diesem Schwierigkeitsgrad vielleicht selbstverständlich, aber die Crux in L3 vom Butzliläll ist keine Trivialität, erst recht nicht für eine 6b. Vom letzten Stand schien es möglich, auf den Gipfel vom Butzlichopf zu steigen. Das Zeitbudget erlaubte dies, das Alpinistenherz verlangte danach. Jedoch ist das Top wenig selbständig und bietet nicht viel neues, zu Fuss absteigen (was möglich wäre) wollten wir in den Finken auch nicht. Somit stiegen wir zurück und fädelten die Seile. In 3 Manövern über routenunabhängige Standplätze ging's zurück auf den Boden, wobei die letzte Strecke wieder teils freihängend ist, jedoch nicht ganz so spektakulär wie beim Unghyyr. Damit war der Tag schon beinahe um, wird es ja im späten November um 17.00 Uhr bereits dunkel. Wir ramisierten unseren Waren zusammen, trotteten hinab und fuhren mit der goldigen Novembersonne im Herzen heimwärts.

Beim Seilabziehen nach dem Butzliläll, mit Panorama zu Clariden, Chammliberg, Schärhorn und Gross Ruchen.

Frage: kann jemand erhellende Infos zur Route beitragen, deren Standplätze man beim Abseilen über den Butzliläll nutzt?!? Die oberen Seillängen sehen richtig lohnend und auch bestens abgesichert aus. Die Plättli mit der Prägung 'FZ' lassen den Glarner Frigg Zimmermann als Erschliesser vermuten. Da er schon lange verstorben ist, wäre diese Route alles andere als neu - die gedruckte Literatur, egal ob alt oder neu, schweigt sich darüber jedoch aus.

Facts

Mettener Butzli - Butzliläll 6b (6a obl.) - 4 SL, 140m - A. & H. Arnold, D. Furrer 1985 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express

Sehr lohnende, spektakuläre Tropflochkletterei in luftigem Gelände mit meist bestem Fels. Man kriegt hier wirklich ein wenig Wendenstöcke im Miniaturformat bei zugänglichen Schwierigkeiten geboten. Wenn die Route 3x so lange wäre, so wäre es in dieser Schwierigkeit sicher eine der besten MSL-Unternehmungen in der Schweiz. Die Route wurde im 2011 saniert und ist grosso Modo bestens mit einem Mix von Klebehaken und Einschlagankern abgesichert. Einzig an den wenigen leichteren Stellen sind die Abstände etwas grösser, an den Cruxen ist die Route fast hallenmässig eingebohrt.

Mettener Butzli - z'Schlanggä Unghyyr 6b (6a obl.) - 4 SL, 120m - R./A./G. Arnold 1985 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express (davon 3-4 verlängerbar)

Auch das Ungeheuer ist eine wirklich gute Route, im Vergleich zum Butzliläll ist sie etwas weniger homogen, weniger schwierig und auch in Sachen Felsqualität einen Tick weniger gut. Trotzdem, für den Grad ist es eine spektakuläre Sache, die Linie äusserst luftig und einen solchen Tropflochfels wie in L3/L4 findet man nicht überall. Die Route wurde 2005 saniert und ist sehr gut mit einem Mix von Klebehaken und Einschlagankern abgesichert, einzig an ein paar einfacheren Stellen sind die Abstände etwas länger. Topos zu beiden Routen findet man im Extrem Ost oder in diversen regionalen SAC-Führern

Freitag, 19. November 2021

Chäserrugg - Kalte Sophie (7a) & DaCora (6c+)

Am Chäserrugg, dieser eindrücklichen Wand über dem Walensee, da war ich auch schon lange nicht mehr auf Besuch. Und das scheinbar nicht als Einziger, denn aufgrund der wenigen Spuren, die wir auf dem Zustieg und in der Wand angetroffen haben, können die Routen dort nicht viel besucht sein. Nun denn, so attraktiv der Chäserrugg optisch ist, er bringt eben auch einige Nachteile mit sich: einerseits einen langen, alpinen Zustieg 'von unten' oder dann mit der teuren Bahn hoch und im wenig beliebten Verdon-Prinzip klettern!? Darüber hinaus sind die Routen in der Mitte vom Raupfad, einem steilen Grasband unterbrochen und die letzte Publikation datiert aus dem längst vergriffenen Churfirstenführer von 1995, kein Wunder pilgern da die Heerscharen nicht hin. Trotzdem, für Jonas und mich war es an diesem Tag unter den gegebenen Randbedingungen klar die beste Option in einer langen Liste.

Die Südwände am Chäserrugg sind ein grosses Massiv von Wänden, Pfeilern und Türmen!

Von Süden wollten wir zusteigen, bogen also zwischen Walenstadt und Tscherlach in die Strasse zum Lüsis ein. Dort mussten wir uns vergegenwärtigen, dass die Strasse wegen Holzerarbeiten gesperrt war. Hmm, doch noch woanders hinkurven oder einfach per Pedes los?!? Wir entschieden uns für letzteres und machten uns um 7.45 Uhr auf die Socken. Vor lauter Aufregung passierte uns ein entscheidender Fehler, wir nahmen die Zustiegsinfos weder physisch noch fotografisch auf die Speicherkarte gebannt mit. Es war zwar ein Versehen, aber vorerst schien mir das auch gar nicht unbedingt nötig, war ich ja schliesslich schon einmal durch die Wand geklettert... die Route 'Himmelsleiter' war's, vor 25 Jahren und nachdem wir von oben abseilend den Einstieg erreicht hatten. Somit war der Zustieg von unten weder mir noch meinem Tourenpartner bekannt. Der erste und gravierendste Fehler unterlief uns schon kurz nach dem Lüsis: statt durch das Affenwäldli und nachher die zum Tristencholben führende Rinne zu steigen, gingen wir erst Richtung Büls und irgendwann in Direttissima gerade hinauf Richtung Einstieg. Deutliche Wegspuren liessen uns vorerst sogar auf der richtigen Fährte vermuten, doch bei einem Hochsitz am Ausgang des Waldes 100hm weiter oben hörten sie auf. 

Zustiegsterrain - steilgrasige Schrofen, weglos und oft nur mässig gestuft.

Wohl oder übel mussten wir in den sauren Apfel beissen und uns weglos die steilen Chämme hochmühen. Das ungestufte, mit allerhand Kraut und langem Gras bewachsene Gelände war zwar nicht sonderlich schwierig, aber einfach mühsam und anstrengend zu begehen. Irgendwann hatten wir es geschafft und trafen am ersten Felsriegel unter der Wand auf eine Spur, die wir als den Zustiegspfad identifizierten, in Tat und Wahrheit aber einfach ein Wildwechsel war. Wir folgten ihr nach links und hinauf, sie verlor sich. Also ging's wieder weglos über immer steilere Schrofen dahin, bis uns schliesslich noch ein Felsriegel vom Einstiegsband trennte. Wir spähten hier und spähten dort, gängig war es nirgends - so kramten wir das Seil aus dem Rucksack, mit den glücklicherweise mitgeführten Cams war für die nötige Sicherheit zu sorgen. Mit einer Seillänge im Bereich 5b erreichten wir schliesslich den Einstiegshaken vom Luftibus - ich habe jetzt darauf verzichtet, sie auf meiner Erstbegehungsliste einzutragen, auch wenn's wohl eine war. Mit einer Rechtsquerung waren wir schlussendlich da, wo wir schon lange hin wollten, nämlich am Einstieg des Scherrer-Wachter-Pfeilers bzw. der Kalten Sophie. In der Gegend von 10.00 Uhr und damit nach 2:15-2:30h Aufstieg, 1200hm und einer nullten Seillängen in den Beinen konnten wir durchaus etwas angebrutzelt Rast halten, bevor es endlich richtig losging.

Kalte Sophie (5 SL, 7a)

Die Kalte Sophie ist eine Route von Daniel Benz aus dem Jahr 2003, welche er ursprünglich nur als 1-SL-Variante zum Scherrer-Wachter-Pfeiler vorgesehen hatte. Schlussendlich wurden es dann aber doch mehr eigenständige Seillängen als erst gedacht, nur auf den ersten 1.5 Seillängen verlaufen die Routen gemeinsam. Und auch da könnte man für die Sophie noch eine eigenständige Linie finden, vielleicht wird die ja über kurz oder lang noch eingerichtet.

L1, 40m, klassisch VI oder 6a+: Anfangs geht's noch gut dahin, doch nach 10-15m wird's steiler, der Fels recht kompakt und man muss sich den richtigen Weg zwischen den doch eher spärlich steckenden Bolts bahnen - gerade für eine klassische Linie doch eine richtig kühne Sache! Kein Wunder, hat man das früher mit VI bewertet. Übersetzt man diesen Grad nach Tabelle, ergäbe es eine 5c+, aber das ist es nach heutiger Plaisir-Cotation definitiv nicht. Aber echt cool! Das Gestein zwar nicht Premier Cru, aber überraschend gut.

Jonas folgt in L1 (5c+) der Kalten Sophie, bzw. des Scherrer-Wachter-Pfeilers.

L2, 35m, 7a/+: Auch hier gilt: selbst auf der klassischen Linie muss schon richtig geklettert werden! Nochmals einen Tick schwieriger wie unten, jedoch auch deutlich üppiger gebohrt. An der Stelle, wo man auf dem alten Parcours die Schwierigkeiten überwunden hat und nach links in etwas schrofiges Gelände klettern würde, führt die Kalte Sophie nun eben gerade hinauf. Eng gesichert einem griffigen Riss entlang geht das erst noch ganz gut. Aber die Crux kommt, an einer Untergriffschuppe heisst es, mit den Füssen an glattem Fels auf Nasenspitzenhöhe anzutreten und aus dieser anstrengenden Position einen rettenden Griff um die Ecke zu erhaschen. Wieder deutlich einfacher, aber zwingend und etwas kühn geht's hinauf zum Stand. Wir empfanden diese Länge deutlich härter als die Cruxlänge von DaCora. Falls die dortige 6c+ passt, so würde ich hier 7a+ vorschlagen.

Sehr schöner Fels in L2 (7a/+), hier noch auf dem Parcours der klassischen Route.

L3, 25m, 6a+: Unser Topo veranschlagte für diesen Abschnitt (der ursprünglich ohne Zwischenstand nach der Crux geklettert wurde) keine eigene Bewertung. Doch schon nur vom Standplatz aus erschien es nicht trivial, es sei denn viele Griffe hätten sich vor unseren Augen versteckt. Tatsächlich gab's dann v.a. eine knifflige Rechtsquerung, für die wir auf jeden Fall eine 6a+ veranschlagen würden. Zuletzt dann etwas einfacher hinauf zu Stand am Grasband.

L4, 35m, 6a+: Das Band muss nun nach links gequert werden - unschwierig aber ohne Sicherungsmöglichkeit. Man kreuzt so auch wieder den Verlauf der klassischen Pfeilerroute und klippt besser noch deren Stand, bevor man sich links davon in der plattigen Wand engagiert. Dafür hat Dani gerade mal eine 5b veranschlagt, was uns aber massiv zu tief dünkte. Vielleicht war's zum Zeitpunkt der Erstbegehung einfacher, weil's gut geputzt war?!? Es spriessen nämlich da und dort Grasmutten, wo man gute Strukturen vermuten könnte. Weil diese nicht nutzbar sind, ist man doch zu reichlich delikaten Plattenmoves gezwungen.  

Steile und durchaus knifflige Verschneidung in L5 (6b) - bleibt lange feucht oder nass.

L5, 30m, 6b: Durch eine steile Verschneidung geht's hinauf, dieser Abschnitt dürfte häufig feucht oder nass sein - trotz unproblematischem Wetter im Vorfeld war's auch bei unserer Begehung noch teils feucht-schlonzelig. Sonst wartet aber coole, athletische Spreizkletterei, die etwas 3d-Vorstellungsvermögen verlangt. Original mit 6a+ bewertet, was uns auch eher knapp vorkam, aber nicht so weit von unserer Wahrnehmung weg lag wie die Bewertung der Länge davor. Zur erwähnen dann der unbequeme Stand am letzten Stück Fels vor dem Raupfad - es ist gar nicht so einfach, auf's steile Kraut zu manteln, nachnehmen als Totmann hinter dem Grat ist für den Seilzweiten absolut sinnvoll.

Um etwa 12.30 Uhr waren wir beide auf dem Raupfad und bereit, mit einem Wander-Intermezzo den Einstieg der DaCora im oberen Wandteil aufzuspüren. Man folgt dabei zuerst dem unteren Rand des Grasbands unmittelbar bei der Abbruchkante. Im Bereich vom Chäserruggdach stiegen wir dann hinauf zum Wandfuss des oberen Teils und folgten diesem weiter nach links zum Einstieg. Das geht alles ohne nennenswerte Schwierigkeiten, mangels Wegspuren und ob dem krautigen Gras sowie wenig gestuftem Gelände ist es allein etwas mühsam. Um rund 13.00 Uhr starteten wir in...

DaCora (6 SL, 6c+)

Die Route wurde erst im Herbst 2019 von Cora Vogel und Thomas Wälti eingerichtet und verläuft nur im oberen Wandteil. Es war das Matura-Projekt von Cora, welche das erste Mal mit der Bohrmaschine unterwegs war. Da waren wir sehr gespannt, welche Note wir für diese Arbeit wohl vergeben würden 

L1, 35m, 5c+: Etwas ganz Spezielles kriegt man hier geboten, die Route führt nämlich durch sandsteinartigen Fels mit einer ganz speziellen Löcherstruktur, sehr aussergewöhnlich! Allerdings, das muss man auch sagen, das Gestein ist nicht von Prime Quality hier, sprich etwas moosig, grasig und teils leicht brüchig, bei zudem eher weiträumiger Absicherung. Man nehme sich übrigens den Tipp zu Herzen, den vierten BH zu verlängern - das Seil verklemmt sich sonst beim Weitersteigen in einem Schlitz und man kommt kaum mehr vorwärts.

Sehr spezielles Gestein in L1 (5c+) von DaCora, die Route setzt sich oberhalb des Kletterers fort.

L2, 35m, 6b+: Nun wieder im Kalk, der aber auch nicht überall supersolide ist und etwas Vorsicht bei der Griffwahl erheischt. Teilweise liegt auch mehliger Staub auf der Oberfläche, fast wie Bohrstaub der noch nicht weggeweht wurde. Die Schwierigkeiten sind vorerst überschaubar, die Absicherung erst gut. Beides ändert sich gegen Schluss - einerseits mit einem Runout (wo gemessen am Rest ein Haken fehlt), was dafür später mit 2 BH innerhalb von sehr kurzer Distanz vergütet wird. Dies hatte ich fälschlicherweise als den Stand wahrgenommen (jaja, eigentlich wäre es ja nicht so schwierig, das korrekt zu interpretieren, das Topo ist an sich klar, aber auf dem kleinen Handybildschirm gelang es dem alterssichtigen Senior mitten in der Seillänge nicht, dies zu erkennen). Dort dann auch die schwierigste, etwas kleingriffige Stelle.

Die letzten Meter zum (verführt angelegten) Stand von L2 (6b+) in DaCora.

L3, 25m, 6b+: Für uns vom tiefer gelegten Stand erst noch gerade hinauf mit der eigentlichen Crux von L2 zum richtigen Stand. Dort nach links, in die gelbe Wand hinauf und dann Rechtsquerung. Auf den ersten Blick sieht der Fels dort tatsächlich "etwas brüchig" aus, wie die Erstbegeher im Topo schreiben. Hält man sich aber auf der gängigsten Linie und quert an der richtigen Stelle etwas untenrum, so ist es effektiv nicht halb so schlimm wie erst gedacht - die Traverse klettert sich cool und das nachfolgende obsi-Stück erst recht, inklusive kühnem aber griffigem Finish zum Stand hinauf. 

Spot the Climber! Aber er ist da und movt in L3 (6b+) von DaCora.

L4, 22m, 6b+: Kurze Seillänge, wo die Schwierigkeiten nur aus einer Einzelstelle bestehen. Aus unserer Perspektive steckt der zweite Haken arg links abseits des einfachsten bzw. logischen Routenverlaufs. Es geht sicher einfacher und dank der guten Absicherung auch entspannt, direkt ohne die Linksecke von BH #1 zu #3 zu steigen. In einfacherem Gelände erreicht man zügig den nächsten Stand und kann sich aufs Highlight der Route freuen.

Der Ausstieg aus L3 (6b+) mit einen etwas kühnen Finish ist richtig cool!

L5, 35m, 6c+: Schön, schwierig und anhaltend - wobei die Perspektive vom Stand täuscht, denn die suggeriert sich bald zurücklegendes Gelände. Das täuscht aber definitiv, die Wand ist leicht drückend und das schräg geschichtete Gestein mit den vielen Auflegern will trickreich überlistet werden, damit man an Höhe gewinnen kann. In Absenz von guten Ruhepunkten wird das zu einer richtig pumpigen Sache, aber einfach genial. Die Absicherung ist auf dem ersten Teil eng gehalten, aber in der zweiten Hälfte heisst's dann entschlossener vorwärts zu machen - bravo Cora, sauber gemacht! Erst gegen Schluss wartet dann leichterer Fels, den Stand wird man etwas linkshaltend sicher finden. Ja, da musste ich durchaus etwas auf die Tube drücken, um den Onsight zu halten!

Jetzt weiss ich, warum sich diese Länge (L5, 6c+) so pumpig angefühlt hat!

L6, 30m, 2a: Kurzes, unwesentliches Teilstück zum Top, ohne fixe Absicherung. Der Routenabschluss befindet sich bei einem etwas zurückversetzten Einzelbolt - wer Abseilen möchte kann auch gleich weiter in ca. 15m horizontaler bis leicht absteigender Rechtsquerung zur Kette am Pfeiler drüben (welche von Stand 5 gut sichtbar ist). 

Blick von Stand 5 hinüber zum Abseilstand von DaCora, der in einer grossen Linksschleife zu erreichen ist.

Um 15.45 Uhr hatten wir diesen Punkt erreicht, das macht 2:45h für den oberen Teil oder rund 5:30h inklusive der Kalten Sophie und der Raupfad-Querung. Leider gibt's für beide Routen kein Buch, aber vermutlich gab's weder bei der einen oder anderen Linie schon viele Wiederholungen. Die ersten waren wir aber in beiden Fällen nicht, so viel ist uns anhand von Insider-Infos bekannt. Da wir noch einen weiten Abstieg vor uns hatten, fädelten wir auch gleich die Seile und glitten abwärts. Der obere Teil geht dabei superzügig, auch mit 2x50m-Seilen reicht's gerade just mit 3 Manövern (Top -> 3 -> 1 -> Boden) auf den Raupfad. Wir querten zurück zum Ausstieg der Kalten Sophie und fanden wenige Meter westlich vom Top des Simmenhorns auch den etwas versteckten Muniring zum Abseilen über den Scherrer-Wachter-Pfeiler. Mit nochmals 3 Manövern waren wir zurück bei unserem Einstieg (16.30 Uhr).

Steiler Fels und tolle Ausblicke auf den Walensee aus dem oberen Wandteil.

Inzwischen war auch eine Kopie der Zustiegsbeschreibung auf unseren Smartphones eingetrudelt, somit konnten wir auf dem "offiziellen Weg" ins Tal und auf eine Wiederholung unseres Zustiegs-Geschnafels verzichten. Kurzum geht's auf Höhe Einstieg nach Osten bis in die Rinne, welche vom Tristencholben runterzieht. Während diese Querung teils auf Wildwechseln gut gangbar ist, gibt's plötzlich auch wieder Abschnitte, wo gar kein Pfad sichtbar ist und man weniger schnell vorwärts kommt. Auch in und neben der Rinne muss man immer wieder Hand anlegen. Immerhin gelang es uns dann, von oben kommend den Einstieg ins Affenwäldli zu finden (was ohne Vorkenntnisse nicht geschenkt ist). Hier wuchert die Vegetation ebenso und da dem Anschein nach kaum Kletterer vorbei kommen heisst es acht geben, dass man sich nicht im Dickicht verliert. Es gelang uns leidlich, so waren wir um 17.30 Uhr im Lüsis und eine halbe Stunde später nach zügigem Abstieg schloss sich der Kreis beim Parkplatz. Das war nun eine ausgiebige Runde gewesen - abenteuerlich und mit alpiner Kletterei, aber ganz nach unserem Gusto. Sicherlich wird weder die eine noch die andere Route ein grosser Publikumsmagnet werden, doch für Kletterer unserer Spezies sind es mit Bestimmheit sehr interessante Ziele!

Facts

Chäserrugg - Kalte Sophie 7a/+ (6b obl.) - 5 SL, 140m - Benz/Müller 2003 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, evtl. Cams 0.2-1

Neben dem Scherrer-Wachter-Pfeiler die einzige Linie der Wand, welche nur durch den unteren Wandteil führt und somit also Zustieg zu den Routen dienen kann, die nur den oberen Teil bezwingen. Grundsätzliche als Variante für die klassische Pfeilerroute gedacht, verläuft sie mit Ausnahme der ersten 1.5 Seillängen eigenständig und bietet dort sowohl schönere wie auch schwierigere Kletterei. Die relativ kurze Cruxpassage ist frei ziemlich knifflig, aber gut abgesichert und mit Hakenhilfe zu entschärfen. Der Rest bewegt sich ziemlich homogen im Bereich 6ab und ist solide geboltet. Mobile Sicherungen sind nicht zwingend nötig, ein Set Cams 0.2-1 könnte hier und da zum Einsatz kommen. Insgesamt eine ziemlich schöne Route in meist solidem, teils plattig-abwärtsgeschichtetem Kalk mit ein paar grasigen Intermezzi dazwischen. Hier das Originaltopo von Daniel.

Die horizontale Bänderung ist charakteristisch für den oberen Wandteil am Chäserrugg.

Chäserrugg - DaCora 6c+ (6b obl.) - 6 SL, 180m - Vogel/Wälti 2019 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express

Steile Kletterei mit Sandstein-Auftakt und 5 SL am ortstypischen, quergebändertem Kalk. Für die ersten beiden Seillängen bedient man sich noch keiner Superlative, aber nach oben hin wird die Kletterei immer schöner und die anhaltend-pumpige Cruxlänge ist wirklich ein Highlight, da man auch noch viel Luft unter den Füssen hat. Die Route ist meistens gut mit Inox-BH abgesichert, wobei die Bolts teilweise etwas inhomogen verteilt sind. Mobile Sicherungsmittel sind nicht nötig bzw. dort wo es etwas längere Abstände gibt nicht einsetzbar. Hier das Originaltopo von Cora & Thomas.

Dienstag, 16. November 2021

Zürcher Klettermeisterschaft 3/2021 - Bouldern im Minimum

"Zeig den Zürcher Hipster Gorillas, wie ein Kletterer die Tops holt" hatte mir ein hier nicht benannter Kollege vor dem Event als Aufmunterung geschrieben. Das war natürlich nur Spass, denn 1) no disrespect to anyone, 2) gibt's tatsächlich manch einen Gorilla, der locker stark genug ist um mich beim Bouldern so richtig zu crushen und 3) ist man an einem Boulderwettkampf mit der Kletterer-Strategie von mal so richtig festkrallen und die Schwierigkeiten wegstehen zwar vielleicht nicht völlig falsch unterwegs, aber eben auch nicht für alle Probleme ausreichend disponiert. Unbesehen davon geht es in erster Linie sowieso um den Spass am Moven und wir freuten uns auf die Herausforderung, in der mit 50 Bouldern komplett neu beschraubten Halle möglichst viele Tops zu holen.

Vormittags waren erst die Jugendkategorien an der Reihe, die innerhalb von 2 Stunden jeweils nur 20 ausgewählte, in der Schwierigkeit passende Boulder angehen mussten. Beide Kids waren am Start, damit war mir schon ein grosser Stein der Erleichterung vom Herz gefallen. Für Larina ging's nämlich um den Sieg in der Gesamtwertung und nichts wäre ärgerlicher gewesen, als gesund daheim in Corona-Quarantäne zu sitzen und am Monitor zu bibbern, ob es trotzdem für den Titel der Zürcher Klettermeisterin reicht (hätte es nicht, so viel schon vorweg). In der Schule, im Verein und in der Nachbarschaft poppten in den 10 Tagen zuvor 'Fälle' auf und als sich am Freitagabend auch noch die Gesundheitsdirektion Zürich am Handy meiner Frau meldete, kriegte ich beinahe eine Herzattacke. Aber es war nur eine statistische Befragung und wir konnten beruhigt aber mit reichlich Adrenalin im Blut unsere Sachen packen.

Selbst unser Skispringer war wieder einmal dabei und attackierte höchst motiviert die Blöcke. Es war das erste Mal seit ca. den Sommerferien, dass er wieder Kletterfinken an den Füssen hatte und dafür war die Leistung beachtlich. Wenig erstaunlicherweise war die Kraft in den Fingern irgendwann komplett aufgebraucht, denn die braucht's beim Springen nur gerade fürs Öffnen der Bindung und das ist definitiv kein adäquates Training ;-) Bei Larina lief es soweit ganz ordentlich, nur ein fies um die Ecke geschraubter Topgriff, der mit ihrer (im Vergleich zu den Konkurrentinnen beschränkten) Reichweite gerade nicht erreichbar war und keine alternative Beta zuliess, sorgte für Kopfzerbrechen. Sonst standen am Ende aber alle als machbar wahrgenommenen Probleme auf dem Laufblatt. Etwas verblüfft und enttäuscht waren wir schon, dass dies am Ende nur für einen bescheidenen 10. Rang reichen sollte... da müssen wir schon noch einmal über die Bücher. Aber immerhin waren auch damit genügend Punkte gesammelt, um den Titel der U14-Zürcher-Klettermeisterin zu sichern und das war die primäre Mission an diesem Tag. Bravo und herzliche Gratulation!

Am Nachmittag hiess es dann für uns Erwachsene 4.5 Stunden lang Vollgas geben und so etwas liebe ich einfach. Wie viel Strom da fliesst, erkennt man nur schon daran, dass mir die ganze Zeit lang in Shorts und T-Shirt mehr als warm genug war - in der notabene ungeheizten Halle, bei offenen Toren und einstelligen Temperaturen - Hashtag #onfire wäre da wohl angebracht. Auf jeden einzelnen Boulder einzugehen wäre natürlich viel zu viel, aber der persönlichen Highlights waren manche. Zwei seien genannt, nämlich a) zusammen mit Boulder-WM-Finalistin Andrea Kümin einen tricky Plattenboulder zu entschlüsseln, den nach etwas Pröbeln erst sie und ich dann 2 Versuche später erfolgreich ziehen konnte. Oder b) ein anderes Problem mit einem Sprung-Intro, dann einem hautverzehrenden Kneebar und einem unmöglichen Topmove, den ich nur mit einem erfinderischen, aber sehr heiklen Hook 3m über Grund hinkriegte - ihn aber so unbedingt wollte, dass ich das Risiko aus beachtlicher Höhe unangenehm auf die Matte zu panieren einging und reüssieren konnte. 

Am Ende konnte ich mir 42 Tops aufs Laufblatt notieren. Damit hatte ich eigentlich alles gemacht, was mir mit meinen PS realistisch schien. Klar, ein paar weitere Boulder waren noch im 'denkbaren' Rahmen, d.h. mit frischer Kraft und entsprechender Würdigung an einem anderen Tag eventuell realisierbar, aber sicher nicht mehr am Wettkampf. Gespannt war ich, wofür dies am Ende auf der Rangliste reichen würde. Denn ganz offensichtlich waren mit mir ein paar 'Gorillas' am Werk, die bereits ausgebuchten Elitekategorien hatten einige richtig starke Leute auf den Fun-Wettkampf ausweichen lassen. Rang 4 und somit eine deutlich bessere Platzierung wie gedacht war es schliesslich, die beharrliche 'Jäger und Sammler'-Strategie gepaart mit der dafür notwendigen Portion Ausdauer war aufgegangen :-) Naja, ein jeder macht was er kann... hoffentlich mit genau so viel Spass an der Sache, wie das bei mir der Fall war. Dreizehn intensive Stunden von 8 Uhr morgens bis 21 Uhr abends hatten wir im Minimum zugebracht, vom Coachen übers Bouldern bis zum Judgen der Elite-Finals eine grosse Vielseitigkeit erlebt - es war einfach der Hammer, vielen herzlichen Dank allen Beteiligten, die solche Erlebnisse möglich machen :-)

Dienstag, 9. November 2021

Ski & Fly Vilan (2376m)

Die Geschichte von dieser Tour beginnt eigentlich schon am Vorabend, mit dem Boulder-Contest zum 10-jährigen Jubiläum vom Grindelboulder. Es ist ja bekannt, wie sehr ich diese Events liebe, wegen Corona gab's zuletzt nicht mehr oft die Möglichkeit sowas zu machen und wieder einmal bei Flow vorbeizugehen um zu gratulieren war sowieso angezeigt. So war ich dann am Folgetag, nach dem Versuchen von 36 Bouldern, dem erfolgreichen bewältigen von deren 29 und einem 3. Platz unter ~60 Teilnehmenden (zu) gut bedient, um nochmals klettern zu gehen. Die alten Knochen brauchen schliesslich die nötige Erholungszeit, nachdem frischer Schnee gefallen war und ein exzellenter Bergtag prognostiziert wurde, sollte es auf eine eher läuferisch orientierte Tour gehen.

Sommer meets Winter, das war definitiv das Motto dieser Tour!

Während wir uns bewusst waren, dass man tiefer in den Alpen womöglich eine üppigere Schneedecke angetroffen hätte, so entschieden wir uns schliesslich doch für die Tour an der Eintrittspforte zum Bündnerland. Denn sowieso führten wir den Gleitschirm als Joker mit und würden uns in die Luft schwingen, sofern die Verhältnisse kein genussvolles Skifahren zuliessen. Als wir um 9.20 Uhr bei der Kirche in Seewis (ca. 940m) losliefen, hatte es vorerst einmal gar keinen Schnee, also kamen die Bretter an den Rucksack. Webcams sei dank war es aber glasklar, dass sich dies bald einmal ändern wurde. Tatsächlich waren die Wiesen bei P.1116 weiss überzuckert, so dass wir mit den Fellen über die glatten Wiesen aufsteigen konnten.

Wunderbar, das Ambiente im frisch verschneiten Prättigau - und wir ganz alleine unterwegs!

Auf der Normalroute ging's hinauf, schon bald einmal hatten wir mit Stollenbildung zu kämpfen. Naja, damit war zu rechnen, denn der Wechsel von angefeuchtetem Schnee auf knapp bedecktem Untergrund auf eiskalten Pulver in schattigeren Abschnitten ist einfach ungünstig. Mit ein paar Abkratz-Aktionen ging's aber schon. Bei den Hütten der Sadreinaegg legten wir eine gütliche Verpflegungspause ein und genossen die sonnige Wärme, bevor es über den Ostgrat dem Gipfel entgegen ging. Wie bekannt ist dieser zum Abfahren wenig geeignet, der Aufstieg ist aber sehr aussichtsreich und genussvoll - wie erwartet waren wir auch ganz alleine unterwegs am Berg. Nach nochmals strenger Spurarbeit wegen klebrigem Schnee erreichten wir schliesslich ein paar Minuten vor 13.00 Uhr und damit nach doch erst rund 3:30 Stunden Aufstieg das Top.

Parat zum Abflug, direkt vom Gipfel.

Das Ambiente war fantastisch, Aussicht auf alle Seiten, wohlige Wärme und so gut wie kein Wind. Solche Gipfelaufenthalte nähmen wir in der kommenden Saison gerne öfter! Zwar hätte man sich wenn nötig wohl schon irgendwie skifahrend zurück ins Tal würgen können. Es war aber offensichtlich, dass es noch zu wenig Schnee für genussvolles, spassiges Skifahren hatte. Weil auch die Situation am Gipfel perfekt für einen Start passte, mussten wir nicht lange werweissen, wie vorzugehen wäre. Das Tuch wurde daselbst drapiert, die Bretter angeschnallt und aussichtsreich zu Tale nach Grüsch geflogen. Ein Genussflug par excellence! Und dank dem herzlich verdankenswerten Einsatz von meinen Tourenpartner Urs und seinem Video (YouTube-Link) lässt sich nun auch die Frage beantworten, wie man mit den Ski auf den grünen Wiesen im Tal landet... wer einen Kuhfladen trifft, beim dem gleitet es noch ein wenig besser, aber es geht auch sonst ohne Köpfler :-)



Mittwoch, 3. November 2021

Valaschga Hochwand - Sunset Boulevard (7a+)

Die mit knapp 350m Höhe auftrumpfende Hochwand bei Flums im Seeztal hatte ich schon im 2008 für die Route Leistenbruch (12 SL, 7a+) besucht. Sie bietet mit der Sunset Boulevard (11 SL, 7a+) eine weitere sehr interessante Route, die mit einer längeren Erschliessungsgeschichte aufwarten kann. Bereits in den 1980er-Jahren wagte Fredy Tischhauser mit Alex Hug einen ersten Vorstoss, der bis in Wandmitte führte. Im 1999 wurde die Route dann bis zum Top erschlossen, dies mit teils neuer Linienführung im unteren Wandteil. Leider führte der Verlauf teils durch Gelände, welches oft nass und schmutzig ist. Im Sommer 2021 sanierten Fredy Tischhauser und Eugen Huber die Route komplett mit Inoxmaterial und erschlossen 2.5 neue Seillängen, welche die nässeanfälligen Sektionen vermeiden. Soweit mir bekannt ist, gab es bis dato keine Rotpunktbegehung dieser neuen Teilstücke und somit eine sehr interessante Challenge für einen föhnigen Herbsttag.


Die herbstliche Jahreszeit eignet sich sicherlich am besten für die Hochwand - im Frühling während der Schneeschmelze drückt meist die Nässe, im Sommer ist es schlicht zu heiss, doch bei tiefstehender Sonne, nach Trockenperioden und natürlich wenn in höheren Lagen schon der erste Schnee die Kletterei beeinträchtigt sind die Bedingungen für einen Versuch gegeben. Wir kurvten auf der schmalen Bergstrasse von Berschis bis zum Parkplatz (ca. 870m) beim Taxautomaten. Nach unserer Interpretation muss man fürs Abstellen dort noch keinen Obulus löhnen, aber dieser Aspekt war sowieso hypothetisch, da das Gerät saisonbedingt bereits in den Winterschlaf versetzt worden war. Um 10.20 Uhr liefen wir los, man geht 150m über die Asphaltstrasse zu P.896, nimmt dort den Kiesweg für ein paar Hundert Meter und leicht absteigend nach Osten. Nachdem man den dritten Bachlauf überquert hat, beginnt ca. 25m weiter am lokal tiefsten Punkt der Strasse eine schwache Wegspur, die in wenigen Minuten zur Wand führt. Der Einstieg zu Sunset Boulevard ist nicht näher bezeichnet, er befindet sich unmittelbar links vom Bachlauf, die ersten BH sind gut zu erkennen. Nachdem wir uns aufgeschirrt hatten, stiegen wir um ca. 10.45 Uhr (Sommerzeit) ein, die Sonne rückte eben gerade um die Ecke. 

Ambiente mit Blick auf die Paschga, den Walensee und die Churfirsten.
L1, 50m, 5c+: Die ersten Meter sind noch etwas schmutzig und könnten ob dem glatten Fels schwierig sein, interessante Strukturen erlauben aber gutes Fortkommen. Später tendiert man vom Wasserlauf nach links weg und trifft somit auf schöneren und sauberen Fels. Über ein paar Aufschwünge hinweg, die gar nicht mal alle völlig trivial sind, erreicht man schliesslich ein breites, geröllbedecktes Band mit dem Standplatz.

L2, 50m, 5c: Ähnlich wie im oberen Teil der ersten Länge geht's weiter - an sich nicht mega schwierig, aber es ist doch immer wieder einmal ein Kletterzug gefordert, der ein wenig Nachdenken über die richtige Lösung erfordert. Das gilt erst recht für das Finish in schon recht kompaktem Gelände zum Standplatz hinauf. Dieser steckt hoch und glänzt nicht mit Bequemlichkeit - dafür geht's so halt eben gut auf mit den Seillängen im unteren Teil.

Schöne Kletterei in L2 (5c), auch wenn da und dort etwas Gras spriesst.
L3, 45m, 7a: So richtig aufgewärmt ist man an dieser Stelle noch nicht, aber nun geht's richtig los. Schon gleich am ersten Haken ist es glatt und die offensichtlich rettenden Griffe weit entfernt. Wohl unabhängig von der Körpergrösse wird ein jeder überstreckt nach ihnen tasten. Ein paar zugänglichere Schritte bringen einen an die Crux beim dritten Bolt. Da heisst es überzeugt auf kleinen Noppen auf etwas glattem Fels antreten, zudem glänzt der nächste Haken erst in der Ferne. Letzteres ist insofern unproblematisch, als man bald wieder griffiges Gestein in die Finger bekommt. Im Mittelteil der Länge will dann ein Wulst mit kleinem Dach geentert werden. Dank ein paar vorzüglichen Schwarten geht das aber gut Im Bereich 6a+ von der Hand, der Abschluss in gestuftem Gelände macht auch keine Schwierigkeiten mehr. Subjektiv empfand ich die Crux dieser Länge als eine der schwersten Stellen der Route - ob dem auch wirklich so ist oder ob ich nachher einfach besser im Fluss war, ist nun verdammt schwierig zu sagen.

L4, 50m, 5c+: Die Backsteinwand! Der Fels ist hier auffällig quer gebändert, von Weitem könnte man brüchiges Gestein vermuten. Doch während nicht alles bombenfest ist, so spielt sich das doch komplett in Minne ab und es macht Spass, an dieser ausgesetzten Mauer zu klettern. Das darf man auch ziemlich luftig zwischen den Bolts tun. Zu erwähnen ist, dass unsere 50m-Seile gerade eben so für diese Länge ausreichten - bei schon stärker geschrumpften Stricken könnte man aber problemlos schon etwas nachsteigen.

Ein imposantes Gemäuer wartet in L4, mit einer 5c+ aber erstaunlich einfach zu klettern!
L5, 45m, 6b: Links um die Ecke geht's und vorerst in weiterem Backsteingelände aufwärts. Die Neigung legt sich hier etwas zurück, der Fels ist fester und die Fugen tiefer. In solche habe ich noch die Cams 0.3 und 0.4 platziert, es waren die einzigen mobilen Sicherungen, die wir auf der Route als gewinnbringend empfanden (mit etwas Kühnheit ginge es auch ohne). Man erreicht dann den Umkehrstand aus den 1980ern und kurz darauf zweigt die neue Variante von 2021 linkshaltend von der Linie von 1999 ab. Gleich zu Beginn wartet eine knifflige Querung an einer kleinen Reibungsrampe, dann geht's in schönem, rauem Gestein aufwärts - dort wo kein BH mehr sichtbar ist, einfach auf der logisch-gängigsten Linie Richtung 11 Uhr steigen und übers Dächlein hinweg, wo nochmals eine Zwischensicherung und bald der Stand folgen.

Auch der Anfang von L5 (6b) verläuft im horizontal geschichteten Fels...
...das Ende von L5 (6b) dann in schönem, kompakt-plattigem Gelände, im 2021 neu erschlossen.
L6, 20m, 6c/+: Da war sie jetzt also nun, eine der neuen Sequenzen mit noch unbekannter Schwierigkeit! Mit der Motivation, ihr einen guten Fight zu bieten stieg ich los. Es folgt eine deutliche, noch eher technisch gestrickte Rechtsquerung, dann geht's athletisch an Seit- und Untergriffen über eine Steilpassage und schliesslich mit weiten Zügen an guten Griffen in kompaktem Gelände hoch. Am Ende war es klettertechnisch gar nicht mal so schwierig (wir schätzen im Bereich 6c/+) und es gelang mir ziemlich souverän onsight - trotzdem war die Aufgabe schwieriger, wie man meinen könnte! Einerseits macht das praktisch jungfräuliche Gelände, andererseits vor allem die fehlende Bewertung schon einen Unterschied! Schliesslich gibt es beim Klettern auch das 'Mental Game' zu berücksichtigen. Bei einer bewerteten und im machbaren Bereich eingestuften Seillänge steigt man mit einer klaren Erwartungshaltung und der Überzeugung los, es schaffen zu können. Das war hier ganz anders, es war einzig klar, dass die Länge bisher nicht gepunktet wurde und daher potenziell (sehr) schwierig - und so geht man eben ganz anders an die Sache ran und selbst eine fürs persönliche Können nicht extrem harte Seillänge wird zur Herausforderung, zumindest im mentalen Bereich.

Auch L6 (6c/+) ist eine neue Seillänge. Sie bietet zuerst eine technische Querung, dann geht's an Untergriffen über den Wulst beim Kletterer hinweg...
...am Ende warten in L6 (6c/+) kräftig-weite Züge in steilem Gelände an guten Griffen.
L7, 50m, 7a: Genau dasselbe Schicksal blühte mir auf dem nächsten Abschnitt gleich noch einmal. Aber inzwischen hatte ich schon etwas an Fahrt aufgenommen und so konnte ich auch dieser Sequenz im Onsight die erste freie Begehung abluchsen. Unschwierig geht's nach links hoch, bis eine kompakte Wandzone fordernde Moves bietet. Mit 2-3x überzeugt "spitzig" auf Gegendruck antreten waren die rettenden Griffe erreicht. Zugänglicher ging's weiter, der Weiterweg bietet eine fast horizontale Querung nach rechts. Eine kompakte Plattenzone wartet dann mit einer zweiten Crux auf. Von Untergriffschuppen heisst es, Druck auf die Füsse zu bringen und sich dann nach rechts zu tauglichen Slopern zu retten und zu manteln - eine Stelle, wo meine Körpergrösse für einmal vermutlich eher vorteilhaft als hinderlich war (wie immer schwierig zu sagen...). Das Finish dann cool und einfacher in prima Fels am Pfeiler - man muss allerdings (auch schon vorher) geschickt verlängern, damit man hier ohne übermässigen Seilzug klettern kann. Hier am Stand trifft man wieder mit der Linie von 1999 zusammen und klettert über diese zum Top.

Annäherung an die erste Crux in L7 (7a)...
Rückblick auf das schöne Finish von L7 (7a), einige Sicherungen muss man grosszügig verlängern!
L8, 40m, 6a+: Hinauf über eine erste Stufe, am nächsten Pfeilerkopf lockt einen eng gehaltene Absicherung auf eine Linie in sehr schönen, zerfressenen und wasserrilligen Fels, das ist Top! Die Fortsetzung der Länge in gestuftem und teils auch etwas grasigem Gelände ist dann nicht mehr ganz so genussvoll, aber in Absenz von Schwierigkeiten auch zügig erledigt.

L9, 50m, 5b: Im Gehgelände über ein paar Stufen hinweg muss man die Fortsetzung der Route eher links drüben suchen gehen. Darauf folgen nochmals 20m in ähnlich grasigem und nicht ganz so solidem, aber dafür einfachem Gelände. Weiter oben wird der Fels wieder kompakter, die Kletterei schöner und auch schwieriger, insbesondere die letzten Moves in den Stand.

Unterwegs in L9 (5b), deren erste Hälfte noch etwas durchzogen ist, aber im zweiten Teil folgen noch schöne Moves. Ebenso sieht man (grosso Modo oberhalb vom Kletterer) die Fortsetzung der Route bis zum Top. Wie man auf dem Foto erahnen kann, ist im Frühling und nach Nässeperioden dieser ganze Wandbereich unmittelbar neben oder je nachdem auch auf der Route grossflächig nass. Der Herbst ist daher die beste Jahreszeit für die Hochwand!
L10, 50m, 7a: Der Auftakt überquert nach links eine Zone mit blau-weissem Belag, bei Nässe könnte das eine schmierige Affäre sein! Da ist's aber grundsätzlich noch unschwierig, was auch für den folgenden, griffigen Wulst gilt. So gelangt man aber in die grosse, plattige Wand. Diese bietet anhaltende Reibungskletterei in tollem Fels, wirklich sehr schön! Des Öfteren muss man mutig antreten, eine ganz so verzweifelt schwierige, fusstechnische Stelle wie in L3 konnten wir aber nicht wahrnehmen - vielleicht war aber auch nur das Reibungsempfinden inzwischen besser kalibriert. Aufgrund der Länge und der etwas mäandrierenden Linie muss man hier aufpassen, dass man sich die Sache nicht aufgrund von Seilzug schwieriger macht, wie sie ist.

L11, 25m, 7a+: Das letzte Pièce de Resistance ist mit einer leicht überhängenden Wand mit rauem Fels gegeben. Erst geht's einer griffigen Rippe entlang, die sie noch ein wenig splittrig anfühlt. Nachher wird der Fels dann aber richtig cool mit scharfen Leisten und ein paar überraschenden Henkeln. Ein paar entschlossene, kräftige Moves sind da nötig und auch etwas Grips, um eine funktionierende Beta zu zimmern. Das gelang mir nicht immer auf Anhieb perfekt, doch zum Glück waren noch genügend Reserven da, um alles sauber zu entschlüsseln. Äusserst froh war ich aber dennoch, als ich die letzten Henkel in die Finger kriegte und mich mit schwindenden Kräften aber dem Onsight in der Tasche um die Kante wuchten konnte. Der Abschlussstand liegt knapp unterhalb der Kante im Steilgelände. Man kann dort entweder eher unbequem nachnehmen; gleich umlenken und den Nachsteiger ab Stand 10 im Toprope sichern; oder unsere Alternative, im flachen Gelände oberhalb der Wand an einem Baum sichern.

Ausblick auf L11 (7a+), welche auf diesem Foto banaler, flacher und kürzer aussieht, als sie in Realität ist. Denn ab der Position vom Kletterer heisst es nun definitiv zupacken, um den Ausstieg zu erreichen werden nämlich schon noch ein paar athletische Moves abgefragt.
Um 16.00 Uhr und somit nach 5:15 Stunden Kletterei hatten wir die Mission mit der Befreiung der neuen Variante vom Sunset Boulevard erfüllt! Das war nun richtig genial gewesen - trotz gewissen Zweifeln im Vorfeld lief es mit der Kletterei rund. Und während man aufgrund der Prognosen einen grauen, windigen und kühlen Tag hätte fürchten können, genossen wir wohlige Wärme und tolle Landschaftsblicke bei schon fast psychedelischem Wolkenbild. Bewusst war uns aber, dass dies wohl eine (wenn nicht die, die Zukunft wird es zeigen) längere MSL-Tour der Saison war, umso mehr sogen wir die tolle Stimmung am Top auf. Doch schliesslich riefen die (Familien)pflichten und es hiess abseilen. Das erste Manöver vollzogen wir an einem Baum, das Seil liess sich von da problemloser abziehen wie wir gefürchtet hatten. Dank nahezu immer 50m messenden Seillängen, dem steilen und wenig seilfressenden Fels ging's zügig zum Einstieg und von da war es ja auch nicht weit zurück zum Automobil, wo sich um 17.30 Uhr der Kreis schloss. Wenn's tatsächlich das Schlussbouquet zur MSL-Saison 2021 gewesen sein sollte, so war es auf jeden Fall ein ganz tolles!

Finito Lavori bei meinem treuen Begleiter in der Outdoorsaison 2021! Ja, das Loch ist auf dieser Tour entstanden... wo man ja schon öfters heftig auf Reibung antreten muss. Und es passiert immer dann, wenn mir die Schuhe am besten passen: gut eingetragen, weich & flexibel, mit schön dünner Sohle um jede Unebenheit auf der Unterlage zu erfühlen. Und natürlich kriegen die jetzt schon ein zweites Leben, werden aber nur noch auf einfacheren MSL und zum Indoorklettern eingesetzt.

Facts

Valaschga Hochwand - Sunset Boulevard 7a+ (6b obl) - 11 SL, 480m - F. Tischhauser et al. 1985-2021 - ***;xxx-xxxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express (davon 4-6 verlängerbare), evtl. Cams 0.3-0.5

Lange, alpin angehauchte, abwechslungsreiche MSL-Kletterei an einer sonnigen Wand in tiefer Lage, ideal für Spätherbst und Frühwinter. Zusammen mit der guten Erreichbarkeit und dem kurzen Zustieg ein ziemliches Unikat in der Ostschweiz. Die Kletterei verläuft fast durchgehend in solidem Fels. In den einfacheren Seillängen spriesst da und dort etwas Gras und es gibt geröllbedeckte Bänder, in den schwierigen Abschnitten führt die Route durch plattig-kompaktes Gelände. Gutes Können auf Reibung hilft dort weiter, es gibt aber auch athletische Abschnitte zu bewältigen. Teilweise führt die Route durch oder nahe einer Zone, die im Frühjahr und nach Nässeperioden ein Wasserlauf ist, d.h. dass man vereinzelt auf etwas Schmutzbelag treffen kann. Das soll aber keine schlechte Werbung für die Route sein, deren Erlebniswert auf jeden Fall gegeben ist! Die 2.5 neuen Seillängen aus dem 2021 sowie die Sanierung der zuvor teils kolossal rostigen Haken werten die Route auf jeden Fall stark auf und entschärfen das Problem der Nässeanfälligkeit auch sehr. Die Absicherung ist gut bis sehr gut, konkret ist auf den 5er-Längen durchaus luftiges Steigen angesagt (xxx), im 6er-Bereich gibt's prima MSL-Absicherung (xxxx), während die Schlüsselstellen (z.B. L7, L11) noch engere Abstände aufweisen. Wir haben nur gerade am Anfang von L5 zwei Cams (0.3, 0.4) gelegt, sonst drängte sich dies nirgendwo auf. Das Topo zur Route hat Fredy gezeichnet und nach unserer Befreiung mit den Bewertungsvorschlägen aufdatiert. Vielen herzlichen Dank für deinen Einsatz am Fels und vor dem Computer!