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Dienstag, 19. April 2022

Plattenwand - Galoppverbot (7c+)

News von der Plattenwand! Ab sofort kann man sich an einem neuen Testpiece versuchen, das ich nach längerem Projektstatus im 2021 einbohren und einüben konnte, bevor in der Trockenperiode vom März 2022 schliesslich die Rotpunktbegehung gelang. An dieser Stelle herzlichen Dank an den Plattenwand-Haupterschliesser Dietmar, der mir dieses Stück Fels überlassen hat. 

Als ich den Fels das erste Mal befühlte, war ich mir noch überhaupt nicht sicher, ob die Linie überhaupt kletterbar ist. Nur in einem Aspekt hatte ich von Beginn weg keine Zweifel: entweder es ging ohne Chipping, oder dann würde ich es bleiben lassen. So tastete ich mich vorerst im Toprope langsam an die Sache ran, suchte nach Griffen und Tritten, welche sich zu kletterbaren Sequenzen zusammensetzen liessen. Das Puzzle war nicht einfach zu lösen, doch nach ein paar Sessions war ich überzeugt davon, dass die Linie kletterbar ist. Ob für mich oder nur für stärkere Athlet:innen konnte ich damals noch nicht mit Sicherheit sagen. Doch immerhin war mir die Sache so klar, dass ich die Bolts sinnvoll platzieren konnte. Sie beginnt mit einem moderat schwierigen Einstieg. Dieser führt bald zu einer sehr schwierigen und griffarmen Steilplattenstelle, welche Vertrauen in die Füsse und sehr präzise Bewegungen erfordert. Nach einem Komplett-Ruhepunkt bildet die leicht überhängende Schlusswand eine weitere Crux. Sie bietet technische Wandkletterei, die Fingerkraft und gute Fusstechnik fordert. Ob die Route wegen der diffizilen, sehr spezifischen Kletterei jedermanns Geschmack treffen wird, da bin ich mir übrigens nicht sicher. Aber das spielte in meinen Überlegungen natürlich keine Rolle.

Nun stehe ich vor der schwierigen Aufgabe, einen Bewertungsvorschlag für die Route geben zu müssen. Das ist echt eine Herausforderung! De Fakto wurde die Kletterei im Lauf der Zeit (subjektiv) immer einfacher. Zu Beginn war's eine blanke, ungenutzte, fast strukturlose Wand, wo ich daran zweifelte, ob sie überhaupt menschenmöglich ist. Nach langer Pröbelarbeit fand ich schliesslich eher schlechte, aber doch nutzbare Griffe und Tritte sowie denkbare Bewegungsabläufe. Weiter erforderte es viel Zeit, diese einzuüben und mit der nötigen Überzeugung und Präzision auszuführen. Somit kam ich zum Schluss, dass es ein Projekt an meiner Leistungsgrenze sei und somit mutmasslich im 8a-Bereich. Doch dann kam der Tag mit dem Rotpunkt-Go: alles war im Fluss, ich konnte die Sequenz perfekt ausführen und war am Umlenker. Und das bevor ich mir darüber gewahr wurde, dass ich eben dabei war, ein Projekt zu punkten, welches mich über 1 Jahr beschäftigt hatte. Somit kann ich ganz klar sagen, dass die Route für mich im Lauf der Zeit immer einfacher zu klettern, aber immer schwieriger zu bewerten wurde. Ob die vorgeschlagene 7c+ passt, da habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Vielleicht fällt es Wiederholern nun, wo die richtigen Strukturen geputzt und mit Kletterspuren markiert sind, dem Wissen dass es geht und möglicherweise besser geeigneter Morphologie viel einfacher... oder ist's bei kleinerer Körpergrösse gar viel schwieriger?!? Da ich es immer alleine probiert habe, kann ich das unmöglich sagen und muss mich in Sachen Bewertung unweigerlich 'auf die Äste hinauslassen'. Das heisst aber auch, dass es mir völlig egal ist, wenn sich schlussendlich eine andere Bewertung etablieren sollte. Für mich ist und bleibt es das Galoppverbot-Projekt, das mich über eine ganze Weile beschäftigt und herausgefordert hat und dessen erfolgreicher Abschluss grosse Freude gemacht hat. Sein Wert für mich wird mit dem Erlebnis, aber ganz definitiv nicht in der Bewertung gemessen!

PS: die Linie rechts davon lautet auf den Namen Kalorienbombe und befindet sich noch im Projektstatus. Meine aktuelle Einschätzung lautet, dass sie nochmals ein ganzes Stück schwieriger ist wie das Galoppverbot - die Zeit wird es dann zeigen.

1 Kommentar:

  1. Gratuliere zum Rotpunkt Marcel. Es freut mich, dass es doch noch Neutouren and er Plattenwand gibt, die nicht gechippt sind. Ich hoffe dass sich andere Erschliesser ein Beispiel nehmen und in Zukunft auf das Schlagen von Griffen und Tritten verzichten. Gruss, Bruno

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