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Mittwoch, 26. Juli 2023

Sommerferien im Wallis 2023

Ein kurzer Bericht von Teil 1 der Sommerferien 2023 kommt zügig! Wie so oft diktieren die äusseren Gegebenheiten die Ferienoptionen. Dass dies keinesfalls schlecht zu sein hat und die Sache in gewisser Hinsicht vielleicht auch einfacher macht, beweist dieser Beitrag sicher zur Genüge. Jedenfalls war Jerome von SA-DO in einem Trainingslager, so dass sich für den Rest der Familie in dieser Zeit ein paar Klettertage ausgingen. Dies mit der Einschränkung, dass Larina am SA am Swiss Cup in Villeneuve engagiert war. Doch dieses Mal liessen sich Not (Abholdienst), Tugend (Zuschauen) und Ferienpläne bestens vereinbaren. Mit Verstärkung von Hannah, einer weiteren Wettkämpferin, wollten wir die Top-Sommerspots im Wallis ausprobieren, welche uns Sandro eben erst gerade im neuen Schweiz extrem West präsentiert hatte. An dieser Stelle eine kurze Charakterisierung der Gebiete.

Tolle Abendstimmung am Plage du Bouveret am Lac Léman.

Epagny

Ein bisschen snobistisch lautete der Eltern Devise "wir klettern lieber erst selbst noch etwas und schauen Larina nur beim Final zu". Ein allzu langes Zeitfenster blieb uns nach Jeromes Aufbruch trotzdem nicht, weshalb die Wahl auf diesen Crag nahe bei Bulle fiel. Der relativ kurze Umweg auf der Fahrt Richtung Genfersee, das Attribut "neu für uns" und die NW-Exposition gaben den Ausschlag. Leicht ätzend war die Tatsache, dass beim Parkplatz bei der Chapelle des Marches eine Motocross-Veranstaltung stattfand, was leider den Zustieg etwas verkomplizierte. Ich will ja nicht mit Verbotitis um mich werfen. Aber dass eine solche Veranstaltung, wo ganze Felder umgepflügt werden, ein weitherum hörbarer Höllenlärm herrscht und die Luft massiv verpestet wird erstaunt im Angesicht der immer weiter greifenden Einschränkungen im stillen Bergsport schon fragwürdig. Aber sei's drum, ich wollte ja eh über das Gebiet schreiben... wie der extrem West schon antönt, ist der Fels in Epagny nicht wunderprächtig. Am ehesten hat er mich an (das inzwischen wohl für immer gesperrte 😔) Lungern erinnert. Und auch die Bemerkung mit der Steinschlaggefahr ist absolut richtig - immer wieder fällt von oben Ware runter. Beim Sichern und Klettern an der überhängenden Wand ist man zwar geschützt. Umsicht, Helm auf und kleine Kinder daheimlassen scheint trotzdem die Devise. Betrieb war übrigens trotz Samstag absolut keiner, das Gebiet scheint nur wenig Besuch zu erhalten. Gekletterte Routen: Callisto (6b+), Armageddon (7a), Matrix (7b), Andromède (7c)

Kathrin movt in der Armageddon (7a) in Epagny.

Van d'en Haut

Mit gütlicher Zeitreserve waren wir in Villeneuve eingetroffen und konnten Larina in ihrem Final anfeuern. Was ganz gut klappte, mit dem 3. Rang gab's einen Podestplatz am Swiss Cup, bravo und Gratulation! Für den Abend und die Nacht fanden wir auf dem Camping in Le Bouveret am Lac Léman bei befreundeten Wettkämpfern Unterschlupf. Danach wollten wir uns etwas zentraler im Wallis installieren, verabredeten uns jedoch mit einem grösseren Detachement vom Wettkampf für den Sektor oberhalb vom Camping in Van d'en Haut. Eine absolut geniale, viele Meter überhängende Gneiswand mit 35m Höhe, ca. 25 Routen von 7a+ bis 9a und ganztägigen Schatten - was will man mehr?!? Wer gleich mehrere Tage dort klettern möchte, kann sich ideal auf dem naturbelassenen Camping unterhalb installieren. Mir machte das Klettern dort trotz eher harter Bewertung enorm viel Spass. Die Routen bieten auch einen sehr interessanten Mix von gekonntem Body Positioning (oft in verschneidungsähnlichen Strukturen) und Fingerkraft-Ausdauer an Leisten. Eingestiegen war ich nur in Gaya (7a+, knifflig), Deux mains peut-être (7c, Réééésiiii mit knüppelhartem Finish) und Gravitation (7c+, technisch und kräftig), so dass noch viele Projekte offen wären. Wir beschlossen aber trotzdem, noch andere Felsen sehen zu wollen und campierten schliesslich im Tal.

Podest U16 Girls - leider keine Fotos gemacht in Van d'en Haut (hey, das ist keine faule Ausrede 😄)

Rawyl

Ja, dieses weltbekannte Gebiet ist nicht ganz neu und stand bei mir natürlich schon lange auf der Agenda. Nun, im Zentralwallis ist man nicht allzu häufig und selbst ab dem Hauptort Sion ist es noch eine gehörige Kurverei, bis man einmal oben bei der Barrage du Tseuzier ist. Zur Auswahl stehen dann unterschiedliche Sektoren (ja eigentlich eher Gebiete, die teils komplett verschieden angelaufen werden). Wir entschieden uns für den ostseitig exponierten M12, der mehr oder weniger ganztägig im Schatten liegt und rund 50 Routen bis 8c bietet. Im Zustieg wählten wir den "weiten Weg rundherum" der Wasserleitung entlang (gute 30 Minuten), effizienter ist sicher der Direktabstieg an den Fixseilen und Ketten (unser Rückweg, ca. 20 Minuten, passt schon!). Zu sagen ist, dass der quer gebänderte Fels oft nicht so von Top-Qualität ist. Teils sind die Bänder etwas brösmelig-splittrig, aber in den beliebtesten Routen wo schon Hunderten von Climber-Händen hingelangt haben, stört das kaum mehr. Zu erwähnen ist noch, dass manche der oft stark überhängenden Routen im "Mutproben-Style" eingerichtet sind. Ob der Steilheit zwar ungefährlich, aber doch mit weiten Abständen und meist so, dass schwere Stellen zwingend, mit Potenzial für gehörige Flugmeilen vor dem nächsten Klipp gemeistert werden wollen. Einige finden es wohl gerade darum toll... Ich für mich selber muss hingegen konstatieren, dass ich beim Klettern am Limit auch bei normalen Abständen mehr als ausreichend Nervenkitzel empfinde und somit nicht ein Fan derartiger Ausrüstung bin. Aber solange man nur in Routen klettert, wo man die (fast durchwegs guten bis sehr guten) Griffe genügend lange festhalten kann, geht's schon. Dieser Strategie folgend gab es folgende Einträge in der Ticklist: Allah Akbar (7a, super spektakuläre Henkeltour), Coup de Steehl (7a, kleingriffiger Einstieg, dann Ausdauer an Querbändern), Sensimilla (7b, schön, eher crimpy & technisch) und Fils de... (7b, Henkel-Ausdauer mit athletischen Moves, der Routenname erklärt sich einem selbst, wenn man vor der Crux, weit über dem letzten Haken bei idealer Klipp-Position einen eingeschlagenen Dübel vor der Nase hat...).

Hannah in der Sensimilla (7b) im Sektor M12 von Rawyl.

Sanières

Nach 3 Tagen Vollgas war erst einmal ein Restday angesagt. Natürlich nicht im Schwimmbad, sondern auf MSL am Sanetsch. Der Bericht zur 5-SL-Route Damned (7a) erscheint jedoch in einem eigenen Beitrag. Am Mittwoch entschieden wir uns dann für diesen NW-exponierten Sektor bei Les Haudères im Val d'Hérens. 30 Jahre waren es her, seit ich mich in meinen alpinistischen Frühzeiten für die Besteigung der Dent Blanche das letzte Mal hier hinten aufgehalten hatte - c'est fou comme le temps passe vite! Das Gebiet auf 1600m überzeugt mit Schatten bis um 16 Uhr (und nachher wird es ausser an absoluten Hitzetagen auch meist noch gut gehen), 35 steil-gutgriffigen Routen von 6b bis 8a und kurz gehaltener Absicherung. Zu erwähnen ist, dass der Fels nicht von Klasse Premier Cru ist, fürs Sportklettern jedoch absolut ausreichend und echt lässig zu beklettern. Von Yanik und Chris erhielten wir Verstärkung, so dass ich die Jungmannschaft voller Elan in einer 8a betätigen konnte. Mir war es lieber, auf sicher ein paar Punkte zu buchen als einen besonders wertvollen (oder dann doch nicht 🙄), dementsprechend wurde in folgenden Touren angegriffen: Sang bleu (7a, 40m geniale Leistenkletterei à la Acherli, ein Muss!), Terra Nova L1 mit Verlängerung rechts (7a, 35m super steil, luftig und nur Henkel), Divergence (7c, Boulderstellen mit Rastpunkten dazwischen), Pierre de Lune (7a, zwei zähe Stellen, komisch gebohrt) und Sang neuf (6c+, super Henkelspass).

Kathrin in der super ästhetischen Sang Bleu (7a) in Sanières.

Vionnaz

Tja, da hiess es schon wieder Einpacken, Abschied nehmen, Jerome abholen und den nächsten Ferienzielen zustreben. Auf dem Heimweg blieb aber noch Zeit für eine gute Session im Sektor Atelier in Vionnaz, dieses Mal mit der Berner Oberländer Wettkampfcrew. Der NW-seitig exponierte Sektor befindet sich in einem dichten Wald, morgens war da fast noch eine Stirnlampe angezeigt! Der Vorteil besteht aber darin, dass man trotz nur 700m Meereshöhe den ganzen Tag bei guten Conditions riegeln kann. Die leicht überhängende Wand wirkt (nicht ganz so sehr wie am Voralpsee) ein bisschen wie "mit dem Messer geschnitten". Grosse Strukturen sind Mangelware und während man für die Griffel oft ganz taugliche Leisten findet, stehen die Füsse oft "im Nichts" auf einem ziemlich glatten Parkett. Auf jeden Fall, im Vergleich zu den Tagen davor war es eine komplett andere Kletterei. Zu sagen ist auch, dass die beiden naheliegenden Aufwärmer im Grad 6c+ ihren Job nur mässig erfüllen. Die Aldo maçonne (6c+) ist taff bewertet und wartet gleich mit heftig-seriösem Leistengeriegel auf, ebenso wartet in La chignôlle (rechte Variante, 6c+) die kleingriffige Crux gerade am Anfang, bevor oben freundlichere Klimmerei folgt. Sehr cool waren auch die La visite (7b, tolle Leistenmoves) und die etwas steilere und kräftigere Placebo (7c, rechte Variante). Ja, auch da gibt's noch viel zu tun, in erster Linie den direkten 8a-Exit der letztgekletterten Route, doch selbstverständlich noch viel mehr.

Larina am Aufwärmen im Sektor Atelier in Vionnaz.

Infos und Topos zu allen Gebieten findet man im kürzlich erschienen Schweiz extrem West Band I aus dem Filidor-Verlag.

2 Kommentare:

  1. Hallo Marcel
    Tolle Bilder! Gratulation an Larina zum 3. Rang.
    Es scheint, als hätten wir uns in Van d'en Haut um nur wenige Tage verpasst. Anja und ich waren in der dritten Juli-Woche einige Tage dort. Für uns (GA-Freaks, Zeltbesitzer..) gibt es kaum ein besseres und zugänglicheres Sommergebiet :-) Die 'Deux mains peut-être' ist mir tatsächlich nach einigen Versuchen gelungen, wobei ich mir die zweite Hälfte echt gut einprägen musste, damit's dann effizient genug ging. Guten Mutes habe ich mich danach direkt im Klassiker des Sektors (L'été indien) versucht, welcher sich als nochmals bedeutend härter herausgestellt hat...
    Beste Grüsse Jonas

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    1. Hoi Jonas!

      Danke!

      Ja, das wäre eine Überraschung gewesen, euch dort zu treffen - oder vielleicht auch doch nicht so, denn dass uns die gleichen Felsen anziehen wissen wir ja schon. Gratulation zur "Deux Mains". Bei der muss man oben wirklich einen guten Plan haben, denn wenn man dort einmal zu zögern beginnt, dann geht's wohl kaum mehr. Oder mit anderen Worten, wenn's brenzlig wird, hilft da nur die Flucht nach vorne - aber genau solche Routen sind ja auch sehr cool. Lg, Marcel

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