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Donnerstag, 30. November 2023

Ofen - Kreml (7b)

Wieder einmal war der Herbst gekommen, die ideale Jahreszeit für den Ofen. Uns winkte die Chance, noch knapp vor Torschluss (am 15. November) eine Tour anzugehen. Viele (der begehrten) Routen fehlen mir inzwischen nicht mehr. Aber bevor nicht alle mindestens 1x geklettert sind, heisst es die Lücken zu schliessen und nicht verfrüht von vorne anzufangen. So einigten wir uns auf die Route Kreml. Wenn man deren stotzige Einstiegslänge über die korrupte Einstiegsvariante umgeht, so wartet bis auf eine Dachzone in der siebten Seillänge sehr homogen bewertete Kletterei im Bereich 6b/6b+.

Die Südwand am Ofen im Melchtal mit dem Verlauf der Route Kreml.

Ich habe mir jetzt nicht die Mühe genommen um nachzuzählen, wie oft ich schon davon geträumt und geschrieben habe, den ersten Teil des Zustiegs zum Unter Boden nicht mehr heftig schnaufend-tramplend mit einem konventionellen Mountain Bike zurückzulegen, sondern auf die bequeme Variante mit einem E-Bike zurückgreifen zu können. Aber nun war es soweit... oder jedenfalls fast. Denn schwarze Magie musste ihre Finger im Spiel gehabt haben. Mein Bike liess sich zwar einschalten, doch nach einer halben Pedalumdrehung zeigte das Display nur noch schwarz und liess sich nicht mehr zum Leben erwecken. Wie sich später zeigen sollte, hatte der Akku in ebendiesem Moment das Zeitliche gesegnet 💩 Ein Garantiefall zum Glück, somit blieb mir das Berappen von vielen Fränkli für einen neuen erspart. Das half mir vor Ort aber nur beschränkt weiter... dienlicher war da schon das zweite E-Bike und das Seilmaterial, so dass die Variante "Schlepp" zum Zuge kommen konnte. Im Vergleich zu allen anderen Lösungen war dies immer noch superkomfortabel und schnell, auch mit nur einem Motor waren wir in nur 15 Minuten beim Unter Boden und in weiteren 45 Minuten am Einstieg, der durch den markanten Goldstreifen gut identifizierbar ist. Etwas nach 10.15 Uhr legten wir los.

Herbstklettern am Ofen, das ist einfach eine tolle Sache!

L1, 30m, 7a+: Der Logik wegen beschreibe ich hier die offizielle Startlänge gleich am Anfang, auch wenn wir sie erst am Ende nach dem Abseilen geklettert sind. Die Vermutung, dass hier ein ziemlicher Kaltstart wartet, hat sich denn auch bewahrheitet. Schon bis zum Dach hoch ist es nicht trivial, dort wartet dann ein taffer Boulder, bevor es einfacher zum Stand geht - hart für 7a+. Wenig erstaunlicherweise starten deshalb die meisten wohl mit der einfacheren Einstiegsvariante. 

L1 (korrupte Variante), 35m, 6b: Dieser Einstieg gehört eigentlich zum Lügispiel, ihn hatten wir bereits bei einer früheren Gelegenheit schon geklettert. Gerade leichtverdaulich ist diese 6b dann auch nicht wirklich, obwohl sie mir an jenem Tag gut lief und weniger schwierig vorkam wie damals. Im wesentlichen Teil wartet eine betont senkrechte Leistenpassage, wo man Übersicht beweisen muss, kleine Griffe zu krallen hat und die Füsse geschickt einsetzen sollte - sonst kann man sich gut einen ersten, deftigen Pump holen. Die Querung nach rechts dann offensichtlich, dafür in weniger schönem Fels.

Vom Lügispiel-Einstieg quert man auf der korrupten Einstiegsvariante retour in Kreml (L1, 6b).

L2, 35m, 6b: Auf dieser Höhe trifft man in vielen Ofen-Routen auf die originelle Backstein-Kletterei, welche aber im Kreml nicht ausgeprägt zur Geltung kommt. In der Wand rechts neben einer seichten Verschneidung geht's in schöner Wandkletterei auffi - da waren ein paar Moves gar nicht mal so einfach! Man erreicht schliesslich ein Dach, welches rechtsherum umgangen wird. Ein etwas einfacheres Finish führt schliesslich zum Stand.

Sehr schöne Kletterei im quergebänderten Fels (L2, 6b).

L3, 25m, 6b: Eine relativ kurze und etwas inhomogene Seillänge, welche hinauf zum grasigen Querband führt. Der Fels ist nicht überall von Top-Qualität, die Hauptschwierigkeit besteht aus einer etwas kniffligen Boulderstelle an einem Wulst nach der Mitte der Seillänge.

L4, 40m, Gehgelände: Die Querung über das Band ist problemlos machbar. Für die Fortsetzung beachte man die Topos, die erste Station bzw. Linie gerade hinauf ist nämlich die Wolfsfeder, es geht erst eins weiter rechts weiter.

Jonas packt gerade den Wulst mit der Crux von L3 (6b) an.

L5, 30m, 6b: Steil geht's los mit einer kleinen Verschneidung, aber wer es geschickt anstellt, kann sich mehr oder weniger ausschliesslich an Henkeln bedienen. So gelangt man wieder in steilplattiges Gelände, wo sich die Sache aber schliesslich gut auflöst und man rechtsquerend schon bald den nächsten Stand erreicht.

L6, 35m, 6b+: Dieser Abschnitt verläuft nur wenig links einer superkompakten und sehr fordernden 7a vom Planet der Affen. Aber tatsächlich, hier gibt's einiges an Strukturen, welche ein bedeutend einfacheres Fortkommen erlauben. Trotzdem, die richtige Sequenz will erkannt und die Stellen erbouldert werden. Im oberen Teil der Länge kreuzt man dann den Planet der Affen, den Stand findet man in der gerölligen Flachzone vor dem nächsten Überhang.

Auftakt in L6 (6b+), in Bildmitte die Skitourenziele Hanghorn und Rotsandnollen.

L7, 35m, 7b+/7c (???): Nun wird es steil, ja sehr steil sogar. Zuerst aber doch noch einigermassen griffig, so dass man mit athletischen Moves freiklettern kann. Da die Seillänge in der Literatur auch als 6b+ mit 3pa gehandelt wird, sollte dieser erste Abschnitt nicht allzu fordernd sein - mir kam es ehrlich gesagt aber eher wie eine 7a vor, der Fels übrigens nicht restlos überzeugend. Bis vor den Ausstieg in flacheres Gelände kam ich aber doch ungerupft voran. Aber dann?!? War es subito fertig mit dem Onsight, denn a) weiss man nicht mal richtig, wo und in welche Richtung man über die Kante klettern soll, man sieht b) rein gar nix und hat c) auch keine Zeit, um ewig rumzumachen und zu tasten. Und nicht zuletzt ist es auch einfach richtig hart, denn einen richtigen Griff hat es da nicht wo man ihn sich wünscht, höchstens minimale Kratzer. Nach meinem Empfinden definitiv mehr wie 7b, laut Wandbuch hat es nach der Eröffnung der Route auch lange Jahre gedauert, bis diese Länge überhaupt rotpunkt geklettert wurde und oft (wenn überhaupt) wurde dieser Feat bisher nicht wiederholt. Nachher geht's dann wieder besser voran, erst in der Wand, dann doch an der etwas grasigen Verschneidung - am Ende stört leider der Seilzug. So beschliesst man die Seillänge bevorzugt am unteren Stand, eine Etage (d.h. kompakte Wandstufe) höher befindet sich nochmals einer, wo auch das Wandbuch platziert ist.

Das schwierige Dach in L7 ist überwunden. Die Bewertung checkt wohl eher 7b+/7c als bei 7b ein und wer maximal 6b+ klettern kann oder will, muss wohl auch öfters als die propagierten 3x zum Textilgriff langen. Obenraus gibt's erst schöne Wandkletterei, dann eine etwas grasige Verschneidung.

L8, 40m, 6b: Für die Kreml darf man sich nun mit der deutlich einfacheren linken Linie begnügen, die rechte Variante ist markant fordernder, gehört jedoch nominell zum Lügispiel. Nochmals ein prima Abschnitt, was schwierig erscheint löst sich am Ende doch alles gut auf, im Zweifel einfach nach links queren.

Auf der Zielgerade in L8 (6b). Eher plattiger Fels am Ende, aber die nötigen Strukturen sind da!

Um 14.15 Uh hatten wir nach knapp 4:00h der Kletterei das Top der Route erreicht. Wir rasteten kurz am Grat und seilten dann über die zentrale Piste zurück auf den Boden, um wie bereits schon erwähnt noch die offizielle erste Seillänge zu attackieren. Auch hier blieb mir der Onsight leider verwehrt. Mit einem 2nd Go wäre es vermutlich schon gegangen, aber da mir der Durchstieg in L7 ja auch fehlte, drängte sich dieser nicht unbedingt auf. So gingen wir gen Tal, zügig waren wir beim Unter Boden und nach wenigen Minuten rauschender Fahrt retour beim Parkplatz.

Goodbye Ofen - see you next year... maybe?!? Es gibt noch zu tun, wir kommen sicher wieder!

Facts

Ofen - Kreml 7b+/7c (6b obl.) - 8 SL, 270m - Winkler/Röthlisberger 1989; ***;xxxx

Der Kreml ist deutlich weniger begangen wie andere Routen der Wand und das kommt nicht ganz von ungefähr. Den anspruchsvollen Kaltstart kann man zwar über die korrupte Variante gut umgehen und der Quergang übers Band stört auch nicht sonderlich. Schon viel eher die harte Passage in L7, welche kaum für 7b freizuklettern ist und von den meisten wohl noch einige PA-Moves mehr wie die 3 laut Topo erlaubten fordert. Wer darüber hinwegsehen kann, erhält eine durchaus lässige Route, welche den Grad 6b+ nicht übersteigt. Ganz gleich schön bzw. lohnend wie die beliebten Routen Leiterlispiel, Schwarz Peter oder Halma schien es mir jedoch nicht. Die Absicherung ist nach einer umfassenden (oder mehreren kleinen?!?) Sanierungen gut. Die im Extrem Ost empfohlenen Cams von 0.5-3 und die Keile führten wir mit. Leider habe ich mir damals keine exakten Notizen gemacht, was wirklich zum Einsatz kam - ich meine mich aber zu erinnern, dass man das Rack auch etwas abspecken kann (ohne Gewähr!).

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