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Sonntag, 15. März 2015

Die Kontroverse um Ueli Steck

Die ultraschnelle Begehung der Annapurna-Südwand ist sicherlich eine der herausragendsten Leistungen aller Zeiten im Alpinismus. Zumindest, sofern sie sich so abgespielt hat, wie es erzählt wird. Denn bald einmal wurden Zweifel laut, ob der Gipfel überhaupt erreicht wurde. Der Kern der Bedenken liegt beim fehlenden Beweis - ausser dem Wort von Ueli Steck gibt es keinerlei hieb- und stichfesten Nachweis für den Gipfelerfolg. Eine Dokumentation im Sinne von Fotos oder einem GPS-Track fehlt völlig, weder wurde er nachweislich beobachtet, noch gab es im Nachhinein eindeutig sichtbare Spuren. Doch auch gegen ihn spricht nichts Substanzielles, bis eben auf die Tatsache, dass kein Beweis vorhanden ist.

Fantastische Bergwelt im Himalaya - das müsste die Ama Dablam sein!?!
Ein Abriss über die Ereignisse vor Ort und die Geschehnisse danach wurde vor kurzem im Magazin, einer Beilage des Tagesanzeigers publiziert. Das Heft lässt sich hier im PDF-Format downloaden. An dieser Stelle sei gesagt, dass im Artikel keine wirklich neuen Aspekte präsentiert werden, er aber eine prima Zusammenfassung der bereits bekannten Fakten ist. Ob er nun oben war oder nicht? Das weiss ich natürlich auch nicht, und ich habe noch nicht einmal eine klare Meinung dazu. Aber ich hoffe es! Einerseits, damit im Alpinismus weiterhin das Wort gilt. Und vor allem, dass Ueli, den ich im Rahmen von einigen flüchtigen Treffen beim Klettern als sehr sympathischen und geerdeten Typen kennengelernt habe, nicht mit dieser Lüge leben muss.

Blick zu Everest, Nupste und Lhotse. Meine Erfolge im Himalaya waren eher bescheiden...
Also, was kann ich dann ausser dem Link zur Geschichte beitragen? Im Artikel wird Ueli Steck zitiert. Er äussert sich dahin gehend, dass er die Bedingungen am Berg als perfekt wahrgenommen habe und wie in einer Art Tunnel hinauf- und dann auch wieder hinunter gestiegen sei. An die Dokumentation seiner Taten habe er dabei als letztes gedacht. Genau diese Aussagen werden ihm in den Kletterforen nun um die Ohren geschlagen. Ein Profi sollte trotz alledem bei einer solch wegweisenden Begehung noch die Kapazität haben, handfeste Beweise zu liefern.

...am besten sind wohl fast noch die Boulderprobleme, die ich im Khumbu ziehen konnte.
Für mich wirken seine diesbezüglichen Aussagen jedoch stimmig. Ich dokumentiere meine Touren ja sehr gerne mit Fotos aller Art. Wenn ich aber zurückdenke, dann ist es so, dass ich von etlichen kritischen und nervenaufreibenden Momenten überhaupt keine Fotos habe und mir nur das geblieben ist, was ich dort wahrgenommen habe. Auch von meinen grössten Touren gibt es eher nur relativ wenige Fotos und als ich früher noch meine Ski- und Alpintouren mit Tracks dokumentiert hatte, so vergass ich bestimmt bei den grössten und wichtigsten Touren in der Hektik des frühmorgendlichen Aufbruchs, den Log zu starten - was mir bei einer popeligen Voralpentour niemals passiert wäre.

Aber auf über 5000m und fast 7000km weg von daheim war ich mal, das kann ich also beweisen :-)
Und die Sache mit dem Tunnel... wenn ich ans Matterhorn denke, die Beschreibung trifft es wohl ziemlich genau. In dunkler Nacht, nur im Kegel der Stirnlampe stiegen wir aufwärts. Die Verhältnisse waren perfekt, Schritt für Schritt ging es ohne ein Zögern vorwärts - kein links, kein rechts und kein zurück, denn überall dort war es sowieso dunkel. Wie schwierig es damals effektiv war, fällt mir heute auch schwer zu sagen. War es tatsächlich so einfach?! Oder war ich nur in meinem Tun derart absorbiert, dass ich dabei so geklettert bin wie selten sonst?! Die Antwort bleibt offen, genauso wie jene, ob Ueli Steck tatsächlich auf der Annapurna war. Was ich sagen will, ist aber Folgendes: gerade diese Aussagen, welche bei vielen Mitdiskutierenden grösste Zweifel wecken, erscheinen mir durchaus glaubhaft. Bei meinen grössten Touren hatte ich ähnliche Empfindungen, und die Annapurna war mit Sicherheit für Ueli Steck auch eine ganz grosse Tour.

Die in diesem Beitrag abgebildeten Fotos wurden vor längerer Zeit aufgenommen und kommen aus meiner eigenen Schatulle. Bis auf die Tatsache, dass sie aus dem Himalaya stammen, stehen sie in keinem Zusammenhang mit der Annapurna-Begehung von Ueli Steck, sondern dienen hier nur der visuellen Gestaltung.

2 Kommentare:

  1. "Doch auch gegen ihn spricht nichts Substanzielles, bis eben auf die Tatsache, dass kein Beweis vorhanden ist"

    Ausser dass niemand seine Lampe gesehen hat obwohl sie die ganze Zeit in die Wand starrten, er mind. 2 Möglichkeiten gehabt hätte einen GPS Punkt am Gipfel zu setzen (Uhr und Sat-Fon), er irrwitzig schnell war in der Todeszone (ach ja perfekte Jahrhundert - Bedingungen deswegen ist Dan Bowie wahrscheinlich umgekehrt), er keinerlei Spuren hinterlassen hat, er sich mehrmals widersprochen hat, er bei der Ankunft im Basislager einen topfitten Eindruck gemacht hat (er ist halt der Ueli der kann das), spricht wirklich nichts substantielles gegen ihn, oder?

    Bedenklicher als die Märchen die uns Ueli Steck erzählt finde ich die Tatsache, dass so viele ihm glauben...
    Aber es gibt wohl auch immer noch Leute die meinen Lance Armstrong hätte nie gedopt...
    Spitzensportler sind ja grundehrliche Leute, im Fussbal sieht man ja fast nie Schwalben und Doping gab es auch fast nie. Warum sollten da ausgerechnet die Alpinisten plötzlich schwindeln?

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  2. Für mich, als ambitionierter Freizeitalpinist, gilt bei Ueli die Unschuldsvermutung. Oder wie es so schön heisst, "in dubio pro reo". Auch ich habe keine entgültiges Urteil für mich gefällt, ob er oben war oder nicht. Und ich brauche das wohl auch nicht. Wenn er oben war, was ich hoffe, wird er die Zweifler verstehen, und wenn nicht, dann wird er sie wohl verfluchen. Jeder wird des Weges geführt, den er geht.
    Georg Deck, www.kgdeck.de

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