Seiten

Dienstag, 31. März 2015

Skitour Piz Forbesch (3262m)

Auf Sonntag war schon wieder Schlechtwetter und Sturm angesagt, so konnten wir uns die Pläne im Hochgebirge in die Kappe schreiben. Das Zwischenhoch am Samstag liess aber eine alpine Skitour bei einwandfreien Bedingungen zu. Nachdem am Vortag noch etwas Neuschnee gefallen war, durfte die Tourenwahl nicht allzu offensiv ausfallen. Wir entschieden uns schliesslich für den Piz Forbesch, einen tollen Gipfel im Oberhalbstein. Im Kindes- und Jugendalter war ich oft auf den Pisten im benachbarten Savognin unterwegs. Schon damals lockten mich die markanten Scherenspitzen, eine Besteigung war dannzumal aber noch unrealistisch. Heute hat es geklappt!

So kennt man den Piz Forbesch aus dem Skigebiet von Savognin. Die Nordwand direkt zum Gipfel ist wohl noch unbegangen?! Bild: 560 @ hikr.org
Unsere Tour startet in Mulegns, durch das Val Faller geht es erst nach Tga. Hat es noch Schnee, oder müssen wir die Skier zuerst buckeln? Der Poker geht auf, das Strässchen ist aktuell noch eingeschneit und wir kommen durch, ohne auch nur 1x abschnallen zu müssen. Allzu lange wird das aber nicht mehr so bleiben, maximal 1-2 Wochen schätze ich. Zügig steigen wir auf und biegen kurz vor Tga hinauf zu den Maiensässen von Arnoz. Die eindrückliche Berggegend zieht uns in ihren Bann: die Nordwand des Piz Platta sieht wie eine ganz grosse Herausforderung aus, das Massiv des Piz d'Err thront in unserem Rücken und voraus gehen die Blicke zum Piz Arblatsch und zu unserem Tagesziel.

Hier geht's los. Das Strässchen von Mulegns nach Tga war noch komplett eingeschneit, auch wenn es ringsum schon nach Frühling roch.
Der erste Blick bei Arnoz auf unser Tagesziel. Links der Forbesch Pintg 3202m, der rechte Scherenspitz der Hauptgipfel 3262m.
Die Schneedecke ist perfekt gefroren und trotzdem schön griffig, so lässt es sich bequem aufsteigen. Wir kommen näher und näher an den Piz Forbesch heran, Distanz ist nicht mehr viel übrig aber immer noch viel Berg. Das Südcouloir, welches den Aufstieg durch die eindrückliche Felswand überhaupt zulässt, lässt sich zwar schon von weitem erahnen, doch es verbirgt sich bis wir darunter stehen unseren Blicken. Und dann geht es hinein: die Rinne ist auf knapp 400hm ziemlich homogen +/- 40 Grad steil. Hier ist der Schnee nun pulvrig, es sind aber nur 5-10cm auf kompaktem Untergrund, zudem ist er locker und ungebunden und so müssen wir uns keine Sorgen wegen der Lawinengefahr machen.

Fantastischer Aufstieg auf perfekt durchgefrorenem Schnee, dazu weites, sonniges und aussichtsreiches Gelände.
Der erste Blick ins Südcouloir. Kaum zu glauben, dass es von hier noch fast 400hm bis in die Lücke hoch sind!
Erst steigen wir spitzkehrend mit den Ski hoch, irgendwann habe ich das ständige Wegrutschen des lockeren Schnees unter dem Ski satt und binde diese auf, per Pedes soll es weitergehen. Solche Himmelsleitern in Couloirs zu treten ist zwar jedesmal anstrengend, aber doch auch ein Hochgenuss! Auf den letzten Höhenmetern zum Grat hin flacht es dann nochmals etwas ab, der Untergrund ist nicht mehr ganz so kompakt und so entscheide ich mich für den Wechsel zurück auf die Ski. Nach etlichen weiteren Spitzkehren und total rund 4 Stunden Aufstieg (inklusive ein paar gemütlichen Pausen) erreichen wir das Skidepot, 1700hm Aufstieg sind es bis hier.

Fussaufstieg durch das Forbesch Südcouloir. Anstrengend, aber immer wieder toll, auf diese Weise hochzusteigen.
Weiter oben geht's dann nochmals mit vielen Spitzkehren auf den Ski weiter. Hinten der Piz Platta.
Wir montieren die Steigeisen, es wartet noch ein ziemlich langer, alpiner Fussaufstieg zum Gipfel. Rund 500m Horizontaldistanz und 100m Höhendifferenz sind noch zu bewältigen, Online-Quellen veranschlagen eine Hochtourenbewertung von WS+. Das mag etwa zutreffen, auf jeden Fall ist der Grat für meinen Geschmack ein grosser Genuss. Über weite Strecken ist er recht einfach zu begehen, drei Stellen sind aber zu erwähnen: kurz nach dem Gratgipfel von P.3176 muss ein Abbruch zwingend in der steilen Nordflanke umgangen werden, etwa in der Mitte des Wegs zum Gipfel wird ein Gendarm exponiert südseitig umrundet und kurz vor dem Ziel wartet noch ein giftige Abkletterstelle. Diese ist zwar nur kurz und ein lapidarer Zweier, dafür ist der Grat hier schmal und es pfeift sowohl süd- wie nordseitig gewaltig in die Tiefe, Fehler sind da nicht erlaubt.

Jonas unterwegs in der Nordflanke von P.3176. Hier ist mein Weg über den Gratgipfel noch bequemer, danach muss man aber zwingend in die sehr exponierte Nordflanke absteigen. Sicheres Steigeisengehen ist da absolut unerlässlich, sonst wird es gefährlich.
Die im Text erwähnte Zweierstelle kurz vor dem Gipfel, hier beim Wiederaufstieg auf dem Heimweg. Die Passage ist weder lang noch sehr schwer, jedoch sehr exponiert. Ich hoffe, das Foto kann es wenigstens einigermassen zur Geltung bringen.
Rund 40 Minuten nach dem Aufbruch vom Skidepot erreichen wir den Gipfelsteinmann - ein durchaus exklusiver Ort. Das Gipfelbuch ist von 1996 und listet nicht viele Besuche auf. Pro Jahr sind es im Schnitt 5 Begehungen, die meisten davon im Sommer. Wir geniessen die phänomenale Rundsicht und machen uns schliesslich wieder auf den Weg, der Schnee wird nicht besser werden. Den Rückweg zum Skidepot erledigen wir nun, wo wir den Weg kennen und eine Spur vorhanden ist, in 25 Minuten schneller wie den Aufstieg. Rasch ist dann auch das Gear verstaut und die Bretter festgezurrt. 

On the top! Sicht vom südlichen Vorgipfel auf den Steinmann, wo auch das Buch in einer Gamelle verstaut ist.
Die oberen zwei Drittel vom Gipfelgrat, fotografiert als wir schon auf dem Abstieg sind.
Das ist die Sicht vom selben Standort nach unten auf das erste/letzte Gratdrittel. Die Spur mit Querung der Nordflanke gut sichtbar.
Schwungvoll geht es darauf in die Tiefe, das Couloir fährt sich wirklich gut und genussvoll - kompakte Unterlage, darauf feuchter Pulver, keine harten Lawinenschollen - ideal. Auch die Plang Forbesch, d.h. die 400hm vom Couloir-Auslauf bis auf die Fläche hinunter bieten perfektes Skigelände und fahren sich mit leichter Pulverauflage prima. Dann wechselt der Schnee zu einem guten Sulz. Schon viel zu bald sind wir retour in Tga, von dort geht's rassig auf dem Fahrweg das Val Faller hinaus und in weniger als einer Stunde seit Aufbruch vom Gipfel sind wir retour in Mulegns. Das war meine beste Skitour dieses Winter, und dann auch noch mit deutlichem Abstand! 

Bilder vom Skifahren sind immer so eine Sache... Hier bereits beim Ausgang aus dem Südcouloir, direkt unter dem Gipfel.
Das ist die Sicht in die andere Richtung. Perfektes, weites Skigelände, kompakte Unterlage, pulvrige Auflage :-)
Und er ist auch immer präsent im Val Faller - der Piz Platta 3392m, auch ein toller Skiberg.
Facts

Piz Forbesch (3262m) ab Mulegns an der Strasse von Tiefencastel zum Julierpass
Ski-Schwierigkeit S bzw. 4.1, 40 Grad steil über 350hm. Fussaufstieg WS. Total 1800hm.
Material: Steigeisen, Leichtpickel, evtl. 30-40m Seil, alpine Sicherung an den Grat-Cruxen wäre möglich

Übersicht auf die Situation am Forbesch, der Weg durchs Couloir und über den Grat gut sichtbar. Bild: Cyrill @ hikr.org
Karte von map.geo.admin.ch mit unserer Route auf den Piz Forbesch 3262m.

3 Kommentare:

  1. Ciao Marcel

    Danke für die perfekte Beschreibung der Tour. Gestern gemacht, speziell über den Grat ist die Route wie von dir beschrieben so ideal.

    Gruass André

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Marcel
    Denkst du die Tour würde dieses Wochenende noch gehen? Vor allem den Schneeverhältnissen entsprechend?
    Gruass Andri

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Andri,

      Ich kann das nur aus der Ferne bzw. mit Hilfe von Online-Tools beurteilen. Für mich sieht es so aus, als ob es bis nach Tga/Arnoz bereits aper ist, oberhalb sollte man noch Schnee finden. Also nur mit langer Tragepassage bzw. als kombinierte Bike & Ski Tour sinnvoll.

      Lg, Marcel

      Löschen

Ich freue mich über Ergänzungen zu diesem Blog via Kommentarfeld!
Kontakt: mdettling74@gmail.com.