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Freitag, 7. August 2015

Sirekrok und Preikestolen am Lysefjord

Wer in Norwegen war, sollte zumindest einen rechten Fjord gesehen haben. In unserem Fall sollte dies der Lysefjord werden - der südlichste, der grossen und tief eingeschnittenen Fjorde. Dafür gaben wir unser Quartier in Setesdal auf (siehe vorheriger Beitrag) und fuhren über die kargen Hochflächen von Rogaland nach Westen in Richtung Stavanger. Dort auf dem Weg liegt auch das Klettergebiet Sirekrok, welchem wir noch einen Besuch abstatten wollten.

Sieht (auch wegen dem grauen Wetter) unspektakulär aus, bietet aber hammergeniale Kletterei: Sirekrok
Und eines kann ich gleich vorweg sagen: das hat sich sehr gelohnt. In Sirekrok trifft man wirklich einen total aussergewöhnlichen Klettergarten. Irre steile Henkelei in einem ganz speziellen Gestein - ein Urgestein jedenfalls, doch für eine genauere Bezeichnung müsste ein Geologe her. Die Grotten erreichen beinahe eine Steilheit wie in Kalymnos, und an grossen, aber nicht immer positiven Griffen wird in die Höhe geturnt. Die maximale Routenlänge beträgt ca. 30m, der Zustieg beschränkt sich auf etwa 2 Minuten und die Absicherung mit Inoxmaterial ist bestens. Die Wand ist nach Süden exponiert, Sonne gab es für uns jedoch keine, dafür könnte man auch bei Regen problemlos klettern. Während unserem Zwischenstopp konnte ich folgende Routen klettern:

Lek med ulldott, 7a, ***: Kurze Route, die auch nicht sonderlich stark überhängt, dafür knifflige Moves an Leisten und Slopern bietet. Die Stelle zum Stand hin erfordert einiges an Einfallsreichtum. Zum Glück kam mir die Erleuchtung bevor der Pump zu gross wurde.

Stairway to 7-11, 7a, ****: Besser geht es nicht. Steil, henklig, dazwischen 3d-Boulderstellen, einfach ein Traum. Der einzige Nachteil dieser Route: abbauen geht nur, indem man sie nochmals Toprope klettert.

Unge frustrerte menn, 7a, ***: Auch eine schöne und steile Route. Die Cruxsequenz an Unter- und Seitgriffen und mit schlechten Tritten ist jetzt nicht gerade das, was ich präferiere. Dennoch eine prima Tour!

Wir setzten uns wieder in den Campervan und fuhren weiter gegen Westen. Was man da alles noch an unerschlossenem Fels trifft, unglaublich! Vom Boulderblock über Plaisirplatten zu längeren Wänden im Eldorado-Style bis zu veritablen Bigwalls, von der Strasse aus ersichtlich und noch komplett unerschlossen. Da hätte man mehr als ein Leben lang zu tun. Aber es wohnt halt auch niemand in dieser Gegend, und leider ist's auch ums Wetter nicht oft gut bestellt. Genug philosophiert, unsere Fahrt führte uns nach Kleppe zum Bore Strandcamping. Unsere Planung war für einmal etwas nachlässig gewesen, denn der liegt eigentlich weder für den Besuch am Lysefjord optimal, noch für die Weiterfahrt nach Süden Richtung Kristiansand. Doch manchmal muss man auch einfach Glück haben, denn wir wurden mit einem fantastischen Abend am Meer belohnt. Das Licht der untergehenden Sonne war einfach phänomenal, der tolle Sandstrand ein riesiger Spielplatz mit Cliff Drops und Sand-Rutschbahnen, ein wahres Kinderparadies. Und sogar für einen kurzen Dip in der Nordsee reichte es.

Fantastisch tolle Abendstimmung am Strand bei Stavanger.
Am nächsten Tag wollten wir dann eben die überaus bekannte und sehr häufig begangene Wanderung zu Preikestolen über dem Lysefjord machen. Es handelt sich um eine Felskanzel 600m über dem Fjord, die tolle Tiefblicke bietet. Sie ist nur zu Fuss zu erreichen, wobei pro Weg 4km Distanz und 400m Höhendifferenz zu überwinden sind. Angegeben sind hin und zurück 4 Stunden Gehzeit, was für die Kinder ein happiges Programm darstellt. Fitte Berggänger würden in zügigem Schritt wohl mit der Hälfte der angegebenen Zeit auskommen. Wir führten lange Diskussionen, in welcher Besetzung dieser Trip angegangen werden soll. Schliesslich wollte keines der Kinder verzichten und insbesondere der Kleinste wollte am Schluss allen demonstrieren, dass er am besten, schnellsten und längsten laufen kann. 

Postkartenbild vom Preikestolen über dem Lysefjord. Credit: boomsbeat.com
Der Tourentag erwachte dann mit eher grauem Wetter und der Blick auf die tiefhängenden Wolken liess nicht viel Gutes erahnen. Um einen Tag abzuwarten blieb keine Zeit mehr, und so setzten wir unseren Plan in die Tat um. Bereits die Anfahrt mit einer obligatorischen Fährenpassage über den Fjord war äusserst interessant und auch die Wanderung genussreich. Künstlerpech war nur, dass das Wetter zunehmend garstiger wurde: Wind, Kälte, Niederschlag und Nebel, am Schluss war es gar nicht mehr weit vom Schneien entfernt. Und von der hochgerühmten Aussicht auf dem Preikestolen sahen wir... gar nichts. Die Sichtweite betrug keine 20 Meter! Schade natürlich, trotzdem war es ein toller Ausflug - die Kinder bewältigten die für sie lange Tour alle mit Bravour und Freude. So zuckelten wir zufrieden zurück zum Bore Strandcamping. Es sollte unsere zweitletzte Nacht in Norwegen sein. Im nächsten Beitrag wird übere weitere Klettereien auf dem Heimweg am Sykehusväggen, am Ith und im Frankenjura berichtet sowie ein Fazit zur Reise gezogen.

Realität auf dem Preikestolen. Es war aber das einzige Mal Wetterpech und trotzdem gut, draussen gewesen zu sein.

1 Kommentar:

  1. Seit dem Frühjahr 2016 gibt's am Preikestolen auch eine 7c, welche Toprope geklettert werden kann. Das Video dazu lohnt sich aber auch sonst, um einen Eindruck von der Gegend zu erhalten.

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