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Freitag, 12. August 2016

Cason di Formin - Buon Compleanno Nat (6c+)

Die immer noch instabile Wetterlage liess leider keine ganz grossen Touren zu, und so sollte es wieder einmal Richtung Passo Giau im Einzugsgebiet von Cortina d'Ampezzo gehen. Da wurde am interessanten Massiv des Cason di Formin im 2012 vom berühmten Massimo Da Pozzo eine 7-SL-Tour in seinem typischen, fordernden Stil in richtig steilem Dolomit eingerichtet, die er seiner Frau zum Geburtstag widmete. Das wäre doch genau das richtige, um einen tollen Halbtagesausflug zu machen!

Die Wände am Cason di Formin, die Route verläuft mehr oder weniger links der Kante entlang. Quelle: planetmountain.com
Den Ausgangspunkt erreicht man, indem man in Pocol die Strasse Richtung Passo Giau wählt und dieser für 4km folgt. Es hat an der Strasse Kilometersteine, somit braucht man sich keine Sorgen zu machen, den entsprechenden Parkplatz zu verpassen. Und sowieso stehen dort, beim Start zum Weg Nr. 437 immer eine Menge Fahrzeuge herum, denn die schöne Gegend ist zum Wandern sehr beliebt. Um 9.00 Uhr machten wir uns auf die Socken und folgten dem gut ausgebauten Weg. Nach 25 Minuten war bei einer Verzweigung der gut ausgeschilderte (und weniger breite) Weg Nr. 435 zu wählen, dem wir für weitere 10 Minuten folgten. Zuletzt gilt es, die Abzweigung des Trampelpfads hinauf zum Einstieg nicht zu verpassen. Allerdings ist diese wirklich sehr offensichtlich, an einer Stelle wo der 435er wieder nach rechts hält und sich von der Wand entfernt. Die Geröllhänge hinauf zum Einstieg lassen sich dank Wegspuren deutlich einfacher begehen wie befürchtet. Der Einstieg ist ziemlich genau dort zu suchen, wo die letzten Schrofen definitiv ins lockere Geröll übergehen und ein weiterer Aufstieg sehr mühsam würde. Es gilt zuletzt, noch einige Meter in leichtem Klettergelände zum ersten Bolt hinaufzusteigen, das Wandbild der Erstbegeher ist sehr präzise und fürs Auffinden des Startpunkts durchaus hilfreich. Ich war um etwa 9.45 Uhr am Einstieg angelangt, Kathrin folgte wenige Minuten später. So hatte ich den Klettergerümpel bereits vorbereiten können, also konnten wir gleich loslegen. Man musste sowieso wieder befürchten, dass das Wetter nicht allzu lange halten würde, obwohl zu der Zeit noch blauer Himmel herrschte.

L1, 40m, 6a: Zum ersten, hoch steckenden Haken ist's noch einfach, danach geht's dann aber gleich los. Steile Wandkletterei an guten Griffen, eigentlich schon richtig schön und fordernd. Insgesamt säumen 5 BH den Weg durch diese Seillänge, bei den recht anhaltenden Schwierigkeiten sind das nicht allzu viele. Aber immer bevor es heikel würde, schnappt der nächste ein. Topoguide bewertet hier mit 6a+, das dürfte vielleicht eher zutreffen. Am Stand steckt übrigens nur ein Bolt, man kann aber mit einer mässigen Zackenschlinge verstärken.

Nur die ersten und letzten Meter in L1 (6a) sind etwas einfacher, dazwischen wartet steile, griffige Wandkletterei.
L2, 20m, III: Querung im Gehgelände nach links und dann in gestuftem Fels leicht aufwärts. Es warten keine Schwierigkeiten und fixe Absicherung gibt's auch nicht. Das ist allerdings auch nicht nötig, es ist wohl eher maximal ein Zweier denn ein Dreier.

Mehr oder weniger Gehgelände in L2, ein paar loste Steine liegen auf diesen Bändern natürlich auch rum.
L3, 35m, 6a: Nun klettert man in der schwarzen Wand links der Kante, d.h. auf der nach ENE ausgerichteten Seite, wir profitierten sogar noch von der Sonne. Dieser Abschnitt ist betont senkrecht, der Fels ist jedoch von wirklich guter Qualität und optimal griffig. Es hat eigentlich durchgehend Henkel. Einzig so richtig abgeklettert ist's nicht, allzu viele Seilschaften sind wohl noch nicht durch. Allerdings völlig problemlos, dieser Sachverhalt! Einen Bohrhaken findet man allerdings nur ca. alle 5m, dazwischen muss man einfach steigen - bei dieser Steilheit ist das immer eindrücklich, aber eben, die Griffe sind da. Topoguide gibt hier 6b, das ist wohl eher einen Tick zu hoch.

Schöne, griffige Kletterei in L3 (6a). Von oben nicht so wirklich fotogen, von unten sieht die Wand schöner aus...
...die Kombination von schwarz und orange gibt farblich einfach mehr her. Hier der weitere, steile Verlauf von L4 & L5.
L4, 30m, 6a: In ähnlichem Stil geht's weiter, wobei im oberen Teil dieser Seillänge sogar ein paar noch athletischere Meter warten, der Fels teils auch schon etwas gelb ist und die Sache beinahe zinnenmässig anmutet. Die Absicherung geht im gleichen Stil weiter wie zuvor, aber eben, wer den Level hat, findet das durchaus gut und sinnvoll eingebohrt. Topoguide gibt hier VII+ (6b+ oder 6c), das ist wohl zu hoch, auch wenn diese Länge schwerer ist wie L1 und L3.

Ausdauernde, griffige Kletterei bei eher etwas weiten Hakenabständen in L4 (6a), jedoch gut kontrollierbar.
Ambiente e arrampicata dolomitica (L4, 6a, oder auch ein bisschen mehr).
L5, 25m, 6c+: Nun folgt das Herzstück der Route und die Überhangzone sieht auch entsprechend eindrücklich aus. Der dolomitenungewohnte Kletterer würde wohl fragen, ist das nicht ein mega Bruch?!? Ist es nicht, auch wenn's wie so oft danach aussieht. Die Dächer überwindet man an ein paar Henkeln, Untergriffen und Leisten ganz passabel, die Bewertung ist nicht überaus hart und die Bolts stecken hier angemessen enger, ja eigentlich fast schon klettergartenmässig. Nach der Crux mit einer Querung rechts raus heisst's in steilem Gelände noch dranbleiben, bis der nächste Stand erreicht ist.

Super Kletterei in luftiger Exposition, hier pfeift's direkt bis in die Geröllhalde runter. Das ist das Finish von L5 (6c+).
L6 & L7, 40m, 6a: Die nicht nur leicht, sondern deutlich überhängende Wand soll tatsächlich nur 6a sein? Viele gute Henkel machen den moderaten Grad möglich, wobei die Wahrheit hier wohl schon eher bei der 6b von Topoguide liegt. An sich gut abgesichert, dennoch ist etwas Entschlossenheit durchaus nötig. Der Stand kommt schon bald, die letzte Länge lässt sich problemlos verbinden, dort passt die 6a dann wieder, einfach die Linie grosszügig um die Bolts herum wählen.

Bis zum letzten Meter genussreiche Kletterei, nach rund 2.5 Stunden Kletterzeit war das Top bereits erreicht.
Um 12.45 Uhr und damit nach nur gut 2.5 Stunden Kletterei war das Top erreicht. Aber gut, es sind eigentlich nur 6 ziemlich kurze Seillängen plus ein kurzes Stück Gehgelände, dazu alles mit BH eingerichtet - die mitgeführten Klemmgeräte dienten eigentlich nur als Ballast, genau 2x hatte ich einen Cam gesetzt, da sich ein Loch so schön angeboten hatte, wirklich nötig wäre das jetzt aber auch nicht unbedingt gewesen. Der Ausstiegsstand liegt etwas zurückversetzt an einem (wohl relativ grossen, aber nicht solide angewachsenen) Block auf einem Plateau und ist meines Erachtens etwas unpraktisch gelegen. Das Abseilen wird so nämlich durchaus etwas erschwert, aber womöglich ist das durchaus im Sinne der Erfinder, denn ein Fussabstieg übers Ringband nach links (Osten) und das Geröllcouloir hinunter wäre auch möglich. Nachdem ich noch etwas auf dem Gipfelplateau herumgekraxelt war, traten wir schliesslich abseilend den Weg in die Tiefe an.

Auf dem Erkundungsgang am Gipfelplateau, Kathrin steht beim letzten Stand am Block, hinten unten Cortina.
Dabei war der Stand nach L6 20m unter der Kante nun durchaus hilfreich. Wir hatten nur an einem Halbseilstrang abgeseilt, so dass kein Knoten nötig war. So liess sich das Seil beim ersten Abseiler gut abziehen. Von dort gingen wir weitere 20m nach unten, an den Stand nach der stark überhängenden und etwas traversierenden Cruxlänge. Mit etwas Aufwand würde es bestimmt gelingen, den Stand vor der Cruxlänge zu erreichen. Diese Müh ist jedoch nicht nötig, auch mit 2x50m-Seil gelangt man freihängend mit etwas Pendeln easy aber sehr eindrücklich gleich zum Stand nach L3. Von dort ist es nur noch ein einziger Abseiler von gestreckten 60m diagonal in die Geröllhalde hinunter und wenig Fussabstieg zum Einstieg und den Schuhen. Wer nicht 2x60m-Seile dabei hat, kann/muss den Stand nach L2 noch benützen. Kaum zu glauben, der bis anhin ständig noch aufgehellte Himmel hat sich nun doch blitzschnell überzogen, ein paar Tropfen fallen und der Himmel grummelt auch etwas. 

Der eindrückliche, freihängende Abseiler über L4 & L5 (Pendeln nötig!), hinten die Tofana bereits in den Wolken.
So halten wir uns nicht länger auf, schnüren die Turnschuhe und surfen ideal das Geröll hinunter. Als wir nach einer Viertelstunde (und damit der Hälfte des Abstiegswegs) noch einmal zurückblicken, können wir kaum glauben, wie weit wir uns schon vom Einstieg entfernt haben. Selbst der oft träge, langsame und schwerfällige Mensch kann unter geeigneten Bedingungen in kurzer Zeit doch erstaunliche Strecken zurücklegen! Ein paar Minuten nach 14 Uhr sind wir zurück beim Auto und nicht allzu viel später retour bei der Familie, der Regen hatte sich zum Glück rasch wieder verzogen und wir waren weitestgehend trocken geblieben. Das war jetzt echt eine lässige Tour gewesen, eines Tages werde ich sicher zurückkommen, um auch die noch etwas schwerer bewertete Nachbarin La Beffa (7b) zu klettern!

Facts

Cason di Formin - Buon Compleanno Nat 6c+ (6b obl.) - 7 SL, 190m - Da Pozzo/Serafini/Alberti 2012 - ***;xxx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express, evtl. Camalots 0.3-1

Schöne und interessante Dolomiten-Tour in steilem, griffigem Fels und lässigem Ambiente, genau so wie man sich das in diesem Teil der Alpen vorstellt. Zustieg, Route und Abstieg dauern nicht allzu lange, die Kletterei erlaubt zudem ein zügiges vorwärtsmarschieren, so dass man insgesamt eher von einer gemütlichen Halbtagesunternehmung bzw. einem Amuse Bouche sprechen kann. In Bezug auf die Schwierigkeiten kann man sagen, dass sich diese ziemlich durchgehend im 6ab-Bereich bei steiler, henkliger Wandkletterei bewegen. Eine kurze, recht gut abgesicherte Passage von ein paar Metern in der Dachzone von L5 verlangt den Grad 6c+. Generell sind die Routen von Massimo Da Pozzo für ihre weiten Hakenabstände gefürchtet, allerdings beim Könner dennoch auch für meist sinnvoll und fair platzierte Bolts bekannt. In etwa so ist das auch hier: man muss bei 6a-Kletterei doch meist mehrere Meter über die Haken steigen, das Fluggelände ist allerdings ideal und solche Henkel lässt man auch nicht einfach los. Wirklich gefährliche, heikle Stellen gibt's eigentlich keine (abgesehen von den potenziellen Gefahren für beide Seilpartner, die ein 15m-Sturz immer mit sich bringt...) und an den Schlüsselstellen stecken die Bolts zuverlässig und auch etwas enger. Hier und da kann man mit etwas Spürsinn vielleicht noch ein Klemmgerät unterbringen, wer das Niveau für diese Route hat, kann allerdings auch gut darauf verzichten, insbesondere weil sich sowieso nicht alle Abstände entschärfen lassen.

Topo

Die Route wurde auf Planetmountain beschrieben und das unten aufgeführte Topo stammt von dort. Wenn man den Einstieg einmal gefunden hat (trickiest bit), so folgt man danach einfach den BH zum Top. Wer's genauer haben will, findet ein präzises, schematisches Topo im Kletterführer Alpen Band III von Topoguide.

Topo zur Route von Planetmountain.

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