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Samstag, 20. Januar 2018

Arête des Sommêtres

Wer kennt das nicht auch?!? Draussen finden goldene Herbsttage statt, jedoch halten einen berufliche und sonstige weltliche Verpflichtungen davon ab, das tolle Bergwetter gebührend zu nutzen. Ja, mir geht's genau gleich. Trotzdem hatte ich für einmal Glück, führte mich doch ein Business Trip zumindest in die Nähe des Juras. Somit wollte ich auf dem Heimweg "no chli go laufe", so zumindest verabschiedete ich mich von meinen Kollegen. Mein Ziel war die Arête des Sommêtres, im neuen Plaisir Jura als sehr lohnende, 1200m lange Kletterei im Grad 3b beschrieben.

Die Arête des Sommêtres, gesehen aus dem Zustieg. Es handelt sich dabei jedoch nicht um die gesamte Kletterstrecke, sondern nur um einen Teil davon. In den Südwänden gibt's darüber hinaus auch  noch viele Klettereien, es handelt sich um einen verzweigten, etwas unbequemen Klettergarten.
Ein wenig unterschätzt hatte ich die abgelegene Lage im äussersten Nordwesten der Schweiz. Die Zugfahrt bis dahin zieht sich doch ziemlich in die Länge. Allerdings führt sie durch die äusserst sehenswerte Gegend der Freiberge/Franches Montagnes, wo ich mich bis anhin noch nie herumgetrieben hatte. Anyway, ich führte sowieso das ganze Büro mit, weshalb die Anreisezeit nebst den Blicken aus dem Fenster auch noch gut zur Arbeit genutzt werden konnte. Um 14.20 Uhr ging's schliesslich am Bahnhof von Le Noirmont los. Leider konnte ich vor Ort keine Schliessfächer entdecken und für eine Depotmöglichkeit lange herumsuchen oder -fragen wollte ich auch nicht. Somit kamen also notgedrungen Computer, Unterlagen und Arbeitsklamotten mit auf die Tour.

Die schwierigste, anhaltendste und vermutlich auch zwingendste Kletterstelle folgt unmittelbar nach dem Einstieg in dieser etwa 25m langen Verschneidung, die so im mittleren dritten Grad anzusiedeln sein dürfte. 

Rückblick auf den ersten Teil des Grats, der hier mehr nach einem bewaldeten Rücken aussieht.
Zuerst läuft man durchs Dorf in Richtung der Kirchen, um dort auf die Rue du Pylon einzubiegen (die Skizze im Plaisir Jura ist exzellent). Zügigen Schrittes ging's in die Combe von Les Sommêtres, wo schliesslich der Grat sichtbar wurde - wobei man aufgrund seiner enormen Länge von nirgends die ganze Route überblicken kann. Der Weg führt zum grössten Teil abwärts, bis man in der markanten Linkskurve oberhalb von P.815 einem ausgeprägten Trampelpfad nach links hinauf folgt. Dieser führt zum Einstieg, welcher sich im markanten Sattel zwischen P.909 und P.930 befindet. Bis hierhin war gerade eine halbe Stunde verstrichen. Während ich ein paar Kletterfinken mit dabei hatte, entschloss ich mich erst einmal mit den Trailschuhen loszusteigen - schliesslich blieb ich für die ganze Tour dabei, es ist definitiv das geeignetere Schuhwerk als die Kletterfinken.

Tiefblick hart am Abgrund ;-) Trailschuhe sind hier definitiv das bessere Schuhwerk wie Kletterfinken.

Rückblick auf einen der schwierigeren Abkletter-Boulder unterwegs. Wer möchte, kann die Stufe am Baum abseilen.
Die schwierigste und anhaltendste Kletterstelle folgt unmittelbar nach dem Beginn. Nachdem man von der Nordseite her auf den Grat gekraxelt ist, geht's über ca. 30m in einer schönen, steilen Verschneidung aufwärts. Wie mir schien, lässt sich diese 3b-Stelle auch nicht (bzw. zumindest nicht ohne grösseren Aufwand) links oder rechts umgehen. Aber eigentlich ist's ja auch ganz gut so, denn wenn man diese Stelle gemeistert hat, so wird man mit dem Rest keine Probleme haben. Danach folgen im Wechsel teils Gehgelände mit deutlichen Wegspuren, Kraxelei und hin und wieder auch ein paar Kletterstellen. Erwähnt sei, dass nach der Einstiegspassage die schwierigsten Stellen meist im Abstieg zu klettern sind. Vorwiegend handelt es sich dabei jedoch um kurze Boulder und besonders exponiert sind diese Stellen in der Regel auch nicht. Für jene, die ein Seil dabei haben, lassen sich diese Abkletterpassagen auch abseilen, meist steht genau an der richtigen Stelle ein Baum.

Ein weiterer Kraxel-Aufschwung. Vieles wäre auch linksherum in Schrofen und Wald umgehbar.

Der letzte Abschnitt des Grat mit dem berühmten, jedoch nicht sehr markanten Rasiermesser im Vordergrund.
Ich gelangte in einen tollen Kletterflow und die Stellen am Grat zogen nur so an mir vorbei. Wobei erwähnt sei, dass die markanten Passagen eben weitgehend fehlen, auch wenn man sich wie ich permanent an die Gratkante hält. Selbst das Rasiermesser kurz vor Schluss fand ich etwas enttäuschend, im Prinzip kann man sogar da fast mit den Händen im Hosensack drüberspazieren. Jedenfalls tauchte schon bald das Gipfelkreuz auf. Der letzte Aufschwung kann direkt über die linke Kante gemeistert werden (im Topo 5a, BH, m.E. deutlich einfacher), so kriegt man nochmals etwas steilen Fels unter die Finger, alternativ auch durch die einfache Rinne rechts davon. Nach 58 Minuten stieg ich über die Reling beim Aussichtspunkt und die Arête des Sommêtres lag hinter mir. Nach einem Rundblick über die schöne Gegend und einem Besuch in der schönen, heimeligen und stets offenen Hütte der GAFM unmittelbar unter dem Gipfel ging's gleich weiter Richtung Bahnhof. Gerade zwei Stunden nach meinem Aufbruch war ich wieder dort. Es reichte noch komfortabel, um sich Getränke zu kaufen und zurück in den Business-Mode zu schalten, womit ich die weite Heimfahrt erneut als Arbeitszeit nutzen konnte.

Die auf den Grat gebaute Hütte der GAFM, welche sich unmittelbar unter dem Gipfel befindet. Sie ist stets offen.

Heimelige Sache! Die Lage eignet sich aber wohl besser, um Feste zu feiern als für ernsthaften Alpinismus.

Facts

Arête des Sommêtres 3b - 1200m Kletterlänge

Langer Jura-Kraxelgrat in schönem und solidem Fels. Es handelt sich um eine Mischung von Geh-, Kraxel- und etwas Klettergelände. Länger anhaltende Stellen im Fels gibt's nur wenige und deren Schwierigkeiten sind überschaubar. Wenn man die Tour in Seilschaft angeht, kann man sich durch den ständigen Wechsel von Klettern, Gehen und Abseilen bestimmt ziemlich lange verweilen. Wer sich gar durchgehend sichern möchte (was aufgrund der oft minimalen Schwierigkeiten und nicht vorhandener Exposition definitiv nicht sinnvoll oder nötig ist), darf sich auf eine Unternehmung von 40+ Seillängen einstellen. Am lohnendsten ist es sicher, wenn man sich die Tour seilfrei zutraut. Aufgrund vom soliden Fels, der wenig anhaltenden, gut gestuften und griffigen, kontrollierbaren Kletterei ist dies definitiv kein Himmelfahrtskommando. Details und ein Topo findet man wie erwähnt im Plaisir Jura von 2017

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