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Mittwoch, 13. Februar 2019

Skin, Ski & Fly Valbellahorn (2763m)

Bereits zum dritten Mal diese Saison hatte sich meine Verabredung zum Eisklettern kurzfristig zerschlagen. Es scheint wie verhext, diese Saison scheint eine höhere Macht meine Tätigkeit an dieser Materie verhindern zu wollen. So war kurzfristig eine Alternative gefragt, welche trotzdem einen genussvollen Bergtag ermöglichen würde. Eine Skitour kombiniert mit einem Flug, das war grundsätzlich die richtige Direktive. Doch weil nach wie vor LWS 3 mit einer gewissen Schärfe herrschte, war etwas Kreativität gefragt. Erleichternd hinzu kam jedoch, dass ich nach vielen Skitouren im Tössbergland gerne wieder einmal eine etwas längere Anreise in Kauf nehmen wollte, um in weniger bekannte Gefilde zu gelangen. Somit wurde das Valbellahorn als die Tour der Wahl identifiziert, los ging's.

Ein absoluter Traumtag zum Touren in der Weite Mittelbündens. Das Bild ist kurz vor dem Läger (P.2432) aufgenommen, der Gipfel des Valbellahorns ist in der rechten Bildhälfte, unmittelbar links der kleinen Schutzhütte zu sehen.
Der Startpunkt befindet sich in Davos Wiesen auf 1420m. Zuerst einmal gilt es durch das langgezogene Dorf zu laufen, um danach mit etwas auf und ab dem Schneeschuhtrail zu den Ausläufern der Walenschluocht zu folgen. Das sind gut 2km Distanz, somit hat man nach einer halben Stunde Gehzeit netto noch kaum einen Höhenmeter absolviert. Wichtig zu wissen: die Skitourenkarte schlägt hier einen gänzlich anderen Weg durchs Platschtobel vor, der jedoch alles andere als lawinensicher ist. Die von mir gewählte (und z.B. auf skitourenguru.ch) verzeichnete Route via Suraver und Alvascheiner Alp mag zwar etwas länger sein, scheint mir jedoch deutlich günstiger. Durch den schönen Föhrenwald ging's über das Gebrünstijegg hinauf zu den Alpen. Es kam wie es kommen musste: der beständige Wechsel von bereits angefeuchtetem und noch kaltem Schnee führte zu vereisten Fellen, so dass bei den Alpen auf gerade gut 2000m eine längere Pause zum Refueling und Felltrocknen notwendig war.

Da lässt es sich ja auch gut Pause machen! Bei angenehmer Wärme und viel Sonnenschein hielt auf auf der Alvascheiner Alp inne, um die vereisten Felle zu trocknen. In der Bildmitte der stolze Zahn des Corn da Tinizong, da will ich definitiv auch einmal hin!
Die Fortsetzung erfolgt über die weiten, aussichtsreichen Hänge des Chlibärgli hinauf zur Kuppe von Läger (P.2432), einem unbedeutenden Plateaugipfel. Wer den Aufwand möglichst gering halten will, umgeht die Kuppe ab ca. 2300m westseitig und zieht eine gleichmässig ansteigende Spur, was einem vor allem auf dem Rückweg einen Fellwechsel oder ein längeres Schieben und Hochtreten vermeidet. Überschreitet man (wie ich) das Läger, so folgt nochmals eine gut 1km lange Flachstrecke, wo man rund 40hm vernichtet. Über sanfte Hänge gelangt man danach zur Schlüsselstelle, dem rund 70hm langen Hang hinauf zur Höhenkurve 2600m. Dieser kratzt auf dem Weg des geringsten Widerstands gerade so an der 30-Grad-Marke. Bei erhöhter Lawinengefahr ist eine geschickte Spuranlage absolut entscheidend. Danach wird das Gelände wieder gutmütiger, nur die letzten (meist abgeblasenen) Meter hinauf zum Gipfelkreuz sind nochmals steiler. Im Genussmodus und mit zwei längeren Fellbearbeitungs-Pausen hatte mich der Aufstieg total knapp 3:30h gekostet.

Der Gipfel des Valbellahorns (2763m) mit seinem rudimentären Holzkreuz ist erreicht - welch eine Aussicht!
Während ich den gesamten Aufstieg im T-Shirt und ohne Handschuhe hatte gehen können, blies im Gipfelbereich nun doch eine frische Brise. Also kein Ort, um sich allzu lange aufzuhalten. So machte ich mich zur Abfahrt bereit. Bis hinunter auf 2400m warteten perfekte Skihänge mit fluffigem Powder, so haben wir's gern. Nun stellte sich die Frage, ob es sich wohl lohnen würde, für den Rückweg zum Läger die Felle zu montieren oder nicht. Im Aufstieg hatte ich die Kuppe überschritten und bei Pulverschnee ohne vorhandene Spur ist die Umfahrung in der Flanke nicht sinnvoll. Ich entschied mich schliesslich fürs Stossen und Hochtreten, zeitlich kommt's mit Fellmontage wohl ähnlich raus. Nun galt es, noch ein wenig Pulverschnee zu geniessen, aber gleichzeitig den Moment für den Abflug nicht zu verpassen. Im Rucksack hatte ich ja meinen Single-Skin-Ultraleicht-Gleitschirm mit dabei, mit welchem ich die wenig lohnende Waldabfahrt (wenig Platz, pampiger Schnee) und die flache Querung zurück nach Wiesen vermeiden wollte.

Auf dem Weg ins Tal wird zuerst in fluffigem Powder Ski gefahren, danach soll's in die Luft gehen!

Ready to go! Als Gleitschirmflieger ist's irgendwie Normalität. Aber wenn man sich wieder einmal vor Augen führt, dass man als Mensch einfach etwas 'Plastikfolie' mit 1.5kg Gesamtgewicht mitführen und dann fliegen (!!!) kann, so ist das irgendwie doch fast unglaublich. Was ebenso sicher ist: bei diesen Schnee- und Windverhältnissen wäre ein Start zu Fuss definitiv unmöglich gewesen, die Abhebegeschwindigkeit ist unmöglich zu erlaufen.
An den etwas abscheinigen Hängen des Chlibärgli liess es sich aber noch hervorragend kurven, so setzte ich den Joker und legte meinen Schirm erst wenig oberhalb der Alvascheiner Alp auf 2000m aus. Hier musste der Start nun aber ohne Fehlversuch klappen, sonst hiesse das Los unvermeidlich ein Wiederaufstieg mit Fellen oder Waldabfahrt. Es herrschte Nullwind von hinten, doch mit den Ski, auf einem optimal geneigten, breiten Hang war's aber natürlich trotzdem kein Problem, die mit diesem Setup doch beachtliche Abhebegeschwindigkeit zu erfahren. Die Krönung wäre es nun gewesen, über den Wäldern genügend Thermik zu finden, um aufzudrehen, höher oben wieder zu landen und eine zweite Skiabfahrt zu geniessen. Dies war mir jedoch nicht vergönnt. Um noch ein wenig in der Gegend herumzugondeln, war jedoch genügend Lift da. Eine Weile später setzte ich auf dem grossen Plateau oberhalb von Wiesen sanft auf der Langlaufloipe aus. Gemütlich konnte ich bei milden Temperaturen mein Equipment verräumen und mich auf der sonnengewärmten Bank nebenan noch ein wenig der Kontemplation dieses äusserst gelungenen Ausflugs widmen.

Blick zurück von meinem Landeplatz in Davos Wiesen auf das Valbellahorn (der prominente, sonnbeschienene Gipfel). Gestartet bin ich wenig links vom rechten Bildrand, auf dem Rücken am Horizont, unmittelbar oberhalb der Waldgrenze.
Facts

Valbellahorn ab Davos Wiesen (via Suraver Alp), WS, netto ca. 1600hm.
Zeitbedarf total ca. 5-6h, normale Skitourenausrüstung ausreichend.

Karte mit der Route und Schattierung der Lawinengefahr nach der QRM. Quelle: skitourenguru.ch


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