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Donnerstag, 5. November 2020

Gonzen - Füürsetzer (7a) & Ablöscher (7a)

Die gewaltige Gonzenwand ist vom Tal aus sehr prominent sichtbar. Trotzdem gab es hier bis Anfangs der 1990er-Jahr nur die klassische Steiger/Abderhalden als Gesamtdurchstieg und die Wand war als grasig, brüchig, gefährlich und unlohnend verschrien. Als erste moderne Route wurde schliesslich die Diretissima 'Gonzo' von oben eingerichtet, sie fand jedoch wegen ihrer Schwierigkeit, der Absicherung und ihrem Erschliessungsstil nie Popularität. Den eigentlichen Startschuss zur klettersportlichen Entdeckung der Wand gab dann aber der treffend benannte 'Füürsetzer' im Herbst 1996. Die kurz darauf eingerichtete Fortsetzung im oberen Wandteil wurde 'Ablöscher' getauft. Die logische Herausforderung besteht nun darin, die Begehung der beiden Routen zu kombinieren, was (je nach Aufteilung der Seillängen) einen rund 20 SL langen Gesamtdurchstieg ergibt. Soweit uns bekannt ist, wurde diese absolut suggestive Kombination bisher nur wenige Male ausgeführt und die Trophäe für eine komplette RP-Begehung an einem Tag war auch noch zu holen. Nun denn, genau diese hatten wir uns zum Ziel gesetzt...

Die Gonzen-Südostwand mit dem Verlauf von Füürsetzer (12 SL, 7a) und Ablöscher (9 SL, 7a).
Zuerst wollte der Tagesablauf geplant werden: im Text-Wetterbericht war am Abend von möglichen Schauern die Rede. Konnten wir dem glauben? Zweifel streute die Radar-Animation, sie zeigte nämlich nur am frühen Morgen eine Schauerperiode, während es nachher den ganzen Tag trocken bleiben sollte. Auf welches Pferd sollten wir also setzen? Mit einem frühen Aufbruch machte man potenziell weniger falsch als umgekehrt, so liefen wir bei stark bedecktem Himmel um 6.30 Uhr vom P.730 am Anfang vom Gonzenwald los. Auf den Forststrassen und zuletzt dem Bergweg ging's zum Cholplatz (P.1155), von wo man die nach W führende, deutliche Wegspur Richtung Follaplatten und Wandfuss einschlägt. Nach ca. 100-150m führt eine undeutliche Wegspur direkt in den Wald hinauf. Sie führt ultimativ in die Gemsweid-Route und stellt auch für den Weg zum Füürsetzer auch eine zeitsparende Abkürzung dar. Auf ihr erreicht man den Wandfuss etwas rechts (östlich) des Einstiegs, muss also zuletzt etwas nach links hinauf aufsteigen, bis man die deutlich sichtbare Treppe, die man früher zum Erzabbau in den Fels gehauen hat, erreicht.

Regenwetter aussitzen im Gonzenwald. Naja, die Gemütlichkeit lässt sich in etwa erahnen. Halbwegs trocken war es aber.
Es kam wie es kommen musste: schon während dem Zustieg fielen erste Tropfen und als wir uns nach 45 Minuten Gehzeit dem Wandfuss näherten, mussten wir schlicht und einfach konstantieren, dass es nun richtig zu regnen begonnen hatte und zumindest vorerst nichts mit Klettern los war. Es blieb nicht anderes übrig, als sich mit Komplettmontur in den rudimentären Regenschutz einer mächtigen Buche zu setzen und einmal abzuwarten. Früher wäre man wohl umgehend wieder nach Hause gegangen. Doch die Radar-Animation auf dem Smartphone gelobte Besserung. In etwa 40 Minuten sollte es wieder zu Regnen aufhören, schliesslich schob sich dieser Zeitpunkt noch etwas weiter nach hinten, aber nach einer guten Stunde rumsitzen war endgültig fertig mit der Tropferei. Die Wand war aber noch nass, so dass wir uns vorerst noch am Fuss der Gonzenwand ein wenig die Füsse vertraten und auf Entdeckungstour gingen - das ist hier interessanter als anderswo am Fusse von Bergen, da man allerhand Spuren und Installationen des früheren Bergbaus entdecken kann. Nachdem nun sogar erste Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke blitzen, ging es mit der Felstrocknung voran und wir konnten um 9.15 Uhr schliesslich losklettern. Aufgrund des Regenschauers hatten wir also bereits rund 2:00 Stunden an Zeit verloren, nicht gerade optimal für unser Vorhaben.

Hier geht's los! Allzu auffällig ist die Plakette vor Ort jedoch nicht...


Füürsetzer

L1a, 25m, 6b: Einstieg in der Mitte des offensichtlich sichtbaren Teils der Treppe, eine Namensplakette ist vorhanden. In gemässigten Schwierigkeiten zu einem ersten Dächli, dessen Überwindung gar nicht mal so einfach ist und am besten mit einem beherzten "Biss ins Gras" gelingt. Nach einer weiteren kniffligen Stelle über die steile Verschneidungswand hinweg erreicht man den (Zwischen)stand.

Die Sonne scheint, der Fels ist trocken, endlich kann es losgehen. In L1a (6b), im Vordergrund das kleine, schon einmal nicht ganz triviale Dächli. Der Akteur an der im Text erwähnten Stelle über die Verschneidungswand hinweg.
L1b, 25m, 6b: Es geht nach rechts an die griffige Schuppe, wo diese ausläuft muss in zwingender und fordernder Reibungskletterei linkerhand eine vergammelte Sanduhrschlinge erreicht werden. Etwas hinauf, nochmals fordernd nach rechts bevor einen die Verschneidung an den Stand führt. Um die ganzen 50m an einem Stück zu klettern ist es zwingend erforderlich, fast ausschliesslich auf 60cm verlängerbare Alpine Draws zu verwenden und Halbseiltechnik zu verwenden. Der Zwischenstand ist sicherlich nicht sonderlich bequem, dürfte aber für die meisten die bessere Lösung darstellen.

Mein Seilpartner wollte die Herausforderung annehmen, die Monstergeräte (L1, L3 & L5) in einer Sequenz zu klettern und zu punkten. Es gelang und ist damit also bei entsprechenden Reserven möglich. Persönlich würde ich die Zwischenstände nutzen, denke das macht durchaus Sinn. Hier im Nachstieg in L1b (6b), gleich hinter dem Akteur ist klar die in den Fels gehauene Treppe sichtbar, ab welcher die Route startet.
L2, 50m, 6a+: Zuerst muss in geneigtem, grasigem Gelände selber abgesichert werden (mit Cams 0.5, 0.75 gut möglich), bevor eine Plattenstelle mit Sanduhr & BH folgt. Diese ist links umgehbar, was vielleicht gar nicht die schlechteste Lösung darstellt. Ein Sturz würde nämlich vermutlich auf dem Grasband darunter enden, was schmerzhaft sein dürfte. Über eine Verschneidung/Rampe klettert man zum markanten Riss, der mittels einer plattigen Querung erreicht wird. Ein paar schöne Klemmer bringen einen zum Placement für den Camalot 3 und schliesslich zum Stand.

L3a, 25m, 6b+: Der Auftakt an Seitgriffschuppen geht noch relativ gemässigt über die Bühne, zusätzlich lässt einen die vorerst gute Absicherung ohne aufgestellte Nackenhaare voranschreiten. Das ändert sich für die Crux, vor welcher leider nur ein zweifelhafter Profil-Schlaghaken steckt. Ca. 1m höher in Richtung 11 Uhr passt noch ein mässig sitzender, kleiner Cam. Dann heisst's aber Vertrauen haben. Die plattigen Moves an kleinen Silexeinschlüssen sind genial - allerdings muss man hoffen, dass es nach den ersten, prekären Aufstehern dann auch irgendwie weitergeht, denn bis zum Zwischenstand wartet doch noch ein ordentlicher Runout. Ich schweige mich hier einmal über die Details der zu wählenden Lösung aus (...), die unsichere Perspektive, die Zweifel ob die letzte Sicherung hält und das suboptimale Sturzgelände erfordern hier schon einmal gehörig Selbstvertrauen.

Super Plattenkletterei wartet in der dritten Seillänge, hier bereits im Teil L3b (6c oder auch etwas mehr...).
L3b, 25m, 6c: Die zweite Portion der dritten Seillänge ist ein Plattenknaller erster Güte. Es warten sehr anspruchsvolle Moves über die Steilplatte hinweg, ohne 100% Vertrauen in die Füsse und einem soliden Nervenkostüm geht hier nichts. Zum Ende hin werden die ohnehin schon nicht kurzen Abstände noch weiter, zudem muss die Linie richtig interpretiert werden. Meines Erachtens definiert dieser Abschnitt den für den Vorsteiger forderndsten Part der ganzen Route, ich würde hier auf jeden Fall eine 6c+ wenn nicht sogar 7a geben. Darüber hinaus dünkt mich der Zwischenstand auch hier wieder sehr empfehlenswert. Ohne 60er Alpine Draws und Halbseiltechnik geht's sicher nicht in einem Stück und wenn auf diesem anspruchsvollen Reibungsgelände ganz am Ende will man sicher nicht auch noch mit Seilzug kämpfen.



L4, 25m, 6c+: Sehr schöne Seillänge, die etwas athletischer und besser gesichert als andere daherkommt. Technisch geht's unter das Dächlein, mit kniffligen Moves darüber hinweg. Hier braucht es alles: Athletik, Beweglichkeit und Vertrauen in die Füsse. Der Fels ist mega, inklusive einem Fingerloch. Zum Stand hin wird es dann wieder eher reibungslastig, die Moves lösen sich allerdings prima auf. Der im Topo verzeichnete Schlaghaken am Ende war noch da - als ich ihn klippen wollte, sprang er mir jedoch gleich entgegen. Somit fehlt er nun, es geht aber auch gut ohne.

Supercoole Kletterei bei luftiger Exposition in L4 (6c+).
L5a, 20m, 6b: Hier mogelt man sich zuerst nach rechts, der nachfolgende Runout geht gut über die Bühne und auch die Steilzone zum Zwischenstand fordert weniger wie man meinen könnte, hier könnte man auch ohne allzu grossen Sorgen die Sicherungen grosszügig verlängern. Der folgende Zwischenstand ist hier sicherlich sehr unbequem - doch ausser wenn man von seinen Fähigkeiten überzeugt ist, nimmt man ihn vielleicht doch lieber in Anspruch (auch wenn so L5b eigentlich nur noch als 6c+ gilt...).

Schon beinahe wendenmässige Dimensionen bietet der Ausblick auf L5a (6b), der Akteur gerade etwa beim Zwischenstand.
L5b, 30m, 7a: Der zweite Abschnitt in der fünften Seillänge bietet die Hauptschwierigkeiten, aber auch geniale Kletterei. Der Fussarbeit kommt immer noch eine wesentliche Komponente zu, hier ist die Kletterei aber schon weniger reibungslastig, zudem gibt's mit Tropflöchern und wasserzerfressenen Griffen auch handfestes Material zum Festkrallen. Insgesamt erschien mir dieser Abschnitt etwas zugänglicher wie L3b, sowohl von den klettertechnischen wie auf von den mentalen Anforderungen her. Zuletzt geht's dann an eine Rippe heran, wo der Fels auf dem letzten Meter nicht mehr ganz so perfekt ist. Ein abstehende Schuppe erscheint verlockend, aber ob sie wohl hält?!? Im Sturzfall wäre man auch nur durch ein besonderes Exemplar von einem Profilhaken gesichert (immerhin ist die Wand hier absatzlos, steil und der letzte BH ist nicht weit weg). Mangels Alternativen hat wohl bisher jeder Begeher nach Momenten des Zweifels die Schuppe gekrallt und ja, sie ist noch dort!

Suuuper Kletterei in L5b (7a), hier die Sequenz über die letzten 2 Haken hinweg an die im Text erwähnte Rippe.
L6, 35m, 6a+: Der Auftakt irgendwie so ein undefiniertes Gemisch aus "jetzt ist Ende der Schwierigkeiten" und "ist ja doch nicht so einfach" - gut abgesicherte Kletterei in etwas glattem Fels mit ein paar Schlitzen und Löchern. Dann geht's mit einem Runout zwischen zwei Schuppen hinauf, ein bisschen bewachsen, Cams sind dienlich. Schlussendlich wird's endgültig grasig und einfacher, nur zum Schluss prüft eine glatte Platte nochmals den Haftreibungskoeffizienten. Ob diese wirklich so schwierig ist, wie sie einem im Vorstieg mit dem Gewicht des Seils, ungutem Sturzpotenzial und sich ausser Sichtweite befindlichen Partner vorgekommen ist, beantwortet der Nachfolgende dann, indem er sie fast freihändig hinaufspaziert. Das Erzband beim Stand ist wirklich sehr interessant, das Wandbuch hingegen hat leider das Zeitliche gesegnet und ist abgestürzt.

L7, 40m, 5b: In recht gutem Fels geht's über die Wand gleich oberhalb vom Stand. Einen grossen Linksschlenker (wie im Topo) muss man nach dem zweiten Bohri nicht einlegen. Der dritte befindet sich ziemlich direkt oberhalb des Wulstes an der linken Begrenzung der Felszone, man muss nicht um die Ecke herum. Danach geradeaus weiter zum Stand.

Tiefblick auf Sargans aus L7 (5b).
L8, 40m, 4c: Über geneigte Platten mit gutem, etwas glattem Fels geht's hier zwischen viel Gras hindurch in die Höhe. Die Büschel nutzt man bisweilen gerne als Griff oder Tritt. Sonst wäre es nämlich bestimmt schwieriger wie 4c und auf der eigenen Bananenschale auszurutschen wäre denn trotz der vernünftigen Absicherung längst nicht überall empfehlenswert. Der Stand dann ziemlich unscheinbar leicht rechts - da weder der Kollege "Seil aus" ruft und einem das Gelände weiterlockt, könnte man in gut verpassen.

L9, 50-60m, 2a: Wer das Mittelband erreichen möchte, um im oberen Wandteil noch eine Route zu klettern oder einen Fussabstieg zu machen, der muss noch eine weitere, grasig-einfache Seillänge ohne Zwischensicherungen klettern. 50m reichen gerade, um zur oberen Wand zu kommen und dort einen BH zu klippen. Zum Beginn vom Ablöscher geht's jedoch noch ein Stück nach links, wozu längere Seile oder gemeinsames Steigen nötig sind. Wer die Kletterei nach dem Füürsetzer beenden möchte, seilt wohl am bequemsten nach L8 wieder ab. Die Abseilerei dürfte relativ gefahrlos (in Bezug auf Steinschlag) sein, man kann ohne Gepäck klettern und zeitlich ist das Rausqueren über das Mittelband und ein Fussabstieg über Leiter vermutlich nicht allzu viel schneller.

Um 14.15 Uhr und damit nach 5:00 Stunden Kletterei hatten wir das Mittelband erreicht. Bisher war uns alles Rotpunkt gelungen und während das Wetter zwar nicht eitel Sonnenschein versprach, so schien es doch noch zu halten. Einem Versuch im oberen Wandteil stand somit nichts im Wege, zumal man hier auch ziemlich subito mit wenigen Abseilern das Band wieder erreicht, wo man zur Not Schutz vor dem Wetter finden könnte.

Mittelband-Impressionen: unterwegs auf dem letzten Abschnitt von L9 im unteren Teil. Das Mittelband selber würde man ungefähr dem Seilverlauf entlang verfolgen. Es bietet nirgendwo grosse Schwierigkeiten, ist aber doch über weite Strecken exponiert (T5). Wenn man rausquert, so geht man später unter dem sichtbaren Felsriegel durch und erreicht die bewaldete Bergschulter im Hintergrund.

Ablöscher

L1, 50m, 6a: Eine sehr spezielle Seillänge, nämlich ein mordslanger Quergang, der sich nur wenige Meter über dem Mittelband vollzieht. Der Beginn sieht auf den ersten Blick gut gesichert aus, jedoch steckt der erste BH tief und der Weg zum zweiten ist etwas heikel-nichttrivial. Nach dem dritten hat man sich schliesslich auf den Querfugen etabliert, über welche man weit nach links quert. Klar ist das nicht so schwierig, man kann schon fast von "Gehen im Fels" sprechen. Die Absicherung ist aber spärlich, der Fels nicht überall restlos zuverlässig und die Schlitze bisweilen etwas staubig. Gerne platziert man noch den einen oder anderen Cam in den Querfugen - ein Sturz zur Unzeit könnte sonst zu einem Grounder führen.

Ein langer Quergang mit luftiger Absicherung bildet den Auftakt zum Ablöscher (L1, 6a).
L2, 20m, 7a: Auch hier wartet nochmals ein aussergewöhnliches Programm. Athletische Moves führen durch eine Dachzone. Nicht ganz simpel ist der Klipp des zweiten Hakens, der etwas abseits der gängigsten Kletterlinie steckt. Und der verführerische Block danach ist also nicht gut verwachsen, doch schon manch einer (der wohl seltenen Begeher dieser Route) wird sich in Not und Verzweiflung seiner bedient haben. Die enge Absicherung in der Dachzone bezahlt man danach mit einem Runout in der ansetzenden Verschneidung. Es wartet fordernde, fusstechnische Kletterei mit Potenzial für einen ziemlichen Abflug, puh! Zuletzt dann (scheinbar?!?) etwas unlogisch nach rechts zum Stand. Wer im Füürsetzer in den Monsterlängen ohne die Zwischenstände ausgekommen ist, kann diesen hier problemlos überspringen und weiterklettern - es ist eher besser möglich als im unteren Teil, einzig den Stand kann man so natürlich nicht klippen.

In L2 & L3 (die wir verbunden haben, 7a) wartet teilweise fantastische Kletterei.
L3, 20m, 6c+: Zuerst wartet superschöne, gonzentypische Querschlitzkletterei. Einfach die Übersicht behalten, wo die Füsse zu platzieren sind, so geht das ohne grosse Mühe vonstatten. Die Klimax folgt dann zum Ende hin, wo kleinere Griffe und Reibungstritte zu bedienen sind. Der direkte Weg vom letzten BH zum Stand wäre nur ca. 3m, doch das dortige Umkehrmaillon spricht Bände. Zu klettern ist die Stelle nämlich nur linksherum heikel einer Schuppe entlang, wobei man zuletzt fast etwas absteigend zum Stand gelangt. Insbesondere der letzte Schritt auf die kleine Standleiste ist nochmals richtig fies, so dass hier trotz nominell gutmütig scheinendem Abstand richtig Psyche nötig ist!



L4, 40m, 6a+: Am vorletzten BH dieser Seillänge endete unsere Begehung. Schon der Weg dahin will sich erkämpft werden! Die Hakenabstände betragen hier gute 7-8m bei fordernder, steilplattig-fusstechnischer Kletterei. Wie immer bei solch luftiger Absicherung besteht auch die Gefahr, deutlich über der letzten Sicherung in eine Quasi-Sackgasse zu geraten. Wenn dann Rückwärtsfahren nicht erlaubt bzw. möglich ist, so hiesse das dann, weitab vom letzten Bolt gleich nochmals schwierige Moves wagen zu müssen. Ebenfalls unangenehm ist die Tatsache, dass diverse der besseren Griffe fragil wirken - da überlegt man sich dann 2x, ob man meterweit über dem Haken so richtig herzhaft daran ziehen mag, um Druck auf die Füsse zu bringen. Ein Sturz zur Unzeit könnte hier 15m in die Tiefe führen - nicht etwa mit einem stilvollen Segler, sondern mit Anprall an die Wand und Kontrollverlust. Den grössten Teil der Länge mit dem Herz in der Hand schon bewältigt, musste schliesslich beim BH Nr. 5 doch noch die Wahrscheinlichkeitsrechnung bemüht werden. Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass mir der heikle Aufsteher 3m über der Sicherung gelingt? Wie gross ist sie, dass danach die nächsten 3m zum Rettungsanker auch noch machbar sind (denn ein zurück wäre nach dem Move sicher nicht mehr möglich...)? Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, den drohenden Sturz so glimpflich zu überstehen, um noch selbständig zu Tal zu kommen? Solche Gedanken sind immer der Anfang vom Ende... und genau so kam es. Keinem von uns schien es verantwortlich, das Risiko einzugehen - eine bittere Pille. Andererseits muss man einfach wissen, wann Schluss ist und die Konsequenzen ziehen. Einmal überehrgeizig zu weit zu gehen, könnte noch viel unangenehmere Folgen haben. 

Das war's... auf dem Heimweg mit Ausqueren über das Mittelband.
Das Paradoxe war ja noch, dass wir bis dahin alles hatten Rotpunkt klettern können und nominell die Hauptschwierigkeiten längst hinter uns hatten. Aber das half uns natürlich in dieser Situation auch nicht weiter. Eine Opfergabe (alter Karabiner) und einen 50m-Abseiler später standen wir wieder auf dem Mittelband, könnten die Schuhe schnüren und von dannen trotten. Der Weg hinaus über die Gemsweid zur Wang war uns von früheren Touren im oberen Wandteil bestens bekannt. Via den Direktabstieg nach Älpli gelangten wir zur Leiter, stiegen diese ab und erreichten so wieder unseren Ausgangspunkt. Auch wenn das ultimative Ziel unerfüllt blieb, so war es doch ein prima MSL-Tag mit vielen Klettermetern gewesen und immerhin hatten wir ja den Füürsetzer komplett geklettert. Da dürfen wir dem Erstbegeher dankbar sein, dass er für den unteren und den oberen Wandteil je einen separaten Namen vergeben hat - das war ein echt smarter Move, danke Thomas :-)

Facts

Gonzen - Füürsetzer 7a (6c obl.) - 12 SL, 400m - Thomas Wälti et al. 1996 - ***;xxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express (viele verlängerbare!), Camalots 0.3-3

Sehr schöne und anhaltend anspruchsvolle Plattenkletterei in weitgehend gutem bis sehr gutem Fels, nur die einfacheren Abschnitte sind etwas grasig. Die Absicherung darf man als "gut" bezeichnen, aber geschenkt wird einem hier nichts. Wie wir es uns in Routen von Thomas Wälti gewohnt sind, ist die Bewertung der plattigen Abschnitte hart und die dortigen Abstände fordernd. 

Gonzen - Ablöscher 7a (6c obl.) - 9 SL, 270m - Thomas Wälti et al. 1996 - ***;xx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Camalots 0.3-3

Abwechslungsreiche und spektakuläre Linie mit luftiger Linienführung durch die obere Gonzenwand. Von Quergängen über athletische Passagen bis hin zur abschüssigen Steilplatte wird das ganze Programm geboten und fordert den kompletten Kletterer. Die Absicherung ist an den schwierigen Stellen recht gut, wenn auch sehr zwingend. An den einfacheren Stellen hilft aber oft nur das Motto "Augen zu und durch" bzw. der mutige Schritt vorwärts, auch weit über der letzten Sicherung und bei ganz klar suboptimalem Sturzgelände.

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