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Samstag, 24. Februar 2024

Two Days in Chironico

Mit der ganzen Meute plus Anhang nach Chironico zum Bouldern, das war der Plan von Alexandra mit ihrem Team Herkulis. Das klappte - zumindest fast. Denn genau die eigene Tochter war durch ein Natitraining schlussendlich nicht verfügbar. Das hinderte den Rest der Familie aber nicht daran, trotzdem an den Tessiner Gneis zu gehen. So verbrachten wir zwei extrem milde Februartage in den beiden Sektoren Rah Plats Plats und Serre moi fort.


Seit 2024 gilt ja ein neues Parkregime, welches auf dieser Webseite erklärt wird. In Kurzfassung: für die üblichen Tagesparkplätze wird ein Obulus von 0.50 CHF erwartet. Dieser muss via Webseite bezahlt werden. In Chironico schnappt man sich dann beim Overnight-Parkplatz 1 einen Zettel und füllt diesen von Hand mit seiner Quittungsnummer aus und klemmt ihn an die Scheibe. Das wirkt sehr handgestrickt und scheint auch wenig verbindlich. Die Parkplätze selbst sind nämlich nicht als kostenpflichtig gekennzeichnet, sondern kommen daher wie eh und je. Sprich die Ausrede "ich habe von all dem nichts gewusst" kann man bringen. Trotzdem, die Taxe im Sinne des Goodwill zu entrichten ist natürlich absolut sinnvoll und für mich eine Selbstverständlichkeit. Für eine Übernachtung plus die beiden angrenzenden Tage fällt eine Gebühr von 12 CHF (+2 CHF Kurtaxe pro Person >14 Jahre) an. Scheint fast geschenkt - allerdings kriegt man ausser einem Toitoi und einem Abfallcontainer (nur beim Overnight-Parkplatz 1) auch keinen Service. Uns insbesondere keinen garantierten Platz! Die drei offiziellen Plätze bieten Raum für ca. 25-30 Fahrzeuge - was an einem Weekend mit guten Conditions in der Prime Season niemals ausreicht. Die Bezahlung und Bestätigung der Overnight-Taxe funktionieren sonst übrigens gleich wie bei der Tagesparkgebühr.

Tag 1

Nun denn, wir hatten richtig Glück: wohl den noch vorhandenen Alpinkletter-Genen sei Dank waren wir so früh vor Ort, dass wir einen der gerade mal drei Stellplätze (vier bei 'very good parking') in der Overnight Area 3 sichern konnten. Von da war es nur noch ein Katzensprung in den Sektor Rah Plats Plats, welchen ich mit Larina zuletzt im Oktober 2023 besucht hatte. Und da war ja noch eine Rechnung offen geblieben.

Number One / Slooper Attack 7A

Der Klassiker und wohl der am meisten begangene Boulder in diesem Sektor. Erst ein bisschen Athletik, dann aber vor allem geschicktes Body Positioning und ein wenig Fingerkraft an Slopern. Die Beta-Optionen sind sehr zahlreich, somit geht's für alle Körpergrössen - für Kleine/Kids aber deutlich einfacher. Und ja, nach nochmaligem Feintuning der Beta konnte die offene Rechnung schliesslich souverän beglichen werden.

Yannick in Number One 7A. Der Vorteil für die Kleineren besteht darin, dass die hier an den schlechten Slopern gut auf die Tritte stehen können, während man bei mehr Körpergrösse sich mit den Füssen im Nichts befindet.

Bugs Bunny / Shield Variante 7A+

Ein ziemlich langer Boulder, der am Ende Ausdauer, Mut und Committment verlangt. Man vermeidet den Knaller-Startmove vom Shield 7C an den Henkeln gleich rechts. Es folgt eine Crimpy-Traverse an Schlitzen, bevor zwei dynamische Power-Moves in einer prekären Position folgen. Das suboptimale Gelände darunter braucht sehr viele Pads (~8-10 Stück), damit ein Sturz dort nicht gefährlich ist. Dank der Bouba- und der Bündner-Crew war das gegeben und das war auch gut so: 2x rutschte mir der Hook raus beim entscheidenden Move, das einen Kopfüber-Tumble-Down ergibt. Das reichte mir dann für den Moment, aber diesen Boulder einmal noch zu senden wäre schon das logische Ziel.

Bugs Bunny 7A+, ab hier gilt es so langsam dann richtig ernst mit zwei committing Moves.

Nittymaki 6C/+

Das ist sozusagen der Rah Plats Plats für die Kleinen: am selben Block, einfach beginnt man die Traverse am anderen Ende und steigt dann in der Mitte aus. Klettert sich nach einem einfachen Auftakt aber echt cool, etwas Tüfteln wie die Hooks in der Traverse solide sitzen war für mich durchaus nötig. Und wenn man dann (je nachdem) schon etwas gepumpt ist, wartet noch ein ziemlich hoher (aber safer) Ausstieg, wo man kleine Leisten durchblockieren muss. Fand ich für 6C noch recht hart. Sowieso wäre aufgrund der Länge der Unternehmung eine 7b+ Routenbewertung vielleicht passender?!?

Der Block mit Nittymaki 6C/+ und Rah Plats Plats 8A. Strenge Sache, kann zur Überhitzung führen 😁

Rah Plats Plats 8A

Mitica traversa da Fred Nicole, so steht's im Topo. Und mal einen Boulder in diesem Grad zu klettern wäre ja auch noch so ein Ding von der Bucket List. Das hier vorliegende Gerät könnte durchaus ein Kandidat dafür sein?!? Lang, ausdauernd, an Slopern und ohne einen extrem harten Move. Man hangelt sich hier über fast 20m der Kante des Blocks entlang. Erst sehr technisch mit vielen Hooks und gekonntem Positioning, dann mit reichlich Körperspannung, bevor dann in der zweiten Hälfte eigentlich nur noch die Ausdauer gefragt ist. Alle Positionen und die einzelnen Moves gingen schon einmal, das wäre eigentlich die Grundlage, um da dran zu bleiben. On verra...

Nach einer sehr ausgiebigen Session war es dann nur ein kurzer Marsch zu unserem Domizil. Ein Teil der Gruppe verabschiedete sich nach Hause, ein anderer zur Übernachtung im Hotel. Wir legten uns im Octavia auf's Ohr und verbrachten eine geruhsame Nacht.



Tag 2

Recht früh kommt bei der Overnight Area 3 die Sonne, und so gab es ein supergemütliches Zmorge, ein richtiger Genuss. Sowieso, es sei noch gesagt, dass es für Mitte Februar eine absolut abnormale Wärme war, ja eigentlich schon zu viel des Guten, um hart zu bouldern. Den ganzen Tag in Shorts und ohne T-Shirt rumzulaufen gehört ja zu den positiven Effekten. Sich vor einem guten Go aber erst 15 Minuten in den Schatten setzen zu müssen und um einen guten Luftzug für die Kühlung der Griffel beten zu müssen ist für Februar aber schon verrückt. Anyway, am zweiten Tag war der Himmel etwas überzogen und die Temperatur daher nicht mehr ganz so hoch. Als die Hotel-Fraktion eingetrudelt war, zogen wir in wenigen Minuten in den Sektor Serre moi fort.

Frühstücksplatz - so richtig gemütlich war es!

Survival Kit 6A

Diamant, Plattensymbol, Totenkopf und noch der vielsagende Kommentar "da non sottovalutare". Und echt, es war nicht meine Idee! Die Platte ist ca. 8m hoch und die obere Hälfte ist die Schwierigere. Wer sich in der Mitte zum Schritt nach vorne entscheidet, der muss nachher bis zum Top durchziehen, ein zurück gibt's nicht mehr. Kurzum, hier gilt Bouldern = Mehrseillängenklettern, zumindest was Mindset und Herangehensweise betrifft. So extrem schwierig ist es nicht einmal, ca. 6b/+ in Routenbewertung, würde ich sagen. Nur in einem Punkt bin ich mir nicht sicher: ob die Moves am Seil angenehmer wären? Oder anders formuliert: ist es (im Sturzfall) besser, wenn (beim Bouldern) nach 5m die Matte kommt oder würde man es (beim MSL-Klettern) bevorzugen, weitere 5m über die Platte zu schraddeln, bevor einen das Seil stoppt?!?

Naja, hier auf dem Foto sieht es nicht ganz so imposant aus. Vom Einstieg dann irgendwie schon mehr. Und wenn man oben steht und daran denkt, dass man den direkten Weg zurück zu den Pads antreten müsste, dann ist die Devise schon eher "never ever". Kurzum, das ist ein Boulder zum Flashen.

Frogatt Traverse 7A

Wieder ein Teil, das wohl eher den Sportkletterer anspricht, geht es hier doch um die rund 15m lange Umrundung eines Blocks. Wobei sich die Schwierigkeit auf den ersten Metern abspielt, wo dachartig ein paar sloprige Crimp-Schlitze bedient werden müssen. Hat man einmal das grosse Horn vom Autopilot 7A+ erreicht, so spielt sich der zweite Teil im Ausdauerbereich an Henkeln ab. Allerdings, bei den letzten zwei Moves kann man schon noch scheitern... uns ist es nicht passiert.

Frogatt Traverse 7A, ein Boulder absolut nach meinem Gusto.

Smooth Operator 6B+

Wird laut den Ticklisten nur relativ selten gemacht. Ich fand das aber eine echt coole, kräftige Traverse. Erst ein paar gute Griffe, dann eine knackige Crux um die Ecke und ein gemütliches Finish an Henkeln. Auch die Lage direkt beim 'Hauptplatz' ist ideal. Nur das Landegelände mit einem spitzen Block unter dem Geläuf und einem Baum im Rücken nicht so sehr.

Clin d'Oeil 6C+/7A

Eigentlich wäre es ja das Ziel gewesen, dem begehrtesten 7A-Boulder in diesem Sektor noch eine Begehung abzuringen (Selection Door). Aber er war gerade belegt und eine kurze Anprobe warf auch etwelche Zweifel auf, ob die abgekletterten Pfoten dies noch hergeben würden. Nun, die Ausweichmöglichkeit ist unmittelbar nebenan und vermutlich deutlich einfacher zu holen. Ein etwas murksiger Start, gefolgt von zwei langen Moves zu Leiste und zu Sloper et voilà - vielleicht liegt es auch an der Morphologie.

Das ist nicht der Clin d'Oeil, sondern Senza Mani 6B+. Nils Favre hat grad diese Woche ein Video auf Insta gepostet, wie er den tatsächlich ohne Hände gemacht hat - unglaublich! Viel um sich effektiv festzuhalten hat es zwar schon nicht, aber jedenfalls ist es schon mit den Händen sauschwer für mein Gusto - bzw. halt vor allem so unangenehm unkontrollierbar an der Abrutschgrenze.

Das war es dann schon wieder, wir packten unsere Waren und machten uns auf den Heimweg. Es sei noch bemerkt, dass die Liste in diesem Beitrag nicht ganz vollständig ist, einige einfachere Boulder standen auch noch auf dem Menüzettel, wurden aber hier nicht beschrieben. In einem waren wir uns einig, eine möglichst baldige Wiederholung dieses Events ist angezeigt. Wobei es am heutigen, darauffolgenden Weekend regnet und dann folgt für die Kids erstmal die Wettkampfsaison. Ein bisschen Geduld wird es wohl brauchen, bis sich die ganze Gruppe wieder in Chironico trifft. Mir persönlich reicht es aber hoffentlich schon vorher wieder für eine Session an den Blöcken! 

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