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Freitag, 29. Januar 2021

Wieder einmal im Eis!

Schon fast 2 Jahre ist es her, seit das letzte Mal die Pickel geschwungen wurden, dies am Allmenalpfall (WI4) in Kandersteg und wie ich jetzt wahrnehme, steckt der fertig redigierte Blog dazu schon für eine kleine Ewigkeit im Entwurfsmodus. Naja, das zeigt etwas, welch (nicht)zentrale Stellung diese Disziplin in der vergangenen Zeit genossen hat. Mit Jonas war heute der richtige Partner am Seil und wir stellten uns die Frage, wohin es denn gehen sollte. In meinem letzten Beitrag hatte ich ja noch die Ziele abseits des Mainstream gepriesen. Doch wir waren im Zweifel, ob abseits der Hotspots denn auch gute Bedingungen herrschten, während in Kandersteg augenscheinlich erfolgreich und mit Genuss geklettert wurde. Auf ein Anbrennen aufgrund mangelnden Eises, dem Abräumen von Dezimeter dicker Schneekruste oder dem Herumpickeln auf hohl tönenden Eisschildern wollten wir uns aber nicht einlassen. Im Gegenteil, da waren die gut ausgehackten Kandersteger Fälle gerade das richtige Programm, um wieder in die Gänge zu kommen.

Wie cool, wieder einmal diese Perspektive zu haben - am Fuss vom Pingu (WI5+) in Kandersteg.

Einige Fragezeichen gab es aber doch: in der Woche davor gab es auch in Kandersteg eine Föhnphase,  wo die Temperaturen während rund 48h deutlich im positiven Bereich, ja durchgehend zwischen 5-10 Grad lagen. Für mich tönte das a priori stark abschreckend, doch wir wussten aus sicherer Quelle, dass nach wie vor alles im grünen Bereich und viele Fälle bestens begehbar wären. Natürlich erklären diese Zweifel auch, warum wir in der Wahl des Tourenziels wie oben dargestellt auf Innovation lieber verzichteten, schliesslich hatte ich mit eigenen Augen gesehen, wie z.B. bei uns zuhause im Tösstal das Eis von den Wänden geputzt wurde. Anyway, ich kann an dieser Stelle bestätigen, dass die Bedingungen in Kandersteg tatsächlich einwandfrei waren. Nur nützt das leider auch nicht so viel, mit der aktuellen Regen-Warmfront werden die Karten neu gemischt.

Temperaturdiagramm aus Kandersteg mit der  48h dauernden Föhnphase markiert (Quelle).

Nun denn, wir liefen in den Oeschiwald. Zwar durchaus mit gewissen Absichten, aber genaue Ziele zu haben ist eher schwierig, da jene ja vielleicht schon durch andere Kletterer besetzt sind. Ziemlich genau so entwickelte sich die Lage. Da Kletterer, dort Kletterer, nur im Pingu war gerade niemand zugegen. Diese Route hatte ich bereits im Januar 2013, damit also vor 8 Jahren bei meinem allerersten Besuch in diesem Eisklettermekka, begehen können (siehe Blog). Nun, eigentlich mag ich es deutlich lieber, in meinem Tourenbuch eine noch nie zuvor gekletterte Route hinzufügen zu können, aber nun war das schlicht und einfach die logische und vernünftige Wahl. Zudem ist's im Eis ja weniger entscheidend, weil die Route(n) sich doch jedesmal wieder anders präsentiert. Noch dazu war ich damals noch am Beginn meiner bescheidenen Eiskletter-"Karriere", so konnte ich gerade prüfen, welche Entwicklung sich durch etwas regelmässigeres Pickeln und Toolen gefolgt von 2 Jahren Abstinenz ergeben hatte.

Vorstieg in der ersten Länge der oberen Routenhälfte.

Pingu (III, WI5+, 200m)

Einen Tourenbericht habe ich ja bereits das letzte Mal geschrieben, das wird an dieser Stelle nicht komplett wiederholt. Der Fall war dieses Mal deutlich fetter gewachsen, das Eis solide aber strukturiert und mit bereits vorhandenen Begehungsspuren - vermutlich ist die Route in diesem Zustand näher bei einer WI4+ als bei der offiziellen WI5+. Die erste Seillänge (35m) kletterten wir wieder zum linken Stand, der inzwischen top saniert ist. Im zweiten Abschnitt (50m) war erneut diese rampenähnliche Struktur vorhanden, welche eine elegante Passage von rechts nach links über die Steilstufe erlaubt. Im oberen Routenteil kletterten wir die dritte Seillänge (40m) dieses Mal komplett anders von rechts nach links zu einem BH-Stand am linken Rand. Das folgende, vierte Teilstück (35m) bietet dann anhaltend steile Meter auf ein Plateau, bzw. zu Stand an Baum rechts aussen. Die einfachere Abschlusslänge war tief verschneit und offenbar schon länger nicht mehr begangen worden. Das sah nicht attraktiv aus und so schenkten wir uns diese letzten 30m, obwohl ich sie das letzte Mal als interessante Herausforderung erlebt hatte.

Classic Shot! Nachstieg in der ersten Länge vom oberen Teil.

Der Plan war nun, noch einen zweiten Eisfall zu klettern. Arbonium, Rattenpissoir, Haizähne, Reise ins Reich der Eiszwerge,  alles  wurde bekrabbelt und beklettert - das ist halt der Nachteil davon, in einem Hotspot unterwegs zu sein. Unter dem Strich wäre es wohl das Schlauste gewesen,  die Gelegenheit im gerade verwaisten und mir noch unbekannten Namenlos zu nutzen. Wir aber wollten dem weniger bekannten Bärentritt einen Go geben, insbesondere als wir sahen, dass eine Seilschaft dort gerade mit der letzten Länge beschäftigt war und somit danach freie Bahn herrschen müsste. Für den Zustieg kann ich nur empfehlen, dem Doldenhorn-Hüttenweg möglichst lange/weit zu folgen und auf jegliche direkter erscheinende, abkürzenden oder "dem Wandfuss entlang" Varianten zu verzichten. Das endet nur in unerquicklichem Kondi-Schneegestapfe zwischen den Büschen hindurch. 

Bärentritt (WI5+), mit Kletterer auf den letzten 15m.

Nun denn, die andere Seilschaft hatte nicht eben ein hohes Tempo an den Tag gelegt, doch bis wir parat waren, wäre die Bahn frei gewesen. Aber nun ja, anstatt die Bühne den nächsten, am Einstieg bereit stehenden zu überlassen, entschieden sie sich dann, den Fall ab der Mitte nochmals zu klettern. Kann man natürlich machen, aber ob man unbedingt muss?!? Gehört vielleicht in dieselbe Kategorie wie die ungebührlichen Sitten, auf einer Skitour den Nachfolgenden die Spur zu verfahren (bzw. sie nicht so gut wie möglich zu schonen) oder als Nachfolgender frühzeitig umzudrehen, um den Spurenden die First Line zu stehlen :-/ Naja, deswegen durften wir uns nicht den Tag vergällen lassen - es war alles in allem ein tolles Erlebnis an einem richtig kalten Wintertag gewesen und der Pingu war leicht von der Hand gegangen, das war eine sehr erfreuliche Erkenntnis. Nun hoffen wir, dass die Regenfront nicht alles  Eis schmilzt und die Pickel diese Saison nochmals zum Einsatz kommen.

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