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Samstag, 24. Februar 2024

Two Days in Chironico

Mit der ganzen Meute plus Anhang nach Chironico zum Bouldern, das war der Plan von Alexandra mit ihrem Team Herkulis. Das klappte - zumindest fast. Denn genau die eigene Tochter war durch ein Natitraining schlussendlich nicht verfügbar. Das hinderte den Rest der Familie aber nicht daran, trotzdem an den Tessiner Gneis zu gehen. So verbrachten wir zwei extrem milde Februartage in den beiden Sektoren Rah Plats Plats und Serre moi fort.


Seit 2024 gilt ja ein neues Parkregime, welches auf dieser Webseite erklärt wird. In Kurzfassung: für die üblichen Tagesparkplätze wird ein Obulus von 0.50 CHF erwartet. Dieser muss via Webseite bezahlt werden. In Chironico schnappt man sich dann beim Overnight-Parkplatz 1 einen Zettel und füllt diesen von Hand mit seiner Quittungsnummer aus und klemmt ihn an die Scheibe. Das wirkt sehr handgestrickt und scheint auch wenig verbindlich. Die Parkplätze selbst sind nämlich nicht als kostenpflichtig gekennzeichnet, sondern kommen daher wie eh und je. Sprich die Ausrede "ich habe von all dem nichts gewusst" kann man bringen. Trotzdem, die Taxe im Sinne des Goodwill zu entrichten ist natürlich absolut sinnvoll und für mich eine Selbstverständlichkeit. Für eine Übernachtung plus die beiden angrenzenden Tage fällt eine Gebühr von 12 CHF (+2 CHF Kurtaxe pro Person >14 Jahre) an. Scheint fast geschenkt - allerdings kriegt man ausser einem Toitoi und einem Abfallcontainer (nur beim Overnight-Parkplatz 1) auch keinen Service. Uns insbesondere keinen garantierten Platz! Die drei offiziellen Plätze bieten Raum für ca. 25-30 Fahrzeuge - was an einem Weekend mit guten Conditions in der Prime Season niemals ausreicht. Die Bezahlung und Bestätigung der Overnight-Taxe funktionieren sonst übrigens gleich wie bei der Tagesparkgebühr.

Tag 1

Nun denn, wir hatten richtig Glück: wohl den noch vorhandenen Alpinkletter-Genen sei Dank waren wir so früh vor Ort, dass wir einen der gerade mal drei Stellplätze (vier bei 'very good parking') in der Overnight Area 3 sichern konnten. Von da war es nur noch ein Katzensprung in den Sektor Rah Plats Plats, welchen ich mit Larina zuletzt im Oktober 2023 besucht hatte. Und da war ja noch eine Rechnung offen geblieben.

Number One / Slooper Attack 7A

Der Klassiker und wohl der am meisten begangene Boulder in diesem Sektor. Erst ein bisschen Athletik, dann aber vor allem geschicktes Body Positioning und ein wenig Fingerkraft an Slopern. Die Beta-Optionen sind sehr zahlreich, somit geht's für alle Körpergrössen - für Kleine/Kids aber deutlich einfacher. Und ja, nach nochmaligem Feintuning der Beta konnte die offene Rechnung schliesslich souverän beglichen werden.

Yannick in Number One 7A. Der Vorteil für die Kleineren besteht darin, dass die hier an den schlechten Slopern gut auf die Tritte stehen können, während man bei mehr Körpergrösse sich mit den Füssen im Nichts befindet.

Bugs Bunny / Shield Variante 7A+

Ein ziemlich langer Boulder, der am Ende Ausdauer, Mut und Committment verlangt. Man vermeidet den Knaller-Startmove vom Shield 7C an den Henkeln gleich rechts. Es folgt eine Crimpy-Traverse an Schlitzen, bevor zwei dynamische Power-Moves in einer prekären Position folgen. Das suboptimale Gelände darunter braucht sehr viele Pads (~8-10 Stück), damit ein Sturz dort nicht gefährlich ist. Dank der Bouba- und der Bündner-Crew war das gegeben und das war auch gut so: 2x rutschte mir der Hook raus beim entscheidenden Move, das einen Kopfüber-Tumble-Down ergibt. Das reichte mir dann für den Moment, aber diesen Boulder einmal noch zu senden wäre schon das logische Ziel.

Bugs Bunny 7A+, ab hier gilt es so langsam dann richtig ernst mit zwei committing Moves.

Nittymaki 6C/+

Das ist sozusagen der Rah Plats Plats für die Kleinen: am selben Block, einfach beginnt man die Traverse am anderen Ende und steigt dann in der Mitte aus. Klettert sich nach einem einfachen Auftakt aber echt cool, etwas Tüfteln wie die Hooks in der Traverse solide sitzen war für mich durchaus nötig. Und wenn man dann (je nachdem) schon etwas gepumpt ist, wartet noch ein ziemlich hoher (aber safer) Ausstieg, wo man kleine Leisten durchblockieren muss. Fand ich für 6C noch recht hart. Sowieso wäre aufgrund der Länge der Unternehmung eine 7b+ Routenbewertung vielleicht passender?!?

Der Block mit Nittymaki 6C/+ und Rah Plats Plats 8A. Strenge Sache, kann zur Überhitzung führen 😁

Rah Plats Plats 8A

Mitica traversa da Fred Nicole, so steht's im Topo. Und mal einen Boulder in diesem Grad zu klettern wäre ja auch noch so ein Ding von der Bucket List. Das hier vorliegende Gerät könnte durchaus ein Kandidat dafür sein?!? Lang, ausdauernd, an Slopern und ohne einen extrem harten Move. Man hangelt sich hier über fast 20m der Kante des Blocks entlang. Erst sehr technisch mit vielen Hooks und gekonntem Positioning, dann mit reichlich Körperspannung, bevor dann in der zweiten Hälfte eigentlich nur noch die Ausdauer gefragt ist. Alle Positionen und die einzelnen Moves gingen schon einmal, das wäre eigentlich die Grundlage, um da dran zu bleiben. On verra...

Nach einer sehr ausgiebigen Session war es dann nur ein kurzer Marsch zu unserem Domizil. Ein Teil der Gruppe verabschiedete sich nach Hause, ein anderer zur Übernachtung im Hotel. Wir legten uns im Octavia auf's Ohr und verbrachten eine geruhsame Nacht.



Tag 2

Recht früh kommt bei der Overnight Area 3 die Sonne, und so gab es ein supergemütliches Zmorge, ein richtiger Genuss. Sowieso, es sei noch gesagt, dass es für Mitte Februar eine absolut abnormale Wärme war, ja eigentlich schon zu viel des Guten, um hart zu bouldern. Den ganzen Tag in Shorts und ohne T-Shirt rumzulaufen gehört ja zu den positiven Effekten. Sich vor einem guten Go aber erst 15 Minuten in den Schatten setzen zu müssen und um einen guten Luftzug für die Kühlung der Griffel beten zu müssen ist für Februar aber schon verrückt. Anyway, am zweiten Tag war der Himmel etwas überzogen und die Temperatur daher nicht mehr ganz so hoch. Als die Hotel-Fraktion eingetrudelt war, zogen wir in wenigen Minuten in den Sektor Serre moi fort.

Frühstücksplatz - so richtig gemütlich war es!

Survival Kit 6A

Diamant, Plattensymbol, Totenkopf und noch der vielsagende Kommentar "da non sottovalutare". Und echt, es war nicht meine Idee! Die Platte ist ca. 8m hoch und die obere Hälfte ist die Schwierigere. Wer sich in der Mitte zum Schritt nach vorne entscheidet, der muss nachher bis zum Top durchziehen, ein zurück gibt's nicht mehr. Kurzum, hier gilt Bouldern = Mehrseillängenklettern, zumindest was Mindset und Herangehensweise betrifft. So extrem schwierig ist es nicht einmal, ca. 6b/+ in Routenbewertung, würde ich sagen. Nur in einem Punkt bin ich mir nicht sicher: ob die Moves am Seil angenehmer wären? Oder anders formuliert: ist es (im Sturzfall) besser, wenn (beim Bouldern) nach 5m die Matte kommt oder würde man es (beim MSL-Klettern) bevorzugen, weitere 5m über die Platte zu schraddeln, bevor einen das Seil stoppt?!?

Naja, hier auf dem Foto sieht es nicht ganz so imposant aus. Vom Einstieg dann irgendwie schon mehr. Und wenn man oben steht und daran denkt, dass man den direkten Weg zurück zu den Pads antreten müsste, dann ist die Devise schon eher "never ever". Kurzum, das ist ein Boulder zum Flashen.

Frogatt Traverse 7A

Wieder ein Teil, das wohl eher den Sportkletterer anspricht, geht es hier doch um die rund 15m lange Umrundung eines Blocks. Wobei sich die Schwierigkeit auf den ersten Metern abspielt, wo dachartig ein paar sloprige Crimp-Schlitze bedient werden müssen. Hat man einmal das grosse Horn vom Autopilot 7A+ erreicht, so spielt sich der zweite Teil im Ausdauerbereich an Henkeln ab. Allerdings, bei den letzten zwei Moves kann man schon noch scheitern... uns ist es nicht passiert.

Frogatt Traverse 7A, ein Boulder absolut nach meinem Gusto.

Smooth Operator 6B+

Wird laut den Ticklisten nur relativ selten gemacht. Ich fand das aber eine echt coole, kräftige Traverse. Erst ein paar gute Griffe, dann eine knackige Crux um die Ecke und ein gemütliches Finish an Henkeln. Auch die Lage direkt beim 'Hauptplatz' ist ideal. Nur das Landegelände mit einem spitzen Block unter dem Geläuf und einem Baum im Rücken nicht so sehr.

Clin d'Oeil 6C+/7A

Eigentlich wäre es ja das Ziel gewesen, dem begehrtesten 7A-Boulder in diesem Sektor noch eine Begehung abzuringen (Selection Door). Aber er war gerade belegt und eine kurze Anprobe warf auch etwelche Zweifel auf, ob die abgekletterten Pfoten dies noch hergeben würden. Nun, die Ausweichmöglichkeit ist unmittelbar nebenan und vermutlich deutlich einfacher zu holen. Ein etwas murksiger Start, gefolgt von zwei langen Moves zu Leiste und zu Sloper et voilà - vielleicht liegt es auch an der Morphologie.

Das ist nicht der Clin d'Oeil, sondern Senza Mani 6B+. Nils Favre hat grad diese Woche ein Video auf Insta gepostet, wie er den tatsächlich ohne Hände gemacht hat - unglaublich! Viel um sich effektiv festzuhalten hat es zwar schon nicht, aber jedenfalls ist es schon mit den Händen sauschwer für mein Gusto - bzw. halt vor allem so unangenehm unkontrollierbar an der Abrutschgrenze.

Das war es dann schon wieder, wir packten unsere Waren und machten uns auf den Heimweg. Es sei noch bemerkt, dass die Liste in diesem Beitrag nicht ganz vollständig ist, einige einfachere Boulder standen auch noch auf dem Menüzettel, wurden aber hier nicht beschrieben. In einem waren wir uns einig, eine möglichst baldige Wiederholung dieses Events ist angezeigt. Wobei es am heutigen, darauffolgenden Weekend regnet und dann folgt für die Kids erstmal die Wettkampfsaison. Ein bisschen Geduld wird es wohl brauchen, bis sich die ganze Gruppe wieder in Chironico trifft. Mir persönlich reicht es aber hoffentlich schon vorher wieder für eine Session an den Blöcken! 

Mittwoch, 14. Februar 2024

Skitour Rottor (2488m)

Ein weiterer Tag mit hervorragendem Bergwetter stand uns bevor, Zeit für eine Skitour. Die auf den Tourenportalen vorhandenen Einträge berichteten von wechselhaften Schneeverhältnissen. Noch viel mehr gab aber deren geringe Zahl Auskunft - dass nur so wenige Leute unterwegs waren, konnte nicht sein. Sondern das musste der Effekt sein, dass man viel lieber von einer Top-Pulverabfahrt im Internet berichtet als von einem Kampf mit dem Winddeckel oder einem Geholpere über die Zastrugis. Aber sei's drum, mir war die Information mehr als nützlich um zu schliessen, was zu tun war. Die Devise lautete "südexponierte Sonnenhänge für Sulzgenuss" und dies möglichst an einem Ort, wo das Gelände nicht schon zuvor zu einem Acker umgepflügt worden war. Wo liessen sich derartige Bedingungen besser finden als auf einer weiteren Tour zu einem No-Name-Gipfel, wo der untere Teil schon schneefrei war?!?

So geht Skitouren heutzutage: unten grün, oben weiss. In Bildmitte der Grat mit den Tourenzielen Heustock (2355m), Rottor (2488m), Bützistock (2496m) und nochmals Heustock (2470m). Den letzteren hatte ich bereits einmal im Rahmen einer Skitour bestiegen. Diese Tour liegt allerdings auch schon 20 Jahre zurück, damals lag noch Schnee ab Engi. 

Der Start zur Tour vollzog sich in Engi an der Hauptstrasse bei P.772, wo kostenlose Parkplätze zur Verfügung stehen. Von Schnee war weit und breit keine Spur vorhanden, ohne das Bike hätte man die Bretter sehr lange Tragen müssen. Aber Schneetaxi sei Dank waren die 4.5km auf der aperen Strasse zügig erledigt. Bei der Brücke P.1168 konnte das Gefährt deponiert werden, ab da war eine durchgehende Schneedecke vorhanden. Die Würfel über die genaue Ausprägung der Tour fielen wenig später. In Richtung Skihütte Mülibach wäre erst ein aperes Stück zu bewältigen gewesen, noch dazu schien der direkte Südaufstieg zum Rottor von Gleitschneeaktivität betroffen. Somit also den Blinker gesetzt und links abgebogen auf die Route zur Widersteinerfurgglen.  

Fantastische Frühlingsbedingungen im Aufstieg mit Blick zu den Tschingelhörnern am Horizont.

Einsamkeit pur herrschte da und bald auch war die tragende Schneedecke glatt wie ein Babypopo - perfekte Frühlingsverhältnisse für den Aufstieg und für die Abfahrt konnte ich mich auf Selbiges freuen. Einmal im Sattel angelangt, heisst es auf der Nordseite etwas ausholend und über ein System von mehreren Rampen und Terrassen der Skiroute zum Gipfel des Heustock (P.2355) zu folgen. Diese Hänge erfordern zwingend ganz sichere Bedingungen, die jedoch gegeben waren. Die Unterlage war auch da sehr kompakt und mit einer Schicht Presspulver garniert. So gelangte ich ohne Schwierigkeiten hinauf zum Grat und dem als Heustock benannten Kulminationspunkt. 

Blick auf die Nordhänge, in Bildmitte Rottor (2488m), rechts der Heustock (2355m).

Für die Fortsetzung zum Rottor gilt es dann die Wildruhezone zu beachten, welche nordseitig bis hinauf zum Gratverlauf gilt. Wobei man sagen muss, dass dieser Weiterweg skifahrerisch rein gar nichts bringt und nur dem Gipfelsammler einen oder allenfalls zwei Zusatzpunkte bringt. Ich deponierte die Bretter und stieg gesetzeskonform auf der sonnigen Seite des Grates auf. Auch der Gipfel vom Rottor lässt sich von Süden gut erreichen, wobei ein paar Kletterzüge aber zwingend sind (ca. T5, II). Noch imposanter wäre der Gipfel vom Bützistock (2496m), welcher auch den höchsten Punkt im Gratverlauf darstellt. Doch schien dessen NW-Grat erst noch von der machbaren Sorte zu sein, so ist er doch beidseitig steil und exponiert, zusammen mit der Verwächtung fiel der Entscheid zum Verzicht schnell und eindeutig.

Der Bützistock (2496m) mit seinem Verbindungsgrat zum Rottor. Aus dieser Perspektive dachte ich mir noch, dass es gehen könnte. Doch die Nordseite ist ebenso steil abfallend und der Grat mit seinen verwächteten Schneehauben sehr schmal. Das wäre ein 'bel casino' gewesen.

Somit auf demselben Weg zurück zum Skidepot, wo es noch die Entscheidung in Sachen Abfahrtsroute zu fällen gab. Die südseitigen Bütziplanggen sahen schon echt formidabel aus und lockten sehr - wenn da nicht die gewaltigen, fast gletscherspaltigen Gleitschneerisse mit 1.5-2m Mächtigkeit gewesen wären. Man hätte zwar eine Linie links davon finden können und die Wahrscheinlichkeit, dass da gerade im falschen Moment etwas abgegangen wäre, schien doch sehr klein. Aber wenn, dann... Somit setzte ich auf die sicherere Option und zog erst einige ganz passable Schwünge im Presspulver der Nordhänge. Bei einer Lücke auf 2170m konnte ich dann ohne den Umweg über die Widersteinerfurgglen in die SW-Hänge stechen. Es folgten nun mehrere Hundert Höhenmeter an rassig-genialem Sulzgenuss - wirklich absolut perfekte Bedingungen, wie sie besser nicht sein könnten!

Riesige Gleitschneerisse mit gewaltiger Anrisshöhe (kommt auf dem Foto leider nicht so zur Geltung).

Erst im Bereich unter 1400m war dann etwas Slalom zwischen den Blöcken hindurch gefragt, ebenso ist das dort engere Gelände nicht mehr ganz so abfahrtsattraktiv. Einwandfrei fahrbar aber schon, und das bis zum Bikedepot, wo die Ski an den Rucksack angeschnallt wurden. Eine rasante Schussfahrt von wenigen Minuten später war diese Tour "im Kasten". Es machte sich das "Jackpot-Gefühl" breit 😃 Ich hatte ja schon vermutet, auf gute Bedingungen zu treffen, aber solch einen Knaller hatte ich dann doch nicht erwarten können. Der Skitourenwinter 2024 meint es scheinbar echt gut mit mir 🤘🏼 Aber nicht nur der: am Folgetag stand wieder Sportklettern auf dem Plan. Und da lief's rund, die bereits im Jahresrückblick erwähnte 8a+ musste sich mit etwas Verspätung (nach meiner Wunschagenda) doch ergeben 💪🏼

Formidables Skigelände, vom rechten Bildrand her bin ich da eingefahren.

Facts

Rottor (2488m) ab Engi Vorderdorf (772m)
Total 1720hm, Ski-Schwierigkeit ZS. Achtung, Wildruhezone beachten!
Bis Heustock normale Skitourenausrüstung, für Rottor Steigeisen empfehlenswert

Mittwoch, 7. Februar 2024

Föhnmauer - Je Suis (7a)

Der Topspot der Ostschweiz für das ambitionierte MSL-Klettern im Winter ist die Föhnmauer am Fläscherberg. Zuletzt hatte ich sie für die harten Geräte von Daniel besucht: Vaterland (8b) und Buben im Sturm (8a). Nach dem Sparta Fight am Tag zuvor war nicht mehr ganz so viel Haut und Kraft übrig um beim Sportklettern so richtig auf die Tube zu drücken und die Schneeverhältnisse waren vielerorts bescheiden. Der richtige Tag also um mehr auf die Karte "Erlebnis" zu setzen und mit Kathrin an der Föhnmauer anzugreifen. Aufgrund der Gegebenheiten entschieden wir uns nicht für maximale Ambition, sondern wollten der mir noch unbekannten Je Suis (4 SL, 7a) einen Go geben.

Der Fläscherberg ist oft eine gute Wahl im Winter. In der linken Bildhälfte der Tschingelpfeiler. 

Neu sind die Parkplätze beim üblichen Ausgangspunkt vom Badguet kostenpflichtig (1 CHF/Stunde, nur per Smartphone bezahlbar). Ob der Kürze von Anmarsch und Routen muss man zum Glück nicht eine allzu hohe Rechnung befürchten. Der Zustieg umfasst ca. 1km Luftlinie an Distanz und nur ca. 30hm. Wichtig ist es dabei, die Abzweigung zum Climbers Trail in der ersten Kehre am Weg ins Mozentobel nicht zu verpassen. Sonst kann aber kaum etwas schiefgehen, so steht man in 15 Minuten unter der Wand. Los geht's (sofern man eine der eigentlich nicht zur Je Suis gehörigen Einstiegslängen mitnimmt) gleich bei der zerfallenen Hütte. Um 11.30 Uhr hatten wir alles parat und legten los.

L1, 15m, 6b+: Die erste Stufe beherbergt 4 kurze Touren, welche erst später erschlossen wurden. Die Kletterei ist vielleicht nicht ganz so gut wie in der Je Suis. Aber es handelt sich doch um lässige Moves an Leisten. Vor allem handelt es sich um eine ideale Aufwärmlänge, um nicht gleich volle Kanne mit einer 7a loslegen zu müssen. Und weiter scheint das Einqueren von rechts her über das Band auch etwas murksig. Der einzige Nachteil (bei frischen Wintertemperaturen) besteht etwas darin, dass sich die Sache im Schatten der Bäume abspielt. Wir stiegen beim rechten Start ein und querten dann nach links hinüber, was in der Topos als Sepultura (6b+) vermerkt ist.

Kathrin folgt in der ersten Länge (eigentlich Sepultura 6b+, aber der absolut logische Start).

L2, 30m, 7a: Kurz zum Band hoch, dann wartet das erste Dächli und schon heisst es an Leisten kräftig zupacken und das Geläuf ins vertikale Terrain darob hochbringen, wo es gleich mal dranzubleiben gilt. Hier hat eine gute Seele bei einer Sanierung jeweils einen Zusatzbolt zwischen die alten (wohl erst später sanierten) Kronenbohrhaken gesetzt, sprich es ist komfortabel gesichert. Das ändert sich im oberen Teil der Länge, wo erst an Seitgriffen etwas engagiert gepiazt werden muss. Dann folgt eine etwas ungeschmeidige, zwingende Stelle, wo man mit Untergriffen an der glatten Wand anläuft. Schlussendlich ist es nicht so schwierig, aber da könnte man doch sehr unangenehm abfliegen. Ein weiteres Feature ist dann der coole Abschlussquergang nach links hinaus an einem sloprigen Rail. Viel Programm, anhaltend schwierig, super Fels - geile Sache!

Der letzte Test mit der Hangelquerung am Sloper-Rail am Ende von L2 (7a).

L3, 25m, 7a: Keine Zeit zum Relaxen, das Wändchen ob dem Stand sieht gleich fordernd aus. Einsteigen geht noch, aber um den dritten Haken rum sind die Griffe klein und die Tritte rar. Einen guten Plan machen und entschlossen durchmoven muss die Devise lauten. Danach geht's vorerst relativ griffig dahin, bis gerade voraus plötzlich keine Haken mehr sichtbar sind. Dann sollte man sich horizontal nach rechts auf's Podest hinüber orientieren, eine knifflig-athletische Kletterstelle verteidigt den Zugang zu diesem bequemen Standplatz.

Diese kräftige Querung wartet am Ende von L3 (7a).

L4, 30m, 7a: Hier hat man alles Wesentliche im Blickfeld, wenn man loslegt. Schon bald einmal musste ich ziemlich in die Trickkiste greifen - meine holde Angetraute beschied mir später, ich hätte das unnötig kompliziert angestellt, ihre propagierte einfachere Lösung war für mich jedoch nicht nachvollziehbar. Naja, Frauen versteht man halt nicht immer 😁 Danach ist der Fels mit coolen Silex-Einschlüssen garniert, ein kniffliger Move aus einem Untergriff in die Schulter mit folgendem Aufrichter stellt die Crux dar, super! Danach wird das Gelände einfacher, stecken tut nur noch ein Schlaghaken. Klar ist der Ausstieg ins Gras zu Stand an Baum unschwierig, aber ein Sturz liegt da definitiv nicht drin. Mit kleinen bis mittleren Cams könnte man wohl mobil sichern, ganz so dumm wäre das nicht...

Kurz vor dem Top (L4, 7a), der Ausstieg ins Gras easy, aber weit über dem letzten Haken.

Vom Top der Route sind es nur wenige Meter an Traverse (Fixseil) hinüber zum Wanderweg. Die Sonne neigte sich bereits der Gratlinie vom Pizol entgegen, viel länger hätte sie uns gar nicht mehr erwärmt. So schnürten wir die in weiser Voraussicht mitgeführten Schuhe und stiegen ab. Am besten ist es, auf dem Hinweg sämtliches Material 'on person' mitzuführen, so kann man sich auch gleich noch den Umweg zurück zum Einstieg ersparen. Bald waren wir zurück beim Badguet und machten uns auf den Heimweg. Meine schon am Vortag abgeraspelten Pfoten hatten hier an den rauen Kleingriffen nochmals eine gehörige Abreibung erhalten und brannten wie verrückt - genau so wie unsere Begeisterung über diese tolle Kletterpartie mitten im Winter. Das war jetzt echt eine geniale Abwechslung zu den Skitouren, den Wettkämpfen und dem Bouldern gewesen!

Blick vom Ausstieg hinüber zur Wand, wo noch eine Seilschaft aktiv ist.

Facts

Föhnmauer - Je Suis 7a (6c/+ obl.) - 4 SL, 100m - Graf/Moosberger 1987 (saniert 2011) - ****;xxxx
Material: 1x40m-Seil, 12 Express, evtl. Cams 0.3-0.75

Kurze Route, die sich aber gar nicht einmal so kurz anfühlt! Die Kletterei ist anhaltend steil und sehr schön homogen schwierig. Bald einmal weist man auch eine gewisse Exposition auf, so dass man sich richtig 'in der Wand' wähnt. Die Felsqualität ist prima, der Fels noch 'wie neu' und weitgehend rau/scharf strukturiert. Nur vereinzelt hat es etwas Brösmelibelag und am Ende ein paar Grasbüschel. Die Absicherung ist weitestgehend klettergartenmässig. Einzig in L2 sind die Abstände im zweiten Drittel der Länge fordernder. Hier gilt es auch eine etwas unangenehm-unsichere Passage nahe der Hauptschwierigkeiten zwingend zu klettern. Mobiles Material kann man nur auf den letzten 10-15m zum Ausstieg hin einsetzen. Diese sind zwar einfach (5b/5c-Gelände), weisen aber keine Haken mehr auf. Ein Topo zur Föhnmauer mit einer Auswahl der Routen gibt's im Extrem Ost, für die volle und aktualisierte Übersicht ist der Kletterführer St. Galler Oberland die richtige Wahl.

Donnerstag, 1. Februar 2024

Sparta Fight 2024

"Soll ich oder soll ich nicht?", so etwas fragt man sich nicht nur bei einer grossen Alpinroute wie dem Ruchenpfeiler, sondern unter Umständen auch beim Sparta Fight. Insbesondere da draussen schönes Wetter herrschte und Larina mit der Nati an einem Trainingsweekend und somit nicht der Grund da hinzugehen war. Den Ausschlag gab schliesslich, dass neu eine Ü40-Kategorie mit einem eigenen Finaldurchgang kreiert wurde. Da konnte ich ja fast nicht kneifen. Erleichtert wurde die Entscheidung durch die Tatsache, dass meine Felsprojekte nach zwei bis weit hinauf regnerischen Tagen nass waren und vielerorts nur sehr bescheidene, harschig-harte Schneeverhältnisse herrschten. 

Hatte ich erst noch mit einer Ski-Comp-Combo geliebäugelt, so machten es es die Bedingungen ziemlich leicht, Vernunft walten zu lassen. Ergo genoss ich ein gemütliches Frühstück mit der Familie, begleitete Larina auf dem ersten Abschnitt ihres Weges, konnte noch ein paar Stunden Arbeit erledigen, bevor es auf 14.30 Uhr zum Schauplatz des Geschehens ging. Die Quali bestand aus 41 Bouldern, wofür 3:30h zur Verfügung standen. Und für mich eine ganz neue Ausgangslage. Denn in den früheren Editionen hatte ich jeweils bis zur letzten Ritze an Haut und der ultimativen Portion an Kraft alles gegeben. Macht ja auch Spass, sich so Vollgas auszupowern (auch wenn man dies im Seniorenalter nicht kopflos und vor allem nicht mehr zu oft tun sollte).

Heuer hiess es aber, mit dem Blick auf den Totomat zu bouldern. Denn es galt ja nur, unter die Top 5 der Alterskategorie zu kommen und sich so für den Final zu qualifizieren. Alles Zusätzliche war eigentlich nur eine Verschleuderung von Kraft und Haut. Der Leser kann sich ja vorstellen, wie gut es mir gelang, mich in dieser Hinsicht zu zügeln 😎 Die Ausrede dazu: es galt ja auch noch, sich ein wenig Marge zu verschaffen, denn wer wusste schon, welche sprunghaften Verrückungen die Rangliste kurz vor Ablauf der Qualifikation noch nehmen würde. Mit 28t32z liess ich es aber gut sein - eine Handvoll Boulder wären unter dem alten System schon noch gegangen, denke ich. Die 38 Tops vom Vorjahr hätte ich aber im 2024 definitiv nicht realisieren können, dies blieb nur gerade den beiden besten bei der Elite vorbehalten (wovon der eine auch schon mehrere Weltcups geklettert ist). Das bedeutete Rang 2 in der Ü40, bzw. 17 von 79 unter allen Teilnehmenden, alters- und geschlechterübergreifend.

Ich zog also in den Final ein und musste mich in die Isolation begeben. Eine extrem spannende Situation, die ich ja sonst meist nur als Zuschauer erlebe. Eine Stunde Zeit blieb zwischen Quali-Ende und Final-Beginn. Wie stellt man es an, damit man dann auch wirklich voll parat ist, wenn es losgeht?!? Ich kann euch sagen, es ist schwieriger wie man denken könnte. Hält man die Flamme immer ein wenig am brennen? Oder macht man erst mal Pause und heizt dann neu ein? Der Clou dabei ist, dass es nicht DAS Rezept gibt, sondern dieses auch von der Tagesverfassung und dem Vorprogramm abhängt. Mir gelang es ganz ordentlich, als ich nach der Besichtigung auf die Matte trat, fühlte ich mich ziemlich parat.

Der erste Finalboulder war ein athletisch-steiles Gerät. Ich hatte mir bei der Besichtigung vieles überlegt, dann aber tatsächlich auf die falsche Beta-Option gesetzt 🙄 Zurück am Boden war ich mir sicher, dass es mit der anderen Lösung ginge und so war es dann auch: Top im 2nd Go. Das zweite Problem war eine Slab  vertikale Wand, wo man geschickt durchmoven musste. Soweit ich aus den Kommentaren vom Speaker hatte mitrechnen können, befand ich mich in einer ziemlich aussichtsreichen Position. Jetzt musste also ein weiteres Top her, idealerweise gleich im Flash. Der gelang tatsächlich, ich konnte mich über die knifflige Traverse kurz vor dem Wegkippen retten, mich beim Rastpunkt in der Verschneidung sammeln und gab es in der oberen Hälfte nicht mehr her. Wow, das hatte nun richtig Spasse gemacht. Solche Situationen, wo man einfach ultimativ liefern muss und sich alles auf einen entscheidenden Versuch zuspitzt, haben mir schon immer getaugt.

Schlussendlich wurde es Rang 2, mein härtester Konkurrent hatte beide Finalboulder geflasht. Wobei die Platzierung definitiv von sekundärer Natur war/ist. Einen ganzen Nachmittag mit vollem Einsatz zu bouldern sowie die ganzen Emotionen um den Final und der volle Fokus wenn es ernst gilt: diese Vibes sind der Grund, bei diesen Events dabei zu sein. Wie schön, dass es auch Möglichkeiten gibt, wo man als mässig talentierter Senior ein solches Erlebnis haben kann - das bereichert den Klettersport für mich wirklich sehr! In diesem Sinne besten Dank ans ganze Team vom Sparta und an mediasquad.ch für die tollen Fotos!