"Soll ich oder soll ich nicht?", so etwas fragt man sich nicht nur bei einer grossen Alpinroute wie dem Ruchenpfeiler, sondern unter Umständen auch beim Sparta Fight. Insbesondere da draussen schönes Wetter herrschte und Larina mit der Nati an einem Trainingsweekend und somit nicht der Grund da hinzugehen war. Den Ausschlag gab schliesslich, dass neu eine Ü40-Kategorie mit einem eigenen Finaldurchgang kreiert wurde. Da konnte ich ja fast nicht kneifen. Erleichtert wurde die Entscheidung durch die Tatsache, dass meine Felsprojekte nach zwei bis weit hinauf regnerischen Tagen nass waren und vielerorts nur sehr bescheidene, harschig-harte Schneeverhältnisse herrschten.
Hatte ich erst noch mit einer Ski-Comp-Combo geliebäugelt, so machten es es die Bedingungen ziemlich leicht, Vernunft walten zu lassen. Ergo genoss ich ein gemütliches Frühstück mit der Familie, begleitete Larina auf dem ersten Abschnitt ihres Weges, konnte noch ein paar Stunden Arbeit erledigen, bevor es auf 14.30 Uhr zum Schauplatz des Geschehens ging. Die Quali bestand aus 41 Bouldern, wofür 3:30h zur Verfügung standen. Und für mich eine ganz neue Ausgangslage. Denn in den früheren Editionen hatte ich jeweils bis zur letzten Ritze an Haut und der ultimativen Portion an Kraft alles gegeben. Macht ja auch Spass, sich so Vollgas auszupowern (auch wenn man dies im Seniorenalter nicht kopflos und vor allem nicht mehr zu oft tun sollte).
Heuer hiess es aber, mit dem Blick auf den Totomat zu bouldern. Denn es galt ja nur, unter die Top 5 der Alterskategorie zu kommen und sich so für den Final zu qualifizieren. Alles Zusätzliche war eigentlich nur eine Verschleuderung von Kraft und Haut. Der Leser kann sich ja vorstellen, wie gut es mir gelang, mich in dieser Hinsicht zu zügeln 😎 Die Ausrede dazu: es galt ja auch noch, sich ein wenig Marge zu verschaffen, denn wer wusste schon, welche sprunghaften Verrückungen die Rangliste kurz vor Ablauf der Qualifikation noch nehmen würde. Mit 28t32z liess ich es aber gut sein - eine Handvoll Boulder wären unter dem alten System schon noch gegangen, denke ich. Die 38 Tops vom Vorjahr hätte ich aber im 2024 definitiv nicht realisieren können, dies blieb nur gerade den beiden besten bei der Elite vorbehalten (wovon der eine auch schon mehrere Weltcups geklettert ist). Das bedeutete Rang 2 in der Ü40, bzw. 17 von 79 unter allen Teilnehmenden, alters- und geschlechterübergreifend.
Ich zog also in den Final ein und musste mich in die Isolation begeben. Eine extrem spannende Situation, die ich ja sonst meist nur als Zuschauer erlebe. Eine Stunde Zeit blieb zwischen Quali-Ende und Final-Beginn. Wie stellt man es an, damit man dann auch wirklich voll parat ist, wenn es losgeht?!? Ich kann euch sagen, es ist schwieriger wie man denken könnte. Hält man die Flamme immer ein wenig am brennen? Oder macht man erst mal Pause und heizt dann neu ein? Der Clou dabei ist, dass es nicht DAS Rezept gibt, sondern dieses auch von der Tagesverfassung und dem Vorprogramm abhängt. Mir gelang es ganz ordentlich, als ich nach der Besichtigung auf die Matte trat, fühlte ich mich ziemlich parat.
Der erste Finalboulder war ein athletisch-steiles Gerät. Ich hatte mir bei der Besichtigung vieles überlegt, dann aber tatsächlich auf die falsche Beta-Option gesetzt 🙄 Zurück am Boden war ich mir sicher, dass es mit der anderen Lösung ginge und so war es dann auch: Top im 2nd Go. Das zweite Problem war eine Slab vertikale Wand, wo man geschickt durchmoven musste. Soweit ich aus den Kommentaren vom Speaker hatte mitrechnen können, befand ich mich in einer ziemlich aussichtsreichen Position. Jetzt musste also ein weiteres Top her, idealerweise gleich im Flash. Der gelang tatsächlich, ich konnte mich über die knifflige Traverse kurz vor dem Wegkippen retten, mich beim Rastpunkt in der Verschneidung sammeln und gab es in der oberen Hälfte nicht mehr her. Wow, das hatte nun richtig Spasse gemacht. Solche Situationen, wo man einfach ultimativ liefern muss und sich alles auf einen entscheidenden Versuch zuspitzt, haben mir schon immer getaugt.
Schlussendlich wurde es Rang 2, mein härtester Konkurrent hatte beide Finalboulder geflasht. Wobei die Platzierung definitiv von sekundärer Natur war/ist. Einen ganzen Nachmittag mit vollem Einsatz zu bouldern sowie die ganzen Emotionen um den Final und der volle Fokus wenn es ernst gilt: diese Vibes sind der Grund, bei diesen Events dabei zu sein. Wie schön, dass es auch Möglichkeiten gibt, wo man als mässig talentierter Senior ein solches Erlebnis haben kann - das bereichert den Klettersport für mich wirklich sehr! In diesem Sinne besten Dank ans ganze Team vom Sparta und an mediasquad.ch für die tollen Fotos!
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