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Mittwoch, 10. Januar 2024

Jahresrückblick 2023

Ja, es ist wieder einmal Zeit für den Jahresrückblick, der nun schon zum 13. Mal auf diesem Blog erscheint! Extrem schnell ist das Jahr wieder einmal vorbeigezogen und es hinterlässt den Eindruck, als ob nur ein minimaler Bruchteil aller Ideen und Projekte realisiert werden konnte. Da tut es umso mehr gut, einmal die andere Perspektive einzunehmen und festzuhalten, was denn alles zustande kam. Und wenn ich es aus dieser Optik ansehe, dass ist es irgendwie schon auch eine unglaubliche Menge an Erlebnissen und Taten!

Postkartenmässig, viel Fels und ein wenig Schnee, das war das 2023 in ganz kurzer Zusammenfassung.

Neutouren

Dieser Abschnitt hat am meisten News-Gehalt, darum beginnen wir damit. Kurzum, es war ein absolut grandioses Jahr in Sachen Neutouren, definitiv das Beste meiner ganzen Karriere! Diese Aussage würde ich wohl auch so schreiben, wenn ich mich nur auf die bereits online publizierten Routen bezöge. Und das sind ganz konkret die Poco Loco (9 SL, 7a+) am Sasso Altis im Tessin, welche wir im Februar/März innerhalb von nur 5 Wochen realisieren konnten - einfach mega! Die Tour ist aktuell sicher bei Top-Conditions kletterbar, nichts wie hin also! An Pfingsten fand dann das kürzlich hier im Blog präsentierte, 2021/2022 eingebohrte Gandschijen-Projekt mit dem Namen Up in the Sky (6 SL, 7a+) seinen Abschluss mit der RP-Begehung - eine super Granitkletterei, bei welcher alles geboten wird, was dieses Genre so cool macht. Und wenn wir schon beim Grad 7a+ sind: da gibt's noch die Vitaminstation (10 SL, 7a+) an den Kirchlispitzen. Sie bietet bestens abgesicherte alpine Sportkletterei im Stile Rätikon at its best. Nicht auf dem Blog, nur auf Instagram hatte ich ein paar Zeilen darüber geschrieben - das war genug der Werbung, dass sie in dem einen Monat zwischen der Erstbegehung und dem Saisonende schon über 10 Wiederholungen erhalten hat!

Mit Kathrin unterwegs bei der Befreiung des Vitaminstation-Projekt (10 SL, 7a+) im Rätikon.

Drei grosse MSL-Routen in 1 Jahr, mehr als man sich Erträumen könnte. Mit einem (positiven) aber: es ist noch längst nicht alles, da gibt's noch einiges mehr, was bisher im World Wide Web noch mit keiner Silbe erwähnt wurde! Im Winter hatten wir gebohrt, an Pfingsten hofften wir nach dem Gandschijen auf den 'double tap' und gaben den ersten seriösen Go zur Befreiung vom richtig taffen Projekt mit dem Namen Fettes Brot (5 SL, ~7c) aus dem Winter 2023. Sie gelang damals noch nicht vollständig und auch wenn ich inzwischen alle Längen punkten konnte, so steht der RP-Gesamtdurchstieg noch aus. Let's try again, heisst da das Motto - das Topo kommt dann natürlich, wenn's geklappt hat. Wegen der anstehenden Neuauflage vom Rätikon-Führer war es insbesondere attraktiv, die dortigen 'Baustellen' noch zum Abschluss zu bringen. Das sind eine spektakuläre Kantenkletterei mit dem Namen Backside Air (3 SL, 7a) sowie eine Linie, wo ich mich vor 25 Jahren schon einmal versucht hatte: kurz vor Saisonschluss im Oktober konnte ich diese hübsche Tour mit dem (provisorischen) Namen Ovo Grand Prix (6 SL, 6c) mit Larina zum Abschluss bringen. Die Topos werden im Rätikonführer erscheinen, die Bildberichte gibt's dann hier im Anschluss als Supplement.

Da heisst es zupacken und nochmals anpacken: das 7c-MSL-Projekt, wo noch der Single Push RP fehlt.

Und nein, dieses Kapitel ist immer noch nicht ganz zu Ende: da gibt's noch die Gretchenfrage (2 SL, 6b+) am Annagrethli, dem neckischen Felsturm am Gonzen. Ein paar Klettergartentouren hier und da fehlen auch nicht (wobei da teils noch ein wenig Punkte- und Publikationsstau herrscht, kommt dann schon...). Und kurz vor Redaktionsschluss gab's eigentlich total crazy noch etwas Bigwall-Action an einem der kürzesten Tage des Jahres. Man wird's kaum glauben, aber zwischen Weihnachten und Neujahr schafften wir es tatsächlich, volle 230m an Neuland zu erschliessen. Auch davon wird man sicher dereinst auf diesem Blog lesen können - glaubt mir, ich freue mich auch sehr auf den Tag, wenn dies der Fall ist!

Eines aus dem neusten Projekt. Da gibt es noch zu tun.

MSL

Dieses Genre schliesst sich direkt dem Vorherigen an. Meine Saison dauerte quasi von Anfang bis Ende mit Start am 7. Januar und Ende am 29. Dezember. Wobei man sagen muss, dass es wetterbedingt erst im Juni so richtig los ging und dann trotz dem anfänglich extrem warmen Herbstwetter ab Mitte Oktober aufgrund von Regen und erstem Schnee in höheren Lagen schon Schluss war. Erst habe ich gezählt, dass ich mich 35x MSL-mässig eingebunden habe. Wenn man jedoch alles subtrahiert, was mit eigenen Erschliessungen zu tun hat, so bleiben noch 18x übrig. Einzelne Touren besonders herauszuheben wertet die anderen immer ein Stück weit ab, was ich eben nicht tun möchte. Noch schlimmer wäre das, wenn man nur eine einzige auswählt. Also kommen hier 3 Stück zur Kür, die vielleicht nicht das grösste Renommee geniessen und auch nicht die schwierigsten sind, wo aber mein persönliches Erlebnis am intensivsten war. Und genau darum geht's beim MSL-Klettern in erster Linie: den Flow zu finden und in guter Gesellschaft einen grandiosen Tag in den Bergen zu erleben. Hier nun die 3 Touren mit Special Mention: Köbis Wäg am Bächihorn im Glärnischgebiet, die Princesse de Feu am Pic de l'Aigle am Col du Galibier und die Tis-sa-ack im Val Calnègia im Tessin.

Steile MSL-Kletterei über saugender Tiefe in der Titlis-Nordwand, wo ich dieses Jahr 2x aktiv war.

Sportklettern

In dieser Hinsicht muss ich mich ein wenig Tadeln: die Statistik ist dieses Jahr zumindest gefühlt mager ausgefallen. Man könnte das nun auf die Umstände schieben. Schwierige Wetterbedingungen mit feuchtem Frühjahr, heissem Sommer/Herbst und dann plötzlich nassem Vorwinter. Der Tatsache, dass das Training für die Tochter Vorrang hat und für den Herrn Papa übrig bleibt, was übrig bleibt. Mit einem kritischen Blick kann man aber auch konstatieren, dass ich nirgendwo länger dran geblieben bin, so dass es für eine echt schwierige Route gereicht hätte. Da ein bisschen reinschnuppern, dort mal probieren, das ist halt mehr nur Gugus 😬Als ich diesen Paragrafen entworfen habe, wollte ich noch unmittelbare Besserung geloben und frohe News von einem frühen 2024er-Erfolg in einer Route im achten Franzosengrad nachschieben. Aber... erst mit Larina zum Indoor-Training gefahren, dann ein paar Tage 🤒 gewesen, bevor Schnee und Kälte nun erst mal Geduld fordern. So brauchte es nicht einmal persönliches Unvermögen, damit die Route ungepunktet bleibt. Genau nach diesem Muster ist es 2023 gefühlt viel zu oft gelaufen. Aber hoffen wir das Beste und dass die Geduld 🌹 und 🔴 bringt. Und statt weiterem Lamento legen wir den Fokus hier nun auf die Ticklist. Denn die ist mit 115 notierten Begehungen (>=7a) weniger 📉 wie befürchtet: 3x 8a, 19x 7c/7c+, 36x 7b/7b+ und 57x 7a/7a+. De fakto ähnlich wie im Vorjahr (6/15/24/68) und auch die langjährige Serie mit 7c os und 8a rp hat weiter Bestand.

Racing in the Street... man beachte, wer die Exen in diese 8b gehängt hat 🧐

Ein paar schöne Trips konnten wir auch im 2023 unternehmen, wobei wir da im Vergleich zu früheren Jahren nicht extrem mit Innovativität glänzten. Die Sommerferien traditionell in den Hautes-Alpes in Frankreich, Frühling und Herbst im Tessin. Immerhin, den Teil vom Elsass wo wir zu Auffahrt waren, hatten wir zuvor noch nie besucht. Und in einer weiteren Sommerferienwoche entdeckten wir das Wallis als prima Sommerdestination, da gibt's noch eine Menge zu tun. Ein Trend, der sich 2022 entwickelt und nun weiter verstärkt hat, ist das Outdoor-Bouldern. Hatte ich dies früher nur sehr sporadisch praktiziert (so ca. alle 3 Jahre einmal), so ist die Frequenz zuletzt stark gestiegen. Tja, inzwischen ist es soweit, dass ich sogar aus eigenen Stücken das Seilklettern zugunsten von einer Bouldersession im Tessin repriorisiert habe. Einmal angefixt, wer weiss... vielleicht schrumpft ja der ganze Jahresrückblick 2024 dann nur noch zur Rubrik Bouldern zusammen 🙄

Kleine Collage vom Best-Crag-in-the-World. Dieses Jahr war die Crew schon dafür zu begeistern, 2x dort hochzulaufen. Nächstes Jahr dann die Hälfte der Sommerferien in Ceüse?!? Eines ist sicher, die Burger im Croq'n'Roll sind verdammt fein, schon nur deswegen müssen wir zwingend mehrmals gehen. Und beim Bild rechts gibt's noch eine Special Mention: das ist nämlich Jerome, der uns da die Exen in die Radote Jolie Pepere (8b) hängt (also in deren untere Hälfte zumindest 😅). Project pending... wenn wir genügend Burger und Frites gegessen haben, punkten wir sie dann auch noch, versprochen.

Wettkämpfe

Auch wenn ich nur mehr selten darüber berichtet habe, auch im 2023 habe ich bei fast 20 Events aktiv mitgemacht. Es macht mir einfach viel zu viel Spass, um damit aufzuhören. Nur eines muss ich irgendwie konstatieren: zu viel Werbung dafür gemacht! Die Konkurrenz wird immer zahlreicher und taffer. Dementsprechend wird es je länger je schwieriger, die vorderen Plätze zu belegen. Im 2023 durfte ich nur beim Flash-Event im Minimum Leutsch und bei The Bridge im Bouba das Treppchen besteigen, und auch das jeweils nur in der zweiten Liga. Tja, klarer kann man es nicht vor Augen geführt bekommen, dass man langsam zum alten Eisen gehört. Wobei ich ganz ehrlich nicht das Gefühl habe, schlechter geworden zu sein - das Niveau steigt tatsächlich und es gibt immer mehr Leute, die echt solid unterwegs sind. Was mich im Übrigen natürlich überhaupt nicht stört, ein Ansporn um dran zu bleiben ist es aber allemal. 

Mein Comp-Moment of the Year hat nur mit Glück und nicht mit Können zu tun. Thank you BOUBA!

Und erst recht ist es toll, mit dem Nachwuchs unterwegs zu sein - insbesondere natürlich mit Larina. Sie ist inzwischen auf Wettkämpfe fokussiert, wo es für mich nur noch die Rolle als Fan gibt, Amateure und Grufties dürfen sich gerne anderswo betätigen. So schreibe ich hier auf dem Blog denn auch kaum mehr über diese Events. Wobei das Mitfiebern mindestens so intensiv wie selber zu klettern ist - die Emotionen und Erlebnisse in Worte zu fassen, das gäbe ganz schön lange Texte... Kurzum, es ist eine aufregende Reise, auf welcher Larina hier unterwegs ist und welche ich von nahe mitbegleiten kann. Im 2023 hat sie mit der Aufnahme ins Schweizer Nationalteam, der Teilnahme an drei Jugend-Europacups und mehreren Podestplätzen an nationalen Wettkämpfen neue Höhepunkte erreicht.

Und das war dann definitiv der Comp-Moment of the Year: European Youth Cup in Bern. 📸 by SAC / David Schweizer

Skitouren, Eis & Alpines

Tja, das ist nun mehr oder weniger die Restrubrik, für wenn die Griffel vom Klettern mal wieder eine Pause brauchten und meine Dienste diesbezüglich auch sonst nicht benötigt wurden. Gerade mal 15 Skitouren gab es im Kalenderjahr 2023, rekordverdächtig wenige! Das liegt nicht in erster Linie am Klettern, sondern daran, dass der Winter 22/23 auf der Alpennordseite extrem schneearm war. So war es nur 1x möglich, neben dem Alltag eine kurze Voralpentour zu unternehmen. Dafür konnte man mitten im Winter MSL einrichten gehen - es hat eben alles seine Vor- und Nachteile und der kluge Berggänger passt sich den Verhältnissen an. Das heisst dann aber auch, dass man bei gutem Schnee und Eis zuschlagen muss, was mir auch gelungen ist. Die grandiose Skitour zum Piz Nair (3059m) mit vielen Höhenmetern, einem selten besuchten Gipfel und einer herausragenden Pulverabfahrt strahlt als grosses Highlight heraus. Und im Eis ist mir - obwohl ich nur ein einziges Mal unterwegs war - ein vergleichbares Erfolgserlebnis gelungen: die begehrte Hydrophobia (WI6-) im Brunnital, c'est fantastique!

Die Fotos von den guten Skitouren sind alle schon auf dem Blog erschienen. Da hat dieses hier mehr Seltenheitswert, das war nämlich die einzige Tour in der Umgebung von zuhause, welche sich im Winter 22/23 hat realisieren lassen. Schneelage knapp, aber dank Golfrasen als Untergrund auch dann gepflegt fahrbar ⛳

Und wie geht's denn dem Blog?!? Der Counter lügt nicht und zeigt 48 Berichte - Minusrekord! Sicherlich gab es Zeiten, wo ich mehr Zeit hatte zum Schreiben. Mit all den Aktivitäten (Arbeit, Familie, Training, Klettern) bleibt da nicht mehr viel Pufferzeit zum Tippen. Trotzdem gehört es für mich nach einer coolen Tour nach wie vor dazu, einen Blog zu schreiben und es sieht auch nicht danach aus, als ob sich dies demnächst ändern würde. Zudem täuscht die Zahl 48 ein wenig, denn die Berichte von einigen Ausflügen im Rätikon und anderswo sind zwar schon im Kasten, erscheinen aber erst, wenn die Zeit dafür reif ist...

HERZLICHEN DANK AN MEINE FAMILIE UND MEINE SEIL- UND TOURENPARTNER IM 2023 FÜR ALL DIE TOLLEN ERLEBNISSE. AUF EIN GUTES 2024, MÖGE ES SO WEITERGEHEN!

2 Kommentare:

  1. Danke für deine immer tollen Blogbeiträge. Obwohl ich meist unterhalb deines Sportkletter-Cutoffs von 7a klettere, verfolge ich deine Berichte immer gerne.

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