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Freitag, 29. April 2022

Fontainebleau - Roche aux Sabots

Neuer Tag, neuer Circuit! Die nächste Empfehlung lautete auf die Roche aux Sabots, sogar noch näher am Camping La Musardière gelegen wie das Gebiet vom Vortag. Trotzdem, um die Lauferei zu begrenzen, wollten wir mit dem Panthermobil in unmittelbare Nähe der Blöcke fahren. Doch diese zeigte uns die kalte Schulter nach dem Motto "Bouldern ist auch Alpinismus", verweigerte seinen Dienst und zwang uns auf einen weiteren Fusszustieg. Mit seinem fortgeschrittenen Alter kommen die Allüren... oder vielleicht war es auch nur eine entladene Batterie. Wir hielten uns aber an die bewährte Strategie "erst kümmern wir uns mit dem Klettern ums Wesentliche, die Probleme regeln wir später" und erreichten die Blöcke in rund 30 Minuten per Pedes.

Larina bouldert #32 (Mise à Pied, Fb 4A).

Meine ob der Aufregung wegen dem streikenden Panthermobil kurze Suche nach einem Plan mit dem blauen Circuit war erfolglos geblieben. Aber entweder fänden wir den Start auch so, oder dann hülfe uns bestimmt jemand aus der Patsche. Inzwischen war es nämlich Karfreitag und an diesem gut zugänglichen Sektor fand ein richtiges Volksfest statt. Halb Frankreich und Gäste aus ganz Europa schienen hier ihr weisses Pulver über die Felsen verbreiten zu wollen, Picknickdecken wurden ausgebreitet, Hängematten installiert, Grossmütter kümmerten sich ums leibliche Wohl... ein lustiger Zirkus, aber störend fanden wir das nicht, eher unterhaltsam. Bald hatten wir nicht nur einen Plan im Kopf, sondern auch einen des Circuits auf dem Smartphone. Nachdem wir die Startmarkierung aufgespürt hatten, konnte es losgehen. Satte 50 Probleme standen auf dem Menü, so hiess es Gas geben.

#8 nennt sich 'Bon pied, bon oeuil' und das passt so richtig gut zu diesem Bild und den Bouldern. Zum Halten gibt's zwar ganz ordentliche Löcher, die Füsse müssen aber sehr plattig auf kleinen und polierten Tritten antreten. Während das bei Larina ziemlich souverän aussieht, macht sich die Boulderin im Hintergrund auf eben diese Suche nach tauglichen Starttritten. Bewertet ist das Ganze mit Fb 3C, a priori würde man denken, dass es dafür kaum die Hände braucht... was dann aber schon nicht ganz zutrifft.

Die #1-8 sind alle ziemlich nahe beisammen, es handelt sich meist um relativ kurze Lochprobleme, die sich recht zügig klettern lassen. Die perfekte Circuit-Begehung kam mir auch an diesem Tag bald einmal abhanden. In der leicht kniffligen #6 mal die Finger falsch ins Loch gesteckt, auf miesen Tritten aufgestanden und schon war ich irreversibel blockiert - there goes the flash...

Larina in #9 (Carie Dentaire, 4c+). Für mich waren die beiden Löcher aus dem Stand einfach erreichbar und somit beschränkte sich die Easy-Version auf den Mantle von diesen Löchern. Auch der Sitzstart, den ich zusätzlich praktizierte war nicht viel schwieriger. Bei kleinerer Körperlänge wird's hingegen ein schwieriger Run-in & Jump und mit Sitzstart wird es dann schon richtig, richtig knifflig. Aber wie schon (und unten gerade wieder) erwähnt, manchmal sind Lange, manchmal sind Kurze im Vorteil. Und dann gibt es auch noch Boulder, wo die Grösse kaum eine Rolle spielt.

Vor #12 standen wir sehr verwundert - sehr hoch und sehr schwierig sah es aus, zwei grosse Löcher und dann nichts mehr. Das roch nach Zwergentod für Larina... Doch wie der erste Eindruck manchmal täuscht: sie konnte sich an den grossen Löchern viel besser aufrichten und erreichte einmal stehend mühelos die Kante. Für den alten Langen war es hingegen ein richtiger Knorz, sich an diesen Löchern aufzurichten. Definitiv nötig waren hingegen Matten und ein Spotter.

Wenn man versucht ein Bild zu zeigen, wo man die Nachteile für Grossgewachsene sieht... ja dann sieht es halt nach absolut unelegantem Knorz aus. Tatsache ist, dass die nächsten Griffe bei diesem Boulder #12 in unerreichbarer Ferne sind, solange man nur an den beiden Löchern hängt. Der Aufrichter am Loch mit dem Loch ist also zwingend und wenn man einmal steht, so sind die nächsten Griffe dann für alle Morphologien erreichbar.  

Weiter ging's im Text, einige relativ zügig zu erledigende Boulder brachten uns zu #17 mit einem coolen, pressigen Mantle-Exit und wenig später zur Kombo #19/#20 an derselben Wand. Eine grosse Menschentraube war da versammelt, viele Matten waren platziert - offenbar forderten diese Probleme viele Akteure stark heraus. Schliesslich wurde uns ein Versuch gegönnt und fast ein wenig Show-Off-mässig konnte ich ganz locker flashen. Die Meinung, dass auch Larina mit diesen leistenlastigen Klettereien kurzen Prozess machen würde, musste ich aber zügig revidieren... es ging (vorerst) nicht, bzw. nicht auf die Schnelle und eine Mittags- und Reflektionspause wurde nötig. 

Das Blockfeld bietet Unterhaltung für viele Passionen. Jerome startete mit uns auf den Parcours, zog sogar einige blaue Boulder oder betätigte sich daneben auf dem mehr oder weniger parallel verlaufenden, orangen Parcours. Irgendwann schmerzten die Zehen und er fokussierte mehr auf coole Jumps zwischen den Blöcken, Überfälle (das ist eine Klettertechnik ;-)) und verlegte sich später auch aufs Fotografieren des noch bouldernden Rests der Familie - danke!

Mit nach der Pause frischen Kräften waren #19 und #20 rasch nachgeholt und an ein paar einfacheren Bouldern kamen wir zügig voran, bis mit #25 ein cooles Compression-Problem im Weg stand. Offensichtlicher von der Reichweite abhängig kann ein Boulder fast nicht sein... aber er gelang schliesslich mit hoher Investition an Power auch Larina.

Die etwas fiese #25 (Quartier Libre, 4C+). Es geht wirklich nicht nur mit der Kante oder dem Riss, man muss zwingend beide Features gleichzeitig nutzen können. Mit genügend Spannweite greift man nur an den jeweils 'guten' Stellen zu, aber wenn's knapp ist, so kommt man links und rechts nur in Mini-Intervallen voran, was viel länger dauert und einen zwingt, auch übel sloprige Griffe zu halten.

Zeit zum Zurücklehnen hatten wir aber keine, denn schliesslich hatten wir ja eben erst die Hälfte des Circuits abgeschlossen. Vorerst ging's zum Glück zügig weiter, nur #31 mussten wir skeptisch mustern. Ein alpin anmutender Schinderriss, mit Grünspan angehaucht und tropfendem Wasser im Grund. Tja, in Bleau gibt es nichts, was es nicht gibt! Zum Glück war's dann schneller geklettert als befürchtet, die zu greifende Kante war trocken und mit ein paar kräftigen Piazzügen war das Top zügig erreicht.

#31, alpin anmutender Piazriss (oben kommt nirgends ein guter Griff)

Erwähnenswert fanden wir auch das coole Lochproblem #33, das mit Sitzstart aufgepeppt werden kann. Der Rest der 30er-Probleme ging dann gut über die Bühne. Wieder mehr aus dem Vollen schöpfen mussten wir an der kniffligen Kante von #40. Wobei wir hier die offizielle 4C als einen Auskneifer linksrum beurteilten und stattdessen die ästhetischere 5C (bzw. mit Sitzstart sogar 6B) anpackten.

#35 (Marche à Pied, 4A) schien mir auch wie gemacht für einen Sitzstart (offiziell nicht nötig).

Somit waren wir auf der Zielgerade, wobei für jene noch etwas Körner nötig sind. Dies insbesondere für den weil etwas abgelutscht kniffligen Riss von #43 (Tord-Boyau, 4C) und dann insbesondere das überhängende Power-Lochproblem #48 (Travailleurs de Force, 5A+). Das Finale befindet dann auf der Rückseite dieses Blocks statt und bietet mit #49 (Coup de Grâce, 5B) einen genialen Mantle über einen Heelhook, bevor man an angenehmen Griffen unmittelbar daneben das letzte Top erreicht.

#43 (Tord-Boyau, 4C), ich fand es schwierig aus diesem Boulder auszusteigen und das Foto mag einigermassen zu vermitteln, warum dem so ist (natürlich ohne Shenanigans wie rechts über die Platte steigen oder den Block links benützen).

Nach erneut vielen Stunden hatten wir es geschafft und den kompletten Parcours sauber geklettert. Das hatte schon etwas Kräfte gekostet, v.a. am zweiten Tag in Folge. Es war inzwischen schon Abend geworden, wir packten unsere Sachen und liefen zurück zum Camping. Unsere Nachbarn halfen uns per Überbrücken, den Panther wieder in Gang zu bringen. Offenbar hatte sich wirklich die Batterie wie von Zauberhand entladen... ohne dass wir irgendwas anders gemacht hatten wie die Tage zuvor. Auch nachher trat das Problem zum Glück nicht mehr auf - naja, darüber will ich mich jetzt nicht beklagen. Nach einem feinen Znacht cremten wir dick unsere Finger ein und krochen bald ins Zelt, denn am Folgetag sollte natürlich erneut gebouldert werden. Unsere Freunde waren inzwischen angekommen, mit ihnen sollte es nach Beauvais Naville zum Rocher du Duc gehen. Mehr davon im nächsten Beitrag.

#48, ein kräftiges, sehr hübsches Lochproblem.

Facts & Links

Die Roche aux Sabots bieten Boulder und Circuits in allen Schwierigkeiten von Grün (easy) bis Rot (ziemlich anspruchsvoll). Zusammen mit dem kurzen Zustieg ist hier meist sehr viel Betrieb. Die Blöcke sind etwas verwinkelter als am Tag zuvor in der Canche aux Merciers. Das wirkt sich auf das Apsrunggelände aus: es ist vielfach, aber nicht immer perfekt. Bei einigen Bouldern könnte ein Sturz ohne Matter und Spotter auch unangenehm sein.

Liste und Fotos/Videos zum Durchklicken von bleau.info

Karte, Liste und Fotos zum Durchklicken von boolder.com

Topo von lepetitbleausard.fr


Montag, 25. April 2022

Fontainebleau - Canche aux Merciers

Nach der nicht ganz kurzen Anreise nach Fontainebleau hatten wir am Vorabend noch in der Justice de Chambergeot das erste Mal Hand an den französischen Sandstein gelegt und bereits etwas Erfahrung mit den Einstufungen gemacht. So kristallisierte sich es als realistisches Ziel für Larina und mich heraus, einen kompletten blauen Circuit zu klettern. Als lohnender Einstieg und eine der vom Camping einfach zugänglichen Adressen wurde uns die Canche aux Merciers empfohlen.

Was für ein Griff - Sloperschüssel und 2-Finger-Loch bei #3 vom blauen Parcours.

Mit den Dimensionen noch nicht ganz so vertraut, schien mir auf Google Maps auch ein Zustieg zu Fuss ab dem Camping durchaus realistisch. Trifft durchaus zu, es waren aber doch fast 5km Gehstrecke,  welche dann vor allem am Ende des Tages bei rechtschaffener Müdigkeit nochmals zu erledigen waren. Alles auf flachen Wegen im lichten Wald gelegen, ideal wäre wie in der Einführung schon erwähnt ein Bike.

Taktiken aus der Halle à la Toehook bringen hier und da echte Vorteile, hier auf #9.

Schlussendlich hatten wir den Start in der SE-Ecke des Blockfelds gefunden, waren parat und konnten starten. Erst spielten wir noch mit dem Gedanken, auch gleich den parallel verlaufenden, orangen Parcours mit zu erledigen - sind ja nur 44 Boulderlein, das sollte ja drin liegen. Allerdings verwarfen wir die Idee bald wieder, eine einzige Farbe lastet einem durchaus genügend aus.

Auch für Skijumperboys ein interessantes Betätigungsfeld, ebenso für Parkour-Athleten.

Zum Thema "Start" gibt es noch einen anderen Aspekt: zwar sind auf den Circuits die Boulder markiert, die 'offizielle' Position für Hände und Füsse bleibt aber offen, genauso wie bei gewissen Problemen nicht so eindeutig ist, welche Features dazugehören und welche nicht. Mit Fotos, Topos und Videos erlangt man möglicherweise mehr Klarheit darüber, doch am besten ist man einfach seines eigenen Glücks Schmid und macht es so, wie es persönlich am besten passt. Jetzt im Nachhinein werde ich mir auch bewusst, dass ich bei gewissen Bouldern wohl eine 6B-Variante mit Sitzstart anstatt die eigentliche 4C-Lösung mit den höchstmöglichen Griffen geklettert habe - aber ist ja völlig egal.

Für kleiner Gewachsene ist's dann manchmal auch ein Jumpstart (#6)...

Beginnen tut der Circuit schon einmal mit einem kräftigen Riss (#1), der jedoch nicht zwingend ein Jamming erfordert. Ein paar schöne Faustklemmer findet man hingegen in der orangen #2 gleich gegenüber. Das erste Mal so richtig ästhetisch ist das runde Loch an #3, einfach genial welche Formen die Natur hier zaubert!

Dynamik vom einzigartigen Loch bei #3

Dass Bouldern und Alpinklettern mehr gemeinsam haben wie man auf den ersten Blick vielleicht vermuten könnte, offenbart sich spätestens bei #5. Die hohe (aber oben einfache) Kante erfordert Engagement und sicheres Steigen, da muss man wissen, was man tut! Nach zwei einfacheren Problemen wartet bei #8 die nächste Kante - nicht ganz so hoch, dafür echt knifflig und mit einem heiklen Ausstieg.

Moven an Pockets zu einem Mantle-Ausstieg an Slopern, das prototypische Bleau-Problem (#32).

Parat sein heisst es auch bei #14, wo sehr kräftige Kletterei an Löchern wartet, wobei die Anforderung hier ziemlich von der Startposition und der gewählten Linie abhängt. Ähnliches zur Startposition gilt auch bei #20 mit einem zähen Mantle von Löchern bei herausragender Felsstruktur - hier ist aber der Sitzstart auf bleau.info als 6A bewertet und als optional bezeichnet.

Tolle Felsstruktur bei #20, daran sorgfältig Antreten ist zwingend.

Mit einen der schwierigsten Boulder fand ich die knifflige Kante von #22 zu dünnem Sandührli-Griff am Ausstieg. Auch da ist der Sit eigens bewertet (mit 5C), aber auch das fand ich eher zu tief für wie hart mich das dünkte. Bald nach diesem Boulder verabschiedet man sich vom Hauptplatz in etwas einsamere Gefilde der hinteren Blöcke. Dort trifft man mit #27 auf einen Überhang mit erst Löchern und dann übler Sloperkante. Auch hier war uns die exakte Definition nicht restlos klar, mit Sitzstart und ohne Auskneifen über die Seite war das aber definitiv zäh.

Voll coole #26, Sitzstart am Sloperloch, dann am Quarz-Ausrufezeichen riegeln.

Wieder mehr psychisch gefordert wird man auf der hohe Platte von #31. Es lässt dann gegen oben schon genügend nach, dass es vertretbar ist - doch ohne etwas Risiko zu akzeptieren kommt man den nicht hoch. Die auf der Platte gesparte Kraft kann man dann z.B. in der Hangeltraverse #33 und im kräftigen Lochproblem #35 einsetzen.

In der läppisch mit 4B bewerteten Hangeltraverse (#33) heisst es Gas geben (ca. 6c Routenbewertung).

Eine Extra-Aufgabe hat uns #38 bzw. #39 eingebrockt. Eine verblichen-blaue Aufschrift mit einem Dynamo aus kniffliger Startposition erforderte einige Versuche - vor allem für den Herrn Senior. Rein aufgrund der Anlage mit diesem weiten Move (siehe animierte Sequenz unten) könnte man vermuten, dass es für Larina viel schwieriger gewesen wäre. Das war aber nicht so, sie konnte die miserable Startleiste von höheren und besseren Tritten nutzen. Es zeigt wieder einmal schön, dass viele Dinge beim Klettern eben subtiler sind, wie man auf's Erste denken könnte. Anyway, nachdem wir diesen Boulder in der Tasche hatten, sahen wir am nächsten Block, dass die neue Variante dahin verlegt worden war und wir somit "für nichts" gearbeitet hatten. 

Schwieriger Jump an der ehemaligen #38 oder #39 (Startgriff ist miserable Sloperleiste)

Langsam war die Sache nämlich durchaus kräftezehrend... zu unserem Glück gab es nochmals ein paar zugänglichere Boulder vor dem Grande Finale mit #44, einem fingerkräftigen Problem (5C) an kleinen Quarzleisten. Einmal geriegelt und gut weggestanden war es für mich zügig erledigt, während Larina mit kleinerer Körpergrösse fighten musste.

Bald auf der Zielgerade, #40 geht locker daher (3C), ein Sturz ist allerdings wenig empfehlenswert.

Nach 6 sehr unterhaltsamen und abwechslungsreichen Stunden hatten wir beide den kompletten Parcours gepunktet. Der Flash war mir schon bei #4 abhanden gekommen, welche ich zuerst falsch interpretiert hatte - wobei es mir (auch an den Folgetagen) viel mehr Spass gemacht hat, ohne lange zu studieren und zu analysieren einfach mal zu probieren. So warte ich bis heute auf den Tag, wo ich einen kompletten blauen Circuit flashen kann.

Jetzt noch du, dann haben wir es geschafft :-)

Wir machten uns auf den nun doch nicht mehr ganz so kurzen Rückweg zu Fuss. Der Rest der Familie war uns schon vorangegangen und hatte dafür gesorgt, dass wir mit ausreichend Vorräten und einem feinen Nachtessen versorgt waren. So konnten wir unserer Speicher füllen und somit das Beste dafür tun, dass die Kräfte zurück kämen und die Haut möglichst zügig nachwachsen würde. Denn schon am nächsten Tag sollte es weitergehen, mit dem blauen Circuit am Roche aux Sabots.

Ohlala, einfach mega diese Strukturen!

Facts & Links

Die Canche aux Merciers befindet sich auf flachem, offenem Gelände mit einzelnen Bäumen und weist entweder Sand- oder sandigen Waldboden mit meist idealem Absprunggelände auf. Aufgrund der Lage trocknen die Blöcke zügig ab. Es ist ein idealer Platz für die ganze Familie, der auch zahlreiche einfache Circuits hat. Einzig für die Ambitionierten gibt's nicht allzu viele richtig schwierige Boulder. Der blaue Parcours beginnt im Zentrum, entfernt sich nach der Hälfte zu etwa 100m abseits vom Hauptplatz liegenden Blöcken und kehrt am Ende wieder dahin zurück. Immer wieder gibt's kräftige Probleme, so dass durchaus etwas Ausdauer erforderlich ist. Einer der schwierigsten Boulder ist das finale Problem #44, ohne etwas verbleibenden Fingerstrom im Tank wird der nicht zu machen sein.

Liste, Topo und Fotos/Videos zum Durchklicken von bleau.info

Liste, Karte/Topo und Fotos zum Durchklicken von boolder.com

Topo zur Canche aux Merciers von bleau.info / Bernard Théret.

Freitag, 22. April 2022

Circuit-Bouldern in Fontainebleau

Nach all den Jahren ging's nun doch einmal nach Fontainebleau zum Bouldern. Auf der Agenda stand das zwar immer, doch wurde dieser Trip zu Gunsten von "Seil"-Destinationen immer wieder übergangen. Nun war es vor allem die Tochter, die auf dem Boulder-Osterausflug bestand, zudem hatten Freunde dieselbe Destination zum Ziel, somit war also der Moment gekommen. Es war sicher keine besonders schwierige Vorhersage, dass es mir als vielseitig interessiertem  Climber auch in den französischen Wäldern bestens gefallen würde. So war's dann auch, insbesondere die Circuits waren einfach genial. Über einige von diesen soll in loser Folge auf diesem Blog bebildert berichtet werden.

Auf dem Weg zum Bouldern in den Wäldern um Fontainebleau.

Aber zuerst einmal, was ist ein Circuit?!?

Ein Circuit ist eine Aneinanderreihung von meist ~40-50 Boulderproblemen homogener Schwierigkeit und einfach genial! Diese Parcours sind mit Nummern und Wegzeichen farblich markiert, so dass man maximal einen Übersichtsplan braucht, um den ganzen Tag vom einen zum nächsten Bloc zu gelangen. Man wird also quasi stets zum folgenden, interessanten Problem geleitet, ohne dass man lange in Topos blättern oder danach suchen müsste. Die Circuits gibt's in verschiedenen Farben, welche die Schwierigkeit anzeigen und zwar grob so wie folgt:

  • Weiss (für Kinder, meist ist noch die Altersstufe beschrieben)
  • Gelb (easy Parcours für Erwachsene)
  • Orange (schon etwas Können nötig, für 6a/6b-Routenkletterer)
  • Blau (für Fortgeschrittene, richtet sich an 6c/7a-Routenkletterer)
  • Rot (da wird es schon zäh, 7b/7c-Routenniveau mindestens nötig)
  • Schwarz & Weiss (wer das kann, braucht diesen Blog definitiv nicht)

In vielen Hallen in meiner Umgebung sind die Boulder in gleicher oder zumindest ähnlicher Farbskala bewertet. Auch da kann man Parallelen ziehen: wer einen blauen Circuit komplett, ohne Abkürzungen und sonstige Erleichterungen klettern will, sollte in der Halle mindestens die Schwierigkeit der blauen Boulder draufhaben. Vermutlich tönt das alles gut & glaubhaft, bis man in einem Topo oder auf einer Webseite blättert und feststellt, dass die Probleme in einem blauen Parcours fast ausschliesslich im Bereich Fb 4A-4C und damit in längst überwunden geglaubten Tiefen der Skala angesiedelt sind. Ich kann euch aber versichern, dass die oben beschriebenen Anforderungen absolut realistisch sind - für Grade Chaser sind die Circuits gar nix.

Markierung auf dem blauen Circuit, welche den Weg zum Einstieg des nächsten Problems leitet.

Zu erwähnen ist auch, dass es doch eine gehörige Portion Ausdauer für einen solchen Circuit braucht. Man klettert doch ~50x ein Problem von 3-10m Länge, somit kommt locker die Strecke von einer längeren MSL zusammen - wobei deren "billige" Abschnitte eben fehlen und der Fokus rein auf den Schlüsselstellen liegt. Die Parcours zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie extrem viel Abwechslung bieten und möglichst alle Stile abfragen: Platten, Wand, Überhang, Risse, Löcher, Leisten und natürlich wie immer in Bleau, viele Mantle-Ausstiege. Meist helfen versierte Technik, gute Fussarbeit und Rumpfkraft deutlich mehr wie rohe Fingerpower. Den Zeitbedarf für einen solchen Circuit darf man nicht unterschätzen. Zu zweit, mit einer Matte und dem Niveau um ~80% der Probleme zu flashen, darf man immer noch gerne mit 6h rechnen! Ein Circuit ist eben eine richtige Kletterreise, welche den oder die komplette Athlet:in fordert und genau deswegen so genial.

Die Felsstruktur in Fontainebleau und deren Vielfältigkeit ist einzigartig!

Ein paar Praxistipps

Bevor es mit den Bildberichten zu den Circuits losgeht, folgen an dieser Stelle noch ein paar einleitende Worte. Wobei ich mich hier nicht als Kenner des Fontainebleau-Boulderns aufspielen will. Aber wie immer hatten wir uns erst nach positiven Wetteraussichten und in letzter Sekunde definitiv für das Ziel entschieden. Folgende Minimalinfos empfand ich als nützlich.

  • Camping: am zentralsten gelegen und von vielen gleichgesinnten frequentiert ist La Musardière  bei Milly-La-Foret. Diverse Blockfelder im Bereich Trois Pignons sind ab da sogar zu Fuss zugänglich. Die Facilities und der Platz sind ok, aber nicht luxuriös, die Preise nicht extragünstig (~40 Euro/Nacht für eine Familie). Wer gerne unter festem Dach übernachtet, auf diesem Platz werden auch feste Hütten angeboten.
  • Topo: gibt's etliche verschiedene und als Newcomer ist es nahezu unmöglich zu entscheiden, welches sich denn nun am besten eignet. Für uns endete es schliesslich (Last-Minute-notgedrungen) darin, dass wir ohne Topo anreisten. Mit ein paar Gebiets- bzw. Circuit-Empfehlungen und den hervorragenden Online-Topos dazu (welche nachfolgend präsentiert werden) kommt man zumindest für die ersten paar Tage aber problemlos ohne gedruckte Literatur aus. Und auch danach: für die Circuits waren die Pläne aus dem Netz meist aktueller und präziser wie jene aus den Büchern von unseren Freunden, so dass mir die Anschaffung eines Topos auch im Nachhinein nicht zwingend scheint. Als besonders nützlich empfand ich die Web-Ressourcen von bleau.info und die Circuit-Liste bei Cosiroc.
Frau powert durch auf dem blauen Circuit in Beauvais Nainville.
  • Matten: echte Bleausards sind auf einem Circuit nur mit einem Lappen zum Abwischen der Schuhsohlen unterwegs, das Mitführen einer Matte und deren ständiger Weitertransport erhöht sicher die Sicherheit, aber auch die Umständlichkeit und den Zeitbedarf. In vielen Gebieten ist das Absprunggelände meist flach und sandig, ich habe schlussendlich auch komplette Parcours ohne Matte gemacht. Wenn wir zu zweit unterwegs waren, dann jeweils mit einem (1) Pad. Hinweis: auf dem Camping La Musardière können Matten zum stolzen Preis von 10 Euro/Tag gemietet werden.
  • Schuhwerk: einen kompletten Circuit mit ~50 Bouldern schafft man nur dann, wenn man unterhalb seines Limits unterwegs ist und einen substanziellen Teil der Probleme flashen kann. Dafür ist sicher kein Super-Duper-Kletterfinken nötig, ein möglichst bequemes, gut eingetragenes Modell mit dem man auch einmal ein paar Schritte gehen, die nötigen Block-Hopser und Abklettereien machen kann, ist viel zielführender und auf lange Frist auch deutlich komfortabler. Zwischen den Blöcken kann man meist problemlos barfuss gehen, für empfindliche Füsse sind Sandalen oder Flip-Flops eine gute Lösung.
  • Transport: vermutlich könnte man in Fontainebleau ja durchaus mit öV Bouldern gehen. Wer mit Familie campen geht und Matten mitnehmen will, kommt ja aber logischerweise nicht um ein motorisiertes Gefährt herum. Einmal vor Ort, sind die Gebiet per (E-)Bike ab La Musardière fast alle mit einer kürzeren oder längeren Fahrt problemlos erreichbar. Wer also die Möglichkeit hat, soll durchaus ein Velo mitnehmen. 

Demnächst geht's auf diesem Kanal weiter mit dem ersten Bildbericht zum blauen Circuit in der Canche aux Merciers.

Dienstag, 19. April 2022

Plattenwand - Galoppverbot (7c+)

News von der Plattenwand! Ab sofort kann man sich an einem neuen Testpiece versuchen, das ich nach längerem Projektstatus im 2021 einbohren und einüben konnte, bevor in der Trockenperiode vom März 2022 schliesslich die Rotpunktbegehung gelang. An dieser Stelle herzlichen Dank an den Plattenwand-Haupterschliesser Dietmar, der mir dieses Stück Fels überlassen hat. 

Als ich den Fels das erste Mal befühlte, war ich mir noch überhaupt nicht sicher, ob die Linie überhaupt kletterbar ist. Nur in einem Aspekt hatte ich von Beginn weg keine Zweifel: entweder es ging ohne Chipping, oder dann würde ich es bleiben lassen. So tastete ich mich vorerst im Toprope langsam an die Sache ran, suchte nach Griffen und Tritten, welche sich zu kletterbaren Sequenzen zusammensetzen liessen. Das Puzzle war nicht einfach zu lösen, doch nach ein paar Sessions war ich überzeugt davon, dass die Linie kletterbar ist. Ob für mich oder nur für stärkere Athlet:innen konnte ich damals noch nicht mit Sicherheit sagen. Doch immerhin war mir die Sache so klar, dass ich die Bolts sinnvoll platzieren konnte. Sie beginnt mit einem moderat schwierigen Einstieg. Dieser führt bald zu einer sehr schwierigen und griffarmen Steilplattenstelle, welche Vertrauen in die Füsse und sehr präzise Bewegungen erfordert. Nach einem Komplett-Ruhepunkt bildet die leicht überhängende Schlusswand eine weitere Crux. Sie bietet technische Wandkletterei, die Fingerkraft und gute Fusstechnik fordert. Ob die Route wegen der diffizilen, sehr spezifischen Kletterei jedermanns Geschmack treffen wird, da bin ich mir übrigens nicht sicher. Aber das spielte in meinen Überlegungen natürlich keine Rolle.

Nun stehe ich vor der schwierigen Aufgabe, einen Bewertungsvorschlag für die Route geben zu müssen. Das ist echt eine Herausforderung! De Fakto wurde die Kletterei im Lauf der Zeit (subjektiv) immer einfacher. Zu Beginn war's eine blanke, ungenutzte, fast strukturlose Wand, wo ich daran zweifelte, ob sie überhaupt menschenmöglich ist. Nach langer Pröbelarbeit fand ich schliesslich eher schlechte, aber doch nutzbare Griffe und Tritte sowie denkbare Bewegungsabläufe. Weiter erforderte es viel Zeit, diese einzuüben und mit der nötigen Überzeugung und Präzision auszuführen. Somit kam ich zum Schluss, dass es ein Projekt an meiner Leistungsgrenze sei und somit mutmasslich im 8a-Bereich. Doch dann kam der Tag mit dem Rotpunkt-Go: alles war im Fluss, ich konnte die Sequenz perfekt ausführen und war am Umlenker. Und das bevor ich mir darüber gewahr wurde, dass ich eben dabei war, ein Projekt zu punkten, welches mich über 1 Jahr beschäftigt hatte. Somit kann ich ganz klar sagen, dass die Route für mich im Lauf der Zeit immer einfacher zu klettern, aber immer schwieriger zu bewerten wurde. Ob die vorgeschlagene 7c+ passt, da habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Vielleicht fällt es Wiederholern nun, wo die richtigen Strukturen geputzt und mit Kletterspuren markiert sind, dem Wissen dass es geht und möglicherweise besser geeigneter Morphologie viel einfacher... oder ist's bei kleinerer Körpergrösse gar viel schwieriger?!? Da ich es immer alleine probiert habe, kann ich das unmöglich sagen und muss mich in Sachen Bewertung unweigerlich 'auf die Äste hinauslassen'. Das heisst aber auch, dass es mir völlig egal ist, wenn sich schlussendlich eine andere Bewertung etablieren sollte. Für mich ist und bleibt es das Galoppverbot-Projekt, das mich über eine ganze Weile beschäftigt und herausgefordert hat und dessen erfolgreicher Abschluss grosse Freude gemacht hat. Sein Wert für mich wird mit dem Erlebnis, aber ganz definitiv nicht in der Bewertung gemessen!

PS: die Linie rechts davon lautet auf den Namen Kalorienbombe und befindet sich noch im Projektstatus. Meine aktuelle Einschätzung lautet, dass sie nochmals ein ganzes Stück schwieriger ist wie das Galoppverbot - die Zeit wird es dann zeigen.

Freitag, 15. April 2022

April-Wintertraum im Wägital

Im vorangegangenen Jahr hatte ich die Tage nach der ZKM jeweils für einen Ausflug zum Bohren in einem MSL-Projekt nutzen können. Dieses Mal liess sich die lieb gewonnene Tradition der Abwechslung zwischen völlig unterschiedlichen Klettergenres nicht weiterführen. Am Wettkampftag fielen selbst bei der nur auf 480m gelegenen Halle die Schneeflocken und in den Bergen gab's einen ganzen Schübel Neuschnee. So einigten wir uns an der Comp-Afterparty darauf, am nächsten Tag den Beinen Auslauf zu geben und uns nochmals so richtig den Pulver in die Nase stieben zu lassen. Da die Front erst etwas verzögert abzog und tiefe Temperaturen angesagt waren, kamen wir sogar um das frühe Aufstehen herum - nach dem langen Vortag umso besser!

Frisch verschneiter Wintertraum im ersten Aufstieg zum Redertengrat.

Die Analyse vor Aufbruch zeigte dann, dass wir nirgendwo auf mehr vom frischen weissen Puder stossen würden wie im angenehm nahe gelegenen Wägital. Zudem verhiess ein scharfes erheblich den Verzicht auf innovativ angelegte Touren. Also durfte es gut und gerne auch einfach nur der Redertengrat sein - eine Standardtour, auf welche ich bei normalen Verhältnissen kaum gehe und auch keinen Bericht schreiben würde. Auf der nun wieder befahrbaren, im Winter eine Zeit lang gesperrten Strasse am östlichen Ufer erreichten wir das Ende des Sees (P.918). Null Betrieb gibt's da bei tauglichen Verhältnissen nie, aber der Andrang dünkte uns erstaunlich gering. Trotzdem waren schon genügend Tourengänger vor uns gestartet, dass eine solide Spur lag (deren Anlage sicherlich sehr kräfteraubend war). Das Gelände war vor dem Schneefall bis zur Rinderweid (1300m) schon ausgeapert gewesen - doch es lag genügend Schnee für den direkten Aufstieg via Schwantli und Chruter. Nur in den Waldstücken musste man an einigen Passagen über knapp verschneite Steine treten.

Auf der ersten Abfahrt, hinten die Muttri-Nordabfahrt, welche an diesem Tag nicht befahren wurde. 

Beim Austritt aus dem Wald öffnet sich die Szenerie und gab den Blick auf ein veritables Wintermärchen frei. Die noch vorhandenen Wolken rissen auf, die Sonne lugte hervor und der massenhaft vorhandene Powder glitzerte tausendfach. Zügig, aber mit der nötigen Ruhe schritten wir dem Gratgipfel (P.2214) am Fusse des Redertenstock entgegen. Schlussendlich hatten wir die meisten vor uns gestarteten Tourengänger ein- und überholt. Erst eine Handvoll Linien waren vorhanden und so konnten wir sogar noch im unmittelbaren Bereich der Aufstiegsspur komplett unberührtes Material der ersten Güteklasse vorfinden. Im Bericht zu meinem neuen Arbeitsgerät hatte ich ja davon geschrieben, wie meine neuen, 80mm breiten Ski "vergleichbar zu einer Installation von MS-DOS im 2022" verspottet wurden. An dem Tag musste ich ebendiesem Sprücheklopfer an meiner Seite mit seinen 106er-Latten neidlos eingestehen, dass er fahrtechnisch bevorteilt war. Aber eben, wie schon früher geschrieben - mir fehlte der Fahrspass auch nicht. Wie könnte er bloss, bei solchem Schnee und Gelände!

Nochmals so richtig voll winterlich, und das Mitte April - Impression von der ersten Abfahrt.

Ob der Rinderweid stoppten wir unsere Skis und es war uns sofort klar, was wir zu tun hatten: Felle montieren und nochmals hinauf! Bei der zweiten Runde nahmen wir es etwas gemütlicher, schlussendlich würden am Ende doch 2000hm auf dem Zähler stehen. Auf der inzwischen gut ausgetretenen Spur gewannen wir an Höhe und spähten in diesem viele Möglichkeiten offerierenden Gelände nach einer Linie, wo wir unsere Spuren in noch komplett jungfräuliche Sektoren legen konnten. Zügiger als gedacht erreichten wir trotz der Tempo-Rücknahme (man merke, wenn man schneller läuft geht es subjektiv nicht zwingend schneller vorbei) wieder den Grat. Umrüsten und ab ins Vergnügen die Zweite war das Motto. Bei dieser Abfahrt erwischten wir es noch fast besser wie zuvor und gelangten wie im Rausch wieder zurück zur Rinderweid. Ab dort war der Schnee auf den folgenden 150hm schon merklich feucht und kein grosser Genuss mehr. Die letzten 200hm waren dann sogar als Survival Skiing zu bezeichnen: die Unterlage war (zu) knapp und man musste um Bodenkontakt zu vermeiden defensiv unterwegs sein. Aber was spielte das für eine Rolle - es ging bis zurück zum Parkplatz mit den Ski, was will man mehr. Mit dem tollen Gefühl, an diesem Tag den Jackpot gezogen zu haben ging es mit erfreuten Herzen und durchaus etwas schweren Beinen heimwärts.

Top Schnee und First Line auch auf der zweiten Runde - einfach genial!

Dienstag, 12. April 2022

Zürcher Klettermeisterschaft 2022 - Lead im Griffig

Dieses Datum hatten wir uns natürlich dick im Kalender angestrichen - auf den 9. April war ZKM & Griffig Cup in Uster angesagt. An die letzte Ausgabe vor 9 Monaten hatten wir extrem gute Erinnerungen. So hofften wir nicht nur auf ein tolles Kletterfest, sondern auch darauf, uns erneut ein paar Podestplätze sichern zu können. Doch wie sehr das alles an einem seidenen Faden hängt, sollte sich wieder einmal zeigen. Mein Partner vom kürzlichen Team-Boulderplausch im 6aplus musste verletzt die Segel streichen und Kathrin erwischte es wenige Tage vor dem Event mit einer Krankheit. Glaubt es mir, so wird man ganz schnell zum Hypochonder, der jedes Zipperlein und Kratzen im Hals als den Beginn vom Ende der Kletterträume sieht. Doch mit grosser Erleichterung konnten Larina und ich den Weg an den Start gesund und munter antreten.

Unterwegs in der Finalroute nach dem Motto "wenn bloss die Finger so stark wären wie die Leggins farbenfroh sind...".

Für Larina gab's in der Kategorie U14 das übliche Programm mit 3 Quali-Routen (6c+, 7a, 7b+), die ihr leicht von der Hand gingen und alle diskussionslos getoppt wurden. Somit gab's kein Bibbern um die Finalteilnahme, sondern das Ticket war souverän gelöst. Nach etwas Judging galt es dann auch für den Autor trotz Teilnahme in der Fun-Kategorie ernst. Da galt es in einem wahren Steigerungslauf 10 Quali-Routen von 5c bis 7b+ zu meistern. Auch das klappte wie am Schnürchen, 10x Top durfte auf dem Zettel eingetragen werden und damit war die Finalteilnahme ebenfalls gesichert. Zuerst waren aber die Kids an der Reihe. Und das Zuschauen ist definitiv der Part, der für viel mehr Nervosität und Anspannung sorgt wie das Klettern einer Finalroute selber. Was man da an der Seitenlinie jeweils ausmalt, Foot Slips, Klippfehler und sonstige Kapriolen, welche die Begehung verfrüht enden lassen könnten, bevor sie richtig angefangen hat. Lustigerweise habe ich solche Gedanken nie, bevor ich selber einsteigen muss - passiert ja auch nie. Auch Larina stieg mit einer solchen Überzeugung ein, dass die Befürchtungen rasch im Winde zerstreut waren. Am Ende kostete sie ein kleiner Fehler die Möglichkeit, den Sieg mit den letzten Körnern im Tank in der mit 7c bewerteten Finalroute noch an sich zu reissen. Aber das Silber stand auch für eine prima Leistung und einen guten Start in die Leadsaison.

Podest Girls U14

Dann eben galt es für mich ernst. Mit Vorfreude auf eine tolle Route stieg ich ein und erzielte guten Fortschritt. Vorerst gelang es mir auch prima, aufkeimenden Pump im Zaum zu halten und die steilste Passage der Route kontrolliert zu klettern. Volle Kraft voraus zum Top hiess es dann schliesslich in der etwas weniger stark überhängenden Schlusswand. Aber da war der Ofen schlussendlich plötzlich aus, die sloprigen Crimps mit mangelhafter Wegsteh-Möglichkeit warfen mich erbarmungslos ab. Das resultierte in Rang 3, die beiden besten hatten die 7c-Finalroute toppen können - wobei mir dies auch nur beschränkt geholfen hätte, da schlussendlich die Zeit gezählt hätte. Aber weder zählt Schnelligkeit zu den Stärken des Herrn Dettling, noch wäre es mir selbst im Wissen drum möglich gewesen, die Route gleich schnell wie meine beiden stärkeren Konkurrenten zu klettern - meine herzliche Gratulation an die beiden! Es ist übrigens nicht so, dass mir das Resultat bzw. der Rang extrem wichtig wäre. Aber wenn ich etwas mache, dann mit Herzblut, Einsatz und Begeisterung und dem Willen, das Optimum zu erreichen. Auf jeden Fall muss die Jagd auf das noch fehlende Griffig-Gold auf die nächste Gelegenheit im 2023 vertagt werden.

Podest Herren Fun

Ein interessanter Aspekt ist mir mit dem Betrachten des Siegerfotos gekommen... eigentlich bin ich ja viel mehr der (Outdoor-)Routenkletterer als der Boulderer. Trotzdem liegen mir Boulderwettkämpfe tendenziell besser als jene im Lead. Mich dünkt, das kommt in erster Linie von den Anforderungen, die der jeweilige Wettkampfmodus stellt. Bei den Boulder Jams gilt es ja meistens, eine riesige Menge von an sich machbaren Problemen effizient zu lösen. Da profitiere ich von Erfahrung und Route Reading Skills, sowie von der Stamina des Alpinkletterers, für den Klettern oft viele Stunden dauert. Im Lead hingegen muss man im entscheidenden Augenblick in einer Power Endurance Route gut aussehen, die über dem persönlichen Level liegt. Dies meist in stark überhängendem Gelände, in zügig zu bekletternden Routen ohne Rastpunkte und bei bescheidenem Trittangebot. Und das ist offen gesagt etwa der Kletterstil, der mir am wenigsten überhaupt liegt. Ein anderer Punkt ist noch das Gewicht: laut dem Podestfoto sehe ich ja gegenüber meinen Konkurrenten fast photoshopmässig um 20% vergrössert aus... und trage damit trotz Spargeltarzan-Körperbau 15-20 Kilos mehr die Wand hinauf, was sich gerade beim Lead-Comp-Routenstil extraschwer auswirken dürfte. Wie auch immer... es sei bemerkt, dass ich nicht nach Ausreden suche. Ich versuche mir nur die Unlogik zu erschliessen, warum mir Comp-Bouldern mehr liegt wie Lead.

Auf jeden Fall möchte ich mich wie immer an dieser Stelle herzlich bei allen Involvierten bedanken. Dem RZZ für diese Wettkampfserie, dem Griffig für den Event und die coolen Routen, den Mitkämpfern für die guten Vibes und natürlich auch allen anderen, die zum Gelingen dieses Tages beigetragen haben! Das gilt insbesondere auch für die Fotografin Gina Held, von welcher alle Fotos in diesem Beitrag stammen.