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Samstag, 25. Februar 2023

Skitour Mättlistock (1911m)

Am Vortag hatten wir am Quadrel Rock Rodeo alles gegeben - bis wir daheim und im Bett waren, schlug es schon Mitternacht. Mit einer solchen Megasession im Gepäck ist ein frühes Aufstehen am nächsten Tag nicht unbedingt das Höchste der Gefühle. Zwar verhiess der Wetterbericht in den inneren Alpen durchaus Sonnenschein. Doch wegen dem Mangel an Schnee und dessen miserabler Qualität schien eine Top-Skitour kaum machbar. Auch um in den Genuss von Sonnenschein zu kommen tönte es danach, einen grossen Fahraufwand in Kauf nehmen zu müssen. Also hiess das Motto für den Tag Ausschlafen, gemütlich Frühstücken und Weiterschauen.

Der grandiose Blick vom Mättlistock auf Klöntalersee und die imposante Glärnisch-Nordwand.

Bei diesem letzten Programmpunkt zeigten die Webcams aber sogar im nahen Glarnerland prima blauen Himmel. Also lag mit einem Start am späteren Vormittag auch noch etwas drin. Meine Lust, auf einem zerfurchten Tourenacker aufzusteigen und abzufahren war aber gleich null, somit musste ein etwas exotisches Ziel her. Und dieses fixierte ich im Hinter Klöntal. Über die sehr sonnig exponierten Hänge der Mutteristock-Kette wollte ich starten. Mit einem Ausgangspunkt auf nur 1030m könnte man das im Februar 2023 als hoffnungsloses Unterfangen taxieren. Das war mir natürlich bewusst, deshalb hatte ich das Bike dabei mit welchem ich bis zum Schnee pedalen wollte - in der Hoffnung, dass die Übergangszone zwischen 'nicht mehr Bike-fahrbar' und 'noch nicht Ski-fahrbar' möglichst klein sein würde. 

Pedalend geht's auf gut fahrbarer Alpstrasse dem Schnee entgegen - so geht Skitouren im Winter 23.

Diese Strategie ging schliesslich ganz ordentlich auf. Mit einem Start um 12.15 Uhr gwann ich die ersten 250 Höhenmeter wie gewünscht auf 2 Rädern. Bis zu den Ställen von Ratlis galt es nur einige Mini-Schneeresten zu überqueren, auch danach kam ich noch gut weiter bis zum Bikedepot exakt bei P.1292. Und tatsächlich, ab da konnte ich fellend aufsteigen - mit 2x einige Schritte übers Kies treten konnten die Bretter permanent an den Füssen bleiben. Bis zum P.1554 gewinnt man auf dem Trassee der Alpstrasse durchgehend an Höhe. Ab da geht's dann für 1.5km mehr oder weniger flach hinein in die Kammer des Sulzbachs. Auf dieser Strecke war's mehr eine Skiwanderung - aber eben eine eindrückliche. Das Terrain war unberührt, man befindet sich hier in abgeschieden-einsamer Lage, ohne Talblick zu haben. Ganz alleine auf weiter Flur so zu schreiten ist immer ein eindrückliches Erlebnis und gibt das Mini-Feeling einer Arktis-Expedition. Natürlich, die Zivilisation ist nur ein Katzensprung entfernt, überstrapazieren soll man den Begriff nicht - wobei manchen Zeitgenossen wohl schon so viel an Einsamkeit und Abgeschiedenheit in der Natur viel zu viel wären.

Bei der Alphütte von Unter Längenegg, hinein in die abgeschiedene Kammer des Sulzbachs. Hinten der Sattel ca. 1760m.

Mit wieder etwas mehr Steigung geht's hinauf zur Einsattelung (ca. 1760m) nördlich des Mättlistocks. Und hier wurde ich Zeuge von einem eindrücklichen Naturerlebnis. Dass an den Südhängen vom Chrutlistogg ein Adler über mir kreiste, hatte ich bereits wahrgenommen. Plötzlich stach er im Sturzflug davon, zu den Schattenhängen vom P.1884. Dort attackierte er eine ausgewachsene Gämse, wohl mit der Absicht sie bei der folgenden Flucht zum Absturz im Steilgelände bringen zu können. Diese hatte jedoch ausreichend geländetechnische und körperliche Reserven, so konnte sie den Angriff parieren. Als drei weitere Attacken auch nicht den gewünschten Effekt zeigten, begab sich der Gefiederte wieder in die thermodynamischen Aufwinde - bestimmt um von hoch oben nach einem nächsten, potenziellen Opfer für eine gehörige Mahlzeit zu spähen. Tja, so ist die Natur - verhungern oder gefressen werden, einer muss unweigerlich darben. Da haben wir Menschen es gut, so wie wir uns mit Supermarkt, Krankenhaus und allen Versicherungen von dieser grausamen Umwelt abgekoppelt haben. Oder ist dies nur ein Kartenhaus und wann fällt es zusammen? Über solche Fragen lässt es sich auf einer einsamen Tour hervorragend sinnieren.

Auf dem Mättlistock - mit Blick vom Kreuz zum höchsten Punkt. Sehr schön da oben!

Mir stand noch der Schlussaufstieg über die steilen Nordhänge zum Gipfel bevor. Dieser umfasst eine kurze Passage von 40 Grad Steilheit, die sich nicht umgehen lässt. Dank günstigem Bulletin und in dieser Exposition vernünftiger Schneedecke machte es an diesem Tag keine Sorgen. So gelangte bald das Gipfelkreuz in Sichtweite (14.30 Uhr). Es steht nicht am höchsten Punkt des Berges und wird fast ausschliesslich von einheimischen Liebhabern aufgesucht. Trotz nur 1911m Gipfelhöhe ist es ein spekakulärer Ort. Man hat eine aussergewöhnliche Vogelperspektive zum Klöntalersee zu Füssen, gegenüber präsentiert sich stolz die Glärnisch-Nordwand - da konnte ich mit meinen Touren im Chalttäli und am Ruchenpfeiler in tollen Erinnerungen schwelgen. 

Heimwärts - mehr gemütliches Gleiten als genüssliches Schwingen, passt so bei den aktuellen Verhältnissen.

Nach gütlicher Rast besuchte ich noch den höchsten Punkt vom Mättlistock, schnallte meine Bretter an und machte mich auf den Rückweg. In der Nordflanke durfte man die Tätigkeit durchaus Skifahren nennen, auch wenn es wegen etwas wechselhaftem, meist zähem Schnee kein Highlight war. Hinunter in den Boden der Längenegg war dann Spurfahren angesagt - ob dem feuchten Pflutterschnee kein Verlust. Die Flachpassage erforderte einiges an Stockeinsatz, dann gab es auf dem Alpstrassen-Trassee wieder Geradeausfahrt, die effiziente Strecken- und Höhenmeter-Vernichtung erlaubte. Um die Bretter zu schonen, trug ich diese die letzten 80hm im nur noch knapp schneebedeckten Gelände zum Bikedepot, von wo es in rasanter Fahrt zum Ausgangspunkt ging. Fazit: das war bei kleinem Aufwand ein absolut tolles Naturlerlebnis bei idealem Wetter gewesen - skifahrerisch definitiv kein Highlight, aber ein solches hätte sich in der CH derzeit wohl sowieso kaum finden lassen.

Facts

Mättlistock (1911m) ab Schwändeli (1030m) im Hinter Klöntal

Bis auf den kurz 40 Grad steilen Gipfelhang einfache Skitour in wenig steilem Gelände. Am lohnendsten sicher bei schnellen Frühlingsverhältnissen, d.h. tragend-gefrorener Schneedecke. Bei tiefem Schnee gleicht das Unternehmen über weite Teile mehr einer Skiwanderung - auch das kann natürlich genussvoll sein. Die untersten, stark besonnten Hänge sind üblicherweise bald einmal aper.

Montag, 20. Februar 2023

Quadrel Rock Rodeo 2023

Zwar wäre es draussen outdoortaugliches Wetter gewesen, beim Rodeo war ich aber trotzdem gerne dabei. Einerseits benötigte Larina meinen Support, andererseits war ich Titelverteidiger und die persönliche Kakteensammlung zu bereichern ist ja immer ein erstrebenswertes Ziel. Noch dazu hatte es in der jüngsten Vergangenheit mehr als genug Gelegenheit gegeben, in die Berge und an den Fels zu gehen. Vermutlich würden manche Leser lieber Berichte von diesen Aktivitäten sehen, aber da muss ich um Geduld bitten. Genau aus diesem Grund fiel meine Vorbereitung etwas unspezifisch aus. Die Elemente in der eisigen Vertikalen oder vom Herumsteigen mit der Bohrmaschine in vogelwilden MSL-Projekten bezeichnet man zwar auch als Klettern, extrem nahe verwandt sind sie mit dem Indoor-Bouldern aber nicht unbedingt.

Vom Autor gibt es leider keine Fotos, darum zur Illustration einige von Larina.

Der Tag begann mit der frühmorgendlichen Anreise und einer Überraschung, als wir die Halle betraten. Normalerweise glänzt und strahlt da alles, sprich es ist komplett neu geschraubt. Das war offensichtlich nicht der Fall, nur ein Teil der Comp-Boulder war frisch, ein wesentlicher davon war offenbar schon länger installiert 🙄 Das warf gleich gewisse Fragen bzgl. der Chancengleichheit gegenüber lokalen Athlet:innen auf, vor allem aber ist es aber auch immer extrem motivierend, an komplett frischen Griffen zu moven. Meiner persönlichen A-priori-Motivation gab das schon etwas einen Dämpfer, schlussendlich war es aber weniger schlimm wie zuerst gedacht. Denn immerhin waren wir kürzlich nicht im Quadrel gewesen und konnten uns an persönlich neuen, unbekannten Problemen austoben. Wäre dies anders gewesen, so hätte ich den Chancenvorteil gegenüber der Enttäuschung, bekannte Boulder nochmals klettern zu müssen, wohl als sekundär bewertet.

Huch, da ist sie fast aus dem Bild gesprungen - konnte ich zum Glück mit Reichweite lösen ;-)

Um 14.00 Uhr fiel schliesslich der Startschuss für die Erwachsenen. Es galt, von den 60 Bouldern in den Schwierigkeiten 1-6 möglichst viele auf das Laufblatt zu bringen. Bei mir waren das Set in den unteren Graden mit 5x1, 8x2 und 13x3 komplett. Dann gelangen mir 10 der 14 Vierer (6C-7A), 2 der 7 Fünfer (7A+-7B+) und noch 1 von 10 Sechsern (7C und aufwärts), für ein Total von 39 Tops. Der harten Boulder waren viele - was auch nötig war, weil die nationale Elite breit vertreten war. Mein Erfolg in der Höchstschwierigkeit war übrigens an einem Riss-Boulder mit einem ziemlich technischen Handjam. Bei einem solchen outdoor-like-Problem "musste" es ja fast klappen, wobei mir das athletische Top mit "normaler" Kletterei nur ganz knapp gelang. An einem normalen Tag hätte ich eine Session mit einem bezwungenen Sechser sicher als grossen Erfolg gewertet - aber ob es für den Wettkampf auch genug war?

Aber Reichweite, gerade in vertikale Richtung, ist nicht nur eine Frage der Körperlänge!

Bevor diese Frage geklärt wurde, gab es um 18.30 Uhr erst einmal eine grosse Portion Pasta mit Boulder-Abschlussgetränk, dann den Final der Elite. Der war super - die Boulder waren spektakulär, deren Schwierigkeiten passten perfekt und das Line-Up mit den amtierenden Schweizermeistern sowie der Ex-Weltmeisterin grandios 👌 Und, das schreibe ich wohl jedes Mal: es ist einfach eine grosse Inspiration, auf demselben Spielfeld wie diese Athlet:innen unterwegs zu sein und zu prüfen, was man kann und wo es eher hapert. Wie die Rangverkündigung zeigte, war das auch in meiner Patschivig-Kategorie, die Fähigkeit ausreichend harte und punktebringende Boulder auf die Scorecard zu bringen. Mit dem Kaktus und der Titelverteidigung war es nichts geworden, meine 116 Punkte reichten nur zu Rang 4. Es war jetzt kaum so, dass meine Performance viel schlechter als im Vorjahr war - nur hatten einige junge, starke Athleten inzwischen erlikt, dass gegen die Senioren wie dem Dettling einfacher ein Podest rausspringt, als wenn man gegen die nationalen Topathleten antreten muss. Doch die Rangliste ist ja nicht das Wesentliche an diesen Events: müde vom langen Tag, platt von einer 4:30h Monstersession aber natürlich hochzufrieden machten wir uns auf den Heimweg.

Freitag, 10. Februar 2023

Brunnital - Hydrophobia (WI6-)

Unverhofft kommt... vielleicht nicht allzu oft, aber diese Tour ist uns wirklich ziemlich unerwartet gelungen. Inzwischen sind wir ja eher so etwas wie Eiskletter-Pensionisten, welche die Pickel nur noch selten und zu ausgewählten Bedingungen schwingen. Sehr spontan kam am Vorabend die Verabredung mit Jonas zustande, nach Abwägen der Optionen wollten wir ins Brunnital um zu schauen, was machbar wäre. Dass es mit der Hydrophobia eine der prominentesten Linien im Tal werden würde, konnten wir da noch nicht wirklich auf der Agenda haben. Aber natürlich war dieser Plan im Hinterkopf schon ein wenig verdrahtet, schliesslich war das eine der "Top 10 of Switzerland"-Klettereien von Urs Odermatt, welche uns im Palmares noch fehlte.

* Hinweis: der Bericht ist für diesen Blog unüblich aktuell, d.h. die Tour liegt erst ein paar Tage zurück. Trotzdem ist er kein Tourentipp für die kommenden Tage. Mit den milden Temperaturen und viel Sonnenschein dürfte sich das Begehungsfenster bereits wieder geschlossen haben. 

Hydrophobia - prominent steht dieses eindrückliche Gemäuer am Wegesrand!

Morgens um 7.30 Uhr beim Parkplatz in Unterschächen stellten wir beruhigt fest, dass wir mit grösster Wahrscheinlichkeit als erstes Eiskletterteam des Tages ins Tal pilgern würden. Nur wenige Minuten leichten Anstiegs auf dem hartgepressten Schlittelweg sind es, bis sich die Hydrophobia in ihrer vollen Pracht präsentiert. Es war nicht üppig Eis vorhanden, laut dem Spurenbild waren vorher wohl nur 1 bis max. 2 Seilschaften geklettert, aber sonst standen alle Zeichen auf grün. Wann also, wenn nicht jetzt?!? Schliesslich wird man nicht jünger, es war einfach genau der richtige Zeitpunkt um es zu probieren. Wenn es sich als zu schwierig entpuppen sollte, dann wäre auch nichts verloren gewesen. In wenigen Schritten ist man von der Strasse am Bach unten. Dieser war nicht gefroren, von Stein zu Stein hopsend gelang uns aber eine Überquerung trockenen Fusses. Um ca. 8.30 Uhr hatten wir alles gerüstet und stiegen ein.

Gewaltige Landschaften - los geht's über den Partisanenweg, die direkte Variante heuer unmöglich.

L1, 40m: Laut Topo wurde auch schon direkt über die steilen Säulen gestartet. Eine davon berührte tatsächlich ganz knapp den Boden - aber dünn, fragil, röhrig und äusserst steil, für unsere Begriffe unkletterbar. Wir hatten aber sowieso einen anderen Plan: im Vorbeigehen hatte ich die Hydrophobia schon vielmals studiert und immer den Einstieg über den Partisanenweg als logische Variante erkannt. Dazu nutzt man rechts eine weniger steile Eisspur und quert dann über einen Balkon zur zentralen Hauptsäule. Das ging super, auch die Querung war einfacher wie befürchtet und liess sich mit Eisschrauben gut sichern. Gut geschützter und einigermassen bequemer Stand in der Nische bei der Hauptsäule.

Die Querung über das Band am Ende von L1 dürfte meistens gut möglich sein.

L2, 20m: Nun würde es steil werden, so viel war schon im Vornhinein klar! Als Linie des geringsten Widerstands entpuppte sich nicht die Hauptsäule, sondern der Vorhang rechts daneben. Was auf dem Foto mickrig-fragil aussieht, nahmen wir vor Ort als solide gewachsen und unbedenklich war. Steile, kompromisslose Moves aus dem Stand raus. Bald einmal lässt es nach, über eine Art Rampe steigt man auf den nächsten Boden aus. Hinter der Hauptsäule durch gelangt man zu einem Stand an Schlingen an einem verklemmten Block. Ein erstaunlicher Ort, de visu von der Gegenseite würde man hier nicht einen solch geräumigen Saal erwarten. Aber genau das ist das faszinierende am Eisklettern - die unglaublichen Orte, an welche man gelangt.

Nicht ganz scharf, aber trotzdem eindrücklich - der Saal am Ende von L2.

L3, 25m: "Noch steiler, noch geiler", müsste man fast sagen. Es war schon im Vornhinein klar, dass diese Passage an der Hauptsäule den Schlüssel zu einer erfolgreichen Begehung darstellen würde. Ob wir es uns wohl zutrauen würden?!? Beruhigend war die Tatsache, dass die Säule selbst am Sockel ~3m Durchmesser aufwies und sowohl am Boden wie auch am Fels sehr solide angefroren war. In Bezug auf die Stabilität der Struktur mussten wir also wenig Zweifel haben. Klettermässig geht's zuerst auf der dem Stand zugewandten Backside in lotrechtem Terrain los. Zum Glück war das Eis kompakt und sowohl gut zu schlagen wie zuverlässig zu schrauben. Die Crux bestand im Wechsel auf die Aussenseite - mir gelang es prima, genau an der richtigen Stelle liess sich ein Gerät supersolide versenken. Senkrecht ging es weiter, dank griffigem Eis und vernünftigen Tritten subjektiv ohne extremste Schwierigkeiten. Es sei aber nicht verschwiegen, dass es an dieser Stelle eine heftige Dusche absetzte! Danach lässt es leicht nach und man erreicht einen logischen Standplatz, wo man sich in eine Nische zurückziehen kann.

Das Pièce de Resistance in L3, ab der Stelle um die Ecke zu klettern war die Crux.

L4, 40m: Von der Nische ca. 15m in einem Winkel noch recht steil, aber aufgrund der Eisqualität und Morphologie sehr gut kletterbar hinauf, wo man in flacheres Terrain entlassen wird. Über dieses mit nochmals einer Stufe an den Fuss des nächsten Abschnitts, wo man links, mittig oder rechts perfekte Standplätze in Nischen antrifft. Hier Schutz zu suchen ist durchaus angenehm, hängen doch oberhalb an der Felsstufe zwei riesige, bedrohliche Zapfen (die zudem spätestens ab Mittag in der Sonne sind!). Wenn man es gescheit anlegt, lässt sich die Zeitspanne wo man sich direkt in Falllinie befindet, stark minimieren. Achtung, es ist sicherlich ratsam, nur bei guten Bedingungen (kein "Zapfen-Abhäng-Wetter") und tageszeitlich früh in die Hydrophobia einzusteigen.

Einen gut geschützten Standplatz zu finden ist das A und O beim Eisklettern (der hier nach L1).

L5, 50m: Gleich über die erste Stufe hinauf, dann führt ein flacherer Abschnitt an das letzte Pièce de Resistance, gebildet von einer 15m hohen, +/- senkrechten Stufe. Hätten wir diesen Teil isoliert bzw. zuerst klettern müssen, so hätten wir davor wohl 3x leer geschluckt. Mit dem Selbstvertrauen der bereits bewältigten Steilabschnitte war's aber keine grosse Geschichte mehr, da es schlicht und einfach weniger kompromisslos, breiter, mit perfektem Eis und gutmütiger Morphologie (Ausspreizmöglichkeiten) aufwartete. Danach legt sich das Terrain zurück, in Genusskletterei klettert man zu gut geschütztem Stand bei einer Nische am linken Rand des Falls.

Am Ende von L5 gibt's noch ein paar einfache Meter, ab da genossen wir den Sonnenschein.

L6, 40-50m: Ab hier kletterten wir nun sogar in der Sonne - man muss sich bewusst sein, dass diese schon anfangs Februar relativ zügig kommt und den letzten Abschnitt intensiv besonnt. Nun, wir waren an einem kalten Tag und früh genug unterwegs, so dass wir uns ohne übermässiges Risiko weiterbewegen konnten. Zu Beginn dieser Seillänge hat es immer noch üppig Eis - dass dieses nicht meterdick vorhanden ist, nimmt man am hörbaren Gluckern des Wassers aber durchaus war. Nichtsdestotrotz, auf den nächsten 40-50m wartet eine fantastische Genusskletterei im WI3-Bereich, die auch perfekt mit Schrauben abzusichern war. Zu berücksichtigen: es scheint sehr verlockend, diese Länge gleich bis zum Ende des Falls durchzuklettern. Ich kann nur davon abraten - unbedingt nochmals Stand beziehen, solange es gute Möglichkeiten gibt und solides Eis hat!

Los geht's, dem Ausstieg entgegen! Start in L6.

L7, 30-40m: In Fortsetzung des vorherigen Textabschnitts... gegen Ende des Falls legt sich das Terrain zwar weiter zurück. Gleichzeitig nimmt die Eisdicke ab, erschwerend lag hier auch noch Schnee (und hier war ganz sicher noch niemand vor uns geklettert). Die letzten zehn, durchaus nicht geschenkten Meter lässt es sich kaum mehr sichern und vor allem bietet sich, wenn man dann einmal oben im "flachen" Gelände steht, auch nicht sofort eine Standmöglichkeit. Daher eben nochmals den dringenden Tipp, die letzte Möglichkeit für einen Stand nach L6 nicht zu verpassen - sonst wird es ungeschmeidig. Die einzig vernünftige Standmöglichkeit nach L7 ist ein grosser, toter Baumstamm ziemlich zurückversetzt im Bachbett (ausreichend lange Schlinge(n) nötig!).

Geschafft! Aber wie beschrieben, am Ende von L7 ist es schwierig, einen Standplatz zu bauen.

Nach L7 (wo wir um 14.00 Uhr nach gut 5:00h Kletterzeit waren) ist fertig, oder auch nicht. Nach ca. 50m Fussaufstieg gibt es nochmals eine Steilstufe, die vermutlich auch schon im Eis geklettert wurde?!? Die dortige Säule war nur in Ansätzen vorhanden, bzw. herumliegende Eisbrocken bezeugten, dass diese wohl schon an den Tagen zuvor abgehängt hatte. Wenig erstaunlich, liegt sie doch sehr sonnig in einem Felsenkessel mit nur wenig Auflagefläche oben - das geht wohl nur sehr selten und bei Top-Bedingungen. Vor allem ist es auch nicht zwingend nötig: man kann hinter dem Säulen-Ansatzpunkt hindurchqueren (das würde man wohl sowieso machen) und dann bequem über ein Band auf's Plateau am Ende gelangen. Noch bequemer bzw. einfacher ist ein anderes Band rechts vom Bach, um auf das flache Gelände oberhalb zu gelangen.

Hier könnte man je nach Bedingungen nochmals ein paar Meter klettern. Alternativ hinter dem Sockel durch und über das nach links ziehende Band zum Ausstieg. Was auf dem Foto nicht zu sehen ist: der Zapfen hat nur einen ziemlich mickrigen Anfrierpunkt am Fels, der Rest hängt frei. Da sehr sonnig, hängt der wohl immer wieder ab.

Ob man dies tun soll oder will, bleibe dahingestellt. Wesentliche neue Einblicke erhält man da nicht. Aber die Möglichkeit für einen Fussabstieg. Mit einer aufsteigenden Querung von ca. 150m erreicht man den Pfad nach Fluerütenen (siehe LK), welchen wir damals als Abstieg vom Krümelmonster benutzt hatten. Ich kann es nur einer akuten, geistigen Umnachtung zuschreiben, oder einer absoluten Vorab-Fixierung auf das Abseilen über die Hydrophobia, dass ich nicht vor Ort, sondern erst jetzt im Nachhinein auf diese Option komme. Der Fussabstieg wäre nämlich sicher schneller und bestimmt auch weniger gefährlich. Die Abseilerei über die Hydrophobia ist zwar schon möglich, aber Bequemlichkeit in Form von fixen Standplätzen gibt es nicht. Oberhalb von L7 haben wir links, günstig gelegen an einem Baum, eine Schlinge mit Maillon gefunden und für eine erste 60m-Strecke genutzt. Danach waren 3x Abalakovs für weitere 60m-Strecken zu schrauben. 

Ja, bei einer Eiskletterei bleibt nicht immer alles trocken - auch die Kameralinse nicht...

Mit Schlinge oder nicht?!? Um Plastikabfall in der Natur möglichst zu vermeiden, wäre ein direktes Fädeln des Partieseils angezeigt. Dass einem dies auch zum Verhängnis werden kann, zeigte uns ein brandneues, in einer direkt gefädelten Sanduhr blockiertes Seil im Bereich von L3. Dieses wäre potenziell ein Vielfaches an Plastikabfall im Vergleich zu einer Abalakov-Schlinge geworden. Wir konnten es jedoch befreien und vor dem Verrotten in der Natur bewahren. Wer mehr dazu wissen muss, darf sich gern bei mir per Mail melden. Wir schliesslich standen wohlbehalten zurück am Einstieg. Total geflasht über den unerwarteten Erfolg machten wir uns auf den Heimweg. Auch wenn es uns deswegen wohl nicht viel öfter an die Eisfälle reichen wird - der Tag hat die Motivation dafür nachhaltig aufgefrischt. Es lohnt sich eben wohl doch sehr, diese Spielart der Kletterei nicht völlig aufzugeben. Es scheint auch so, dass wir trotz inzwischen grossen Pausen zwischen den Touren dank (Fels-)Kletterfitness sowie ausreichend Routine und Erfahrung subito auf einem akzeptablen Niveau klettern können - auch wenn wir mit den Schrauben vielleicht lieber nicht so geizen, wie es die richtigen Cracks tun.

Facts

Brunnital - Hydrophobia (WI6-) - 7 SL, 260m - Dollinger/Rathmayr/Wicki 2000
Material: 2x60m-Seile, Eisschrauben, Material zum Abseilen an Abalakovs

Die prominenteste Linie im Brunnital, ein Highlight der Schweizer Eiskletterei. Wegen der eher tiefen und zudem auch noch nachmittagssonnigen Lage leider in den letzten Jahren nur noch selten in guten Bedingungen. Die schwierigste Kletterei folgt gleich zu Beginn, wo es eine gute Passage durch das Labyrinth von steilen Zapfen zu finden gilt. Hat man die ersten 60m einmal bewältigt, wartet dann noch eine grandiose Genusskletterei bis zum Ausstieg. Ein paar Hinweise:

  • Ab Mittag in der Sonne, früh einsteigen!
  • Eisschlaggefahr durch hängende Zapfen beurteilen
  • Es sind keine Standplätze im Fels eingerichtet, Eigeninitiative nötig!
Hier die von uns gekletterte Linie - die Zapfen wachsen aber jedesmal ein wenig anders!


Mittwoch, 1. Februar 2023

Sparta Fight 2023

Schon seit mehreren Jahren sind wir immer dabei, wenn es "Sparta Fight" heisst. Richtige Routiniers also, und nachdem ich zur Einstimmung meine älteren Beiträge inkl. herziger-"wie die Zeit vergeht"-Kinderfotos angeschaut habe, will ich auch dieses Mal nicht auf eine kurze Berichterstattung verzichten. Sonst verschwindet das irgendwann alles im Nebel des Vergessens. Die ganz kurze Zusammenfassung gleich zu Beginn: der Spasslevel war extrem hoch, die Performance tiptop, gewonnen habe ich aber rein gar nichts 🤷‍♂️

* Alle Fotos in diesem Beitrag sind von Sparta Bouldering bzw. @mediasquad.ch - vielen Dank!

Ob Kuchen, Preise oder die Boulder selbst - es gibt verschiedene Motive, ins Sparta zu gehen!

Wie inzwischen üblich waren die Kinder und Jugendlichen bis U16 bereits am Vormittag dran mit ihrem Wettkampf. Larina benötigte meine Dienste nicht, der Rest der Familie war anderen Destinationen zugewandt, so konnte ich mir zum Tagesauftakt vor dem Bouldern noch einen guten Teil eines Arbeitstags gönnen. Den Herkulis-Athletinnen lief es aber nicht so besonders. Dieses Mal war nicht das jährliche Kletterbreak "schuld", sondern das strenge Aufbautraining für die neue Saison, welches zu einem wesentlichen Teil abseits der Griffe stattfindet. Und wenn tatsächlich geklettert wird, dann in einer Art und Weise, die der 1a-Performance bei einem Boulderwettkampf auch nicht in erster Linie zuträglich ist. Es komme dann schon, so lautet die Devise... 🤞

Larina in #42, Schwierigkeit rot (7A+/7B).

Meine Geduld in dieser Hinsicht war noch nie gross und wird mit dem Alter nicht besser. Darum, wie bereits bekannt und an dieser Stelle beschrieben, reicht mein Vorbereitungshorizont nur gerade bis zur nächsten Session und das Motto lautet "Allzeit bereit!". Natürlich erst recht, wenn ein Sparta Fight auf der Agenda steht 💪. Zu dritt mit David und Viktor reisten wir an, wärmten uns seriös auf um parat zu sein, wenn der Startschuss fiel. Die Zahl der Boulder war mit 43 Stück im gewohnten Rahmen, ebenso war deren Schwierigkeit sehr ähnlich gehalten wie in den Vorjahren. Wie immer in den letzten Jahren gelangen mir alle orangen (6A/6B, 13 Stück) und blauen Probleme (6C/7A, 17 Stück). Über die Position in der Rangliste entscheidet (für mich) aber jeweils die Anzahl der roten Boulder (7A+/7B). Dieses Mal waren es 5 von 10, meine Erfolgsquoten bei den vergangenen drei Austragungen waren 75% (2022), 45.5% (2020) und 50% (2019). Nicht ganz so gut wie letztes Jahr also, aber grosso Modo ähnlich wie in den letzten Jahren üblich.

Das ist Hannah in der supercoolen, schwarzen #13, Schwierigkeit rot (7A+/7B)

Somit platzierte ich mich mit 35t37z auf Rang 21 bei 113 Teilnehmer:innen. Für die Teilnahme am 5er-Final wären 40t41z nötig gewesen. Das ist schon fast eine kleine Weltreise. Bei der kniffligen Platte von #27 war ich einem Durchstieg nahe, auch das Compression-Problem #5 hätte gehen können. Mit diesen beiden zusätzlichen Tops wären die ersten Zehn der Rangliste zumindest in Reichweite gewesen. Mehr als das ist aber unrealistisch, die 6 dann noch verbleibenden Boulder muss ich definitiv als jenseits meiner Möglichkeiten taxieren. Das ist aber kein Grund zur Betrübnis, zu sehen wo man steht und wo noch Ausbaupotenzial besteht ist immer wieder interessant. Zufrieden mit einem sehr ergiebigen Indoor-Bouldertag und dem intensiven Full-Body-Workout verfolgten wir den Final und legten uns nach der Heimreise dann gerne ins Bett und gönnten uns am Folgetag eine gemütliche Session auf den Skis.

Says it all 😋