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Montag, 16. Dezember 2024

Ofen - Pandur (7b+)

Mit dem kürzlichen Wintereinbruch schien die Zeit gekommen, um dem Ofen wieder einmal den typischen Herbstbesuch abzustatten. Mein Geschmack stand auf ein paar Seillängen an steiler MSL-Sportkletterei, und diesbezüglich wird man an der 200m hohen Südwand auf jeden Fall fündig. Zudem war am Ofen das Gelände bereits wieder komplett aper und trocken, was in höheren Lagen wie z.B. den Wendenstöcken noch nicht uneingeschränkt der Fall war. Als Ziel wählten wir natürlich eine Route, welche ich zuvor noch nie probiert hatte - ein paar solche gibt es immer noch. Die Pandur bietet 4 Seillängen an kernigen Moves bis auf das obere Band, von dort stiegen wir über eine Länge der Zabayone und eine vom Einarmigen Bandit zum Top der Wand.

Der Ofen mit unserer Route: Pandur (7b+, rot) mit Ausstieg über je eine Seillänge von Zabayone und Einarmiger Bandit (6c+, 7a+, orange).

Am Ofen gibt's nach vielen Besuchen für uns keine grosses Haareraufen mehr, wenn es um die Tourenplanung geht. Mit der Webcam auf dem Bonistock liess sich zweifelsfrei feststellen, dass alles trocken und (wieder) schneefrei war. Wir planten den Kletterstart auf den Zeitpunkt, wo die Sonne den Wandfuss erreicht: 8.50 Uhr war das bei unserer Tour anfangs der zweiten Septemberhälfte. Um 7.35 Uhr ging's in Turrenbach P.985 los, mit den E-Bikes sehr zügig zum Unter Boden, dann zu Fuss weiter über den ziemlich schlammigen Pfad und zuletzt die steilen Grashänge an die Wand. Gerade eine Stunde brauchten wir dafür, nach einer kurzen Vorbereitung starteten wir wie geplant beim Eintreffen der ersten Sonnenstrahlen mit der Kletterei.

Die letzten Meter vom Zustieg, rechts sieht man die Wand, die gleich fulminant loslegt.

L1, 35m, 7a: Wie im Einarmigen Banditen unmittelbar daneben steckt auch hier der erste BH auf 8-10m Höhe. Natürlich ist die Kletterei einfach, nur Runterfallen wäre sehr ungünstig. Zum Glück hatte Jonas die Keile an den Einstieg getragen. Ich liess sie mir zuwerfen und platzierte einen Rock Nr. 3. Dann geht's los mit der ortstypischen Kletterei an Schlitzen. Oft eher rund, teils sloprig und bisweilen etwas staubig. Wobei, vorerst geht's ganz ordentlich, die Sache spitzt sich erst auf den letzten 15m zu. Zuerst an kleinen Griffen hoch antreten, im Finish dann erst an kleinen Seitgriffen mit einem ziemlich ätzenden letzten Klipp von üblen Slopern.

Von L1 gibt's leider kein Foto, daher dieses Panorama aus der Wand.

L2, 40m, 6a+: Auf dieser Höhe gibt's die coole Backsteinkletterei: quergebänderter Fels mit vielen Henkeln gespickt. Wobei diese im ersten Teil nicht überall präsent sind, da warten ein paar recht knifflige Stellen für den Grad. Mittig gibt's dann einen langen Runout. Einfacher werdend zwar und daher auch ohne Gear machbar, noch besser ist's aber einen kleinen bis mittleren Cam (0.3-0.5) in einen der Schlitze zu versorgen. Das Ende dann betont senkrecht mit Idealhenkeln, aber auch ein paar weiten Zügen. Auch hier gibt's nochmals einen Hakenabstand von 8-10m, wo jedoch kaum gelegt werden kann. Der wird aber Anwärter, die dem restlichen Programm gewachsen sind, vermutlich nicht ins Schwitzen bringen.

Tolle, steile Kletterei - auf den ersten Blick würde man nicht glauben, das sei nur eine 6a+.

L3, 45m, 7b+: Beginnt mit einer kurzen Stufe, dann auf dem Band nach rechts und in etwas brüchigem Gelände einfach hinauf unter das Dach, wo sich ein Zwischenstand befindet. Dieser Abschnitt ist 6a und kann als 15m-Seillänge gemacht werden. Würde ich das nächste Mal wohl so versuchen, denn direkt weiter zu klettern funktioniert zwar, wenn man die Standhaken nicht klippt und unter dem Dach verlängert. Die Seilführung ist zum Freiklettern dann aber echt ein Mist. Ob es denn mit dem Zwischenstand viel besser wäre, bleibe dahingestellt. Potenziell besteht dann das Problem, dass man hart in die zweite Sicherung stürzt und der Sicherungsperson auf die Rübe fällt. Das Boulderproblem am Dach selbst konnte ich mit einem coolen Crossing-the-Midline-Jump lösen. Damit ist es aber nicht geschafft, vom guten Griff ob der Kante ins senkrechte Gelände zu entkommen fordert nochmals... und es kann leider so wie die Haken stecken auch kaum vernünftig ausgecheckt werden. Der Leser wird es ahnen, ich konnte die Stelle leider weder onsight noch rotpunkt (mit Restart vom Zwischenstand) bewältigen - schade! Einmal ob dem Dach etabliert, gibt's dann noch 20m an genialer 6a+ in wendenmässigem Fels mit Schlitzen, Töffgriffen und allem was das Herz begehrt.

Die Schlüsselstelle der Route befindet sich an diesem Dach in L3 (7b+). An den Griff über der Dachkante zu kommen ist das eine (das hier schon gelungen ist). Aus dieser Position noch über das Dach zu kommen ist das andere... wobei einem dann eben noch total nervig das Seil in den Weg kommt. Der BH knapp unterhalb der Dachkante, wo das Seil für den Exit aus dem Dach geklippt ist, befindet sich ungünstig rechts vom Kletterer.

L4, 25m, 7a: Gerade vorher Wenden, hier eher Rätikon. Sprich kompakter, nicht allzu steiler Fels, rau aber eher knapp strukturiert, eher auflegerig. Und selbstverständlich kommt der Fussarbeit eine entscheidende Komponente zu. Dem Gelände und der Art der Kletterei wegen muss man sich hier trotz der an sich sehr guten Absicherung engagieren. Nach 15m ist der Spass vorbei, es geht dann noch 10m über Schrofen gerade hinauf, wo die Route im Prinzip endet. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um noch weiter zu klettern: Wolfsfeder, Schwarz Peter, Zabayone führen direkt von diesem Stand weiter, Game Girl (links) und Einarmiger Bandit (rechts) sind mit kurzen Traversen auf dem Band erreichbar.

Bottom-Shot von L4 (7a), welche mit rätikonmässiger Steilplattenkletterei aufwartet.

L5 (Zabayone), 35m, 6c+: Wir entscheiden uns für die Länge der Zabayone, welche 3m rechts vom Stand hinaufführt. In den 1990er-Jahren hatte ich diese Route einmal komplett geklettert, aber das ist gemessen an meinen Erinnerungen an die Moves schon längst verjährt. Kurz an Leisten unter den Überhang und dann zwar an guten Griffen, aber doch kräftig, dafür gut abgesichert darüber hinweg. Über sehr schönen Querschlitz-Fels klettert man nachher rechtshaltend im 6a-Gelände weiter. Die Absicherung ist eher knapp (es kommen nur noch 2 BH, legen geht auch nicht wirklich). Die Sache ist zum Glück gut kontrollierbar und man tut auch gut daran, die Kontrolle zu behalten. Der Stand dann gemeinsam mit der Wolfsfeder.

Nach dem Ende von Pandur auf dem oberen Band sind wir über Zabayone (6c+) weiter...

L6 (Einarmiger Bandit), 35m, 7a+: Auf die folgende A1-Passage der Zabayone haben wir weniger Lust, also queren wir über die Wolfsfeder nach rechts, in der Hoffnung den Ausstieg vom Banditen nehmen zu können. Diese fetzenscharfe und affengeile Tropfloch-Crimperei kenne ich von meiner Begehung vor 10 Jahren. Und tatsächlich, wenn man die ersten Haken in der Wolfsfeder mit 60er-Alpinexen klippt, geht's wirklich. Damals habe ich berichtet, dass die knifflige Stelle über den Wulst beim Abzweig "gut geht wenn man weiss wie". Vermutlich stimmt das schon, gewusst wie habe ich aber nicht mehr und meine gewählte Lösung ging zwar, aber zu sagen "gut" wäre übertrieben, zäh war's! Einmal in der steilen Wand etabliert, geht's vorerst etwas besser dahin, bevor die Extrarunde rechtsherum am Ende nochmals alles an Haut, Kraft und Fusstechnik fordert. In der Traverse heisst's scharfe Ware krallen und auf kleinen Strukturen antreten, bevor man im Exit noch eher plattig auf die Füsse stehen und die Lösung erkennen muss.

...und haben dann als L6 im Einarmigen Banditen (7a+) geklettert, wo man seine Griffel in scharfe Tropflöcher krallen darf/muss.

Um 13.45 Uhr und damit nach rund 4:50h Kletterei waren wir am Top. Ausser der Dachpassage hatte ich alles senden können (Rest vom Pandur os, Zabayone/Bandit retroflash). Das hatte meinen vollen Einsatz und auch Zeit für die Tüftelei im technischen Gelände plus strategisch eingestreuten Schüttlern erfordert. Wir waren aber voll im Zeitplan für die daheim versprochene Rückkehrzeit. Um nicht doch noch in Verzug zu kommen, fädelten wir das Seil umgehend in den Abseilring und seilten über die Piste in den 5 empfohlenen Manövern an Kettenständen zum Einstieg ab. Auch Abstieg und Abfahrt gingen zügig, so dass wir bald talwärts rollten und pünktlich daheim eintrafen. Ja, Fingerkuppen und Unterarme waren heftig strapaziert worden, aber das war genau nach unserem Gusto gewesen.

Auf dem Heimweg, die Abseilerei verläuft dank der steilen Wand mühelos.

Facts

Ofen - Pandur 7b+ (6c obl.) - 4 SL, 220m - Röthlisberger/Winkler 1991 - ****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams 0.3-0.75

Steile MSL-Sportklettertour mit einigen tollen Seillängen. Der Fels ist wie man es vom Ofen kennt meist sehr gut, ja teilweise fantastisch. Ein paar kurze, einfache und weniger schöne Passagen gibt's auch, ist aber absolut kein Thema. Mit nominell nur 4 bzw. 5 Seillängen bis auf das grosse obere Band wirkt die Route ein wenig anachronistisch. Man kann sich aber problemlos ein 2 SL umfassendes Restprogramm mit Schwierigkeiten nach persönlichem Gusto anfügen, so hat man den Full Value. Laut dem Wandbuch ist die Route aber trotz all diesen lobenden Worten nur selten begangen. Unmittelbar nach der Erschliessung 1991 kamen mehrere Seilschaften pro Jahr, nach ein paar Saisons ebbte dies ab. Seit 2010 gibt es im Schnitt weniger als eine Begehung per Annum. Mir scheint, als ob MSL mit gehobenen Schwierigkeiten, wo man sich auch einmal ein wenig engagieren muss, derzeit nicht sehr im Trend liegen. Wobei der Pandur (dito der Ausstieg über Zabayone & Bandit) an den schweren Stellen sehr gut abgesichert sind. Eine 6c ist zwar obligatorisch, dies aber nicht weit über dem Bolt und bei optimalem Sturzgelände. Nur im einfachen Gelände (Einstieg, L2, unsere L5 von Zabayone) vernimmt man noch vereinzelt den (Absicherungs-)Geist aus dem letzten Jahrhundert mit dem möglichst sparsamen Einsatz von BH wenn auch gerade so ohne geht. Die Dachpassage mit der klettertechnischen Crux geht easy A0. Sie ist auch frei prinzipiell gut machbar, den Durchstieg gibt's aber nicht geschenkt (auch wenn die Route, wie ich erfahren habe, inzwischen eine Onsight-Begehung erhalten hat, bravo!). Topos findet man in diverser Literatur, z.B. Extrem Ost oder SAC-Kletterführer Zentralschweiz, Band Südwest. Sehr hilfreich auch das Online-Topo hier.

Sonntag, 8. Dezember 2024

Skitour Magerrain (2524m)

Die Skitour zum markanten Gipfel des Magerrain (2524m) stand schon lange auf meiner Pendenzenliste. Es handelt sich um den höchsten Kulminationspunkt einer ganzen Gebirgsgruppe im Grenzgebiet der Kantone Glarus und St.Gallen, welcher der weniger hohe aber auch spezielle Spitzmeilen seinen Namen gegeben hat. Die Schartenhöhe vom Magerrain ist mit 357m nicht aussergewöhnlich, mit seiner Dominanz von 8350m liegt er in dieser Statistik aber auf dem respektablen Rang 72 der Schweiz. So erstaunt es denn auch nicht, dass die Tour zu seinem Top ziemlich weitläufig und aufwändig ist, noch dazu erfordert sein bis zu 40 Grad steiler Gipfelhang geeignete Bedingungen. Kurzum, die Verhältnisse müssen einfach passen für diese Skitour und das war an diesem 1. Dezember 2024 nun einwandfrei der Fall.

Diese felsige Burg ist der Magerrain, gesehen aus dem Gebiet der Alp Fursch. Der Berg muss von der Rückseite angegangen werden, auch aufgrund der Wildruhezonen im Murgtal muss man dabei eine ziemlich weite Strecke in Kauf nehmen. Das ist aber für Liebhaber einsamer und weiter Winterlandschaften kein Nachteil, sondern ergibt eine grandiose Tour!

Meine Tour startete um 8.00 Uhr in Unterterzen, von wo ich mich mit den Flumserberg-Bahnen auf den Maschgenkamm gondeln liess. Da im Skigebiet erst Teilbetrieb herrschte, war der für die Touren im Spitzmeilen-Gebiet an sich günstigere Ausgangspunkt auf dem Leist (2222m) nicht erreichbar. Zu meinem Glück war das Trassee des Wanderwegs in der SE-Flanke vom Ziger (2074m) schön hartgetreten. So erreichte ich mit Doppelstocktechnik zügig die Zigerfurgglen und konnte eine erste Abfahrt zur verwaisten Alp Fursch (1792m) geniessen. Dort wurden die Felle ein erstes Mal aufgeklebt und der langgezogene Aufstieg zum Wissmeilenpass konnte um 9.00 Uhr beginnen. Ich war der erste Tourengänger im Gebiet, es lag eine gute Spur, nur herrschte im flachen Gelände der Alp Fursch ein teilweise erstaunlicher Gegenwind.

Im Aufstieg zum Wissmeilenpass (2416m).

Etwas vor 10.30 Uhr hatte ich die Passhöhe (2416m) erreicht und stellte fest, dass auf der Fortsetzung nur mehr eine einzige Spur lag. Nach einer Pause an der Sonne stach ich in die Tiefe. Selbst in dieser sonnigen Südexposition war der Schnee ideal: kompakte Unterlage mit pulvrig-weicher Auflage, der Skigenuss also garantiert. Mit etwas Karten-Engineering fand ich eine gute Linie durch das unübersichtlich coupierte Terrain um den nächsten Anfellpunkt auf ca. 2080m im Guetental zu erreichen (10.50 Uhr) - ein sehr abgelegener Ort: man sieht den Talgrund der noch am schnellsten erreichbaren Zivilisation (das Glarner Kleintal) nicht, es gibt keinen Handyempfang und es wäre dahin auch einfach kolossal weit. Nun denn, ich wollte ja sowieso zum Magerrain und sich isoliert und fernab aller menschlichen Bebauungen zu befinden darf man gerne als Privileg wahrnehmen.

Blick zurück zum Wissmeilenpass (2416m) mit der Abfahrt nach Süden.

Zuerst ging's aufwärts über einen formidablen 250hm-Hang in die Lücke von P.2233, bevor man sich mit Flachlauf und einer kurzen Abfahrt (mit Fellen) dem steilen Magerrain-Gipfelhang nähert. Dieser weist eine Neigung von bis zu 40 Grad auf, den guten Bedingungen sei Dank konnte er aber mit den Ski an den Füssen bewältigt werden. Erst ganz oben war die Gipfelkappe abgeblasen, tiefer lag perfekter Pow, der eine genussreiche Abfahrt versprach. Die letzten 15hm zum Gipfelkreuz waren zu Fuss zurückzulegen, um 11.10 Uhr schlug ich dort an. Während sonst generell sehr milde und angenehme Bedingungen herrschten, war in Kammlage ein deutlicher SW-Wind zu verspüren, welcher einen längeren Aufenthalt am Top wenig angenehm machte. So schnallte ich bald meine Bretter an die Füsse und verschob eine Pause auf tiefere und angenehmere Gefilde.

Im Guetental, auch von hier schlägt man nochmals eine ziemliche Ecke via P.2233 und muss danach nochmals einen Höhenverlust in Kauf nehmen, um den Magerrain mit seinem bereits sichtbaren Gipfelhang zu erreichen. 

Die Abfahrt durch die Gipfelflanke war prima, ein kurzer Aufstieg (ohne Fellwechsel) brachte mich dann zu noch höherem Genuss mit der Abfahrt von der Lücke P.2233. Mehr oder weniger am selben Ort im Guetental wie 1.5h zuvor war erneut Wechselzone angesagt, bevor es bei sehr warmen Temperaturen retour Richtung Wissmeilenpass ging. Hier wurde die Tour aber mit einer Spezialeinlage aufgepeppt. Den eigentlichen Pass (P.2416) liess ich rechts liegen und steuerte eine 300m im NW gelegene Lücke bei Hüenderblänggli an, welche ebenfalls auf P.2416 kotiert ist. Schon damals bei meiner Tour zu Spitz- und Wissmeilen im März 2024 hatte ein Tourengänger eine Linie in deren formidablen, 35-40 Grad steilen Nordhang gelegt (welche mir damals bei LWS 3 reichlich gewagt vorkam). Doch heute war der Tag da, um hier selbst eine Spur in den Schnee zu zeichnen.

Die Gipfelflanke am Magerrain, mit Steilheit von bis zu 40 Grad. Auch später im Winter präsentiert sie sich oft abgeblasen, Lawinengefahr ist wohl seltener eine Problematik wie die Tatsache, dass zu wenig oder nicht genügend guter Schnee zum Skifahren liegt.

Und es war so gut wie erhofft: solide Unterlage mit einer genial zu fahrenden, pulvrigen Auflage. Bessere Bedingungen für ein solches Unternehmen kann man da wirklich kaum antreffen! Bis auf eine Höhe von 2000m war es wirklich absolut erstklassig. Unterhalb spürte man dann die Auswirkungen vom starken Fallwind, der meinen morgendlichen Aufstieg über die Hänge von Fursch gekennzeichnet hatte. Sprich, da war die Unterlage eher auf der verblasenen Seite. Doch immer noch recht gut zu fahren, so war ich bald retour bei der Alp Fursch, von wo es den letzten Hatscher retour ins Skigebiet zu absolvieren gilt. Zwar sind es netto nur 200hm zur Maschgalugga, dafür rund 3km Distanz, welche einfach nochmals etwas Zeit erfordern.

Blick vom Magerrain auf die malerische Hochebene von Oberen Chämm.

Etwas vor 14.30 Uhr war ich dort angekommen und nahm gerne die Gelegenheit war, ein kühles Getränk in meine Kehle zischen zu lassen. Mein mitgeführter Vorrat war längst aufgebraucht und die lange Runde hatte doch einigen Durst ergeben. Danach wartete noch die fünfte und letzte Abfahrt des Tages auf mich. Dies über die Piste nach Tannenboden, was definitiv kein Highlight mehr war. Hart und abgefahren war es, bisweilen sogar eisig. Dazu in einem engen Bereich viele Leute, manche davon von den Bedingungen eher überfordert. Noch dazu alles im Schatten. Tja, auch das läuft unter Skifahren, für die allermeisten ist das sogar der Standard von diesem Sport. So kommt man nicht umhin zu denken "wenn die Leute nur wüssten, was sonst noch so möglich ist mit den beiden Latten an den Füssen", natürlich nicht ohne gleichzeitig froh zu sein, dass sie es eben nicht wissen...

Der tolle Hang von P.2233 hinunter nach Guetental. Die schattseitige Hammerabfahrt von P.2233 liess sich hingegen leider nicht in gebührendem Lichte bildlich darstellen.

Facts

Magerrain ab Maschgenkamm, total 4 Aufstiege und 5 Abfahrten.
Ca. 1700hm Aufstieg und einiges an Distanz, Ski-Schwierigkeit ca. WS+
Normale Skitourenausrüstung sollte eigentlich immer ausreichend sein
Unterterzen - Maschgenkamm, retour Tannenboden-Unterterzen 20.60 CHF mit Halbtax

Dienstag, 3. Dezember 2024

Mit (sub)maximaler Effizienz!

Der Volumen-Fight im Sparta Bouldering & Bar war angesagt. Dies am Freitagabend vor einem strahlend schön prognostizierten Weekend. Für einen Outdoorfreak nicht unbedingt der optimale Zeitpunkt... wenn man solche Events doch nur einfach bis zur nächsten Schlechtwetterperiode aufschieben könnte. Somit haderte ich nicht nur wegen der weiten Anfahrt mit meiner Teilnahme. Andererseits liegt mir die Kletterei an Volumen sehr. Statt rohe Griffkraft und Dynamik ist viel mehr geschicktes Positioning, Vertrauen in die Haftreibung und gefühlvolles Handauflegen an Slopern gefragt. Und da ich noch nie an einem reinen Volumen-Wettkampf teilgenommen hatte, reizte mich die Sache einfach zu sehr. 

Der Kampf mit dem Kühlschrank... oder so! Foto: Sparta Bouldering / mediasquad.ch

Der Deal mit meiner selbst war schliesslich, zuerst von 7-13 Uhr möglichst viel Arbeit mit vollem Einsatz und maximaler Effizienz zu erledigen. Dann würde ich , um die weite Anreise ins Sparta besser zu amortisieren und die Outdoorambitionen ebenfalls zu befriedigen, am Nachmittag noch eine Skitour geniessen. Mit dem Motto ski and bloc hatte ich ja just 7 Tage zuvor gleich doppelt hervorragende Erfahrungen gesammelt. Zwar war der Wintertraum vom vorangehenden Weekend schon längst wieder passé. Tauwetter hatte dem Weiss in den tiefen Lagen längst den Garaus gemacht. Doch dann hatte es wieder abgekühlt, zuletzt war wieder etwas Powder gefallen, welcher seiner Zerpflügung harrte. Als Dessert gäbe es dann abends eben noch die Bouldersession.

Kleiner Spoiler: näher an den Trophäen als so war ich leider nicht, weiterlesen lohnt sich möglicherweise trotzdem 😊. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Halle für die Organisation, die Schrauber für die tollen Probleme, den Sponsoren für die Preise. Mit Unterschrift von Susi Good, die ihres Zeichens einmal Kletterweltmeisterin war. Das weiss heute fast niemand mehr. Und danke natürlich auch allen weiteren Helfern und dem Fotografenteam von mediasquad.ch.

Dass meine Planung auf der (sehr) ambitionierten Seite war, müsste ich wohl nicht explizit erwähnen. Die Arbeitssession lief zwar nach meinem Gusto, doch bis ich alle mir zum unverzichtbaren Ziel gesetzten Tasks erledigt hatte, war es eine halbe Stunde später als geplant. Um 13.30 Uhr klappte ich schliesslich meinen Laptopdeckel zu und fuhr sogleich dem Hüenerchopf entgegen. Aufgrund meines Studiums der Webcambilder ging ich davon aus, per Bike bis auf ~1500m fahren zu können, was eine gemütliche Skitour mit rund 700hm Aufstieg bedeutet hätte. Somit parkierte ich meinen vierrädrigen Untersatz in Mels und radelte dem Schnee entgegen. Schon etwas verblüfft nahm ich zur Kenntnis, dass zwei Tourengänger in Vermol (1098m) eben ihre Abfahrt vom Hüenerchopf beendeten, dies notabene mit den Ski an den Füssen. Dank vorhandener Traktor-Reifenspuren gelangte ich der Strasse entlang noch bis zu P.1219 bei Lutzboden, wo diese endeten. Ab da war es komplett aussichtslos, mit dem Bike noch weiter an Höhe zu gewinnen.

Wechselzone, die Aussichtslosigkeit von weiterem Höhengewinn per Bike offensichtlich.

Somit standen mir auf den Gipfel vom Hüenerchopf doch noch fast 1000hm bevor, zudem war auch die Uhr schon auf 15.10 Uhr vorgerückt. Ein kurzer Check auf der Meteoschweiz-App verriet, dass der Sonnenuntergang bereits um 16.35 Uhr stattfände. Eine Halbstunde danach wäre es zweifellos bereits sehr düster, so dass mir de facto keine zwei Stunden für eine doch respektable Skitour blieben. Um lange zu studieren blieb mir aber erst recht keine Zeit, und so fellte ich nach dem Motto "Gring ache u seckle" los. Trotzdem wurde ich mir subito der exzellenten Bedingungen gewahr. Erst Wärme und Regen, dann Kälte und schliesslich eine Portion von 5-10cm Neuschnee hatten eine prima Unterlage erzeugt. So liess es sich zügig an Höhe gewinnen. Einige Male konsultierte ich auf der Karte meine (Höhen)position und die Uhr. Trotz Puls am Anschlag prozessierte das Gehirn die Rechnung, dass es mir beim Beibehalten des hoch angeschlagenen Tempos noch rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang auf den Gipfel reichen würde.

Viele Fotos habe ich auf der Skitour aus offensichtlichen Gründen nicht gemacht. Als mir bei einem kurzen Blick zurück aber dieses wunderschöne Alpenglühen bewusst wurde, nahm ich mir doch die Zeit, um rasch auf den Auslöser zu drücken.

So war es dann auch, um Schlag 16.30 Uhr hatte ich das Top erreicht. Die Zeit für einen kurzen Rundumblick nahm ich mir noch, dann aber hiess es ritsch-ratsch die Felle ab, Schnallen schliessen, in die Bindung steigen und los. Wie vermutet war das Gelände hervorragend zu befahren - ja selbst im grossen Flachstück bis zum Alpstutzhang konnte dank dem schnellen Schnee mit grossem Genuss gecarvt werden. Der Hüeneri war an diesem Tag nur gerade von 3 Tourengängern besucht worden, so war es auch absolut kein Problem, stets komplett unverspurtes Gelände zu befahren. Wie im weissen Rausch ging es zu Tale, schon um 16.50 Uhr war ich retour beim Bikedepot, von wo im letzten Licht weitere 7km auf zwei Rädern bis zum Autodepot bevorstanden.

Unweit vom Top. Die letzten Sonnenstrahlen treffen auf die Drusenfluh und die Lanciamira im Rätikon.

Wenige Minuten nach 17.00 Uhr dort angekommen konnte ich beruhigt konstatieren, dass mir komfortable Reserven bis zum Start der Bouldercomp um 18.30 Uhr blieben. Dies mit Betonung auf ZEITreserve, wie es mit dem Krafthaushalt aussah, war hingegen eine andere Frage. Dass eine Skitour ein "optimales Aufwärmen" vor einer Powersession am Plastik gelten kann, lässt sich wohl auch höchstens tongue-in-cheek für Hobbyathleten und bei gemässigtem Tempo sagen. Aber das waren jetzt 1000hm mit Vollgas gewesen, dazu noch 700hm mit dem Bike, wo E-Antrieb hin oder her ebenfalls kräftig in die Pedale getreten worden war. Doch nun ohne den Volumen-Fight wieder nach Hause zu fahren konnte es ja auch nicht sein. Somit widmete ich mich erst einem Carbo-Reload, fuhr dann ins Sparta und machte mich sogleich daran, die Muskeln erneut auf Betriebstemperatur zu bringen.

Kletterei auf unterschiedlich ausgerichteten Flächen. Man lese den Text zu Cyclope, Seillänge 5.

Nun ja, beim Bouldern verspürte ich dann schon etwas müde Beine und bestimmt fehlte mir etwas die Spritzigkeit. Aber gerade bei solchen Volumenbouldern sind natürlich in erster Linie die technischen Fähigkeiten ausschlaggebend. Noch dazu ist es ja (im Vergleich zu einer Vollgas-Skitour) eine relativ chillige Aktivität, wo nur ein relativ kurzer Effort gefragt ist und man sich danach bis zum nächsten Go wieder erholen kann. An der Rangliste gemessen war meine Performance zwar nicht so berauschend, aber ob es an der Skitour oder der starken Konkurrenz lag? Wir werden es nie genau wissen, trotzdem sinnierte ich natürlich über die Frage, wie viele zusätzliche Tops mir ohne den vorherigen Kräfteverschleiss gelungen wären. Keines? Oder mindestens eines? Möglicherweise sogar zwei oder drei? Nur eines ist sicher: eine Rolle spielt es absolut keine. Denn im Nachhinein bin ich es mir ganz und gar nicht reuig, zuvor noch die Skitour genossen zu haben. Einzig im Speedmodus hätte diese nicht unbedingt sein müssen... wobei es in Retrospekt auch wieder einmal eine Erfahrung war, das Herz-Kreislauf-System nahe bei den 100% zu betreiben - etwas, was im bequemen Büroalltag-Indoorbouldern-Sportklettern-Modus der kurzen Novembertage ja sonst eher nicht passiert.

Compression, Hüftbeweglichkeit und erst recht das Manteln wurden oft abgefragt.

Donnerstag, 28. November 2024

2*(Ski+Bloc) + Epilog

Nach einem kurzen (W)intermezzo im September ist der Schnee nun im November erneut gekommen, dieses Mal mit einer Dicke von 30cm bis in die tiefsten Flachland-Lagen. Das ergab drei schöne Tüürli in der nahen Umgebung. Dass diese nicht zu viele Höhenmeter aufweisen, gereichte nur zu meinem Vorteil. Denn mit zwei back-to-back Boulderevents am Freitag- und Samstagabend war das Programm ja eh schon reichhaltig gefüllt. Aber deswegen den Schnee einfach Schnee sein zu lassen wäre dann doch jammerschade gewesen.

Tag 1

Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag schneite es ausgiebig, am Freitagvormittag gab es dann ein paar schöne Aufhellungen. Also durfte es wieder einmal der Standard-Aufstieg zum Bachtel sein, wo ich seit über 30 Jahren bei (fast) jeder passenden Gelegenheit meine Spur ziehe. Es ist übrigens schon deutlich merkbar, wie viel Popularität das Skitourengehen erlangt hat. Gab es vor Jahrzehnten noch wenig bis keine Konkurrenz um die schönsten Lines, so war ich jetzt selbst direkt nach dem Schneefall um 8 Uhr morgens nicht einmal mehr für die Spurarbeit zuständig. Wie sich am Gipfel zeigte, waren es zwei alte Bekannte von mir, welche den Job übernommen hatten. Ich wünschte ihnen eine gute Abfahrt, besuchte noch den Turm und fuhr dann auf meiner "Geheimlinie" ab, welche nochmals etwas Wiederaufstieg erfordert. Erstaunt war ich dann, als ich am Parkplatz nochmals meine beiden Jahrgänger antraf. Wegen der Kälte hatte der Funkschlüssel seinen Dienst quittiert - ich kann allen nur empfehlen, sich einmal damit zu beschäftigen, wie man in diesem Fall die Karre öffnet und sie trotzdem zum Fahren bringt. Bis die beiden das vor Ort ausgetüftelt hatten, war eine satte Dreiviertelstunde verstrichen.

Fantastische Stimmung auf dem Weg zum Bachtel am Freitagmorgen.

Mein nächster Programmpunkt bestand aus dem Arbeitstag, welcher hier nicht näher beschrieben werden muss. In freudiger Erwartung machte ich mich dann auf zum Boulderbingo im Griffig. Ein sattes Programm von 50 frischen Bouldern hatten sie uns da an die Wand geschraubt. Das Ganze läuft unter Boulderplausch und nicht unter Wettkampf. Einen gewissen Anreiz, möglichst viele Boulder zu toppen gibt es aber dennoch. Die Bingokarte weist nämlich fünf 9er-Felder auf. Um die Gewinnchancen zu maximieren, mussten also mindestens 45 Probleme erfolgreich gelöst werden. Mir lief es wie geschmiert, sogar in der "Spezialdisziplin" des Alpinkletter-Grufties, den Koordinationsbouldern war ich erfolgreich. Vielleicht war es ja das ausgiebige Aufwärmen am Vormittag gewesen oder der Skischwung half für den richtigen Dreh beim Jump & Swing?!? Jedenfalls konnte ich die mir gesetzte Vorgabe erfüllen und selbst bei den wenigen verbleibenden Bouldern erkannte ich noch die Aussichten auf Erfolg, wenn noch mehr Zeit zur Verfügung gestanden hätte. Vernünftigerweise gab ich dann dem Spiel statt weiterer vertikaler Aktivität den Vorzug. Wobei mir das Spielglück leider überhaupt nicht hold war und der angepeilte Hauptpreis mit der Bouldermatte in andere Hände wanderte. Mit einer Packung Chalk und trotzdem viel Freude im Herzen machte ich mich auf den Heimweg.

Tag 2

Am Bingo wurde es zwar spät, aber für den Samstagvormittag war Wintermärchen angekündigt. Toller Sonnenschein und Pulverschnee bis ans Ufer vom Zürisee. Solche Gelegenheiten kommen nur alle 5-10 Jahre und in Zukunft womöglich noch seltener. Also konnte ich diese Möglichkeit natürlich nicht im Bett verschlafen, sondern machte mich auf die Socken. Das Pflichtenheft für die Tour bestand aus einem Start "ganz unten" und einem schönen Hang mit geeignetem Skigelände. Dieser ward mit Startort Maseltrangen und dem Gipfel der Steinegg identifiziert. Im 2002 war ich das letzte Mal mit den Ski (auf leicht anderer Route) zu diesem Kulminationspunkt unterwegs. Wunderschöne Stimmungen und toller Schnee versüssten den Ausflug. Dass es nur 800hm waren, störte mich keineswegs - denn noch etwas Pfupf für den Abend aufzusparen gehörte sich eh. Und sowieso bin ich - auch wenn hin und wieder eine anstrengend-lange Tour lässig ist - zum Glück nie in den Groove gekommen, den Wert einer Skitour in der Anzahl der Aufstiegshöhenmeter zu messen. Daheim reichte es dann noch, um relaxt die Speicher wieder aufzufüllen und die Beine etwas hochzulagern.

Dass es von ganz unten richtig gut geht in der Linthebene ist mittlerweile ein sehr seltenes Ereignis.
Aber wie man sieht: absolut genialer Schnee, tolle Hänge und keine Spuren. Take your chances!

Das Samstagabendprogramm wurde durch den 3er-Teamwettkampf im Quergang markiert. Hier war ich bereits 2021, 2022 und 2023 am Start. Bei den ersten beiden Austragungen jeweils mit Kathrin und Larina, bis sich letztere im 2023 entschloss, lieber mit ihren fitten Freundinnen aus dem Team als mit den Eltern teilzunehmen. Für die diesjährige Austragung konnten wir aber eine richtige Trumpfkarte in unser Blatt integrieren. Sie bestand aus dem eben 9 Jahre alt gewordenen Bartek, ein absolutes Versprechen für die Zukunft und die derzeit wohl stärkste Nachwuchskraft der Altersstufe U10 in der Schweiz (natürlich haben wir mit seinem Management gleich einen 10-Jahresvertrag abgeschlossen 😁 ).  Trotzdem, gegen die drei U16-Girls (Hannah, Julia, Larina) würden wir wohl einen schweren Stand haben. Aber sowieso galt es, sich erst einmal für den Final in Stellung zu bringen. 29 Probleme standen auf dem Qualiprogramm. Trotz schon etwas Ermüdung in den Knochen lief es mir erneut prima. Selbst die beiden Koordo-Boulder waren ausreichend gutmütig und bei einem Tricky-Move half noch das Reibungsvermögen und die Spannweite mit. So waren bald einmal 26 Tops notiert und mit einem beruhigten Lächeln auf den Stockzähnen konnte den Girls die aufdringlich-nervige Frage gestellt werden "wie viel Tops händ ihr scho?". Die Antwort lassen wir an dieser Stelle offen, jedenfalls qualifizierte sich ihr Team Hokus Pokus Herkulis auf Rang 1 vor unserem Trio Erfahrung und Talent für die Finalrunde. 

Hokus Pokus Herkulis in Aktion (man musste die Boulder nicht simultan klettern 😄).
Links ein funny Shot vom Autor, welcher gerade den Swingjump landet. Der zweite Teil der dynamischen Koordination (rechtes Bild) liess sich für einen alten Felshasen mit gefühlvollem Antreten auf Reibung, schön auf die Hüfte schieben und einer Prise Reichweite auch statisch nach dem Motto "1000x im Rätikon geübt" lösen (und ähm, im Rätikon-Runout gilt das Motto dann umgekehrt). Die finale und entscheidende Crux bei diesem Boulder war jedoch das Top zu matchen, trickreich und mit erspüren der korrekten Body Position.

Auch im Final mussten wir den Girls dann den Vortritt lassen. Natürlich wollten sich die Schrauber nicht mit einem Beta Break düpieren lassen und schraubten die Griffe im Koordinationsboulder ganz sicher ausserhalb jeder vernünftigen Reichweite an. Die absolut verrückte Geschichte ist nun aber die, dass Larina genau diesen zwar offensichtlichen, aber "unmöglichen" Beta Break doch hinkriegte. Mir gelang es aber trotz gut 20cm mehr Spannweite nicht, denn ich konnte nicht genügend gleichzeitige Freiheitsgrade in Hüfte, Wirbelsäule und Schultern an den Tag legen, so dass der Spreiz-Twist-and-Reach-Move im Bereich des Machbaren gelangt wäre (siehe Foto unten). Tja, so kommt die Revanche für die aufdringlichen Fragen dann manchmal schneller, als es einem lieb ist. Jedenfalls, wieder etwas erkannt, woran gearbeitet werden kann. Doch ob die alten Knochen noch einmal schön gummig und geschmeidig werden?!? Man darf es bezweifeln... Nicht bezweifelt werden darf jedoch, dass dies ein absolut toller, spassiger und gelungener Abend war. Viva la vida!

Das ist der im Text oberhalb angesprochene Finalboulder. Eigentlich ein dynamischer Koordo-Boulder, aber man kann's ja mal mit einer statischen Beta versuchen. Doch selbst mit meiner Spannweite war es nicht möglich, beim Abstützen mit rechts an der Wand den Griff links zu erhaschen. Larina hat es mit Lösen der rechten Hand geschafft, was für mich (und weitere Aspirant:innen) absolut unmöglich war. Die rechte Wand ist unbeschichtetes, flitzeglattes Holz, so mit Druck auf dem Fuss Hüfte, Wirbelsäule und Schultern zu drehen: unmöglich. Danach folgte noch böses Leistengeballere, von Mrs. Trickkiste gekonnt mit einem akrobatischen Toehook entschärft. Ich kann euch sagen, da fühlt sich jeder Rätikon-Runout gegen diese Position geradezu harmlos an 🙄😁
Team Erfahrung und Talent. Die Leser wissen bestimmt, wo erstere und zweiteres zu finden ist 😎.

Epilog

Nach dem Teamwettkampf wurde es noch später, immerhin war am Folgetag kein frühes Aufstehen angezeigt. Denn 48h nach dem frischen Schneefall und 24h nach dem Wintermärchen war am Sonntag nur noch Resteverwertung angezeigt. Mit einem gemütlichen Frühstück intus war Larina mit von der Partie, um sich die Beine ein wenig zu vertreten und das doch leidlich sonnige Wetter zu geniessen. Nochmals auf den Bachtel mit den Tourenski sollte es gehen, dieses Mal jedoch auf einer anderen Route auf dessen Rückseite. Lässig war es und nachdem der Schnee bereits im Aufstieg die Konsistenz von Kartoffelstock hatte, konnten wir einen gemütlichen Vesper in der Beiz nehmen und auf die Geschehnisse der vergangenen beiden Tage Rückschau halten. Die einzige Gefahr bestand nur fast darin, dass der Schnee während unserer Mittagsrast bereits schon weggeschmolzen wäre. Ganz so schlimm war es zum Glück doch nicht, einige schöne Kurven später war dieses zweite (W)intermezzo der Saison 24/25 dann aber doch Geschichte.

Sonntag, 17. November 2024

Horefelliflue - Mastermind (6b+)

Die Horefelliflue ist eine 350m hohe, eindrückliche Wand mit grossen, glatten Plattenschüssen in der Voralp, einem Seitental der Göschenernalp. Schon verschiedentlich hatte ich dieses verlockende Gemäuer bestaunt, das erste Mal als wir vor 25 Jahren durch die Spicherribichelen aufstiegen, um die Via Hammerbruch am Salbit Westgratturm 2 in einer Tagestour zu klettern. Später dann auf alpinen Skitouren wie dieser oder jener. Schon immer hatte es mich sehr gereizt, durch diese Wand zu steigen. Genauso erging es den Pionieren der ersten Freiklettergeneration, die hier in den 1980er-Jahren einige Routen erschlossen. Zeitgenössisch wurden diese spärlich ausgerüstet, 35 Jahre Korrosion hatten irgendwelchen Ambitionen erst recht einen Dämpfer versetzt. Doch dann drang die Kunde an mein Ohr, dass die Route Mastermind im 2020/2021 saniert worden sei. Das klang wie Musik in meinen Ohren. Schliesslich kam der Tag mit einwandfreiem, mildem und sonnigem Herbstwetter, der uns ins Voralptal aufbrechen liess. Für diese Jahreszeit eignet sich die exakt nach Süden ausgerichtete Wand perfekt. Wir genossen viel Ruhe und Bergeinsamkeit im abgeschiedenen Tal, ein geschenkter Tag!

Der Blick auf die gewaltige Wandflucht der Horefelliflue mit dem Verlauf der Route Mastermind.

Unsere Tour startete um 10.15 Uhr (Sommerzeit) bei der Voralpkurve (1402m). Man könnte in der zweiten Oktoberhälfte vermutlich auch schon eine Stunde früher losgehen und wäre nicht zu früh dran, was für uns organisatorisch aber nicht möglich war. Larina setzte sich an die Spitze und wir liefen in sehr zügigem Tempo die Kehren durch den Wald hinauf, mit flüchtigen Blicken auf die Sandbalm, wo wir ja auch schon tolle Klettererlebnisse (z.B. 1,2) hatten. Nach und nach öffnet sich das Tal und wird flacher. Ziehen erst einige durch Urner Kletterer erschlossene Wände die Aufmerksamkeit auf sich, so rückt nach einer Weile die Horefelliflue in den Fokus. Es lohnt sich aber, geduldig zu bleiben und bis zu den Gebäuden der Alp Horefelli zu wandern. Erst dort strebt man dem Wandfuss entgegen, wobei sich auf der logischen Linie eine gute Pfadspur präsentiert. Nach gerade einer guten Stunde waren wir bei sehr angenehmen Klima am Einstieg. Im Bereich von Mastermind starten drei Routen. Links die Knecht Klemenz, welche mit einem eingemeisselten "KK" markiert ist, mittig die von uns angepeilte Tour und rechts ein Projekt, welches zur Zeit noch nicht ganz fertiggestellt ist. Wir rüsteten uns für die verlockende Kletterei und stiegen um 11.45 Uhr ein.

Herrliche Herbstwanderung durchs verlassene Voralptal. Am linken Bildrand der Schijenstock, wo ich dereinst meine allererste Klettertour auf einen 3000er hatte erleben können. In Bildmitte das Sustenhorn mit seinem Ostgrat. In der rechten Bildhälfte die Felsen bei Mittwald, wo auch einige Routen erschlossen wurden.

L1, 35m, 9 BH, 6b+: Der erste Bolt steckt erst auf ca. 10m Höhe oberhalb vom kleinen Dach. Der Vorbau darunter ist zwar nicht sehr schwierig, aber Konzentration ist trotzdem nötig. Hat man geklippt, so geht's gleich los - das Dach an Seit- und Untergriffen zu überwinden ist die Crux, gleich mal ordentlich knifflig und ohne Vertrauen in die Haftreibung geht's nicht! Auch danach bleibt's anhaltend fordernd, die vielen Käntchen, Dellen und Leisten wollen in eine Sequenz eingeordnet werden und es gilt die Optimallinie zu erschnüffeln - wirklich hervorragender Klettergenuss, genial! Der Stand dann mitten in der plattigen Wand ziemlich unbequem.

Wunderbar strukturierter Fels in L1 (6b+), eine sehr lässige Kletterei!

L2, 35m, 9 BH, 6a: Ähnlich wie die erste Länge aufgehört hat geht es weiter, nämlich mit anregender Plattenkletterei, die einen wachen Geist und solide Fusstechnik erfordert. Mit einem Rechtsschlenker erreicht man dann aber eine Rippe, wo man zügiger Voranschreiten kann. An deren Ende geht's mit einer gängigen Linksquerung zum Stand, der sich kurz vor der ansetzenden Verschneidung befindet und leider auch nicht mit allzu viel Bequemlichkeit auftrumpfen kann.

Chillige Linksquerung am Ende von L2 (6a), davor gibt's aber feine Plattenmoves!

L3, 40m, 10 BH, 6b: Um die Ecke und die Verschneidung hinauf heisst's erst, für die ersten 10-15m ist das nicht sonderlich schwierig. Ab dieser Stelle würde die Verschneidung dann sogar noch einfacher, aber eben auch gemüsig und unschön. Somit führt die Route kühn nach links in die Plattenwand hinaus. Bald einmal sind gewagte Moves nötig - die Absicherung ist zwar super, aber trotzdem einigermassen zwingend und ohne am (gefühlten?!?) Limit auf Reibung anzutreten und mit den Fingern auf kleinsten Unebenheiten für Stabilität beim Aufrichten zu sorgen geht's nicht. Wow, das mit den Schuhen aus den 1980ern, nur mit dem Handbohrer und bei damals deutlich weiteren Abständen - Chapeau an die Erstbegeher!?! Das Finish dann mit ein paar griffigen Schuppen gut machbar, der Stand etwas angenehmer als gehabt, aber auch keine bequeme Ruheoase.

Blick das Voralptal hinaus, selbst im späten Herbst geniess man hier noch viel Sonne!

L4, 40m, 12 BH, 5c+: Um die Ecke geht's auf die verblüffende, sich diagonal nach links ziehende Rampe. Vorerst turnt man am Verschneidungsriss zügig und sehr genussvoll in die Höhe. Hat man nach 30m das Ende erreicht, so sieht ein System von griffigen, jedoch teilweise etwas hohl tönenden Schuppen weiter hinauf. Da muss man sich das eine oder andere Mal noch geschickt positionieren oder etwas kräftiger ziehen. Und wie fast schon befürchtet, bequem ist auch dieser Stand nicht.

Kathrin und Larina schreiten über die schöne und verblüffende Rampe in L4 (5c+).

L5, 40m, 14 BH, 6a+: In anregender, reibungslastiger Wandkletterei an Strukturen und Schuppen klettert man hier auf dem Pfad eines 'S' durch die Wand. Die Bolts stecken zahlreich, es geht mal links, mal rechts. Am oberen Ende des 'S' behält man dann die Richtung und am besten auch den Schwung bei, folgen nun doch die schwierigsten Moves an einer dünnen Rissspur - wo Reichweite vermutlich keinen Nachteil darstellt, denn ich fand es chillig, aber Larina meinte es sei taff. Schliesslich erreicht man um die Ecke eine Rampe mit etwas grasigem Fels, steigt diese ca. 8m in einem Runout hinauf und findet den wirklich maximal unbequemen Stand rechts um die Ecke. Zu erwähnen ist auch, dass hier vorbeugende Massnahmen gegen den Seilzug (lange Exen, Halbseiltechnik) sinnvoll sind.

Blick aus der Wand auf's Sustenhorn - diese Herbsttage sind schon einfach fantastisch!

L6, 40m, 14 BH, 6b: Da hat die Route noch einmal etwas zu bieten! Los geht's mit schöner Wandkletterei, wobei man oft nach links offene Schuppen greift, die manchmal etwas fragil sind - mit einem wachsamen Auge aber kein Problem. Um die Ecke geht's auf eine geneigte Plattenzone, jenseitig dann an einer Rippe die steile Wand empor. Das wird durch den abschüssig-glatten Fels subito knifflig, ist aber eine echt coole Bewegungspassage! Hier habe ich mich aber gefragt, ob der Originalparcours nicht dem Riss unter dem Dach entlang führte?!? Leider ist das Topo im SAC-Führer Urner Alpen 2 so vage, dass wohl nur die Erschliesser eine Antwort geben können. Jedenfalls, hat man den Ausläufer des Dachs erreicht, so heisst es scharf nach rechts abzubiegen und mit einem Hangelquergang an Leisten den Stand zu erreichen. Auch in dieser Länge heisst es, sich nicht mit Seilzug auszubremsen und die Standbequemlichkeit war leider auch hier nicht so, wie wir es uns gewünscht hätten.

Kathrin noch in der Wandpassage, Larina quert über die geneigte Plattenzone in L6 (6b).

L7, 45m, 10 BH, 5c+: Erst geht's in der rechten Wand hinauf (unschwierig), dann überquert man den markanten Riss und steigt an Schuppen und Rissen steiler hinauf, wo man dann für die 5c+ schon noch auf seine Kosten kommt. Die letzten 10m legen sich zurück und man erreicht (endlich!) einen richtig bequemen Rastplatz, wo sich das bei der Sanierung gelegte Routenbuch befindet. Auf dieser letzten Seillänge ist der Fels teilweise etwas mit Flechten überzogen und nicht mehr ganz so schön wie zuvor. 

Larina auf der Zielgerade in L7 (5c+), der Schatten ist inzwischen an den Wandfuss vorgerückt.

Erst kurz vor Schluss der letzten Länge nimmt man aber wahr, dass man nicht den Gipfel erreicht, sondern die Route an einem gratartigen Vorsprung endet, der hinten in einer Schlucht abbricht. Zwar wäre es sicher möglich, noch weiter zu steigen, wegen Grasbändern und inhomogenen Anforderungen sieht's aber tatsächlich nicht mehr lohnend aus. Die Uhr war auf 16.30 Uhr vorgerückt, somit hatte uns die Route gute 4:30 Stunden anregend beschäftigt. Mir war eine komplette Onsight-Begehung gelungen. Man könnte meinen, die sei ein Umstand, der bei einer so tiefen Bewertung kaum der Rede wert ist. Subjektiv ist das aber nicht der Fall, in L3 (6b) musste ich definitiv Moves am Limit ausführen. Gut, Granit ist immer etwas speziell, in etwas griffigerem Gelände empfinde ich ähnliche Emotionen in Bezug aufs Gelingen oder nicht üblicherweise etwa zwei Buchstabengrade höher - was jetzt aber nicht heissen soll, dass die Route dementsprechend aufgewertet werden muss... nur dass sie für Kletterer auf meinem Niveau eine durchaus spannende Beschäftigung bietet.

Top erreicht, Routenbuch natürlich beschrieben - Aufkleber und Initiative lehnen übrigens die Massentierhaltung ab, auch wenn's auf den ersten Blick einen anderen Eindruck machen könnte. Aufkleber hin, Aufkleber her, das Stimmvolk hat die Initiative später dann sowieso versenkt.

Uns blieb noch eine Viertelstunde, um die letzte Abendsonne geniessend am Routenende über solche Fragen zu philosphieren, einen Vesper zu geniessen und den Eintrag im Buch zu machen. Seit der Sanierung Anfang Juli 2021 waren wir erst die vierte Seilschaft, die sich eingetragen hatte. Aber ich bin mir sicher, es werden noch viele weitere folgen, denn die Route verdient einen Besuch auf jeden Fall! Der trockenen Luft wegen sanken die Temperaturen beim Verschwinden der Sonne sofort markant. Zeit also, um die Seile auszuwerfen und in die Tiefe zu gleiten. Da die Wand nicht viele Bänder aufweist, geht das recht zügig vonstatten. Aufgrund der langen Seillängen muss man nach dem routenunabhängigen Abseilstand zu Beginn jede Station nutzen, nur am Ende reicht mit 60er-Stricken schon das sechste Manöver auf den Boden. Dort packten wir flugs unsere Sachen und liefen der Voralpkurve entgegen. Nach einer knappen Stunde waren wir da und setzten uns... in den Kühlschrank. Gerade mal 2 Grad versprach die Anzeige - verrückt nach diesem genussvollen Tag an der Herbstsonne!

Facts

Horefelliflue - Mastermind 6b+ (6a+ obl.) - 7 SL, 275m - Binsack/Lötscher/Meier 1986 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 15-16 Exen (ca. 6 verlängerbare), Cams/Keile nicht nötig

Sehr schöne Kletterei in meist bestens strukturiertem Granit, der v.a. in den unteren Seillängen etwas an das Gestein in Ailefroide erinnert. Auch wenn natürlich das Antreten auf Reibung einen wichtigen Aspekt ausmacht, so klettert man oft auf Steilplatten, wo auch Leisten und Aufleger bedient werden müssen. In den oberen Längen gibt's dann auch athletischere Passagen, wo man an Schuppen herzhaft ziehen darf. Die ursprünglich spärliche und veraltete Absicherung wurde im 2020/2021 durch Silvia Kempf und André Arnold komplett saniert, vielen herzlichen Dank dafür! In L1-L3 trifft man nun auf prima MSL-Absicherung, wobei richtigerweise immer noch der eine oder andere Schritt auf Reibung zwischen den Haken nötig ist. Die oberen Längen sind spürbar üppiger saniert, wobei mich die Haken manchmal etwas inhomogen verteilt dünkten. Mobile Sicherungen sind nicht nötig, sowieso gäbe es in der oft kompakten Wand kaum Placements dafür. Ein rudimentäres Topo zur Route gab es dereinst im SAC-Führer Urner Alpen 2, prima ist hingegen jenes vom Sanierungsteam - besten Dank auch dafür!

Samstag, 9. November 2024

Teufelstalwand - Im Zeichen der Freundschaft (6b+)

An der Teufelstalwand habe ich in früheren Jahren schon einiges erlebt: spannende Momente beim Abseilverhänger auf dem Weg ins Pissoir du Diable (6b), Top-Genusskletterei in Alpentraum (7a) und Wilde 13 (7b), sowie auch einen Tag mit minimalstem Kletterflow in der Laura (7a trad) - davon gibt es nicht einmal einen Blog. Bisher ausgelassen hatte ich den viel frequentierten, grossen Klassiker der Wand, die plaisirmässig eingerichtete Im Zeichen der Freundschaft (6b+). An diesem wunderbaren Herbsttag lag eine grössere und schwierigere Tour aber nicht drin. Sprich es war genau das richtige Ziel, um mit Guido die Sonne zu geniessen und sich in der Vertikale zu betätigen.

Der Blick von der Abseilstelle auf die Teufelstalwand, welche auf dem Foto jedoch nicht ganz Platz hat. Die abgebildete Routenlinie startet im letzten Drittel von L2. An diesem fabelhaften Gemäuer gibt es derzeit rund 10 verschiedene MSL-Routen.

Nachdem erst noch meine Expertise an einigen Online-Meetings gefragt war, startete unsere Tour um 9.25 Uhr (Winterzeit) beim Nätschen P.1843 vor dem Fahrverbot. Mit dem löhnen einer Taxe von 30 CHF (zahlbar per Twint) könnte man zwar noch bis zum Ober Teufelstalboden (ca. 2030m) fahren. Das spart aber nur unwesentlich Zeit und Effort, so dass wir gerne darauf verzichteten. Wir nahmen den direkten Weg durch den Wald und standen nach 30 Minuten Gehzeit bei der Abseilstelle ins Teufelstal. Für die erste Strecke mussten wir am eigenen Strick abseilen, für die folgenden beiden war ein Fixseil vorhanden. Dessen Zustand kann man als 'gut gebraucht und etwas angewittert' taxieren. Trotzdem aber noch safe und eine elegante Möglichkeit, um Zeit zu sparen und vor allem (!) das Risiko des drohenden Seilverhängers auf dem zweiten Abschnitt zu minimieren.

Spannende, wohl nicht für die Ewigkeit gemachte Formation rechts in der Teufelstalwand.

Den Bach im Teufelstal kann man einfacher gleich nach dem Abseilen überqueren. Jenseitig geht's dann kraxelnd in steilem Schrofengelände (T5) aufwärts zu einem Fixseil, welches gerade hoch in die Wilde 13 (7b) führt. An geeigneter Stelle quert man nach rechts und trifft wieder auf Fixseile, die zuletzt links hinauf zum nicht (mehr) näher bezeichneten Start von Zeichen der Freundschaft führen. Vorausgehend wählte ich die weniger empfehlenswerte Option, erst (im Aufstiegssinn) noch 100m rechts vom Bach zu gehen und ihn erst oben bei einer Verflachung mit roter Farbmarkierung am rechten Ufer zu überqueren. Übers Wasser zu kommen war weniger das Problem wie sich andersseitig im Fels zu etablieren. Die Fixseilinstallation ist da beschädigt und ausgerissen und die glitschig-glatte, wasserüberronnene Granitplatte konnte ich erst bewältigen, nachdem ich eine Bachstauung errichtet hatte, welche das Wasser ein wenig umleitete. Item, um ca. 10.40 Uhr starteten wir mit der Kletterei. Die ersten 1.5 Seillängen lagen noch im Schatten, was Ende Oktober auch so bleibt.

L1, 5c+, 30m: Mit sich gemütlich an den Fels gewöhnen ist nicht viel los. Eine Passage zwischen zwei Schuppen erfordert bald einmal zupacken und auf die Füsse stehen. Den Grad 5c+ erreicht man da gut und gerne. Möglicherweise gilt der so nur, falls man diese Passage links im Schrofengelände umgeht. Die obere Hälfte dann einfacher in einer Verschneidung.

L2, 6a, 30m: Kurz nach links rüber, dann in einer etwas glatten Verschneidung aufwärts. Pas si facile que ça, am ersten Bolt vorbei muss man doch sauber antreten und sich gewählt bewegen. Wenig später erreichten wir die Sonne und konnten das Finish geniessen, welches sich in einer leistengespickten Wand rechts einer Verschneidung abspielt.

Griffige Wandkletterei neben der Verschneidung am Ende von L2 (6a).

L3, 6a+, 35m: Aus schön wird noch schöner! Diese Seillänge trumpft mit einer absolut genialen Piazverschneidung auf. Weil der Riss im Grund stets schön scharf geschnitten ist und für die Füsse zwar nicht üppig, aber doch regelmässig etwas Struktur da ist, geht das ziemlich kommod. Auch zum Ende der Seillänge wartet noch Spezialprogramm: eine Passage, die zwischen breiter Riss und Kamin einzustufen ist, will in geschickter 3d-Kletterei bezwungen werden. Immerhin, die Rettungshenkel sind nicht weit weg.

Der Kamin am Ende von L3 (6a+) bietet eine lässige 3d-Kletterei.

L4, 6b+, 25m: Für Riss-Liebhaber ist dieser Abschnitt sicher das Prunkstück der Route. Der bouldrige Auftakt ist noch eher wandartig und erfordert zwei kräftig-weite Moves mit hohem Antreten an Schuppen. Dann folgt der fabelhafte Splitter Crack in orangem Fels. Gibt es wirklich Leute, welche dies auf der rechten Aussenseite piazen?!? Selbst ohne beides ausprobiert zu haben: straight-in mit Klemmtechnik ist ganz bestimmt viel einfacher - auch wenn der Riss breit, ja teilweise sogar offwidth, sprich zu breit für die breite Faust und die Füsse ist. Mit etwas Kreativität gibt's aber immer eine Lösung.

Prunkstück der Route: der fantastische Splitter Crack in L4 (6b+), mit Tiefblick ins Teufelstal.

L5, 6b, 25m: Eine eher kurze Seillänge, welche vom Stand nach rechts führt und dann ein paar kräftige Moves in Gegendruck-Kletterei an Schuppen verlangt. Im zweiten Teil geht's dann etwas gemächlicher zur Sache. Mit einem Blick auf den eher unbequemen Stand, die verbleibenden Expressen am Gurt und einer weiteren kurzen Länge am Horizont zog ich gleich weiter. Das (50m-)Seil reicht gut, dennoch wegen fehlendem Sichtkontakt und den nötigen Vorbeugemassnahmen gegen die Seilreibung nur etwas für Experten. Wenn man alles mit kurzen Exen klippt, so sind ca. 20 Stück notwendig und der Seilzugtod gewiss.

L6, 5c+, 20m: An einem Riss geht's um die Ecke, wo man einen breiten Graskanal erreicht. Traditionell und möglicherweise auch am einfachsten würde man sich in diesem in die Höhe arbeiten. Das ist jedoch weder elegant, angenehm noch schön. So überquert die Route den Graskanal und findet in der rechten Wand ein paar gute Leisten und Schuppen, wo es sich genussvoll Höhe gewinnen lässt. Der Stand dann wieder links vom Graskanal.

Die erste Episode vom breiten Riss bzw. Graskanal in L6 (5c+). Man kann aussen bleiben...

L7, 5c+, 25m: Dieser Abschnitt folgt nun dem Graskanal. Dank der sehr guten BH-Absicherung kann man guten Gewissens aussen bleiben und alles spreizend bewältigen. Auf diese Art und Weise geklettert, eine echt spannende, aussergewöhnliche und lässige Kletterei. Bestimmt kann man auch durch den Kanal rampfen... jedem das Seine! Zum Ende geht man noch kurz auf die linke Seite, bald kommt schon der zwischen den Zacken versteckte Stand.

...oder das Ganze eher im Inneren bewältigen. Das hier ist der zweite Teil in L7 (5c+).

L8, 6a, 25m: Dieses Teilstück empfand ich als die am wenigsten schöne Sequenz der Route, sie hat mehr den Charakter von einem Überführungsstück. Erst griffige Wand, dann kurz knifflig rechts raus, über eine Platte rechts einer Schuppe und durch die Büsche zurück nach links zu Stand auf bequemem Plateau. Die 6a-Bewertung meines Erachtens im Vergleich zu L1, L2, L6 und L7 zu hoch.

L9, 6a+, 30m: Laut diverser Internetberichte sollte diese Seillänge ähnlichen Charakter aufweisen wie die vorangehende. Und da uns diese ja nicht so gefallen wollte, war das nicht unbedingt eine gute Nachricht. Die Realität zeigte dann zum Glück ein anderes Bild. Ähnlich ist es vielleicht in der Hinsicht, dass es auch keine markanten Risse, Kamine oder Verschneidungen gibt und plattig-wandiger Charakter vorherrscht. In L9 ist die Kletterei aber echt cool und elegant, die Felsstruktur super.

Tolles Ambiente und Kletterei in L9 (6a+).

L10, 6b+, 30m: Nun folgt noch die Krönung. Schon bei der Begehung der Wilden 13 (deren Stand sich 2m links befindet) hatte ich die Idealverschneidung mit ihrem steilen Untergriffausstieg sehr gelockt. Doch jetzt war es soweit. Los geht's noch gemütlich über ein Podest, dann ermöglicht ein Blade in der linken Seitenwand der Verschneidung erst kommodes Fortkommen. Doch der Dettling-Antistyle kommt: kompromissloser Piaz in der Verschneidung, wo man nun nicht mehr nach Belieben die Finger bis zum Anschlag im Riss versorgen kann. Teils muss man weniger tiefe Griffe nutzen, oder dann sind die guten einfach weit auseinander. Auch die Füsse sind nicht immer super. Doch summa summarum, in einer 6b+ mit optimaler BH-Absicherung fiel mir noch leicht, was bei Trad-Absicherung und einer propagierten 6c+ schon eine Challenge wäre (selbst wenn der Fels exakt derselbe wäre). Dass man hier angriffig, voller Vertrauen und ohne mit Gear zu fummeln steigen kann, macht halt einen riesigen Unterschied. Jedenfalls, im Winkel am Ende der Verschneidung kann man nochmals kurz Luft holen, bevor zuletzt geprüft wird, wie viel Strom noch im Akku ist. Mit kräftigen Gegendruckzügen heisst es an der Untergriffschuppe für Fortschritt zu sorgen, bevor man um die Ecke biegt und über eine kurze, griffige Zielgerade das Top erreicht.

Da wartet L10 (6b+) noch auf Action. Podest, Blade, Piaz und Untergriffschuppe, so das Programm.

Ein paar Minuten vor 15.00 Uhr und damit nach rund 4:15h Kletterei waren wir mit einer (meinerseits) perfekten Begehung da. Die Bedingungen waren wirklich top gewesen: angenehm warm aber nicht heiss, ideal um sich die Herbstsonne auf den Pelz scheinen zu lassen. Ich blätterte ein wenig im Wandbuch, welches die Popularität der Route bezeugte. Im 2024 waren uns schon ca. 50 Seilschaften zuvorgekommen, an guten Weekend-Tagen treten meist mehrere Teams an. Gemütlich rollten wir unsere Seile auf und machten uns dann auf den Rückweg. Hinauf entlang der Fixseile, queren und kurz abkraxeln, dann der Strasse entlang zurück nach Nätschen, wo sich um 16.00 Uhr der Kreis schloss. Wir rollten talwärts ins neblige Unterland, wo uns auch schon bald die Dunkelheit einholte. Schon verrückt, dieser Herbstkontrast zwischen wohlig-sonnig-lichtdurchfluteter Atmosphäre oben und der feucht-dunklen Tristesse unten. Aber wir konnten sehr zufrieden sein, dass die Route zwischen meinen morgendlichen Meetings und Guidos abendlicher Probe Platz gefunden hatte und wir so den wundervollen Tag gebührend nutzen konnten.

Facts

Teufelstalwand - Zeichen der Freundschaft 6b+ (6a+ obl.) - 10 SL, 275m - *****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Exen, Cams/Keile nicht nötig

Kurzum, sicher eine der besten und beliebtesten Granitrouten dieses Schwierigkeitsbereichs in der Schweiz. Die vielen begeisterten Begeher bezeugen dies absolut und die Kletterei ist einer Via Hammerbruch am Salbit auch durchaus ebenbürtig. Zudem gibt es das Ganze mehr oder weniger talnah. Wobei man den Aufwand ins Teufelstal zu kommen nicht unterschätzen darf und das Gesamtunternehmen mit den ungünstigen Rückzugsmöglichkeiten doch nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Die Route ist trotz zahlreicher mobiler Möglichkeiten komplett und sehr üppig mit rostfreien Bohrhaken ausgestattet und hat dadurch klink & go Charakter. Ganz alle Stellen kann man aber (vermutlich) doch nicht mit Hakenhilfe entschärfen, eine 6a+ mit der Verpflichtung etwas abschüssig auf die Füsse zu stehen dürfte trotzdem obligatorisch sein. Die Route ist in diverser gedruckter Literatur beschrieben, sehr hilfreich auch die Übersichtsseite von MyBergtour.