Nachdem wir am Samstag davor noch bei sommerlicher Wärme am Klausenpass am Fels gewesen waren, folgte in der Woche darauf ein massiver Kaltlufteinbruch mit Schneefall bis unter 1000m, ein aussergewöhnliches Ereignis für die Jahreszeit von Mitte September. Wie meine Analyse mit Schneestationen und Webcams zeigte, war oberhalb von 1400m eine sehr solide Schneedecke vorhanden. Nachdem auch noch ein sonniger Sonntag mit einer klaren Nacht davor angekündigt war, so gab es keine Zurückhaltung mehr. Die Skiausrüstung wollte aus dem Keller geholt werden, weniger als 4 Monate nachdem sie dort verstaut worden war.
* Aus Gründen der Aktualität folgt hier nun zuerst dieser Bericht, bevor es dann wieder chronologisch weitergeht mit weiteren Kletterblogs aus den Sommerferien, sowie tollen MSL-Routen und Neutouren aus der Schönwetterzeit unmittelbar danach.
Sicht von der Kapelle (ca. 1600m) auf (v.l.n.r) Fidisberg, Pfannenstöckli, Rütistein und Twäriberg. |
Bei der Planung galt es, sich eine gute Strategie zurechtzulegen, bzw. den Sweet Spot für die Tour zu finden. Naturgemäss war es in den höheren Lagen kälter gewesen und hatte etwas mehr Schnee gegeben. Dafür ist dort das Gelände rauer und steiniger, so dass es auch deutlich mehr davon braucht, um gut touren zu können. Meine Überlegungen konvergierten schliesslich zum Ybrig: das erforderte keine weite Anreise, mitunter war da am meisten Schnee gefallen und der Wiesenuntergrund im Gebiet der Druesberghütte versprach minimal holprige Tourerei.
Impressionen vom Weg zum Schnee. |
Den Rütistein und einige Konsorten (Piet, Pfannenstöckli) hatte ich bisher erst ein einziges Mal besucht. Das war noch ganz zu Beginn meiner Tourenkarriere vor über 30 Jahren gewesen. Seither hatte mich das Gebiet nicht mehr stark angezogen. Die Gipfelregionen müssen zuerst mit einem Waggel über Pisten und Wege erreicht werden, der Start aus dem schattigen Weglosen-Kessel dünkt mich im Winter eher bedrückend, noch dazu der dortige Andrang mit dem Skigebiet, gemixt mit dem für Tourengänger unsympathischen Parkregime - naja. Die erwähnten Pisten resp. Strassen sollten mir nun aber zum Vorteil werden, konnte doch mit dem Bike bequem zum Schnee gefahren werden. Das Zweirad diente dann auch gleich noch als "Stinkefinger für die Parkplatzabzocker", um es mit dem auf Social Media erlernten Vokabular auszudrücken.
Erstes Weiss am Boden auf ca. 1100m, dazu der Blick auf Fidisberg, Schülberg, Pfannenstöckli, Rütistein und Twäriberg. |
Jedenfalls, ich startete in Unteriberg, zuerst mit einem Einrollen bis Weglosen, dann steiler bergan in Richtung vom Chäserenwald. Ab ca. 1200m lag Schnee, ab 1300m so viel, dass man selbst im Wald auf dem Trassee mit den Ski hätte gehen können. Nachdem die Strasse aber mit PWs befahren worden war, konnte ich in den festgefahrenen Spurrinnen noch bis zum Waldausgang (P.1420) fahren, wo ich mein Gefährt deponierte und auf die Ski wechselte. Erfreut stellte ich fest, dass der Schnee in der kalten Nacht hatte gefrieren können. Die Decke war also kompakt und tragend, was mir einen zügigen Aufstieg in Richtung der Druesberghütte erlaubte. Kaffee und Kuchen hätte es da gegeben, doch ich ignorierte dies und zog gleich weiter dem Rütistein entgegen.
Das war eine richtige Skitour bei winterlicher Stimmung! Hier an der Gipfelkrete vom Rütistein. |
Höher oben war die Schneedecke immer noch kompakt, nun jedoch mit einer pulvrigen Auflage versehen. Die Bedingungen fühlten sich richtig winterlich an und versprachen eine genussvolle Abfahrt. Dies manifestierte sich umso mehr im sehr stimmungsvollen Schlussaufstieg auf dem Gipfeldach und dem finalen Grat entlang. Ganz alleine war ich in dieser weiten Gegend unterwegs, zudem gab es nördlich von mir ein Wolkenmeer, das ein wenig tiefer lag als ich - genial! Am Gipfel herrschten angenehme Bedingungen für eine gütliche Pause, bevor ich mich zur Abfahrt vorbereitete und diese dann bestritt. Es liess sich prima Skifahren - natürlich nicht in einem halben Meter stiebendem Powder. Aber definitiv lohnender, wie dies oft im Hochwinter der Fall ist.
Gipfelkreuz am Rütistein mit Blick zu Mieserenstock, Höch Hund, Chläbdächer und Druesberg. |
Zurück bei der Kapelle oberhalb der Druesberghütte schien es mir verfrüht, nun schon nach Hause zu gehen. Am effizientesten wäre es bestimmt gewesen, in der nun vorhandenen Spur nochmals auf den Rütistein zu fellen. Doch das war mir zu repetitiv und noch viel mehr sprach mein Entdeckergeist dagegen. Der wurde nämlich von den famosen Hängen am Fidisberg gelockt, welche bei den vorherrschenden Bedingungen eine fantastische Abfahrt versprachen. Der Nachteil war in diesem Sinne, dass zuerst 1km an (mehr oder weniger) Flachlauf zu absolvieren war, um an den Fuss dieser Flanke zu kommen. Aber ich hatte ja Zeit und obendrein war es ein Genuss, durch die winterliche Landschaft zu schreiten.
Am Rücken vom Fidisberg, prominent in Bildmitte der schwierig zu erreichende Schülberg. |
Am Fidisberg fand ich dann genau das, was ich gesucht hatte. Also zuerst einen Gipfel, den ich bisher noch nie besucht hatte. Und danach eine absolut tolle Abfahrt auf kompakter Unterlage mit etwas sulzig-feuchter Auflage - wie bei einer richtig guten Frühlingstour, Genuss pur! Ich liess die Bretter laufen, bis ich am Waldrand angelangt war. Nun hiess es nochmals die Felle zu montieren, um zurück zur Schülberghütte zu laufen. Von dort folgte eine letzte Abfahrt retour zum Bikedepot. Hier waren die Conditions nun nicht mehr so berühmt. Der Schnee war schon pflüttrig geworden, weiter unten begann er schon mehr und mehr, seinen Aggregatszustand zur flüssigen Form zu wechseln. Das war der Lauf der Dinge, der in den Folgetagen die Hänge wohl wieder grün machen würde.
Absolut tolle Bedingungen und eine geniale Abfahrt auch am Fidisberg - so macht's Freude! |
Auf jeden Fall war ich froh, dieses (vermutlich kurze) Wintermezzo genutzt haben zu können. Es markiert den frühesten Saisonstart in 35 Jahren an Skitourenaktivität. Zuvor war der früheste Startpunkt bei der Tour auf den Gulmen am 27. September 2020 gelegen. Die damalige Rekordverbesserung war gegenüber dem 18. Oktober 2003 und der damaligen Tour zum Pischahorn durch das Mattjisch Täli gewesen. Der späteste Zeitpunkt für eine Tour ist schon lange her und datiert immer noch auf dem 3. Juli 1995 mit dem Ausflug zum Galenstock. Somit fehlt mir einzig noch der August als Skitourenmonat. In diesem Sinne war der Schneefall im 2024 also gute zwei Wochen zu spät gekommen...
Facts
Unteriberg (925m) - Chäserenwald (P.1421) per Bike (8.8km, 500hm)
Chäserenwald - Rütistein (2025m) - Abfahrt zur Kapelle (1600m), 600hm Aufstieg
Kapelle - P.1697 - Brücke auf ca. 1660m - Fidisberg (1919m), 300hm Aufstieg
Fidisberg - Untergänigen (1600m) - Schülberghütte (1700m), 100hm Aufstieg
Abfahrt zum Chäserenwald (P.1421) und retour nach Unteriberg per Bike
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