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Samstag, 31. Dezember 2011

Jahresrückblick 2011

Schon beinahe ist es für mich Tradition geworden, zum Jahreswechsel Rückschau auf das vergangene Bergjahr zu halten. Während die Ausgaben 2009 und 2010 noch auf dem Portal hikr.org erschienen sind, geht es in dieser Serie nun hier auf meinem Blog weiter. Übrigens, ich habe wirklich ein Flair für Zahlen, es ist eine „déformation professionelle“ – wer sich am Zahlensalat und an Statistiken stört, der möge dieses Posting auslassen. 

Wie bereits in den Vorjahren kann ich wieder auf ein sehr befriedigendes Bergjahr mit vielen Höhepunkten und Glanzlichtern zurückblicken. Ich war total 138x alpinsportlich in den Bergen unterwegs. Unzählige Seillängen, Gipfel und Höhenmeter waren dabei, und noch wichtiger, viele unvergesslich schöne Momente. Sieht man von einigen unbedeutenden Schürfwunden und hin und wieder arg schmerzenden Händen wegen „Kuhnagel“ ab, so blieben negative Ereignisse zum Glück gänzlich aus. 

Am meisten Raum in meinem Bergjahr nimmt das Sportklettern mit 60 Tagen ein. Mit wenigen Ausnahmen konnte da stets die ganze Familie mit dabei sein. Zwischen dem Spielen mit den Kindern, dem Füttern, Schöppelen und Windeln wechseln konnte ich dennoch über 300 SL klettern, mit dabei auch einige einigermassen harte Moves. Im Freien gelang mir 2x eine Route im Grad 8a Rotpunkt, dazu gab es nach etwa 35 Versuchen mit dem Motto „Hartnäckigkeit zahlt sich aus“ eine weitere 8a Indoor. Bei einer vierten Route im für mich magisch-grenzwertigen Grad 8a gelang mir bereits 2x der saubere Durchstieg beim Ausräumen im Toprope, an der Vorstiegsbegehung wird aber noch gearbeitet. Als Highlights in dieser Sparte sind sicher auch unsere Klettertrips nach Finale, ins Frankenjura, das Tessin und nach Kalymnos zu werten – dies mit unseren beiden Kleinkindern auch jedes Mal eine kleine, logistische Herausforderung. 

Skibergsteigen am Pizzo Gallina, Januar 2011
Eine meiner liebsten, wenn nicht die liebste alpine Disziplin ist das alpine MSL-Sportklettern. 29x war ich im 2011 derartig unterwegs. Fast jede dieser Touren hätte hier eine Erwähnung als Highlight verdient, doch ich beschränke mich hier auf die beiden Scheel-Kultrouten Supertramp/Bockmattli und Amarcord/Rätikon, sowie die eindrückliche Freakonomics in der Eiger-Nordwand. In meinem Lieblingsgebiet, an den Wendenstöcken war ich auch wieder 5x unterwegs, da bleiben, wohl an Wintertagen mit Hudelwetter, sogar noch einige Tourenberichte nachzutragen. 

Meist im Fels spielen sich auch meine Erschliessungs- und Erstbegehungsarbeiten ab: 17 Tage wendete ich im 2011 dafür auf, kein einziger davon reut mich aber rückblickend. In Lungern, am Äscher, auf der Galerie und in Kalymnos bohrte ich total 10 Klettergartenrouten, die „Presswehen“ sind mit dem inzwischen bestätigten Grad 7c meine härteste Neutour je. Meine beste MSL-Erstbegehung vom 2011 ist ganz sicher das „Prachtsexemplar“ am Bockmattli, doch auch die „Jenelana“ ebenda ist sehr gut, und die noch nicht komplett publizierte „Sturmfrei“ in der Chöpfenberg NW-Wand ist im 2012 bestimmt auch deinen Besuch wert. In Sachen MSL-Erstbegehungen leistete ich in der zweiten Jahreshälfte schon Vorarbeit für den nächsten Sommer: 3 Trümpfe sind da in meiner Hand, hoffen wir auf gut gesinnte Klettergötter! 

Wenden wir uns der kalten Materie zu: Skitouren gab es im Jahr 2011 nur eine rekordverdächtig tiefe Zahl von 20 Stück. Wegen dem generell schneearmen Winter, dem sehr warmen April und unserem Familienzuwachs im März gab es für mich am 26.3. den frühesten Saisonschluss in den 20 Jahren, in welchen ich auf Touren gehe. Noch dazu war auch der Herbst extrem trocken und lange Zeit lag gar kein Schnee, so dass ich erst am 11.12., also fast 9 Monate später, wieder auf den Ski war. Diese Frist lag auch schon unter 4 Monaten in früheren Jahren! Wie auch immer, da es nur selten Schnee gab, waren die Lawinenverhältnisse oft günstig, so dass eindrückliche und exotische Extremtouren wie die Hinter Schloss Nordflanke, der Gross Düssi, der Tristelhorn-Nordtrichter, der Chli Spannort Hauptgipfel und der Vorder Glärnisch gelangen. 

Himmelsleiter, oder Treppe zum Glück - am Pizzo Gallina im Januar 2011
Ebenfalls auf H2O in gefrorenem Aggregatszustand spielt sich das Eisklettern und das Bergsteigen ab: hier kann ich nicht mit grossen Anzahlen trumpfen, dafür mit umso höherer Qualität. Zum Eisklettern war das warme 2011 auch eher schlecht – im Brunnital reichte es für den Rechten Lisslerenfall (WI5), und im Ducantal für die Stapfetenstrasse (WI3). Während ich im Sommer nie zum Bergsteigen kam, gab es im Spätherbst dann einen richtigen Knaller, ja das ultimative Tourenhighlight im 2011: die Durchsteigung der äusserst eindrücklichen Grandes Jorasses Nordwand über den Crozpfeiler. 

Die restlichen Tourentage fallen verschiedenen Bergaktivitäten zu: dem Bouldern (2x), Bergtouren mit dem Gleitschirm (6x, mit dem Highlight des Pizzo Morisciöi im Tessin) und einem einzigen Wandertag. Allerdings war dieser äusserst ausgiebig, es handelt sich nämlich um die lange Wägital Rundtour (>20 Gipfel, >100 Leistungskilometer, >4700hm). Schon seit Jahren trug ich diese Idee nach der Lektüre der alten Bockmattliführer mit mir herum, bis ich dann spontan und ohne Vorbereitung loszog. Es war ein langer und sehr anstrengender Tag, dafür aber unglaublich reich an Eindrücken, und definitiv eines meiner Berg-Highlights im 2011. 

Ab geht's! Das neue Jahr 2012 startet hoffentlich auch so schwungvoll!
Nun möchte ich es an dieser Stelle nicht vergessen, all meinen BegleiterInnen im 2011 herzlich zu danken – ohne euch wäre es nicht halb so lässig. In erster Linie Kathrin, Larina und Jerome, aber natürlich auch (in alphabetischer Reihenfolge): Anika, Barbara, Basti, Christof, Christoph A., Christoph M., Christoph O., Daniel, Erich, Evelyne, Hans, Jonas, Kathi, Manuela, Markus, Reto, Richard, Sepp, Walter und Xaver :-)

Zuallerletzt wünsche ich nun dir ein tolles und erfolgreiches neues Jahr. Ich hoffe, ich kann dich auch im 2012 zu meinen Lesern zählen - ich auf jeden Fall werde an dieser Stelle weiter hin und wieder meine Tourenaktivitäten und meine Gedanken publizieren. 

Sonntag, 25. Dezember 2011

Äscher - Erstbegehung von "z'baare Födle" (7a)

Was kann ich den Lesern dieses Blogs als Weihnachtsgeschenk bieten? Ah, da hätte ich noch etwas. Von der Herbst- und Winterkletterei am Äscher hatte ich bereits in diesem Beitrag geschwärmt. Die Motivation für eine Rückkehr eine Woche nach dem ersten Besuch beruhte nicht nur darin, dass es uns so gut gefallen hatte. Sondern auch darin, dass ich da noch so eine Linie entdeckt und im Toprope bereits ausprobiert hatte.

Schwer war sie mir gefallen damals, zwar sicher kletterbar, doch die Schlüsselstelle hatte mir dermassen Mühe gemacht, dass ich nicht sicher war, ob da der rote Punkt für mich zu holen sei. Doch wie bei einem Ohrwurm, dessen Töne einen immer wieder einholen, war hier die Herausforderung des Ungewissen verlockend. Und so zogen wir dann, mit Kind und Kegel, Sack und Pack, sowie mit tatkräftiger Begleitung, los.

Über die "I Feel Good" war das Seil schnell im Umlenker, und so konnte es losgehen: der Einstiegsboulder war schnell entziffert, die 17m an kompakter Wandkletterei um 6c rum bis zur Crux einfach ein Genuss. Und für die Schlüsselstelle konnte ich nach einigem Tüfteln eine Lösung identifizieren, die sich gut und fehlerfrei reproduzierbar machen liess. Nun galt es noch, die Position der Bolts zu bestimmen: 10 Stück erwiesen sich auf die 25m Kletterstrecke als sinnvoll. Und gebohrt waren sie mit meiner neu gepimpten Maschine (Beitrag dazu folgt...) im Nu.

Topo - für ein hoch aufgelöstes PDF klicke hier!
So blieb noch der Challenge der Rotpunktbegehung. Nach Anmarsch, einhängen, auschecken, bohren und zwischenzeitlicher Kinderbetreuung war die Uhr doch schon ziemlich vorgerückt. Wenn es mit der letzten Bahn talwärts gehen sollte, so blieb nur ein einziger Versuch. Problemlos und souverän ging es bis zur Crux. Dort ein kurzes Zögern, denn schiefgehen durfte nix, die einstudierten Moves sassen dann aber sauber, und für das Publikum war es gar eine grundsolide Vorstellung, wo ich "bestechende Sicherheit zeigte". 

Im Nu war danach der Umlenker geklippt. Ablassen, ausräumen und tschüss! Bzw. wieder wie ein Sherpa bepackt, mit der Tochter auf den Schultern auf die Ebenalp hochhecheln. Aber egal, dieser Tag war ein voller Erfolg, möge der Winter nun kommen, dachte ich darauf hin. Nun, so schnell ging es dann schliesslich doch nicht mit dem Winter, einige tolle weitere Touren warteten noch, und so liess auch das Topo und die Veröffentlichung auf sich warten. 

Im Nachhinein studierte ich natürlich intensiv über den Grad nach, mit welchem diese Tour eingestuft werden sollte. War ich erst nicht einmal sicher, ob ich den Cruxboulder überhaupt lösen kann, ging es schliesslich so "ring", dass ich nicht einmal sicher bin, ob der Grad 7a, bei der traditionell harten Bewertung im Gebiet, überhaupt gerechtfertigt ist. Das Feedback der Wiederholer wird es zeigen...

Facts:

Äscher - Sektor Privatweg - "z'baare Födle" (7a) - Marcel Dettling, 20.11.2011 - 1 SL, 25m
Material: 12 Express. Vorsicht, 50m-Seil reicht nur ganz knapp, daher besser: 60m-Seil.

Tolle, kompakte, lotrechte Wandkletterei in rauhem, vom Wasser strukturiertem Fels mit Einstiegsboulder und knifflig-technischer Crux. Im Sektor gibt es rund 30 weitere Touren zwischen 6a und 7b+, welche alle von ähnlichem Charakter sind. Generell handelt sich um einen der steilsten, griffigsten, athletischsten und für Hardmover interessantesten Sektoren am Äscher.  

Hier geht es zu einem Fototopo der Route. Alle weiteren Infos finden sich im SAC-Kletterführer Alpstein.

Montag, 19. Dezember 2011

Züri Oberland is on!

Geduld bringt bekanntlich Rosen, und manchmal auch Schnee. Während dem warmen, trockenen und sonnigen Herbst vermisste ich ihn nicht wirklich, und ihn irgendwo weit weg für eine erste Skitour zu jagen schien mir erst recht abwegig. Nun aber ist der Winter aber auch zu uns gekommen - im Züri Oberland liegen aktuell rund 30cm luftig-leichter Powder :-)


Es fehlt zwar eine Unterlage, was aber auf dem sanften, mässig steilen Wiesengelände kein allzu grosses Handicap ist. So gibt es zum Zvieri anstatt Güetzi und Tee schnell ein paar Hundert Höhenmeter vor der Haustür, inklusive Spurarbeit im Aufstieg, garniert mit genussvollen Pulverschwüngen in der Abfahrt. Und bereits morgen soll es ja wieder gehörig Nachschub in Sachen Schnee geben, daher gilt wohl: affaire a suivre...

Dienstag, 13. Dezember 2011

Hoch Ducan – Erstbegehung von „Stapfetenstrasse“ (WI 3, 270m)

Meine kürzliche Begehung der Grandes Jorasses Nordwand hatte die Motivation fürs Eisklettern nachhaltig aufgefrischt. Ja, insbesondere das Pickeln in alpiner Umgebung hatte es mir angetan. Während Chamonix unzweifelhaft der Hotspot dafür ist, liegt es leider gleichzeitig auch ausserhalb der Tagestouren-Reichweite. Aber andererseits kann es ja auch nicht sein, dass die Alpen einzig dort die gewünschten, eisgefüllten Goulottes bereithalten.

Und wenn sie noch nicht begangen sind, und die Literatur deshalb nichts hergibt, na dann eigentlich umso besser. So wird die Kreativität gefördert, der Abenteuergeist geweckt und gegenüber einer Erstbegehung ist ja auch nie etwas einzuwenden... So machte ich mich auf die Suche, mit scharfem Nachdenken, dem Durchschauen meiner eigenen, inzwischen umfangreichen Bildersammlung und ein paar Internetquellen waren rasch spannende Projekte in relativer Nähe identifiziert. Als ich dann auch noch Gewissheit erlangte, dass eine dieser Möglichkeiten, am P. 2834 des Hoch Ducan, gute Verhältnisse aufweist, war mein Feuer umso grösser.

Am Ausgangspunkt im Sertig. In Bildmitte der normale Eisklettersektor am "Chachlengstell", der klotzige Berg links der Hoch Ducan 3063m.

Close-Up auf die Standard-Eisfälle im Sertig, die bereits eifrig beklettert wurden.
Nur die ersten Schneefälle um den Samichlaustag herum erwischten mich dann auf dem falschen Fuss. Mit Argwohn prüfte ich täglich die vom SLF berichtete Neuschneemenge und musste mehrmals vergegenwärtigen, dass wieder einige Zentimeter hinzugekommen waren. So etwas unnötiges aber auch! Irgendwann hatte dann Frau Holle fürs Erste genug, die Lawinensituation blieb im grünen Bereich und als für den folgenden Sonntag auch noch gutes Wetter angesagt war, gab es kein Halten mehr. Zum Glück war mit Christof ein voll motivierter Seilpartner bereit.

Bei der Vorbereitung stellte sich die Frage, wie man den Zustieg aktuell wohl am besten meistern würde. In Unkenntnis der exakten Bedingungen vor Ort, und somit mangels Entscheidungsgrundlage, räumten wir die Keller aus und luden wir das Auto bis fast unters Dach voll mit Material. Im Sertig angekommen, war dann aber gleichwohl immer noch guter Rat gefragt: die Landschaft war nämlich etwas, aber nicht allzu üppig weiss. Nichtsdestotrotz entschied ich mich für meine alten „Steinski“, während Christof seine guten Stücke nicht riskieren wollte, und zu den Schneeschuhen griff.

Endlich kommt Eis in Sicht: P.2834 mit der Stapfetenstrasse, recht spitzig der Chlein Ducan (3004m)
Der Zustieg ist nicht kurz, aber dafür ist es eine schöne Skitour. Die aktuelle Schneelage ist aber eher knapp.
So ging es dann um 8.30 Uhr los, unterhalb am gut besuchten und (teilweise) bereits vernünftig bekletterbaren Normalsektor im Sertig vorbei, ins Ducantal hinein. Spur war noch keine vorhanden, so legte ich diese, in 30cm tiefem Pulverschnee ohne Unterlage, gleich selber an. Nach einer Weile plus einer kniffligen Bachquerung, biegt man im Tal um die Ecke und zielt dann Richtung Ducanfurgga. Von Eis weit und breit keine Spur – da können bei den einen schon Zweifel aufkommen. Doch Christof liess sich durch mein „ich bin sicher, dass das Eis da ist, wir sehen es nur noch nicht“ beschwichtigen – was sich in der Tat als richtig entpuppen sollte.

Als wir die Goulotte dann zu Gesicht bekamen sah sie dafür umso vielversprechender aus. Nur galt es dann noch, den letzten, steilen 300hm-Hang zu bewältigen. Mit dem arg schweren Rucksack und dem tiefen Schnee ein hartes Stück Arbeit, doch nach gut 2 Stunden Aufstieg war das Depot am Einstieg erreicht. Dort war erst einmal eine ausgiebige Rast fällig, und auch das Anlegen der Ausrüstung nahm ziemlich Zeit in Anspruch. Als dann auch noch die Taktik besprochen war, konnte es um 11.45 Uhr losgehen.

Close-Up der Stapfetenstrasse am P.2834 des Hoch Ducan: let's go!
SL 1-3, ca. 150m

Vom Couloir-Eingang stapft man ca. 50m in 45 Grad steilem Gelände (Schnee) bis unter den ersten Eisaufschwung. Dieser ist knapp 10m hoch und gegen 80 Grad steil. Danach legt sich das Gelände zurück, und im etwas überschneiten Eis (ca. 55 Grad, 30m) steigt man empor, bis sich die Rinne weitet (30m). Ab da über Schnee (45 Grad, 60m) an den Fuss des nächsten Eisaufschwungs.

Los geht's! Die ersten Meter im Schnee und über eine Art Schrund hinweg noch seilfrei.
Doch die erste Stufe kommt, gefolgt von gemässigter Goulotte-Kletterei in leicht überschneitem Eis.
SL 4-5, ca. 60m

Der Aufschwung besticht durch sehr schöne, homogene Kletterei in prima Kompakteis. Der erste Teil genüssliche 70 Grad steil, ein Fall für Christof, danach übernahm ich für den steileren zweiten Teil, maximal 75-80 Grad, die Führung. Insgesamt wohl als WI3 zu bewerten, und wirklich sehr schön!

Zweiter Aufschwung: super Kompakteis, geniale Kletterei!
Und genau so geht es weiter. Christof folgt, am Ende des zweiten Aufschwungs.
SL 6-7, ca. 60m

Vom Ende der vorangehenden Stufe erst ein vereistes, flacheres Stück (50 Grad), danach wird es wieder kontinuierlich steiler. Christof führte bis an den Punkt, wo sich die Sache endgültig aufsteilt. Für die Crux (kurz gegen 80 Grad) übernahm wieder ich, und kletterte dann auch gleich weiter, zuletzt etwa 65 Grad steil, bis zum Ende. Die Bewertung hier wohl ebenfalls ein WI3.

Die letzten Meter der Route. Auch im dritten Aufschwung super Kompakteis und genüsslichste Kletterei.
Um 15.50 Uhr erreichten wir das Top der Kletterei. Der ursprüngliche Plan war es gewesen, wieder über die Goulotte abzuseilen. Doch während ich die Bohrmaschine und das übrige nötige Gear an den Einstieg hochgetragen hatte, blieben die Bolts selber leider im Auto zurück. Somit blieb uns die Wahl zwischen trotzdem Abseilen mittels Fädeln etlicher Abalakovs, und dem ebenfalls möglichen Fussabstieg. 

Da wir auf Ersteres keine Lust hatten, stapften wir eine halbe Stunde lang in mässig steilem Schnee dem Hoch Ducan entgegen – was durchaus anstrengend und kraftraubend war, weil vom Typ knietiefe Wühlerei. Zwecks fortgeschrittener Tageszeit war der Aufstieg zum Gipfel „out of question“, weshalb wir hinter P.2834 den Kamm überschritten, und durch das grosse Couloir hinabstiegen. Ist man einmal auf diesem Kamm, bringt dieses und eine kurze Hangquerung einen in 15 Minuten zurück zum Einstieg.

Der Traum wurde Realität! Schöner Blick am Ausstieg, aber jetzt los, ab nach Hause!
Das Abstiegscouloir, ca. 40 Grad steil und problemlos, solange es nicht lawinös ist.
Da waren wir dann um 16.45 Uhr. Das Tageslicht war am Verblassen, und noch wartete der Abstieg. Schnell wurde eingepackt, um den ersten, mutmasslich genussreichen Hang noch bei Licht befahren zu können. Das klappte dann wie gewünscht, und gab die ersten Pulverzöpfli der Saison 11/12. Der Rest war skifahrerisch komplett zum Vergessen – dass eine überschneite Geröllwüste wirklich Fahrspass bereitet, davon war ich aber auch nicht ausgegangen. Aber man tut, was man tun muss, und in einer Stunde war Sertig-Sand, der Ausgangspunkt, erreicht.

Zufrieden über die geglückte Erstbegehung, die prima Eiskletterei und den tollen Tag in den Bergen, obwohl uns ganztags kein Sonnenstrahl getroffen hatte, setzten wir uns ins Auto. Und ja, ziemlich kaputt waren wir auch. Der Zustieg mit schwerem Gepäck, die Kletterei und vor allem die Stapferei oben raus hatten uns ziemlich dicke Beine beschert. 

Die Querung zurück zum Einstieg, super Abendstimmung. Und es warten noch die ersten Pulverschwünge der Saison 11/12 :-)
Zum Schluss: ob es Sinn macht, am (allerdings meist überfüllten) „normalen“ Sertig-Sektor vorbeizugehen für einen 270m langen Genuss-Eisfall mit guten 2 Stunden Zustieg, das muss, soll und darf jeder Kletterer für sich selbst entscheiden. Für mich persönlich auf jeden Fall ja! Der alpine Erlebniswert und der Abenteuergehalt um ein Vielfaches höher als bei einer Eisroute neben der Strasse, die Gegend sehr schön und der Zustieg per Ski für denjenigen, der auch sonst auf Touren geht, sicher nicht zu verachten. Und im Hinblick auf zukünftige grössere Nordwandrouten auch ein gutes Training in der Nähe.

Facts:

Hoch Ducan 3063m – P.2834 NW-Wand – Stapfetenstrasse (IV, WI3, 270m) – Dettling/Birrer 2011
Material: 10-12 Eisschrauben, Lawinenausrüstung, Schneeschuhe oder besser, Tourenski für den Zustieg

Alpine Genuss-Eiskletterei mit gemässigten Schwierigkeiten in sehr schönem Kompakteis, dazu einige interessante Passagen durch Schneecouloirs. Durch die Höhenlage wohl oft schon im Spätherbst und im Frühwinter gute Bedingungen. Insgesamt ein tolles alpines Erlebnis zur Vorbereitung auf grössere Abenteuer. Hier gibt es ein PDF-Topo mit allem Wissenswerten: klick!

Topo-Vorschau. Die hoch aufgelöste Version gibt es hier als PDF.

Samstag, 3. Dezember 2011

Rätikon – Amarcord (7b+)

Vor seiner Chinareise war es Dani nochmals nach einem Test seiner Kletterfertigkeiten, und es musste auch ein aussagekräftiger Vergleich zum gerade eben erstbegangenen „Metronom“ am Gonzen her. Mit der Nimbusroute „Amarcord“ (7b+) von Martin Scheel, welche dieser in einem kühnen Handstreich bereits 1984 in die Südwand der 7. Kirchlispitze im Rätikon legte, war eine adäquate Herausforderung gefunden. Dass ich da äusserst gerne mit von der Partie war, versteht sich von selbst. 

Hinweis (vom November 2023): im Wandbuch fehlt aktuell der Stift, siehe Kommentare!

Auch wenn wir wegen diversen Sachzwängen die Tour um zwei Tage hinausschieben mussten, konnten wir zum Glück noch gute Bedingungen geniessen. Die Anfahrt ins gottverlassene Rätikon war problemlos, der Zustieg mit gut 20 Minuten kurz. Im Gegensatz zur „Achtibahn“ waren wir diesmal auch so schlau, das Depot unten am Wandfuss zu machen. Von da geht es erst über dieselben Schrofen wie zur „Achtibahn“ hoch, bei deren unterstem Abseilstand quert man nach rechts hinaus aufs Einstiegsband. Nicht wirklich schwer, aber dennoch exponiert, der Fels etwas lose, und das Gras glitschig (T6). 

Die Südwand der 7. Kirchlispitze mit dem Meilenstein "Amarcord" (7b+)
Der Einstiegsstand versetzt einen dann auch nicht gleich in helle Begeisterung, eine dünne Sanduhr, bereits mit „Sollbruchstelle“, sprich einem Riss, und ein mässig sitzender Schlaghaken: na ja. Und der Blick auf den in etwa 8m Höhe steckenden, ersten BH ist auch nicht sonderlich erbaulich, wartet auf den ersten Metern offenbar durchaus nichttriviale Kletterei. Was soll’s, wir seilen uns an und um 10.00 Uhr geht’s los. 

SL 1, 35m, 6c: die Züge zu Beginn haben es tatsächlich in sich. Zwar nicht voll die Härte, wer es aber nicht packt, spickt auf das schrofige Einstiegsband hinunter und ist garantiert spitalreif. Zumindest dann, wenn dieser Kackstand hält, sonst ist dann gleich für uns beide Ende Amen. Dani setzt zwar 3-4x an, zieht dann aber sauber durch. Die schwerste Einzelstelle kommt dann gleich nach dem Bolt, danach geht’s bei gemässigteren Schwierigkeiten an 2 Schlaghaken vorbei weiter, zum Schluss clippt man noch einen Bolt der nahen „Déja“, et voilà, Stand! 

Die heikle Stelle gleich zu Beginn der Route. Das Anklettern des 1. BH ist expo!
SL 2, 40m, 6a+: ungesicherte plattige Querung nach rechts, dann ein immer noch ungesicherter Aufsteher zum ersten Bolt. Danach die Crux, welche aber kurz und für den Grad wirklich sehr leichtverdaulich ist. Ab da der Verschneidung entlang, welche sich zu einer Grasrinne erweitert, über welche man selbst absichernd, im T6-Stil, den Stand erreicht. 

SL 3, 40m, 6c+: nun geht es scheinbar los mit der richtig seriösen Kletterei. Am Anfang geht‘s noch gut, dann wird man über die 2 Bolts hinweg bereits ein bisschen getestet. Dann nochmals einfacher hoch unter den Wulst, BH klippen und dann die Crux, wo pressig einige kleine Griffe gehalten werden müssen, bis man die tiefen Riesentropflöcher oberhalb erreicht. Der Runout zum Stand hoch kann dann durch Einhängen des rechterhand nahen Bolts der „Déja“ entschärft werden. 

Das Gelände wird kompakter. Start in die sehr schöne SL 3 (6c+).
SL 4, 30m, 7b+: etwas heikles Anklettern des 1. BH, dann in einer grosszügigen Rechtsschleife an Tropflöchern hoch zum 2. BH. Hier die Bouldercrux in einer Querung nach links. Ausgehend von Seit- und Untergriffen kleine Rauhigkeiten krallen und gut hinstehen. Ist eine Einzelstelle, ca. 6C/7A bloc. Nun einfacher einem Riss/Schuppe entlang, bevor es nochmals anspruchsvoll wird. Es wartet ein kühnes Anklettern des letzten BH, eine harte Untergriffquerung nach links (ca. 6C bloc) und ein Runout zum Stand. Leider ist die Linie der „Amarcord“ hier durch das unbekannte Projekt links entwertet worden: dieses verläuft sehr nahe, man kann selbst aus der „Amarcord“-Originallinie 2 Bolts davon einhängen. Und wenn man will, so kann man sogar noch einen dritten BH einhängen, und die Untergriffquerung komplett vermeiden. 

Unmittelbar vor dem Cruxboulder: SL 4 (7b+).
SL 5, 25m, 7b: nochmals eine Knallerlänge mit vielleicht leicht einfacheren Einzelstellen als zuvor, dafür aber deutlich anhaltender. Nach dem Stand bald eine knifflige Rechtsquerung, wo man zaubern muss. Dann einfacher unter den steilen Wulst hoch, welchen man an Auflegern und kleinen Löchern ausdauernd und alles andere als „straightforward“, in etwas komplizierter, technisch anspruchsvoller Kletterei überwindet. Erst die letzten Meter zum Stand in der Nische, mit dem aus der Supertramp entlehnten Wandbuch, sind dann griffiger und einfacher. 

Das Seil wie die Tragseile einer Schwebebahn... Zäher, technischer Start in SL 5 (7b).

SL 6, 35m, 6a+: mit der richtig harten Kletterei ist es ab hier vorbei, dafür steckt nun kaum mehr Material. Vom Stand weg kühn nach rechts hoch, die Crux ungesichert nach 6-7m! In der kleinen Nische unmittelbar danach steckt ein von unten unsichtbarer NH, dann Quergang nach rechts, am Stand der „Unendlichen Geschichte“ vorbei, in sehr schönem Fels zum richtigen Stand. 

Simply fantastic! Der anhaltende, technisch anspruchsvolle Kraftausdauerteil in SL 5 (7b).
SL 7, 35m, 6b: hier am besten hoch zum BH der „Déja“, und dort die Rechtsquerung zur offensichtlichen Verschneidung ansetzen. Diese in leichterer Kletterei hoch bis zum Pfeilerkopf, um welchen sich eine Schlinge legen lässt. Dann etwas links in die Wand hinein: das ist die Crux, die beste Linie ist ziemlich unklar, und da nichts steckt und man nichts legen kann, sehr expo! Wiederum, zwar nicht voll die Härte hier, aber zwingend, und ein Sturz geht kaum verletzungsfrei aus. 

Immer noch super Fels. Dani auf dem Pfeilerkopf in SL 7 (6b), wo die Expo-Stelle startet.
SL 8, 35m, 6b: gleich nach dem Stand die Crux an einem anstrengenden, überhängenden Riss. Auch hier steckt nix, man kann aber recht gut legen - sofern man daran glaubt, dass das Zeugs in diesem stark wasserzerfressenen Fels hält. Die schwerste Stelle im Piaz kurz bevor es flacher wird. Der Rest der Länge immer nicht mehr ganz so spektakulär und schwer, aber dennoch interessant und gut. 

Steiler und deutlich schwerer als es hier aussieht: der Start in SL 8 (6b).
SL 9, 45m, 6c: am Ende der vorhergehenden Länge haben wir uns gegenüber der Originallinie wohl ein paar Meter zu weit nach rechts an einen BH-Stand der „WoGü“ (?) verleiten lassen. Weil nicht mehr sehr viel Zeit war, in der letzten Länge eh nix mehr steckt und das Gelände überall kletterbar ist, sind wir einfach logisch der Nase nach hoch. Die (gesuchte?) 6c-Stelle des Originalwegs haben wir uns dabei aber wohl gespart, denn so schwierig war es nirgends mehr. 

Um 16.30 Uhr sind wir am Ausstieg. Während die Temperatur lange tiptop war, hat der Winter auf den letzten beiden SL sein Kommen aber definitiv angekündigt, und hier oben frösteln wir ob dem Winterluft der geht, nun sogar etwas. So gelüstet es uns nicht mehr nach einer Abseilfahrt, und wir wählen den Fussabstieg. So gibt es doch noch eine Nordwand für uns, auch wenn es nur die schneefreie Grasflanke der 7. Kirchlispitze ist. 

Was mir am Fussabstieg (welcher sich problemlos in gut 20 Minuten in Kletterfinken machen liess) auch gerade recht kommt, ist die Tatsache, dass eine Jahresschlusskontrolle beim „Kamala“-Wandbuch möglich ist. Und die ist nötig: der Deckel beim Wandbuch fehlt! Na ja, sowas kann ja passieren, dass man dann aber nicht die Grösse hat, dem Erstbegeher eine kurze Notiz zu schreiben, enttäuscht mich doch sehr. Kontaktdaten stehen sowohl im Buch wie auch auf jedem Topo, daran kann es nicht liegen. Aber so ist die heutige Zeit, schade! 

So kommt das Wandbuch „auf Mann“ und wird bei mir zuhause überwintern. Im nächsten Frühjahr ist dann zeitig eine Begehung im Rätikon fällig, um es wieder zu legen, und einen neuen Deckel zu montieren. Die Wandbuch-Analyse hat dann gezeigt, dass die „Kamala“ im 2011 erneut 42 Begehungen erhalten hat. Genau gleich viele wie im 2010, welch ein Zufall! Und fast alle Wiederholer äussern sich sehr lobend im Wandbuch, das entschädigt etwas für die Geschichte mit dem Deckel. 

Die 84 Begehungen der „Kamala“ in 2 Saisons sind ziemlich genau gleich viele, wie die „Amarcord“ bisher in den 27 Jahren ihres Bestehens erhalten hat. Das „Amarcord“-Wandbuch hat leider bisweilen etwas Nässe abbekommen und ist ziemlich verschimmelt, weshalb man nicht mehr ganz alle Einträge nachvollziehen kann. In den 80er- und frühen 90er-Jahren war die Begehungsfrequenz aber recht hoch, und selbstverständlich war die ganze Prominenz da, manche auch mehrfach, auf der Jagd nach dem roten Punkt. 

Ein weiteres Bild aus SL 1 (6c), mit Sicht auf die Wand. Speziell ist aber der Piepmatz rechts am Himmel. Es ist ein ausgewachsener Bartgeier mit 3m Spannweite. Offenbar ist er im Rätikon heimisch. Schon als ich 2.5 Wochen zuvor die "Achtibahn" kletterte, besuchte er uns. Ja damals flog er in wenigen Metern Entfernung, quasi in Griffweite, mehrmals an uns vorbei. Heute war er etwas weiter weg, dafür konnte ich dieses Mal die Kamera zücken. Einfach super majestätisch, diese Tiere, eine wahre Freude :-) Ein Blick auf die Webseite des Bartgeier-Projekts zeigt auch, dass der Aktionsradius dieser Vögel vom Raum Grenoble bis in die östlichen Dolomiten reicht. Was mich, als Gleitschirm-Streckenflieger, natürlich besonders beeindruckt.
Um 17.30 Uhr sind wir abfahrbereit auf dem Melkplatz und rollen talwärts. Zeit zur Reflektion: die „Amarcord“ ist wirklich eine tolle Route, mit dem Term „verdoneske Wandkletterei“ wird in der Führerliteratur nicht zu viel versprochen. Die Absicherung in den schweren SL 3-5 ist nicht überaus üppig und zwingend, aber auch nicht besonders bösartig. Ich würde „xxx“, d.h. Stufe 3 von 5 vergeben, im Anspruch ähnlich wie die „Blaue Lagune“ an den Wendenstöcken. Die anderen SL sind deutlich einfacher und lassen sich zumeist vernünftig selber absichern. Weil aber 3 Stellen in den SL 1, 6 und 7, jeweils +/- 6b schwer, erhebliches Verletzungspotential aufweisen, vergebe ich insgesamt doch nur Stufe „xx“. Eine Horror-Tour mit nur „x“ wie im Schweiz Extrem 1994 angegeben, ist es aber definitiv nicht. 

Ein bisschen schade ist auch, dass man beim Klettern der „Amarcord“ mittlerweile 8 BH aus den teilweise sehr nahe oder gemeinsam verlaufenden, oder kreuzenden Nachbarrouten einhängt. Das mag nach nicht so viel tönen, andererseits hat Martin Scheel bei der Erstbegehung aber auch nur 12 Zwischen-BH (noch von Hand!) gesetzt. Relativ gesehen sind die 8 BH also durchaus substanziell. Weiter sind die Bündel an verrotteten, nicht mehr zu gebrauchenden Fixseilen im Projekt links, welche schon seit x Jahren hängen, auch eher eine Beeinträchtigung. Übrigens: die schweren Routen links und rechts sehen für meine Augen gar nicht so lohnend aus. Sie führen durch extrem strukturarme Wandzonen. Da die Wand nicht so steil ist, geht es offenbar mittelst „hypertechnischem Geschurbel“ am oberen Ende der Schwierigkeitsskala gerade so, aber wirklich mit Genuss klettert das kaum jemand, vermute ich. Aber egal, in diese Touren werde ich mich eh nie verirren. 

Fels, Linie, Kletterei und Nimbus: bei der "Amarcord" passt's!
Zuletzt noch zu Bewertung und meiner persönlichen Performance: im Vergleich zur „Supertramp“ am Bockmattli sind in der „Amarcord“ die Bewertungen doch deutlich milder ausgefallen. Also ich meine, zwischen SL 1 und/oder 3 und der Cruxlänge der „Supertramp“ liegen für mich trotz identischer Bewertung Welten! Auch die „Achtibahn“ fand ich im Vergleich knallhart eingestuft, doch vielleicht hatte ich da (im Vorstieg) einfach „Schiss in dä Hös“. In der „Amarcord“ konnte ich dagegen (mit kurzen Ausnahmen) gemütlich im Nachstieg klettern. So ging das eigentlich easy alles frei, bis auf die beiden harten Längen sogar flash. 

Dass ich bei der Cruxlänge die schwerste Stelle bereits sauber passiert hatte, danach aber den Bolt nicht mehr aushängen konnte und wieder abspringen musste, war dann etwas Künstlerpech. So spielte dann der unnötige Sturz zu Beginn der 7b-Länge auch keine Rolle mehr in Bezug auf den kompletten Durchstieg. Ich kann mir aber gut vorstellen, in dieser Route einmal einen Rotpunkt-Angriff zu starten – das könnte selbst für mich möglich sein! 

Allerdings erst dann, wenn die Route neue Haken spendiert erhält. Die 27-jährigen Kronenbolts hinterlassen durchaus ein etwas flaues Gefühl, die Schlaghaken sowieso. Immerhin steckt an den Ständen zumindest jeweils 1 Inox-BH neueren Datums. Vom Reden und Schreiben passiert aber sicher nix. Ich werde mich deshalb mit Martin Scheel in Verbindung setzen, und schauen, was ich da tun kann. 

Facts: 

Rätikon – 7. Kirchlispitze – „Amarcord (7b+, 7a obl.) – M. Scheel et al. 1984 - 9 SL, 320m - ****; xx
Material: 12 Express, lange Schlingen, Keile 3-8, Camalots 0.3-4 (den 4er haben wir mehrmals gesetzt. Vielleicht ist er verzichtbar, d.h. man kommt mit nur dem 3er durch, aber es braucht vielerorts grosse Cams). 

Meilenstein des alpinen Sportkletterns, mit welchem Martin Scheel anno 1984 dies Messlatte höher gesetzt hat. Richtig hart sind nur die beiden SL 4 und 5 durch die kompakte, steile Wandzone. Davor und danach folgt man weitgehend einer logischen, natürlichen Linie mit geringerem Anspruch. Der Fels ist durchgehend als gut bis sehr gut einzustufen: rauh, mit guter Reibung und von Tropflöchern durchsetzt. Die Absicherung an den schweren Stellen ist wohl fordernd, aber als genügend einzustufen. Das einfachere Gelände lässt sich bis auf zwei, drei Expo-Stellen (siehe Bericht) gut absichern.

Das Originaltopo von Martin Scheel ist sehr genau. Ich habe einige Ergänzungen vorgenommen.

Hanibal P.2882 - Hanimoon (6a+)

Der "Hanibal" genannte Turm im Sidelengletscher ist bestens als Plaisir-Gebiet bekannt. Ebenso ist den meisten wohl bekannt, dass wir dort im 2009 mit der "Hanimoon" (Bericht/Topo) eine geniale Route eröffnen konnten. Bester Granit, abwechslungsreiche Kletterei und homogene Schwierigkeit warten. In der Saison 2011 war die Tour bis anfang Dezember praktikabel. Der Bericht von Raphael Imsand auf seiner empfehlenswerten Webseite www.bergsucht.ch zeigt dies so schön, dass ich hier gleich ein Bild daraus vorstellen "muss". Wer mehr sehen und lesen will, den verweise ich zum Bericht auf seiner Seite!

Die tolle 5. SL von Hanimoon (6a). Foto: Raphael Imsand/Amadeo Rüedi, www.bergsucht.ch
Einen weiteren Bericht zur "Hanimoon" gibt es auf www.rauchquarz.ch, der Seite des Urner Lokalmatadors Bruno Müller. Auch sein Fazit fällt sehr positiv aus :-). Vorerst heisst es aber wohl, etwas Geduld zu haben, bis man am Hanibal wieder klettern kann. An schönen Winter- oder Frühlingstagen, nach einer Schönwetterperiode, ist es mit einem Zustieg per Ski aber durchaus möglich.