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Donnerstag, 27. Februar 2020

Bimano Bärecöp 2020

Ursprünglich waren wir ja wegen dem (heute nicht mehr existenten) Luftkissen und den Psycobloc-Möglichkeiten auf das Bimano aufmerksam geworden. Wenig später fand dann mit dem Bimano-Boulderfest ein Wettkampf statt, welcher unserer noch jungen Wettkampfkarriere weiteren Schub gab. Seit dann sind weitere 1.5 Jahre vergangen, der nächste Contest im Bimano war nun offiziell als Regiocup ausgeschrieben. Keine Frage, da waren wir dabei! Wie wir es bereits vom letzten Mal kannten, war die ganze Halle komplett neu beschraubt, so dass unglaubliche 82 Probleme auf ihre Begeher warteten. Der Modus war allerdings so, dass nur die 10 schwierigsten gekletterten Boulder zählten, wobei für das Scoring einfach deren Schwierigkeitsgrad in der lokalen Skala von 1-12 addiert wurde. Somit musste man also nicht alle Boulder in der Halle klettern oder probieren, sondern konnte sich nach ein wenig Kalibration darauf beschränken, möglichst hochwertige Begehungen am persönlichen Limit auf dem Laufblatt einzutragen. Natürlich bestand ob dem grossen Angebot eine reichliche Auswahl, d.h. ganz nach seinem Gusto konnte man eher athletische oder eher technische Boulder projektieren.

Einer der Finalboulder in der  U11 mit ganz schön kleinen Leisten - ich kann es bezeugen ;-)
Zuerst waren am Vormittag die Kinder an der Reihe. Es gab (nur) 3 Kategorien, U10/U16/U18. Das ist ein bisschen gar grob und war ein wenig bitter für Larina. Sie lag wegen wenigen Wochen knapp ennet der Grenze in der mittleren Kategorie und musste so de fakto gegen bis zu 5 Jahre ältere Kletterinnen antreten. Wenn dann noch Vertreterinnen aus der regionalen oder gar nationalen Elite anwesend sind, dann heisst das keine Chance auf die vordersten Plätze. Schlussendlich waren wir aber auch nicht in erster Linie dafür gekommen, sondern zum Training- und zur Standortbestimmung für die nationalen Wettkämpfe, mit welchen es schon bald los geht. Sie machte ihre Sache tiptop, zog manch schwierigen Boulder und wurde schliesslich Achte - in der U10-Kategorie hätte es für Rang 1 gereicht. Jerome hingegen darf vorerst noch bei den Jüngsten mitmachen. Doch auch hier ist die Konkurrenz schon stark, die Reserve beim Finaleinzug war gar nicht mal so gross. Aber schliesslich war er da und vor dem Publikum bouldert er immer gerne und stark. Im konkreten Fall auf Rang 3, bravo!

Orthopädischer Sitzstart im Veteranen-Finale, gar nicht mal so freundlich für die alten Knochen ;-)
Am Nachmittag durften dann auch noch die Erwachsenen ran. Das Line-Up war beachtlich und wurde an der Spitze von Athleten mit Weltcup-Niveau definiert! Doch zu meinem Glück war auch heuer eine Veteranenkategorie (Ü40) definiert, somit hatte ich auch eine echte Chance auf eine Top-Platzierung. Die Quali gelang mir tiptop, ich konnte sogar einen Slab-Boulder lösen, den sonst (soweit ich gesehen habe) niemand knacken konnte. Auf Rang 2 ging ich in den Final, der dann für mich leicht enttäuschend verlief. Zwar verblieb ich auf selbigem Rang, aber meine Performance war nicht wunschgemäss. Einerseits war ich nach >60 bezwungenen Problemen in der Quali und unzähligen Versuchen mehr schon platt, andererseits waren die Finalboulder im steilen Gelände, an kleinen Griffen mit harten Sitzstarts geschraubt und somit ziemlich genau das, was mir beim Indoorbouldern nicht so liegt. Das war ein wenig schade, schlussendlich war es aber trotzdem ein erfolgreicher, intensiver und toller Tag, der viel Freude gemacht hat.

Epilog: Familienskitour Farestöggli

Am nächsten Tag dann, nach der intensiven Boulderei, mochte wenig erstaunlicherweise niemand einen Griff anlangen. Obwohl das Wetter längst nicht mehr so schön wie am Vortag war, wollten wir uns noch auf eine kleine Skitour begeben. Dies notabene eine Première für das geflickte Knie in der Familie, welches übrigens für Boulderwettkämpfe nach wie vor nicht tauglich ist. Vom Arvenbüel liefen wir zur Vorder Höhi (mit improvisierter Beiz im Alpstall) und besuchten mit dem Farestöggli einen zwar unbedeutenden, aber bisher noch unbesuchten Gipfel. Und just in dem Moment, wo die fast einzigen Sonnenstrahlen an dem Tag durch die Wolkendecke schienen, gab's auch noch 100hm echt lässige Abfahrt in sulzigem Schnee. Inspiriert vom Bericht auf ufundab.blogspot.ch versuchten wir ebenfalls einmal den Aufstieg mit Uphill-Langlaufski. In einer Kiste fand ich noch ein altes Paar Felle. Rasch waren diese auf das eine Paar Kinder-Skatingski zugeschnitten, welches wir im Moment besitzen. Der Gehkomfort sei super, beschied der Tester. So würde er von jetzt an immer mit mir auf Skitouren mitkommen, mit Schneeschuhen mache es hingegen "keinen Spass". Natürlich kommt der Erwachsene bei diesem Modus nicht darum herum, im Aufstieg die Alpinski und -schuhe mitzutragen und oben muss das Equipment gewechselt werden. Es ist aber für den sporadischen Gebrauch eine günstige Alternative zu einer kostspieligen, vollwertigen Tourenausrüstung für die Kinder und eines glaube ich nur zu gerne: der Aufstieg damit ist sicherlich viel komfortabler wie mit den Schneeschuhen. Affaire a suivre...

Unterwegs zur Vorder Höhi - derjenige mit den fellbewehrten Uphill-Langlaufski ist kaum mehr zu halten.

Freitag, 21. Februar 2020

Claro News 2020

Klettern an den sonnengewärmten Tessiner Felsen, davon kann man einfach nie genug kriegen. Der Crag in Claro gehört definitiv zu meinen Lieblingsdestinationen, kein Wunder zieht es uns immer wieder dahin zurück. Noch manches spannende Projekt wartet dort meiner Begehung, doch kürzlich ist's eines weniger geworden. Neu kann man sich im (Haupt-)Sektor California eine Portion 'Suure Moscht' (8a) verdienen.


Die m.E. höchst treffend benannte Route befindet sich zwischen 'Teresa ciapa la presa' (7a+) und 'Zigofolies' (7c+). Auf plattige Einstiegsmoves folgt schon bald ein kniffliger, technischer Boulder, der etwas Zeit zum Gären braucht. Nach dessen Bewältigung wird man in etwas einfacheres Gelände entlassen, nur um vor dem Stand noch einmal in Präzision und Athletik geprüft zu werden. Nein, homogen-ausdauernd ist diese Route nicht und rein mit Kraft wird ihr auch kaum beizukommen sein. Vermutlich macht das den Mix, dass sie manch einer als 'unlohnend' empfindet. Die Natur spielt ihre Spiele aber so, wie sie will. Gäbe es an entscheidender Stelle nur ein 5mm breites, scharfes Käntchen, dann wäre die Sache schon wesentlich zugänglicher und es könnte eine ziemlich kontinuierlich fordernde 7b+ sein. Mich persönlich hat das Projekt gereizt - vor allem, weil es darum ging, eine 'unmöglich' scheinende Stelle zu entschlüsseln und sie erfolgreich zu meistern, was ja jetzt nun eben gelungen ist. Aber vielleicht ist das einfach der Benefit von jenem, welcher noch der Erste sein kann. 

Nein, das ist kein qualitativ hochwertiges Foto - unscharf, schlechtes Licht, low-quality-Apparat und von weit weg. Meinen herzlichen Dank an Jerome, der mich hier vor die Linse genommen hat! Trotzdem vermittelt das Foto einen Eindruck von der oberen Crux, wo man ein weiteres Mal trittarm zu moven hat.
Wie die Route zu bewerten ist, stellt eine schwierige Frage dar. Für mich persönlich definitiv an der Grenze des Machbaren, zum Glück auf der richtigen Seite. Somit schlage ich eine 8a vor, wie immer völlig frei von persönlichen Emotionen. Sollte sich im Laufe der Zeit ein andere (insbesondere tiefere) Einstufung als geeigneter erweisen, so schmerzt mich das überhaupt nicht und entwertet mein Erlebnis mit diesem Projekt nicht im Geringsten. Im Gegenteil, ich freue mich darüber zu hören, wie andere die Route und ihre Schwierigkeiten erlebt haben - go and crush it :-)

Ein bisschen weniger grimmige aussehende Claro-Action darf auch nicht fehlen. 'Te la do io l'Arca' (7b), die meine beiden Frauen inzwischen erfolgreich meistern konnten, bravo! Weitere News zu noch nicht in den Kletterführern verzeichneten Claro-Routen gibt's übrigens hier und da

Montag, 17. Februar 2020

Onsernone / Parete ai Monti - Dimitri (7a)

Die Parete ai Monti im Val Onsernone liegt sehr sonnig auf nur rund 1000m und gibt ein ideales Ziel für die kältere Jahreszeit her. Schon lange war die 'Dimitri' (11 SL, 7a) weit oben auf meiner Wunschliste. Doch die Anfahrt für eine Tagestour ist (zu) weit und als Familienziel war die Sache dann bis dato doch zu anspruchsvoll. Umso besser, dass mit Viktor nun ein topmotivierter Partner bereitstand, um endlich einmal steil im Gneis angreifen zu können. Nach einem Preludium mit einfacherer Plattenkletterei offeriert die 'Dimitri' vier absolut herausragende, athletische Seillängen in vorzüglichem Fels und ein interessantes Dessert zum Abschluss - ein genialer Klettertag!

Blick von Berzona auf die Parete ai Monti (im Vordergrund). Links ist auch noch Parete Sud sichtbar.
Nach einer Weckerpanne stand das ganze Ticino-MSL-Weekend schon auf der Kippe. Doch als dann endlich wieder Verbindung hergestellt war, hiess es nix wie los - denn so sollte es doch auch am ersten Tag noch für eine MSL, ja sogar die Dimitri als dem Hauptziel reichen. Unsere Tour startete schliesslich wenige Minuten vor 11.30 Uhr in Berzona. Wir nahmen den im Extrem Sud bezeichneten Parkplatz und wählten den Zustieg gemäss Skizze - erst durchs Dorf, dann die lange Querung nach links (Westen). Einmal an den letzten Häusern vorbei, wurde die Sache rasch unübersichtlich. Überall lag tiefes Laub, Pfadspuren waren keine mehr zu erkennen und Markierungen bzw. Steinmänner gab's auch nicht. Man muss dabei aufpassen, dass man nicht zu hoch hinaufsteigt, da der Graben oberhalb von ca. 850m nicht mehr passierbar ist. Ideal ist es, dem auf der Swiss Map verzeichneten aber vor Ort unsichtbaren Pfad zu folgen. Vermutlich wäre es aber sowieso effizienter, vom Parkplatz gleich links des Baches weglos hinaufzusteigen. Das ist zwar sicher ebenso weglos, aber kürzer und schneller, zudem sind's nur 100hm, bis man mit der anderen Route zusammentrifft. Von diesem (hypothetischen) Vereinigungspunkt geht's dann weiter weglos aber etwas besser gangbar über ein Blockfeld mit umgestürzten Bäumen hinauf zum Einstieg. Die Skizze im Extrem Sud bezeichnet diesen sehr genau. Wir brauchten gerade eine halbe Stunde Gehzeit (ca. 270hm). Einmal vor Ort, galt es keine Zeit mehr zu verlieren und um Schlag 12.00 Uhr ging es los.

Aus dieser Perspektive sieht L1 (6b) arg grasig aus. Ist aber nicht so, klettert sich genussreich und ist schon knifflig!
L1, 6b, 45m: "Man wundere sich nicht über die scheinbare Überabsicherung, der Einstieg hat es in sich" schreibt Röbi Bösch in seinem Buch "Schweiz Alpin, die schönsten Touren in Fels und Eis". Treffender kann man es nicht ausdrücken. Der Steilaufschwung vom Boden weg ist strukturiert-griffig, die nachfolgende Platte geneigt und etwas vegetativ. Sieht völlig easy aus, doch der Mantle vom Steilen auf die Platte nach dem ersten Bolt hat es echt in sich. Auch danach heisst's noch länger sorgfältig antreten, erst als der Vorsteiger aus dem Sichtfeld entschwindet, geht's dann zügiger voran.

L2, 5b, 50m: Easy Platte, das kann man nun weitgehend als verschärftes Gehgelände bezeichnen. Zum Ende kommt dann allerdings noch eine reichlich glatte Stelle mit einem Runout zum Stand hinauf, die den Schwierigkeitsgrad durchaus rechtfertigt.

Kennt ihr den Lasso-Trick?!? Hilft, wenn der Vorsteiger unmögliche Reibungsstellen überwinden muss ;-)

L3, 6a+, 45m: Vom Stand weg easy an die etwas gesucht scheinende Reibungsmauer. Die spielt sich nach unserem Empfinden echt voll an der Haftgrenze ab - 6a+, wtf?!? Ich würde hier ohne Witz eher eine 6c veranschlagen - im Gesamtkontext fand ich z.B. L8 (7a) weniger fordernd. Wie immer natürlich schwer zu vergleichen, wenn es in einer Länge Griffe hat und in der anderen eben keine. Der Rest der Seillänge kommt dann leichtverdaulicher daher.

L4, 5c, 45m: Eine weitere, gemütliche und schnell erledigte Seillänge ohne schwierige Stelle. Bolts stecken hier am Anfang und in der Mitte eher wenige. Daher unbedingt die Cams mitführen und ein Auge auf die Placements werfen. Es hat welche, sogar auch gute - aber nicht à discretion.

Das Finish von L4 (5c) und damit das Ende der gemütlichen Zustiegslängen.
L5, 6a+, 35m: Kurze Linksquerung über den Dornenbusch hinweg (eine Gartenschere mitzuführen wäre kein Seich!!!) und dann einem Riss/Verschneidung entlang hinauf, kurz etwas athletisch und komplett selber zu sichern. Hierfür ist 6a+ wohl durchaus passend. Ich muss jetzt hier nicht nochmals schreiben, um wie viele Grössenordnungen ich sowas einfacher finde wie die Stelle in L3 - tue es aber trotzdem ;-)

Hinein ins steilere Gemäuer geht's in L5 (6a+), die nach der Querung einem steilen, mobil zu sichernden Riss folgt.
L6, 7a, 40m: Nun geht's los! Es folgt gleich das Prunkstück der Route bzw. die Seillänge, welche mir mit ihrer anhaltenden Kletterei am besten gefallen hat. Es geht grob der offenen Verschneidung entlang nach oben. Diese wird allerdings nur extensiv genutzt, hin und wieder kann man ausspreizen. Viel mehr hat die Sache den Geschmack von technischer Wandkletterei, da man vorwiegend die linke Wand mit ihren Leisten, Noppen und Untergriffen nutzt. Die kniffligste Stelle folgt nach der Mitte, ein supercooler Boulder der etwas Imagination und Vorausplanung erfordert. Sodann wird man in rissigeres Gelände befördert. Das Finish dann athletisch am steilen Riss (erst Finger, dann Hand), der zum Glück schön scharfe Kanten hat - dafür sind die Tritte eher Mangelware. Die Sache kulminiert im Gegendruck-Ausstieg, der dann auch selbständig mit Cams abgesichert sein will - Hammer!

Kräftiges Gegendruck-Finish am Ende von L6 (7a). Hier heisst durchziehen, kleiner Runout über einem Cam.
L7, 6c+, 25m: Ein bisschen leichter, aber ebenso spektakulär geht's weiter! Die Route folgt nämlich nicht weiter der Verschneidung (da wäre der Fels wohl etwas brösmelig), sondern zieht luftig an die exponierte Kante. Jene nutzt man schlussendlich kaum, sondern klettert mehrheitlich unmittelbar rechts davon an Leisten - eine fantastische Passage. Nicht ganz erschlossen hat sich mir hier die "expo"-Bewertung im Extrem Sud. Die Haken stecken dicht und fair, das dünkte uns völlig problemlos.

Superspektakuläre Linienführung an der exponierten Kante in L7 (6c+).
L8, 7a, 20m: Jetzt wird gleich nochmals eine Schippe an Luftigkeit draufgelegt! Ein horizontaler Quergang führt an Untergriffen athletisch ca. 8m nach rechts. Man muss kurz schon etwas zupacken und Entschlossenheit zeigen, es geht aber gut. Auch hier steht im Extrem Sud nochmals "expo". Auf der Querung stecken aber 3 BH und ausser, dass auch der Nachsteiger hier parat sein muss, sahen wir das alles im dunkelgrünen Bereich. Am schlausten für den Seilverlauf ist's übrigens wohl, alle Bolts direkt und mit kurzen Exen einzuhängen, auch wenn am zweiten Bolt eine Verlängerung montiert ist und der Haken rechts nach einer langen Schlinge ruft. Nach der Querung einem etwas glatten Handriss entlang knifflig hinauf, bald kommt der Stand.

Der Kletterer ist noch nicht parat. Hier in Bildmitte quert L8 (7a) luftig horizontal hinaus.
L9, 6c+, 25m: Der einfachste Weg oder unnötiger Special Effect? Die Gestaltung der Route gleich nach dem Stand wirft Fragen auf. Vom Stand geht's in heikler Querung trittlos an schlechten Untergriffen nach links, wobei es direkt hinauf (vermeintlich?!?) auch einfacher ginge. Auch der Klipp des zweiten Hakens zeigt sich biestig, worauf eine athletische Passage erst an Rissspuren und dann über eine henklige Stufe folgt. Die Route geht im direkten Seilverlauf gerade über den Überhang (nicht linksrum!), der Bolt ist von unten nicht sichtbar.

Erneut fantastische, athletisch-kräftige  Kletterei in L9 (6c+).
L10, 6a+, 20m: Griffige und luftige Kletterei. Irgendwie nie schwierig, irgendwie auch nie so richtig einfach. Im Originaltopo steht eine 6b, das hätten wir wohl auch geglaubt. Allerdings, wenn die Reibungsstelle in L3 wirklich nur 6a+ ist, dann würde hier auch etwa 5b reichen (aber das hatten wir ja schon ;-))

L11, 6b, 30m: Zum Schluss wartet nochmals eine richtige tolle Seillänge über eine rissdurchzogene Platte, wobei sich hier immer wieder formidable Klemmer offenbaren, ohne welche die Sache dann alles andere als leichtverdaulich wäre. Ein toller Abschluss - nur scheinen aus heutiger Perspektive einige der Bolts hier neben perfekten Placements als verzichtbar. Doch wie dem so ist, bei der Erstbegehung war der Riss wohl noch grasgefüllt und nahm keine mobilen Sicherungen auf. Da hätte man schon erst von oben Abseilen und Putzen müssen. Für die alpinen Puristen ist weder A noch B ein gangbarer Weg - zeigt wieder einmal, dass im Nachhinein kritisieren immer einfach ist.

Nochmals eine super genussreiche Seillänge über die rissdurchzogene Platte in L11 (6c).
Um 16:45 und damit nach rund 4:45h Kletterei schütteln wir uns am Top die Hand und dürfen uns zu einer perfekten Onsightbegehung beglückwünschen. Wir verschieben gleich noch weiter hinauf auf den ebenen Block, an welchem das Routenbuch befestigt ist. Wie immer bietet dieses spannende Lektüre: in den 90er-Jahren, bevor die Route in den Führern publiziert wurde, waren fast nur italienisch sprechende Kletterer da. Später hat's dann gedreht und heute sind es praktisch ausschliesslich deutschsprachige. Allerdings ist die Route doch erstaunlich wenig frequentiert, in den letzten 10 Jahren waren es im Schnitt nur noch 3-4 Seilschaften pro Saison - kaum zu glauben für eine solch tolle Linie. Nachdem wir einen wunderschönen Sonnenuntergang bestaunt hatten, machten wir uns auf die Suche nach dem Abstieg. "Suche" darum, weil wir ja schon auf dem Zustieg Erfahrungen mit dem weglosen, mit viel Laub bedeckten Steilgelände und den vagen Beschreibungen gemacht hatten. Mit der Landeskarte, Spürsinn und "der Nase nach" fanden wir schliesslich einen guten Weg. Trotzdem schadet eine genaue Textbeschreibung wohl nicht...

Fantastisches Ambiente und ein toller  Sonnenuntergang grüssten uns am Top der Route.
Abstieg

Zuerst heisst es noch ca. 50hm aufsteigen bis zum deutlich ausgeprägten Vorgipfel (auf älteren Karten als P.1333) kotiert, wobei man den "Gipfel" ganz am Ende in der Ostflanke umgehen kann und in den Sattel dahinter gelangt. Nun gut 100m die Höhe haltend in offenerem Gelände nach NNE auf den breiten, mässig steilen Rücken queren und auf keinen Fall direkt vom Sattel direkt das steile Couloir hinunter!!! Auf dem Rücken wird das Gelände nach ca. 60hm (1260m) steiler, bleibt aber gut begehbar, auch dank Pfadspuren bzw. Wildwechseln. Man kommt dort unter der im Originaltopo erwähnten "bogenförmigen Birke" vorbei. Weiter auf dem wieder flacheren, breiten Rücken hinunter, bis man auf ca. 1170m auf offeneres Gebiet und die Ruinen von einem alten Steingebäude trifft. Möglicherweise müsste man "offiziell" irgendwo dort nach N den Bachgraben überqueren. Wir taten dies erst weiter unten auf 1100m. Dieser Weg dünkte uns logisch (Wildwechsel in den Graben hinein, jenseitig das am besten gangbare Gelände, wo auch eine Wasserleitung für die Hütten von Iasco verlegt war). Gemäss der Beschreibungen sollte es aber für den Ausstieg aus dem Graben Fixseile haben, die wir vor Ort weder finden noch sehen konnten. Diese können aber eigentlich nur höher als auf 1100m liegen, wobei unser Weg für die Bachquerung ganz kommod war. Wenig später (in der Vegetationsperiode durch einen Farndschungel) erreicht man Monte Iasco, von wo ein erkennbarer Pfad zurück nach Berzona führt.

Facts

Parete ai Monti - Dimitri 7a (6c obl.) - 11 SL, 370m - G. Cugini et al. 1992 - ****; xxxx
Material: 1x oder 2x50m-Seil, 12 Express, Camalots 0.2-2

Sehr schöne und abwechslungsreiche Kletterei. Die ersten 4 Seillängen führen noch mässig spektakulär über Reibungsplatten, halten aber auch schon die eine oder andere  Knacknuss bereit. Danach steilt das Gelände auf, Wandkletterei an Leisten, athletische Henkelpassagen, Risse und Verschneidungen bilden das Menü bei oft luftiger Exposition. Die Route ist mit Inox-BH solide und gut bis sehr gut grundabgesichert. Vereinzelt muss mit Cams selber abgesichert werden, jedoch wirklich nur an Stellen wo dies sehr gut möglich ist - manchmal stecken auch an Orten Bolts, wo es ein schönes Placement hätte. Am meisten Genuss findet man in dieser Route sicher im Winterhalbjahr. Während der Vegetationszeit spriesst sicher überall das Grün, was v.a. Zu- und Abstieg mühsam und zeckenverseucht machen dürfte. Der Weg zu und von der Route ist zwar nicht allzu lang, aber doch recht steil. Vor allem aber konnten wir keine Wegspuren erkennen oder Markierungen finden, so dass etwas alpiner Spürsinn nicht schadet.

Sehr schönes Originaltopo der Erstbegeher aus dem Wandbuch. Grazie mille Glauco et al!

Montag, 10. Februar 2020

Skitour Chörbsch Horn (2650m) mit Epilog

Wenn die Gefahrenstufe im Bulletin auf einem verschärften 'erheblich' steht, so fällt es nicht mehr so leicht, eine sichere, lohnende und mir unbekannte Tour zu identifizieren. Oder wenn, dann muss ein etwas höherer Aufwand für die Anreise mit einkalkuliert werden. Nachdem aber ein wettermässig wunderschöner Tag prognostiziert war und es nach Regen bis weit hinauf wieder eine Ladung pulvrigen Neuschnee gegeben hatte, wollte ich mich nicht lumpen lassen und nahm den Weg nach Davos Frauenkirch auf mich, um von dort auf's Chörbsch Horn zu steigen - es hat sich sehr gelohnt, ich konnte diese beliebte Tour bei besten Bedingungen geniessen und in der Abfahrt über den Erber Berg die erste Spur legen.

Wunderschönes Bergambiente bereits auf den ersten paar Hundert Höhenmetern von der Zivilisation weg.
Tourbeginn war um 10.30 Uhr beim Bahnhof in Frauenkirch. Ich musste nur über die Hauptstrasse gehen, konnte gleich die Ski anziehen und durch glitzernden Neuschnee schreiten. Wenig überraschend war bereits eine Aufstiegsspur vorhanden, wobei der Effort heute dank dem tragenden Deckel darunter und etwa 25cm federleichter Auflage gut zu verschmerzen gewesen wäre. Über einige Kehren auf dem gespurten Wanderweg im Wald war bald die schön gelegene Stafelalp erreicht. Nun ging's ins freie Gelände. Die steilere Stufe (kurz 35 Grad) lässt sich mit einem Wechsel auf den rechten Rücken elegant umgehen, so ist tatsächlich bis zum Gipfel hinauf kein einziger, kritischer Hang zu begehen. Über P.2456 und die Chörbschhornhütte ging's dem Gipfel entgegen, wo ich um 12.15 Uhr eintraf. Auf der Bank konnte bequem Rast gehalten werden, mit einer grandiosen Aussicht in alle Himmelsrichtungen.

Das Ziel voraus - der Gipfel vom Chörbsch Horn leicht rechts der Bildmitte.
Die Aufstiegsroute hätte eine gute Abfahrt versprochen. Ich wollte mir aber die Gelegenheit nicht entgehen lassen, noch eine etwas neue Perspektive kennen zu lernen und wählte darum die Abfahrt über den Erber Berg. Ausser wenn's man es sehr umwegig umgeht, muss man dazu den auf ca. 40hm gegen 35 Grad steilen SE-Hang vom Chörbsch Horn befahren. Das war aber gut zu verantworten, v.a. auch weil der frisch gefallene Schnee zonal sehr gut mit dem Untergrund gebunden hatte und das Bulletin etwas gar pessimistisch ausgefallen war. Um danach nicht auf Irrwege ins Frauentobel zu gelangen, ist entweder eine längere Schiebestrecke unter dem Hanengretji (2541m) durch nötig. Oder die vermutlich bessere Variante, Felle aufziehen und die Kuppe gleich überschreiten - für Gipfelsammler ist das sowieso die richtige Strategie. Die Abfahrt vom S-Gipfel ist dann nochmals kurz 35 Grad steil. Weiter ging's dann über die ideal geneigten Hänge vom Erber Berg mit dem Privileg der First Line für mich - mega! Sämtliche Rücken waren hier abgeblasen, aber in den Rinnen gab's besten Powder. Auf 1800m kommt man dann in den Wald hinein, was diese Variante nur bei genügender Schneelage attraktiv macht. An diesem Tag waren die Bedingungen bestens, in tiefem, weichem Schnee konnte durch die Bäume gekurvt werden - nur zu bald war der Ausgangspunkt in Frauenkirch wieder erreicht. Fazit: "das hät gfägt!" und wie mir das Studium der Tourenberichte im Nachhinein zeigte, hatte ich mit meiner Tourenauswahl wohl eine gute Nase, denn die Bedingungen wären längst nicht überall so gut.

Die Chörbschhornhütte, eher 5 als 15 Minuten vom Gipfel entfernt.
Zwei Tage später gab's dann noch eine Tour der Sorte "unverhofft kommt oft". Auf der Suche nach einer kurzen Vormittagsbeschäftigung wurde mir gewahr, dass auch in der Nähe im Tössbergland noch etwas vom weissen Gold zu finden wäre. So stieg ich vom Atzmännig hinauf zur Schwammegg. Alles vom Parkplatz bis zum Gipfel mit den Ski auf durchgehender Schneedecke machbar. Diese war zwar nur dünn, aber von idealer Beschaffenheit, um danach schöne und genussvolle Schwünge hinzuzuzaubern. Schlussendlich war das wieder mal ein Ausflug von der Sorte "total genial". Da habe ich doch schon des Öfteren massiv mehr Aufwand getrieben und weniger Skigenuss erhalten. Zudem: egal was noch kommen wird diesen "Winter", die Skisaison 19/20 im Züri Oberland hat stattgefunden!

Viel Grün rundherum, aber auch ein perfekter weisser Teppich. Hinten die Ostwände von Schwarzenberg und Höch Hand.

Die Schneedecke war dünn, aber die Abfahrtsbedingungen echt perfekt :-)

Facts

Chörbsch Horn (2650m) ab Davos Frauenkirch
1150hm Aufstieg, Ski-Schwierigkeit WS
Material: normale Skitourenausrüstung

Dienstag, 4. Februar 2020

Sparta Fight 2020

Der Sparta Fight in Buchs/SG ist ein bereits traditioneller Boulder-Wettkampf. Als jeweils einer der ersten Termine im Jahr kann man ihn zur Standortbestimmung nutzen. Oder für die weniger Ambitionierten einfach zur Gelegenheit, sich an 40 brandneuen Top-Problemen einen ganzen Tag lang auszutoben. Diese Chance(n) wollten wir uns nicht entgehen lassen, wobei Team Dettling erneut bzw. nach wie vor nur mit halber Besetzung Vater/Tochter am Start war. Für diejenigen, die es kurz mögen: wir gingen mit viel Stoke, durchgescheuerten Fingerkuppen und einer Bronzemedaille nach Hause.

Podest U12 mit der Boulder-Schweizermeisterin zuoberst. Foto: Sparta Bouldering
Um 10.30 Uhr ging's los, die Kinder hatten bis 15.00 Uhr Zeit, ihre Nüsse zu knacken, die Erwachsenen sogar bis um 20.00 Uhr abends. Auf dem Menü standen aber für alle dieselben 40 Boulder von flash- bis unlösbar, so konnten Larina und ich die Sache gemeinsam angehen. Ihr Breakdown war am Ende:

13 Tops (wovon 7x flash), 19 Zonen --> Rang 3 von ca. 15 in der Kategorie U12

Einige wenige Boulder gingen also leicht von der Hand, mehrere erforderten schon richtige Investition und leider belohnten diverse trotz grösserem Aufwand mit keinem Eintrag auf der Scorecard. Gleich mehrmals fehlten nur Zentimeter an Reichweite, welche die Sache entschieden einfacher gemacht hätten. Andererseits darf man auch nicht alles auf die Morphologie abschieben. Kann man nicht hinlangen, so muss es halt dynamisch gehen - und der Anschauungsunterricht bei den nationalen Jugend-Topcracks zeigt einem dann, wie man vermeintlich unmögliches trotzdem realisiert. Aus diesem Aspekt ist die Teilnahme an solchen Events eine unschätzbare Quelle der Inspiration und des Fortschritts. 

Der war für ihre Körpergrösse schon recht knifflig, bzw. am Limit. Foto: Sparta Bouldering
Für mich persönlich lief es wie folgt:

30 Tops (wovon 26x flash), 32 Zonen --> Rang 23 von 111 in der offenen Kategorie

Im Vorjahr war ich noch ein paar Plätze weiter vorne, doch schon damals hatte ich geschrieben, dass die Platzierung um +/- ein paar Ränge schlussendlich mehr Glückssache aufgrund vom Liegefaktor der Limit-Probleme ist. Meine Performance fühlte sich gut an - nur eine einzige Zone hätte sich noch in ein Top verwandeln lassen, ich scheiterte dort 2x am letzten Move und irgendwann fehlte mir dann schliesslich der Saft, um bei diesem athletischen Boulder noch zum Punkt zu kommen. In der Rangliste hätte dies allerdings keinen grossen Unterschied gemacht, für die Teilnahme am 6er-Final wären 34 Tops nötig gewesen. So machten wir uns spätabends mit vielen Eindrücken, angenehmer Plattheit und dem Vorsatz, das nächste Mal noch härter pullen zu können zufrieden auf den Heimweg.

Sieht komplett easy aus, ist aber ein roter Boulder (~7B) und das passt schon, denn gleich geht zügig die Türe auf!