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Mittwoch, 7. Februar 2018

Tessin 1/2018

Am Weekend waren auf der Alpennordseite Kälte und Wolken angesagt. Anstelle von einem Trip in den Schnee schienen uns die sonnengewärmten Tessiner Felsen attraktiver. Und wie immer kehren wir beglückt und mit einem reichen Strauss an Erlebnissen nach Hause zurück. Zum Mix gehören dieses Mal erfolgreiches Sportklettern und eine Neutour in Claro, eine MSL-Route in Ponte Brolla, Bouldern in Arcegno und zum Schluss noch etwas weniger erfolgreiches Finger verbiegen am Balladrum. Doch im Einzelnen...

Aaaahhhh! Klettern an sonnengewärmtem Tessiner Gneis anfangs Februar 2018 - Route Wim (6 SL, 5a+) in Ponte Brolla.
Während sich mein Projekt in Claro vor Weihnachten 2017 schon bei der Anfahrt heftig gewehrt hatte, entfiel diese erste Schlüsselstelle diesmal. Von den reichlichen Schneefällem im Dezember war damals nämlich die Strasse heimtückisch mit Schnee und Eis bedeckt, was uns gezwungenermassen einen verlängerten Anmarsch bescherte. Ob mir das die Kräfte raubte und mich zum Rauskippen am letzten schweren Move führte?!? Wohl eher nein, bei den bouldrig-schwierigen Moves in der Black Brothers (8a+) muss einfach jede Bewegung perfekt sitzen. Nun waren bereits wieder 6 Wochen vergangen... sämtliche grossen und kleinen Tricks hatte ich mir damals noch vor Ort auf ein Audio-File gesprochen. Die Frage war jedoch, ob ich das einerseits so quasi 'ab Band' würde umsetzen können, andererseits ob denn auch die Form noch gleich gut wie damals passte. Die kurze Antwort lautet ja, in meinem dritten Go des Tages konnte ich mir dieses Mal das wohl kurze, aber sehr technisch-bouldrige Testpiece sichern.

Throwback zu den Ereignissen im Dezember 2017. Tückisch vereiste Spurrinnen und mühsamer Schnee daneben machten damals schon die Anfahrt zum Projekt in Claro zur ersten Crux. Naja, laufen statt fahren war dann eben die Devise, wobei Steigeisen gar nicht so unpraktisch gewesen wären.
Die Bohrmaschine hat man am Fels ja meist nicht einfach aus Zufall dabei - nein, so war's natürlich nicht. Schon in der Vergangenheit hatte ich das Potenzial erspäht, mit bzw. für die Kinder und sonst weniger Versierte noch eine kurze Route an diesen Felsen einbohren zu können. Das zahlte sich dieses Mal umso mehr aus: die Bedingungen in Claro schwanken derzeit zwischen perfekt und unmöglich. Konkret waren ca. die Hälfte der Routen bei unserem Erscheinen mit Eiszapfen überzogen, so dass man sie wenn schon, denn schon Mixed hätte angehen müssen. Im Laufe des Tages mit der wärmer und wärmer erstrahlenden Sonne krachten diese Gebilde dann aber tosend in die Tiefe - logischerweise waren die betroffenen Routen 'non practicabile'. Unsere Projekte sowie auch die geplante Neutour links von Carolaina waren davon jedoch nicht betroffen und in perfectly crisp conditions. So konnten wir in gemeinschaftlicher Familienarbeit die Jaraguri (6a) einbohren und dann auch punkten.

Inzwischen haben Regen und Wärme ganze Arbeit geleistet und Schnee ist weit und breit keiner mehr in Sicht. Also geht die Barriere dieses Mal auf (gegen Einwurf von 10 CHF in Münzen, wohlverstanden). Erwähnt sei, dass die Barriere im Dezember auch kein Hindernis war. Nur wurden die Strassenverhältnisse mit jedem Meter Abstand von der Barriere prekärer und prekärer.
Für den Folgetag wollten wir die Kinder das Klettermenü bestimmen lassen - unter der Nebenbedingung, dass auch für Mama und Papa noch 3 Versuche in Sportkletterrouten drin liegen würden. Alle Wünsche zu erfüllen führte uns zu einer kleinen Safari durchs Locarnese. Der Auftakt dabei am Rovine del Castelliere in Ponte Brolla. Zusammen mit der Tochter kletterte ich die im Plaisir Seléction aufgeführte Wim (6 SL, 5a+, 4c obl.). Diese führt als eine der wenigen Routen bis ganz zum Gipfel und bietet lässige Kletterei im ortstypischen Gneis. Die ersten 3 Seillängen sind recht steil und auch gar nicht so easy - 5a+ ja meinetwegen, anderswo geht das vielleicht auch als 5c durch. Selbstredend spielte das für uns keine Rolle, diese Schwierigkeiten haben wir an beiden Seilenden im Griff. Unterwegs, und vor allem in den oberen drei, etwas plattig-flacheren, einfacheren Seillängen mit ein paar kniffligeren Einzelstellen schweiften die Blicke immer wieder auf die Wände vis-à-vis. Nein, heute war es noch zu früh in der Saison für DEN PLAN... aber vielleicht schön bei der nächsten Reise ins Tessin, wer weiss?!?


Zum ersten Mal nach langen Jahren stieg ich also tatsächlich auf den Gipfel des Rovine del Castelliere aus. Vom Ende der Route geht's erst noch etwas aufwärts auf Wegspuren, bis man zum Gipfel mit dem prähistorischen Kastell kommt, welches derzeit restauriert wird. Von dort kann man auf markierten Bergwegen nach Tegna absteigen. Entweder via Forcola (Wegweiser) oder unsere Variante, direkt hinunter durch die Südflanke und zuletzt durch die breite Schlucht, welche von der Forcola nach Tegna zieht. Und wie so oft hat es sich sehr gelohnt, wieder einmal neue Pfade zu beschreiten, tatsächlich haben wir auf diesem Abstieg noch einen gut gehüteten Schatz entdeckt - "wenn wäisch wani mein...!?!". Von unten kommend ist der Beginn vom Pfad übrigens nicht leicht zu finden. Dort wo's zum Campo Sportivo hinuntergeht zwischen den Häusern durch, einen Block nach links et voilà.

Die finalen Moves in der Wim (6 SL, 5a+) kurz vor dem flachen Gipfel des Rovine del Castelliere.

Nach diesem Auftakt ging's noch nach Arcegno zum Bouldern. Für Hardmover gibt's hier im Vergleich zu anderen Tessiner Gebieten nicht extrem viel zu holen, aber für Kinder ist's absolut perfekt. Zuletzt liessen wir das Weekend dann bei perfektem Panorama und mildem Sonnenschein an den Felsen vom Balladrum ausklingen. Hier waren wir schon vor ein paar Jahren vorbeigekommen, damals noch mit dem Kinderwagen. An jenem Tag waren mir fast alle Routen gelungen. Ausstehend war einzig noch der Frosch (8a). Doch dieser hüpfte mir erneut davon. Die Route ist zwar nur 10m kurz, aber dafür umso intensiver. Hier gilt es bei aktuer Trittarmut, kleine, extrem scharfe Leisten ohne Rücksicht auf Verluste an Haut und Gelenken zu riegeln. Irgendwie 'not my cup of tea', bzw. für meine Gewichtsklasse ganz generell ein suboptimales Projekt - so schön der Platz über dem Lago Maggiore auch ist, vermutlich werde ich nicht allzu bald zurückkommen, um den Frosch zu bändigen - da gibt's im Ticino noch manch anderes Projekt, welches mich wesentlich mehr begeistert und wo wir hoffentlich schon bald wieder Hand anlegen können :-)

Arcegno Bouldering. Ein gutes Topo findet man hier: klick!

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