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Donnerstag, 11. September 2025

Wendenstöcke - Troja (7a+)

Zum Ende der Sommerferien gab es nach 3 Jahren Absenz endlich wieder einmal Ausflug an die Wendenstöcke, der Initiative von Bernat sei Dank! Wie so oft hatten wir uns auch dieses Mal bei der Routenwahl aufgrund der vielen Möglichkeiten etwas schwer getan. Schliesslich fiel unsere Wahl auf die bisher selten begangene Troja am Excaliburpfeiler. Sie erhiesch grössten Respekt: erstbegangen durch Profi-Alpinist Roger Schäli und Wenden-Urgestein Michal Pitelka, im Topo mit 7a obligatorisch und expo angegeben und die wenigen Internet-Einträge berichteten von langen Runouts und teilweise zweifelhaftem Fels. Wir wollten es genauer herausfinden und siehe da: wir trafen auf affengeile, athletisch-steile Henkelkletterei an weitestgehend bestem Fels und dies erst noch bei einer prima Absicherung. Das Resultat: einer meiner bisher besten Klettertage an den Wendenstöcken!

Der stolze Excaliburpfeiler an den Wendenstöcken mit dem Verlauf von Troja.

Wegen einem gewissen Gewitterrisiko am Abend starteten den Zustieg schon um 6.05 Uhr und liefen den gewohnten Weg hinauf zum Einstieg am Excaliburpfeiler. Viel hat sich dabei gegenüber früher nicht geändert, einiges aber doch: kürzliche Starkregenfälle haben den Graben beim Parkplatz (und einen Teil von diesem selbst) mit Geröll und Geschiebe aufgefüllt und überflutet, weiter nimmt die Wegspur mal kurz einen anderen Verlauf wie früher. Das sind aber alles Details, wichtig ist nur eines: keinesfalls über die steilen Schrofen direkt zum Einstieg gehen, sondern im gestuft-felsigen Gelände in der Falllinie vom Elefantenohr aufsteigen, bis man horizontal über Bänder zum Einstieg bei zwei Sanduhren queren kann. Um 7.20 Uhr waren wir da und legten um ca. 7.40 Uhr mit der Kletterei los.

Morgenstimmung am Einstieg.

L1, 40m, 6b: Diese Länge hatte ich schon 3x zuvor geklettert (für Excalibur, Lancelot und Blaue Lagune). Mehr oder weniger auf los geht's los: ein erstes Überhängli, dann kurz nach links zu gleich mal recht fordernder Plattenkletterei. Während ich mich früher da jeweils mit grossem Respekt hochgezittert hatte, lief es dieses Mal sehr flüssig. Im zweiten Teil dann etwas einfacher bei grösseren Sicherungsabständen. Erst wieder leicht rechts, dann gerade hoch.

Plattige Kletterei zum warm werden in L1 (6b).

L2, 40m, 6b: Für die Troja ist es definitiv günstiger und logischer, hier die häufiger gekletterte, linke Variante zu wählen. Achtung, wie auch die erste Länge ist sie nur teilsaniert, d.h. teilweise stecken noch altertümliche Kronenbohrhaken. Daher nicht optimal für längere Sturzübungen, aber das ist auch nicht nötig. In feiner Kletterei geht's gut abgesichert nach links hinaus auf die Kante, dann jenseits von dieser hinauf. Das Ende ist dann sehr gesucht. Während es links erst via Wasserrillen und dann Schrofen zugänglich wäre, locken zwei Bolts in kompakte Wandabschnitte mit Löchern, welche nochmals 6b-Moves bieten. Achtung, die Kombi von Absicherung und Sturzgelände ist da ist nicht gerade optimal.

Die Querung nach links hinaus auf die Kante charaktersiert L2 (6b).

L3, 30m, Gehgelände: Linkshaltend über Schrofen zum eigentlichen Excaliburpfeiler zum gemeinsamen Einstieg von Zonda und Troja (mit verblasster blauer Farbe angeschrieben). Achtung, es gibt da keine Standhaken, man kann jedoch Cams platzieren. Der Start der beiden Routen (bzw. der erste BH) ist dann gemeinsam, Zonda zieht dann links weg.

L4, 50m, 6c+: Knallerplatte lautet das Programm hier, wie so üblich in der ersten Länge an diesem Pfeiler. In wunderbar gefinkeltem Fels schreitet man hier in die Höhe, wirklich sehr genussreich. Zudem auch recht homogen schwierig, eine klare Crux konnten wir nicht ausmachen. Während man zwischen den schön in gerader Linie steckenden Haken durchaus manchen Schritt tun und einige Schleifen klettern muss, so kann man ohne Zweifel sagen: gut abgesichert. Auch das BH-freie Ende der Seillänge löst sich prima auf. Am markanten Dachbogen lassen sich sichere Cams versorgen. Für die einfachste Linie steigt man dann nicht direkt über das Dach hinweg, sondern geht etwas tiefer rechts hinaus. Oben liegt dann nochmals ein guter Cam in einer Schuppe, so gelangt man ohne Angst und Knieschlottern zum Stand.

Die 50m lange Seillänge über die Knallerplatte von L4 (6c+) ist ein absolutes Highlight.
Die Gegenperspektive: der Fels in L4 (6c+) ist genial strukturiert und kletterfreundlich.

L5, 15m, 6c+: Kurz, hat es aber in sich! Also zuerst einmal: wie Spuren am Stand davor und danach, sowie der Hakentyp zeigen, wurde diese SL offenbar schon früher vor der eigentlichen Erschliessung von Troja geklettert und auf anderem Weg erreicht?!? Die kompakte Wandstufe will bei enger BH-Absicherung reibungslastig und mit ein paar Leisten und Löchlein erklettert werden, wobei es die richtige Sequenz zu ertüfteln gilt. Nach unserem Empfinden sind die Moves hier klar schwieriger wie in L1. Dieselbe Bewertung zu vergeben kann aber aufgrund der Gesamtanforderung/Länge aber schon Sinn machen.

L5 (6c+) ist zwar nur kurz, bietet aber knifflige technische Wandkletterei.

L6, 40m, 7a: Nach rechts zieht eine einfache Rampe, nach links wäre es womöglich auch zugänglich, aber nach Troja geht's schlicht und einfach gerade voraus. Jedenfalls ist das der Pfad, welchen die Hakenlinie vorgibt. Die einfachste Linie findet man hingegen etwas darum herum mäandrierend, aber das ist genau richtig so. Die Seillänge ist wohl anhaltend und braucht etwas Ausdauer, eine wirklich schwierige Stelle konnten wir jedoch nicht ausmachen. Für Wenden-Standards sicherlich eine gutmütige 7a, oder mit anderen Worten: da haben wir wohl die richtige Linie gefunden. Das soll aber nicht abwertend tönen: die Henkelkletterei im griffig-rauen Gestein ist einfach fabelhaft!

Der Blick voraus auf die steile, griffige und anhaltende L6 (7a).
Der Blick zurück zeigt die hammermässige Felsqualität.

L7, 30m, 7a+: Bernat meint zu mir aufgrund von Topo und Ferndiagnose "this one could be a bit more bouldery". Und damit trifft er den Nagel durchaus auf den Kopf. Insgesamt auch eine affengeile Länge, auch wenn die ersten Meter nicht durch Gestein der ersten Güteklasse führen (die mässig gut verankerte Schuppe rechts besser pfleglich behandeln!). Nachher ist's dann aber top: an guten Griffen über die Steilstufe, dann mit deutlicher Rechtsschleife zum dritten BH und einfacher hinauf an den zweiten Wulst mit der Crux. Kräftige Moves an Seitgriffen bieten da die Lösung, dies bei Top-Absicherung. Vor der Pause am Stand gilt es dann noch eine plattige Verschneidung zu meistern.

Die athletische Crux in L7 (7a+) hat Bernat geschafft, nun wartet noch die plattige Verschneidung.

L8, 35m, 7a+: Hier befindet man sich unterhalb vom grossen Dach, welches wenige Meter rechts von der Excalibur mit der charakteristisch-luftigen Passage über die Seitwand gemeistert wird; Troja geht hingegen direkt drüber. Die ersten Meter bis unter den Überhang gehen gut, auch wenn die Felsqualität da kurz nicht erste Sahne ist. Die nicht ganz horizontale Dachpassage im grossen Überhang trumpft dann wirklich mit 1a-Henkeln auf. Wer öfters mal in einer Boulderhalle rumturnt, wird da kaum Probleme haben. Am schwierigsten ist noch der Ausstieg ins wieder vertikalere Terrain am Schluss, aber auch das löst sich auf. Gefolgt wird dies von traumhafter Kletterei an guten Griffen in Top-Gestein: nie mega schwierig, nie banal, somit genial.

Am Dach in L8 (7a+) gibt's 1a-Henkel, da kann man nicht nur, sondern muss eine Pose werfen.
Das Ende der Seillänge (L8, 7a+) trumpft mit absolut göttlichem Gestein auf!

L9, 40m, 7a: Das ist jetzt eben die Expo-Pitch, wobei ganz so wild oder gefährlich dünkte es uns nicht. Der erste BH steckt nicht gerade eben nah und am Ende von einer reibungslastigen Rampe auch etwas wacklig zu klippen - geht aber schon. Als nächste Sicherung wartet dann leider nur eine mässig gute SU-Schlinge. Die Crimpy-Wandkletterei ist zwar gut kontrollierbar, nach meinem Gusto aber mehr oder weniger die Hauptschwierigkeit dieser Länge - auch da, ein paar Mal kräftig zuschrauben, dann geht es schon. Es kommen dann wieder BH, die Moves am nächsten Überhang sind richtig cool und gut gesichert, der Runout danach ist problemlos. Beim BH am nächsten Wulst stellen sich nochmals Fragezeichen: da scheint der Weg nach rechts auf die Rampe der Excalibur absolut logisch (einfachste Lösung) und man weiss nicht so recht, ob man nochmals steil ins Ungewisse klettern soll. Die Antwort ist aber ja: Troja geht tatsächlich dort hoch. Es kommen noch 2 SU (u.U. mit fixer Schlinge), das Terrain ist griffig und es löst sich gut auf. Zuletzt erreicht man dann die Kante, der Fels wird etwas lottrig und es geht nach rechts zu gemeinsamem Stand aller Routen in diesem Bereich.

Über diese Rampe ist der erste BH in L9 (7a) etwas weit anzuklettern.

L10, 30m, 6c: Dieses Teilstück gehört formell zur Excalibur, war aber trotzdem neu für mich. Es wurde erst bei der Sanierung im 2011 eingerichtet und war bei meiner damaligen Begehung im 2007 noch nicht existent. Die Länge führt nochmals in steiles Gelände - schon gutgriffig, aber irgendwie dann doch nicht ganz so easy und man muss ein wenig schauen, wie es aufgeht. Erst gut gesichert mit 2 BH, dann 2 SU-Schlingen (obwohl die zweite etwas rechts abseits ist, dürfte es besser sein daran vorbeizuklettern), bevor es an einem letzten BH vorbei auf die einfache, aber ungesicherte Abdachung geht. Achtung, da liegen viele lose Steine herum. Trotzdem ist diese neue Variante die viel bessere Lösung als die ursprüngliche 4c, wo man die vollen 30m ungesichert im Lottergelände zu klettern hatte.

Panorama am Top vom Excaliburpfeiler. What a place to be!

Etwas vor 14.00 Uhr waren wir nach rund 6:15h an Kletterei am Top, und dies mit einer beiderseits einwandfreien Onsight/Flash-Begehung, wow! Ich erinnere mich, bei den früheren Begehungen gerne im exklusiven Gipfelbuch gelesen zu haben. Doch dieses war nirgends mehr auffindbar, selbst der Steinmann am Top des Pfeilers (welcher nur wenige Meter an Prominenz aufweist) hatte das Zeitliche gesegnet. Letzterem konnten wir Abhilfe schaffen und weil der Himmel noch freundlich aussah, gab es keinen Grund zur Eile. Schliesslich warfen wir die Seile aus und glitten über die Excalibur in die Tiefe. Das geht recht effizient, einzig der Stand unter dem Dach ist nicht so einfach zu erreichen. Zurück am Wandfuss erhielten wir Besuch von der Steinbock-Gang und entschlossen uns, vor dem Abstieg noch einen Blick ins links oberhalb des Einstiegs gelegene Biwak zu werfen. Die Installationen sind zwar noch vorhanden, werden aber scheinbar nicht mehr gepflegt/genutzt und sind am Verfallen. Auch das sehr interessante Biwakbuch mit seinen lesenwerten Stories konnte ich nicht mehr auffinden. Prinzipiell wäre es langsam an der Zeit, hier einmal eine Aufräumaktion durchzuführen und die Überbleibsel ins Tal zu tragen. 

Man sieht's, die Steinbock-Gang hat ganz klare Erwartungen an uns.

Zügig, aber mit der nötigen Vorsicht stiegen wir über das steile Gelände zurück Richtung Wendenalp. Mehr oder weniger mit unserem Eintreffen dort fielen doch noch einige Tropfen vom Himmel, welcher sich erstaunlich zügig verdunkelt hatte. Dies sollte uns nicht weiter stören oder behelligen, doch es rief eindrücklich in Erinnerung, wie delikat die Kletterei an den Wendenstöcken bei Gewittergefahr sein kann. Die Lage kann sich deutlich schneller verändern, wie man in der Wand oder selbst im exponierten Teil des Zustiegs reagieren kann. Mich hat es zum Glück nie erwischt, bzw. ich hatte immer ausreichend defensiv geplant. So ging auch meine persönliche #43 am Massiv mit einem grossen Glücksgefühl zu Ende. Eine perfekte Begehung, gleichzeitig mit der 7a+ eine persönliche Onsight-Bestleistung an den Wenden und dies auf einer Route, wo ich lange Zeit Hemmungen hatte, überhaupt erst einen Versuch zu starten. Sicherlich einer der besten meiner sehr vielen guten Klettertage an den Wenden, und sportlich gesehen bis dato vermutlich sogar der wertvollste. Auf bald wieder, kann man da nur sagen!

Facts

Wendenstöcke - Troja 7a+ (6c obl.) - 10 SL, 350m - Schäli/Pitelka/Iff 2004 - ****;xxx/xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams 0.2-2

Eine absolute Top-Kletterei mit bestechender Linie am Excalibur-Pfeiler. Nach drei Seillängen mit eher steilplattiger Kletterei (L1, L2, L4) geht's bis zum Ausstieg mit gutgriffig-steiler, athletischer Kletterei weiter. Der Fels ist dabei bis auf zwei, drei kurze, einfachere und absolut problemlose Abschnitte von bester Qualität. Für mich ist es absolut unverständlich, warum Troja nicht viel populärer ist: aus meiner Optik ist sie in vielerlei Hinsicht mit einer Patent Ochsner vergleichbar. Die Bewertungen sind für Wenden-Massstäbe absolut fair und realistisch. Auch die Absicherung darf man gerne als gut bezeichnen: klar, wir reden hier von Wenden-Standards, es hat nicht alle 2m einen BH und die Strategie A0 ist höchstens von beschränktem Nutzen. Die Bolts sind aber fair gesetzt, es gibt keine krassen Runouts und auch keine schwierigen Stellen weitab der letzten Sicherung. Ich meine, 6c obl. ist ausreichend, Troja gehört nicht in die "7a obl."-Liga wie Transocean, Blaue Lagune, Das 11. Gebot, Batman oder Tsunami. Am anspruchsvollsten ist wohl effektiv L9 (7a), wobei das "expo" für uns nicht wirklich nachvollziehbar war (d.h. es drohen keine gefährlichen Stürze mit Auf-/Anprallgefahr). Hier und da, insgesamt aber doch eher nur punktuell sind Cams zu legen. Ein Set von 0.2-2 ist dementsprechend mitzuführen. Die Grösse 3 hatten wir dabei, fanden jedoch keine Einsatzmöglichkeit dafür. Ein präzises schematisches Topo habe ich bisher nirgends gefunden, daher habe ich selbst eines angefertigt (Download in voller Auflösung). Die besten und neusten Infos zum Gebiet findet man sonst im Extrem West, Band II.

Mein Topo zur Troja, hier geht's zum Download in voller Auflösung.

Montag, 1. September 2025

Pic de l'Aigle - Maëlstrom (7a)

Mit Larinas Teilnahme an der Jugend-WM und dem Trip nach Helsinki schrumpften unsere Sommerferien in den französischen Hautes-Alpes im 2025 auf ein Minimum zusammen. Mit nur 8 Klettertagen mussten wir uns auf "das Beste vom Guten" beschränken. Eine MSL im Massif des Cerces in der Nähe vom Col du Galibier gehörte da ganz eindeutig dazu, schliesslich galt es auch die schon über 7 Sommer fortgeführte Tradition zu bewahren. Nach zwei Limit-Sportklettertagen war das stabile Hochsommerwetter gegeben und der Wunsch nach etwas Erholung von den harten Moves präsent. So beschlossen wir, weder die längste noch die härteste Route anzugehen, welche für uns drin gelegen wäre. Trotzdem ist die hier beschriebene Maëlstrom kein "halbes Programm": toller Fels, eindrückliche Kletterei und ein super Ambiente charakterisieren diese Mega-Route.

Die fabelhafte Wand des Pic de l'Aigle mit dem Verlauf der Route Maelstrom.

Der von mir schon mehrfach beschriebene Vorteil der Wände um den Col du Galibier liegt darin, dass ein früher Aufbruch weder nötig noch vorteilhaft ist. Nach einem gesunden Schlaf und einem ausführlichen Zmorge machten wir uns in der zweiten Vormittagshälfte auf den Weg. Um 12.35 Uhr starteten wir schliesslich zu Fuss bei Les Mottets (2140m). Sprich, im Gegensatz zu unserer ersten Tour am Berg hatten wir noch die (schlimmer als) rätikonmässig holprige Piste von der Passstrasse bei Plan Lachat genutzt, um bis zur Barrieren-Absperrung zu fahren. Mehrheitlich den Kehren der Strasse folgend erreichten wir das Militärcamp bei Les Rochilles (2412m, 13.05 Uhr), wo allerhand Betrieb war (mehr dazu später). Nun gilt es noch, über ein Wiesen-Geröllgemisch, teilweise auf Wegspuren zum Einstieg zu gehen, welchen wir mit dem Fototopo problemlos anlaufen und identifizieren konnten (13.20 Uhr). Um 13.45 Uhr starteten wir mit der Kletterei.

Start zur Tour bei der Barriere von Les Mottets (2140m).

L1, 35m, 6a: An einem griffigen Riss geht's gleich steil in die Höhe, für die ausgegebene Bewertung doch gar nicht mal so einfach. Im oberen Teil dann einige Aufschwünge, bevor das Gelände abflacht und einfacher, ja am Ende gar etwas schrofig wird.

Schrofiger Ausstieg aus der sonst lässigen L1 (6a), hinten das Militärcamp Les Rochilles.

L2, 40m, 2a: Eine einfache Traverse, meist im Gehgelände, mit ein paar Kletterzügen im einfachen Fels. Es sind 4 BH vorhanden, grob gilt es sich Richtung 10 Uhr zu halten, sonderlich schwierig ist die Orientierung nicht.

Die zweite Länge ist noch als Zustieg zur eigentliche Kletterei am Pfeiler zu verbuchen.

L3, 35m, 6b: Hier geht's nun richtig los, wobei man auf den ersten Metern noch etwas Schonfrist erhält (gestufte Kletterei von noch nicht Top-Qualität). Letztere kommt aber: in steilplattigem Gelände gilt es entschlossen anzutreten, teilweise sind einige weite Moves an guten Griffen durchzuriegeln. Es ist anhaltend und recht komplex, eine taffe 6b! Hinweis: nach ca. 20m sieht man an einer Stelle den nächsten Haken nicht, dort geht es in Richtung 13 Uhr weiter (nicht den scheinbar einfacheren Weg nach links nehmen!)

Prima Plattenkletterei in tollem Fels mit eher vertikal ausgerichteten Strukturen (L3, 6b).

L4, 40m, 6b+: Nochmals eine anhaltende, plattige und fordernde Seillänge. Der Fels ist wohl rau, aber irgendwie doch schlabbrig-glatt mit wenig horizontaler Struktur, was mich sehr ans Schweizereck im Rätikon erinnert hat. Nach zwei Dritteln steigt man zu einem Break aus, die eindrücklich-plattige Traverse der Schlusswand löst sich dann gut auf, wenn man die richtige Beta findet.

Knallerplatte am Ende von L4 (6b+). Das hier im Bild löst sich gut auf, vorher ist es aber fordernd.

L5, 20m, 6c: Nun wird es deutlich steiler und der Charakter der Route wechselt zu steiler Tropflochkletterei. Schon bald einmal gilt es einen richtig harten Blockierer zu vollführen. Ich dachte mir erst "sowas kann nicht die 6c-Lösung sein", habe dann aber doch keine bessere Alternative gefunden. Nach etwas Dranbleiben werden die Griffe grösser und mit etwas links/rechts an der Kante gelangt man zum Stand.

Nicht so repräsentatives Bild vom einfacheren Ende der steilen Tropflochkletterei in L5 (6c).

L6, 35m, 7a: Bisher hatten sich alle Längen hart angefühlt, so machte ich mich für die Crux auf etwas gefasst. Ein kurzer, eher plattiger Auftakt führt zur Kante, wo man im leicht überhängenden Gelände an zwei diagonalen Tropfloch-Rails für Fortschritt sorgen muss. Da eng gebohrt, wäre A0 problemlos, doch der Onsight gelang mir überraschend easy. 1-2x kräftig aus einem Gaston riegeln, dann geht's ähnlich wie in der Länge zuvor mit links/rechts an der Kante deutlich griffiger und einfacher (6b) zum Stand.

Auch in der Cruxlänge flacht das Terrain am Ende ab und führt zu einem bequemen Stand (L6, 7a).

L7, 30m, 6c+: Zuletzt kommt noch ein richtiger Knaller mit Ausdauerkletterei in steilem Tropfloch-Gelände. Zwar geniesst die Länge im Internet nicht die beste Presse ("rocher ultra aggressif", "râpe à fromage", usw.). Doch ich klettere gerne in scharfem Fels und fand das einfach mega! Nach einem zupfigen Start geht's anhaltend und in luftiger Position zur Sache, gegessen und gepunktet ist es erst mit dem letzten Piaz-Überhängli, super!

Auch dieses Foto zeigt nicht das, was im Text steht. Erst die letzten Meter in L7 (6c+) sind geschenkt.

Dass uns dies (bzw. eine beidseitig einwandfreie Onsight- bzw. Flash-Begehung) gelang ist zwar nicht selbstverständlich, dürfte aber vermutlich auch nicht für allzu grosses Erstaunen oder Beifall sorgen. Muss es natürlich auch nicht, aber die ganze Wand ohne Sturz und Hänger zu beschreiten erhöht halt eben den Erlebniswert gleich nochmals deutlich - deshalb ist das immer das ultimative Ziel. Jedenfalls, um 18.15 Uhr waren wir am Top, somit hatten wir 4:30h gebraucht. Doch einen Grund zu pressieren gab es nicht, also genossen wir es ausgiebig und bis sich Larina jeweils an jedem Stand in bzw. aus ihren engen Comp-Kletterfinken geschält hat, vergehen durchaus Minuten... in dieser Hinsicht fruchten meine Appelle zur Verwendung von etwas grösser bemessenem Schuhwerk bei den nicht ganz so matchentscheidenden Tätigkeiten an Fels und Plastik leider gar nicht.

Fantastisches Panorama am Top - ils disent "bucolique".

Nach einer Pause bei schönster Abendstimmung und Top-Aussicht auf die rückseitigen Bergseen machten wir uns auf den Fussabstieg. Ein Abseilen macht hier überhaupt keinen Sinn: es wäre sehr umständlich und die Route ist nicht dafür eingerichtet, ein notfallmässiger Rückzug ginge aber schon. Zügig geht's im Bereich der Krete (Wegspuren vorhanden) abwärts zum Col des Rochilles und hinab zum Militärcamp. Und eben, dieses war mit dem Helikopter Squad der französischen Armee besetzt. Immer mal wieder war mit den eindrücklichen Riesenbrummern tagsüber eine Runde gedreht worden, für entsprechende Unterhaltung an den Standplätzen war also gesorgt. Nun: wie wir da zum Camp liefen, kamen Offiziere und Soldaten gleich dahergelaufen und empfingen uns wie Helden. Mit den Bergen und der Kletterei offenbar nicht vertraut, waren sie äusserst beeindruckt von unserer Kletterei durch die (vom Camp gesehen durchaus eindrückliche) Wand. Umso mehr, als sie sich gewahr wurden, dass da noch ein 15-jähriges Girl mit von der Partie war. Ein lustiger Austausch war es (parfois ça vaut la peine de bien parler français) und definitiv nicht der Zeitpunkt für ein Understatement, dass die Maelstrom für uns jetzt nicht "that big a deal" gewesen sei. Das wäre zwar durchaus korrekt, im Vordergrund steht aber sowieso das tolle Berg- und Klettererlebnis.

A+, wir kommen sicher wieder!

Facts

Pic de l'Aigle - Maëlstrom 7a (6b obl.) - 7 SL, 240m - Déglise/Laferrière/Millot 2011 - ****;xxxx
Material: 1x oder 2x50m-Seil, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig

Eine eher kurze, aber doch eindrückliche Kletterei welche zwar nicht mitten durch die steile Westwand am Pic de l'Aigle führt, aber doch über einen Pfeiler auf einen kecken Turm im rechten Teil. Bis auf die Schrofenzone in L2 wartet qualitativ hochwertige Kletterei: zuerst ein Riss, dann fordernde Platten und in den letzten drei steilen Seillängen verschärfte Tropflochcrimperei. Für die Höchstnote von 5 Sternen reicht es insgesamt nicht ganz, aber ein sehr, sehr gut gibt es auf jeden Fall. Die Absicherung mit verzinkten BH ist prima ausgefallen. In den plattigen Abschnitten von L3 und L4 heisst es auch zwischen den Haken mal noch gescheit auf die Füsse zu stehen. In den steilen Tropflochlängen danach sind die Abstände dann deutlich kürzer und die Kletterei schien mir wenig obligatorisch. Gedruckte Literatur zum Pic de l'Aigle gibt es meines Wissens nicht, informativ ist C2C und das Topo der Erschliesser.

Hier geht's los!

Mittwoch, 27. August 2025

Bouldering in Helsinki

Nein, nach Helsinki zum Bouldern zu reisen, das wäre mir vermutlich nicht einfach so in den Sinn gekommen. Der unweit (ca. 1h östlich) gelegene Burden of Dreams (9A) ist mir definitiv zu schwierig und obwohl wir sogar Familie in der Stadt haben, nahm ich die Reise bisher nie auf mich. Doch als sich Larina für die Jugend-WM im Sportklettern qualifiziert hatte, war der Moment da. Hey, und wie sich zeigte, war es auch zum Bouldern richtig cool. Zwar ganz klar nicht ein Premium-Boulderspot auf unserem Planeten, dafür gibt’s aber überall in und um die Stadt verteilt Boulderblöcke, so dass sich die sportliche Aktivität ohne viel Zusatzaufwand mit einem City Trip verbinden lässt.

Bouldern in Helsinki ist ein Genuss! Hier in der Extended Pippeli Extension (7A) in Koivusaari.

Infos

Wir waren in Lautaasaari stationiert, einer Insel ca. 3km westlich vom Stadtzentrum. Das war ein guter Ausgangspunkt, zudem lag mit dem Koivusaari einer der besten Blöcke in Helsinki in Gehdistanz. Generell spielt es jedoch keine wesentliche Rolle, wo man residiert. Die Boulderspots sind weit verstreut und mit dem sehr gut ausgebauten ÖV bestens erreichbar (Tipp: HSL-App nutzen). Wobei wir den ÖV nur für den Weg hin und zurück zum Flughafen nutzten. Sonst waren wir mit immer mit dem Velo unterwegs. Das funktionierte perfekt, das Velowegnetz ist super ausgebaut (da könnte sich die Schweiz eine Scheibe davon abschneiden!) und die maximale One-Way-Distanz, die wir zu fahren hatten, lag bei 18km. Wir konnten von privat gute Velos ausleihen, es gibt jedoch ein preisgünstiges, öffentliches City-Bike-System für jedermann.

Wir waren stets mit dem Velo unterwegs zum Bouldern.

Jahreszeitlich waren wir Ende Juli/Anfang August vor Ort. Es war so richtig sommerlich und warm, zu Beginn sogar heiss. Ein sehr willkommener Kontrast zur regnerisch-kühlen Schweiz, aus welcher wir angereist waren. De fakto war es für ambitioniertes Bouldern eher auf der warmen Seite. Die Blöcke sind allesamt aus bombenfestem Granit, der Fels fühlt sich meist eher glatt an. Sprich, es geht nicht so auf die Haut, dafür fühlt es sich gerade bei Wärme eher schwitzig und nicht so grippy an. Bzgl. Jahreszeit will ich mich hier nicht zum Experten aufspielen. Der Winter ist aber lang, kalt und dunkel, sprich die Sommermonate sind sicherlich besser und der Frühling sei trockener wie der Herbst. 

In dieser "Gletscherspalte" wäre es im Winter ganz sicher nicht boulderbar.

Falls nötig, gibt es in der City auch diverse Bouldergyms und Kletterhallen. Das war für mich zum Glück nicht nötig, ich war nur bei Boulderkeskus in Espoo, um das Rental Pad abzuholen (Link zum Pad Rental). Das Landegelände war in den von uns besuchten Gebieten in aller Regel freundlich. Sprich generell eben und kaum verblockt, aber auch nicht Wiese oder Sand wie in Bleau. Kurzum, ein paar Steine hier, eine Wurzel da oder sonst ein Absatz im Terrain. Ganze ohne Matte ist ambitioniertes Bouldern kaum sinnvoll möglich und mit Risiko behaftet. Das für 15 Euro/Tag geliehene Moon Saturn war ein guter Deal und sehr wertvoll – mit dieser einen Matte waren auch alle gekletterten Boulder gut machbar.

Das war der Grund, warum Helsinki aufs Tapet kam. Und es passt zum Thema Kletterhalle. Bild: IFSC.

In Sachen Topos gibt es nichts Gedrucktes, man kann/muss auf 27Crags zurückgreifen. Um alle Infos und insbesondere die Fototopos zu sehen, muss man eine Premium-Version lösen (kostenfreie Testversion für 7 Tage, dann 8.90 Euro pro Monat). Das lohnt sich absolut – mit diesen Infos sind die Blöcke gut zu lokalisieren und die Probleme zu identifizieren. Ein bisschen umständlich und gewöhnungsbedürftig ist das Handling der Webseite. Vor allem fühlt es sich für mich ein bisschen doof an, am Fels anzukommen und dann doch gleich wieder ins Handy zu gaffen und herzumzuscrollen, um die Boulder zu identifizieren. Da wäre mir ein Papiertopo definitiv lieber.

Session 01: Koivusaari (Topo / Infos)

Nur ein einziger Block, aber was für einer! Gegen 5m hoch steht er wie ein umgedrehter Tetraeder direkt am Meer, an der Spitze einer kleinen, unbewohnten Insel. Von der gleichnamigen Metrostation ist er in wenigen Minuten zu Fuss zugänglich, ein Auto könnte man noch näher abstellen und mit dem Velo fährt man direkt an den Einstieg. Der Block hat mehr oder weniger drei Seiten. Auf der E-Seite gibt es leicht überhängende Wandkletterei, die SSW-Seite hat eine dachartige Basis mit Plattenaustieg und Richtung NW ist es ca. 30 Grad überhängend. Die Schwierigkeiten reichen von 5A bis 7C+, wobei es eher ein Spot für Fortgeschrittene ist – für Helsinki-Verhältnisse stark besucht. Das kam mir bei der ersten Session nur zugute. Da war ich nämlich noch ohne Matte unterwegs, doch Climbing Team Poland war gerade da und so konnte mich ihnen angreifen. Wobei ich den Athleten (welche den zeitgleich stattfindenden Semi verpasst hatten) nur staunend zuschauen konnte. Mit den Coaches hingegen konnte ich Beta sharen und battlen, das war perfekt. 

Koivusaari, what a beautiful spot!

Folgende Boulder konnte ich klettern:

Yhlä (5+): Gutes Problem, überhängend und leistig, der Mantle-Exit durchaus noch knifflig.

Yhlä Direkt (6B): Ähnlich wie das Original, einfach der Mantle ist deutlich höher und heikler, braucht somit etwas Mut. So viel schwieriger ist die Sache jedoch auch wieder nicht.

Platoon (6C): Klassiker in diesem Grad mit einem dachartigen Start an Jugs, der Ausstieg auf die Platte an seitlich ausgerichteten Leisten stellt dann das Hauptproblem dar.

Rock (7A): Ähnlicher Charakter wie Platoon, sprich athletischer Start an Leisten mit weiten Zügen und (für mich) einem tricky Heelhook, der Ausstieg in die Platte ist dann eher nur noch das leichtverdauliche Dessert. Da musste ich schon investieren, konnte aber schliesslich mit einem Send davonziehen. Wobei mir ein vorbeispazierender Finne noch weismachen wollte, dass zwei (für mich) entscheidende Griffe wegdefiniert seien. Doch einerseits wäre das Problem statt gefühlt 7A eher im 7B+/7C-Bereich (definitiv härter wie die 7B gleich daneben), andererseits war meine Lösung konform mit den diversen Beta-Videos.

Ein traumhafter Abend, das Meer auch noch mit angenehmen Badetemperaturen.

Session 02: Haukilahti (Infos / Topo)

Um die Bouldermatte in Espoo abzuholen mussten wir 15km nach Westen radeln, und dann natürlich inklusive dem Luftwiderstand auch wieder zurück. So bot es sich an, auch gleich eines der Gebiete in dieser Zone zu besuchen. Am besten, grössten und vielseitigsten schien mir das gewählte in Haukilahti zu sein. Es befindet sich in einem Park/Waldstück, jedoch nur ca. 100m von den nächsten Häusern entfernt. Die Hauptwand ist ein ca. 40m breiter, 3-5m hoher, grob nach W ausgerichteter Riegel mit einer Auswahl von Problemen von 4A bis 7B. Meist +/- senkrecht oder maximal leicht drückend, die harten Boulder sind alle kleingriffig, sehr technisch und v.a. sehr trittarm. Überhängend-athletisch-gutgriffige Probleme existieren hingegen kaum. 

Engeli Sit (7A), ein richtig cooler Boulder im Gebiet Haukilathi.

Hier waren wir allein zugegen und kletterten bzw. versuchten die folgenden Boulder:

Lohkarerikko (4+), Kiva helpoo (4+), Libido (5), Halkkis (5), Luu Ulkona (5), Halipula (6A), Nylkytys (6A+): Gute Aufwärmboulder mit netten Moves, die ich allesamt flashen konnte.

Engeli Sit (7A): Harter und kleingriffiger Start, wenn man einmal den Henkel links vom Stehtstart (6B+) in den Fingern hat, geht’s etwas einfacher dahin. Wobei der Exit an der sloprigen Kante eben doch noch fordert. Nicht nur kräftemässig, aber der Fels ist glatt und das trocknende Pulver an den Pfoten hat sich bis da längst verflüchtigt. Trotzdem, für eine 7A gelang mir das recht zügig.

Engeli Left Exit (6C+): Eigentlich dasselbe wie oben, nur mantelt man am Ende nicht direkt, sondern quert hangelnd an der Kante 3m nach links, wo man dann deutlich müheloser ins Flache aussteigt. Wohl tatsächlich einen Tick einfacher wie das Original.

Das Kniffeln in zwei weiteren Problemen (Fjerleppen 7A, Positiivinen Yllätys 7A+) war schlussendlich leider nicht von Erfolg gekrönt. Vielleicht dann nächstes Mal bei kühleren Temperaturen, die wären ganz bestimmt hilfreich.

Bei solch schöner Aussicht konnten wir jeweils mit dem Velo nach Hause fahren.

Session 03: Meilahti (Topo / Infos)

Mit Chris (chmoser.ch) war ich im 2006 das erste Mal am Fels, später dann auf einigen legendären MSL wie z.B. der Millenium an den Wendenstöcken. Das ist schon lange her und damals hatte wir beide noch keine Kinder. Tja, die Zeiten ändern sich: wir waren schon länger nicht mehr gemeinsam klettern und unsere Kids sind heute 15-jährig und starteten beide mit dem Swiss Team an der WM. So ergab sich nach der Lead-Quali für Chris und mich immerhin wieder einmal eine gemeinsame Bouldersession, wofür wir das Gebiet Meilahti auswählten. Dieses bietet sehr unterschiedliche Sektoren. Einige liegen im Wald (aber nur ca. 30m von der Strasse entfernt), da habe ich nur ganz kurz hingeschaut und wurde gleich von einer Mücke gestochen. Da der Himmel bewölkt war, stand uns jedoch auch der Seaside-Sektor offen. Diese terrassenartigen Felsen befinden sich in sehr sonniger Lage direkt an der Meeresbucht. Es gibt ca. 44 Boulder von 3 bis 7C. Meist eher kurze senkrechte oder leicht überhängende Probleme, die schwierigen Boulder sind alle sehr technisch und kleingriffig, athletisch-griffiges gibt's kaum. Die schöne Lage in Nähe zum Siedlungsgebiet bringt den Nachteil mit sich, dass sich hier allerhand Volk tummelt. Dementsprechend viel Abfall liegt leider herum, insbesondere auch Glasscherben (Vorsicht!). Und nein, es sind natürlich nicht die Boulderer, denn dort wo nur diese frequentieren, ist es picobello sauber.

Meilahti Seaside Sector, auch ein schöner Platz zum Bouldern.

Kurz nach uns kam auch das Climbing Team Canada hierher und in einer gemeinsamen Session ergaben sich für mich die folgenden Boulder:

Sormiruuvi (4), Menkat (4), Listahitti (5) und einige weitere Varianten wurden zum Aufwärmen genutzt und allesamt im Flash geklettert.

Ampiaispesä (6B): Schon eine ziemlich knifflige Sache mit einem weiten Zug. Körpergrösse durchaus vorteilhaft, aber auch mit dieser nicht ganz einfach. Die von mir gewählte, rechte 6B-Ausstiegsvariante tat dann nicht mehr so viel dazu.

QR Code (7A, FA): Um die Matten nicht verschieben zu müssen, begann ich dann mit dieser definierten Variante rein in der linken Seitenwand der Verschneidung zu spielen. Erst noch unsicher, ob es (für mich) überhaupt drin läge, kristallisierte sich die Machbarkeit dann nach und nach hinaus. Während nach einiger Zeit die leistigen Intro-Moves auf nahezu inexistenten Tritten sassen, ging beim Schlussmove auf die rettende Leiste leider immer das Scheunentor auf. Bei sehr präziser Ausführung und mit voller Kraft wäre das potenziell zu halten gewesen... was sich aber schlussendlich doch nicht materialisierte. Während sich Chris und das Team Canada auf den Weg machten, wollte ich noch nicht aufgeben und mir diesen Send unbedingt holen. Beim Videostudium meiner Versuche kam mir nach einer Weile schliesslich die Idee: mit einem Double Clutch Dyno sollte es gehen. Nach etwas Tuning und einiger Hartnäckigkeit klappte es schliesslich - yes! Dies gerade mit dem Einsetzen von einem leichten Regen und in Präsenz von einem kundig-starken Local, der mit seinen Kindern am Spazieren war und mir bestätigte, dass diese zwar definierte, aber durchaus "logische" Variante so wohl noch nie gemacht worden war. Höchst zufrieden konnte ich schliesslich meine Matte schultern und nach Hause radeln. Seht selbst, es ist ein wirklich cooler Boulder (auch wenn der Double Clutch auf dem Video ziemlich Mickey Mouse aussieht...). Hier zusätzlich der Link zum Youtube-Short.


Session 04: Kaitalahti (Topo / Infos)

An diesem Tag hatten wir länger Zeit und entschieden uns darum für dieses weiter entfernte, im Osten der City gelegene Gebiet auf der Insel Laajasalo. Das bedeutete, erst einmal knapp 20km dahin zu radeln. Dieser Sightseeing-Trip war jedoch bei bestem Wetter ein grosses Vergnügen und ein integraler Bestandteil des Tagesprogramms. Wir beschränkten uns schliesslich auf den Subsektor Green Goddess (es gäbe noch drei weitere), in welchem 31 Boulder von 3+ bis 7C beschrieben sind. Obwohl de fakto nicht weit vom Siedlungsgebiet und vom Meer entfernt, bot das Gebiet doch einen etwas anderen Charakter wie die zuvor besuchten. Es war ein kleiner Magic Wood, in welchem man sich "ab vom Schuss" fühlte und wir den ganzen Tag keine anderen Personen zu Gesicht bekamen. Auch der Fels war etwas anders: rauer, teilweise etwas mit Flechten bewachsen (ähnlich wie in den alpinen Gebieten der CH à la Gottardo) und darum auch hautfressender wie anderswo in Helsinki. Die Kletterei zwischen leicht überhängend bis teilweise auch athletisch-dachartig. Der Vorteil bestand so natürlich im guten Grip. Sowieso liess es auch an diesem sonnig-warmen Tag prima Klettern, da die bekletterten Wände eher nach Westen ausgerichtet sind und teilweise im Schatten der Bäume. Das tönt alles sehr positiv und wir hatten hier wirklich eine geniale Session, begleitet von Jani und Steve mit ihren Kids (minus jenem Familienmitglied, welches ebenfalls mit dem Swiss Team an der WM war).

Kathrin am Aufwärmen in Kaitalahti, rechts von ihr startet die Kaitalukko (7A).

Folgende Boulder fanden Eingang in die Ticklist:

Kanttisläbi Sit (5+), Roope Ankan Cräkkiluola (5+), Runaway Chickens (6A) und einige Varianten davon gehörten alle zum graduellen Aufwärmprogramm und konnten geflasht werden.

Kaitalukko (7A): Hier zeigte sich wieder einmal schön, wie morpho das Bouldern sein kann. Da ich meine Beine nirgendwohin versorgen konnte und zudem mit meinen XL-Pfoten auch nicht der Oberhirsch im Halten von kleinen Leisten bin, fühlten sich die Startmoves bei diesem Problem hammerhart an und rückten erst nach längerem Tüfteln in den machbaren Bereich. Für die 12-jährige Audrey waren die hingegen ein flashbares 'piece of cake' und der für sie schwerste Move weiter oben am Boulder war für mich insgesamt der einfachste. Aber, und das zählt schlussendlich: wir haben es beide geschafft - erste Outdoor-7A für Audrey, bravo!

Jerome motiviert für Kaitalukko (7A), welche man liegend beidhändig an der Leiste links startet.

Mamas Problem (6A+/6B): Der Rest der Crew und insbesondere die (durchaus topmotivierten) Mamas kamen in der Kaitalukko auf keinen grünen Zweig und verlegten sich auf eine absolut logische, im Topo aber nicht beschriebene Variante 2m rechts davon, welche mit unserem einzigen Pad ohne grossen Zusatzaufwand gleichzeitig genutzt werden konnte. Ein wirklich cooler Boulder, wenn's einer ist, dann gehört der FA Kathrin.

Laatikaisen Kantti (6B+) & Kaatikaisen Lantti (7A+): Die 6B+ ist ein dachartiger Boulder, welcher an einer sloprigen Kante aufwärts zieht, absolut à la Magic Wood. Mir fiel der wirklich leicht, während die restliche Crew hier doch längere Zeit investieren musste. Das war insofern kein Problem, als dass es für auch noch einen definierten Eliminate im Grad 7A+ gab, der jedoch auch schnell erledigt war.

Trendikäs Maustemakkara (6B) & N'Duja (7A): Die beiden Probleme weisen den selben Sitzstart an einem Riss auf. Während bei der 6B die rechte Kante des Blocks dazugehört und man sich in genialer Fridge-Romping-Compression in die Höhe arbeitet, ist diese bei der 7A wegdefiniert. Damit kriegt der Boulder einen komplett anderen Charakter, erst bizepslastig am Riss, dann Leisten ballern in der Wand. Beide Versionen sind aber super zu klettern!

N'Duja (7A): bizepslastig habe ich geschrieben und das ist hier gut sichtbar.

Session 05: Koivusaari (Topo / Infos)

Da unsere Heimreise erst nach dem Mittag startete, gab es am letzten Tag nochmals Gelegenheit für eine Session. Dafür hätten sich insbesondere die Blöcke von Myllykallio angeobten, welche quasi vor der Haustür unseres Domizils lagen und von mir natürlich schon längst inspiziert worden waren. Da dort aber nur 2 Boulder mit Schwierigkeiten >6B vorhanden sind und der Wunsch bestand, nochmals im Meer zu baden, verlegten wir uns nochmals auf den nur wenige Minuten weiter entfernten Koivusaari-Bloc, der ja auch extrem viele coole und harte Probleme bietet. Mit dem Velo ging's bis an den Einstieg und es konnte gleich losgelegt werden mit:

"Mit dem Velo an den Einstieg", das ist nicht einfach so dahergeschrieben ;-)

Pippeli (6A): Die Kante an der Nordecke des Blocks checkt wohl eher bei 6C ein. Weder den Arsch vom Boden wegzubringen, noch der absolute Power-Move #1 und auch nicht der finale Sloper-Ausstieg bzw. Mantle sind geschenkt. Ein geniales Problem aber, Bouldern in Reinkultur!

Extended Pippeli Extension (6C): Teilt den harten Auftakt an der Nordkante mit dem vorher beschriebenen Boulder. Dann heisst es aber, der rechten, sloprigen Kante entlang mehrere Meter nach rechts zu klettern und zuletzt beim höchsten Punkt auf den Gipfel auszusteigen. Der zweite Teil fordert die Ausdauer stark. Und obwohl nicht extrem hoch, ist es wegen der sloprigen Natur und den eingenommenen Positionen mit hohen Hooks an der Kante ziemlich committing. Ich bin froh, dass ich hier mit einem Full Effort durchziehen konnte. Die Bewertung sehe ich ganz klar eher bei 7A.

Long John (7A): Die 7A kann man sich hier offiziell schreiben, doch diese kurze Variante links der Nordkante mit ein paar Zügen an Leisten und einem Mantle-Ausstieg dünkte mich eigentlich in jedem Aspekt einen Tick einfacher wie die originale Pippeli. So in etwa 6B/6B+ wäre wohl eine sinnvolle Einstufung.

Stars (6B+): Bevor der Chalkbag endgültig zugeschnürt wurde, konnte noch diese "Altlast" von der Session 01 erledigt werden. Offiziell mit Stehstart, mich dünkte der Sit logischer. Macht das Problem um zwei coole Züge an Leisten länger, ändert den Grad aber kaum. Denn die Crux besteht im hohen Ende an Slopern, wo man eine gewisse Entschlossenheit an den Tag legen muss.

Fertig gebouldert. Und Zeit, die Speicher mit einem Big Pro wieder aufzuladen.

Resümee

Wow, das war jetzt wirklich eine sehr coole Woche in Finnland gewesen. Meine Erwartungen waren nicht allzu hoch, sie wurden aber weit übertroffen. So viele coole Boulder in wunderschönem Ambiente und dies bei bestem, sommerlichem Wetter. Dazu noch eine sehr aufregende Prise Comp-Climbing zur Unterhaltung, perfekt. Vielen Dank an Barbara und ihre Familie für die Gastfreundschaft, Jerome & Kathrin für die coole Zeit unterwegs und natürlich auch an alle Fellow Climbers, welche mit mir am Fels waren.

Samstag, 16. August 2025

Bockmattli - Schattenspiel (7c+)

Der Bockmattli Ostturm fristet etwas ein Schattendasein im Lichte seiner beiden westlichen Nachbarn. Dies liegt an verschiedenen Gründen wie der Zugänglichkeit und dem Routenangebot. Immerhin, für die Toptour Gravitation (8b) habe ich es vor rund 10 Jahren einmal in diesen Sektor geschafft. Ebenso steht der Trubadur (7a+) schon seit bald 30 Jahren auf meiner Projektliste. Einmal war ich mit Kathrin in dessen Richtung losgezogen, dann aber mussten wir wegen viel Restschnee in der Zustiegsschlucht auf die Dreimal kurz gelacht (6c) umdisponieren. Nun, auch dieses Mal wurde es eine andere Route: aus der Nähe schien uns das Schattenspiel (7c+) attraktiver, beim Trubadur schienen die Risse sehr grasig zugewachsen und feucht, was kein Klettervergnügen versprach.

Blick auf Trepsenstock, Ostturm und die Ostkante vom Grossen Turm im Bockmattli.

Wie üblich ging's per Bike zur Schwarzenegg, dann aber im Gegensatz zum üblichen Trott nicht Richtung Gross Chälen, sondern auf dem Trepsenweg unter den Türmen durch, welche sich aus dieser Froschperspektive sehr eindrücklich und einschüchternd zeigen. Man zweigt dann besser früher als später vom Wanderweg ab, konkret im Bereich der Schlucht zwischen Ostturm und Grossem Turm. So kann man durchgehend in gerölligem Gelände steigen, während es weiter östlich sehr krautig ist und man morgens dementsprechend durchnässt würde. Das Ziel ist aber schon die Schlucht links vom Ostturm. Von unten sieht es absolutely heinous aus, schon nur den Einstieg zu erreichen. Es löst sich dann aber doch recht gut auf: zuerst überhängend aber noch bodennah durch den Kamin (links 2 BH von beschränktem Nutzen), dann gestuft und zuletzt sehr exponiert aber doch vernünftig gängig in einer Linksschleife zum Einstieg.

Die m.E. beste Variante beim Kamin in der Zustiegsschlucht geht wie hier von mir geklettert direkt.

Achtung: der etwas improvisierte Standplatz am Einstieg (1 BH, 1 gebohrte SU, 2 NH) ist (Stand 2025) in schlechtem Zustand, d.h. der BH vom Steinschlag defekt und das Schlingenmaterial verrottet. Wir bereiteten uns auf die Kletterei vor und stiegen um 9.00 Uhr schliesslich ein.

Defekter Lotterstand am Einstieg, an welchem man auf dem Heimweg zwingend abseilen muss.

L1, 30m, 7a: Vom Ansehen her wirkt der Fels zu Beginn schön löchrig, was sich schliesslich beim Klettern nicht ganz so wie gewünscht manifestiert. Alles fühlt sich ein wenig rund an und es ist steil, so dass man rasch auf Betriebstemperatur kommt. Die Crux folgt dann mittig am vierten BH. Auch dieser war in einem schlechten Zustand: kolossal rostig, er steckt in eher brüchigem Fels, welcher um den Haken schon ausgebrochen ist. Ob der halten würde? Ich zweifle, aber da der BH darunter nicht weit weg ist, kann man es riskieren. Es folgt die Rési-Crux und ein etwas wackliger nächster Klipp, zum Glück blieb die Gurke ungetestet. Zuletzt gilt es noch, eine etwas ausdrehend-unbequeme Verschneidung zu meisten, dann ist Stand.

Recht komplexe und kräftig-ausdauernde Kletterei in L1 (7a). Zudem liefert das Bild einen guten Blick auf den letzten Teil vom Zustieg. Vom Schneefeld am oberen Bildrand geht's über ein paar Stufen in der Rinne hoch, zuletzt dann beim Wechsel vom dunklen zum hellen Gestein in einer Schleife (linksherum in Realität, via rechten Bildrand hier auf dem Foto) zu den Säcken, die am defekten Einstiegs-Standplatz deponiert sind.

L2, 45m, 7a: Es geht gleich steil weiter, auf den ersten paar Metern noch leidlich griffig. Bald zieht's aber an, alles wird sloprig-abschüssig und es heisst, sich gekonnt mit einem weiten Zug in eine stabile Position zu manövrieren. Leider stecken die Haken da etwas kreuz und quer, wer im Bereich der Crux nicht gut verlängert, zahlt später mit Seilzug. Mittig folgt dann einfacheres Gelände (6b), wo man in der Wand nahe einer etwas grasigen Rampe klettert. Zum Schluss hingegen geht's nochmals steil und crimpy neben und an einer kleinen Verschneidung zur Sache, dieser Teil ist etwas staubig und wohl oft auch nass.

Der Schlussabschnitt in L2 (7a) bietet nochmals steile und ausdauernde Kletterei.

L3, 40m, 6b: Auch hier geht's gleich wieder steil los, zum Glück aber gutgriffig. Nach dem Klipp des zweiten BH machte ich dann grosse Augen: wie zur Hölle soll man mit 6b-Moves zum 3m horizontal versetzten dritten kommen? Nach unserer Ansicht ist der zweite Haken ein Verhauer, die Rampe führt untenrum der etwas brüchigen Rampe entlang, so löst es sich gut auf (siehe Foto). Weiter geht's dann athletisch über einige Dächlein hinweg, später schliesslich einem zunehmend grasig werdenden Riss/Rampe entlang, wobei die Kletterei doch recht cool bleibt und nicht unangenehm ist.

Die im Text beschriebene Stelle zu Beginn von L3 (6b) mit dem Verhauer-BH.

L4, 15m, 6c: Kurz aber oho, so lautet das Motto für diesen nach links querenden Abschnitt. Der Beginn ist etwas öttelig, d.h. nicht einfach (auch nicht schwierig), der Fels nicht überzeugend und die Platzierung der BH macht es auch nicht bequem. An einer ersten kompakten Wandzone wartet ein Committing Move, so richtig fordernd ist dann aber das Finish. Da entfernt man sich mit einer Gegendruck-Linksquerung an Unter- und Seitgriffen zünftig vom Haken und riskiert an beiden Seilenden einen unangenehm wirkenden Pendelsturz. Wie schlimm es wäre bleibt zum Glück ungeprüft, somit kann ich nur beruhigen, indem ich schreibe, die Moves lösen sich dann schon besser auf, wie man aufs Erste befürchtet.

Hier am Ende von L4 (6c) heisst es zupacken. Die Schlüsselstelle ist sowohl im Vor- wie auch im Nachstieg anspruchsvoll und zwingend zu klettern. Der drohende Pendelsturz ist nicht unbedingt gefährlich, unangenehm wäre er aber sicher.

L5, 30m, 7c+: It's crux time! Diese Seillänge liegt in ihrer Schwierigkeit deutlich höher wie der Rest. Los geht's erstmal technisch-tricky, es will die beste Lösung erkannt werden (es gibt sie). Weiter führt eine steile und echt coole Sequenz an griffig-strukturiertem Fels bis unter ein Dächlein hoch, wo dann die Crux folgt (7a+/7b bis dahin). Diese besteht aus zwei richtig taffen Moves an miesen Seitgriff-Slopern bei sehr dürftigem Trittangebot, bis die Griffel nach einem weiten Move in ein positives Schüppli versorgt werden können - das Ganze übrigens in sehr luftiger Position. Ich habe nicht sehr lange experimentiert, diesen 2-Mover konnte ich auf die Schnelle aber nicht lösen. Hätte man dies getan, so darf man sich im weiterhin anspruchsvollen Rest einfach nicht mehr abschütteln lassen. Das ist fordernd, denn es ist a) steil-pumpig, b) etwas unübersichtlich und c) auch noch etwas chossy, sprich der Fels ist nicht schön, es gibt Griffe zum Ausreissen und Tritte zum Wegtreten, mit einer sorgfältigen Auswahl geht's aber schon. Der Teil ab der Crux zum Stand ist nochmals als ca. 7a+ einzustufen, im Durchstieg gibt's dann übrigens keinen wirklichen Rastpunkt.

Im Schlussteil der Cruxlänge (L5, 7c+) muss man kräftig dranbleiben. 

L6, 40m, 6c: Auch hier geht's wieder steil los und die Kletterei ist recht fordernd. Das ist nicht so leicht verdaulich, mit dem nötigen Selbstvertrauen und adäquaten Kraftreserven aber doch gut lösbar. Nach ca. 15m legt sich das Gelände dann etwas zurück und man kommt leichter zur Schlusswand, wo an schönem Fels bei einer Mischung von Riss und Wasserrille auf ein Podest an der Kante geklettert werden muss. Zuletzt dann links der Kante zum Stand. Achtung: das ist zwar einfach, aber expo. Man ist da schon sehr weit über dem letzten BH und würde im Sturzfall sicherlich sehr ungünstig im flacheren Gelände darunter an den Fels prallen.

Zu Beginn von L6 (6c) muss man sich doch ganz ordentlich festhalten im Steilgelände.

L7, 45m, 6a: Tja diese letzte Seillänge hat uns auch etwas auf dem falschen Fuss erwischt. Online hatten wir gelesen "evtl. kleine bis mittlere Cams für die letzte Seillänge", im Extrem Ost steht Cams 1 & 2. Wir führten schliesslich 0.3-0.75 mit und wähnten uns mit diesen 4 Pieces gut gerüstet, aber das war nicht der Fall. Die Seillänge beginnt mit einer durchaus noch schönen Plattenpassage, wo nach 3m der erste und einzige BH kommt. Dann die Verschneidung hinauf (Achtung, lose Blöcke/Schuppen), bevor man ca. 12m auf die Schlussplatte aussteigt. Dort geht's noch 25m bei abnehmender Felsqualität hinauf. Klar ist's einfach, aber stecken tut nix, die 4 Cams waren bald einmal ausgeschossen, das Gelände ist unangenehm und ein Sturz absolut zu vermeiden. Immerhin, die Zweifel ob oben überhaupt noch etwas kommt, waren unbegründet. Den Stand mit 2 BH vor dem Übergang zu Wald/Wiese wird man schon finden, denn brauchen tut man ihn ja unbedingt.

Zum Finish in L7 (6a) ein bisschen Scheissgelände mit schlechter Absicherung, insbesondere dann, wenn man nicht ausreichend viele Cams und Keile mitführt. Die Aussicht auf Chöpfenberg, Brüggler und Wageten macht jedenfalls sicher mehr Freude.

Um 14.30 Uhr und somit nach 5:30h in der Wand hatten wir das Top erreicht. Eigentlich gar nicht mal so schlecht, bis auf L5 hatte ich alles os/fl geschafft. Dort hatte ich mit ein paar Pausen bis auf 2 Moves alles klettern können. Ob die 7c+ passt, vermag ich nicht restlos zu beurteilen, geschenkt ist sie jedoch sicherlich nicht. Die restlichen Bewertungen fanden wir hingegen passend. Umgehend machten wir uns auf den Weg in die Tiefe, denn ab 15.30 Uhr waren die ersten Gewitter angekündigt. Das Abseilen funktioniert bei dieser steilen Route an sich problemlos. Allerdings: die Standplätze sind nur mit alten, verrotteten Schlingen verbunden und man fädelt das Seil entweder in antike Schnapper oder dünne, rostige Maillons. Ich würde unbedingt empfehlen, ein paar solide Maillons (rostfrei/Inox) und genügend Seilmaterial mitzubringen, noch besser wäre gleich eine Standplatzsanierung. Zu beachten ist auch, dass man mit 2x50m-Seilen einen separaten Abseilstand nutzen muss (Topo beachten), mit 2x60m wäre dies vermeidbar.

Steile Abseilerei, hier über die Cruxlänge (L5, 7c+). Wie wir uns beim Weg nach Hause gewahr wurden, gäbe es hier zu 98% die Möglichkeit, der harten und von uns nicht in freier Kletterei gemeisterten Schlüsselstelle mit einer Linkstraverse am Dach auszuweichen. Das gäbe womöglich ein homogeneres Ensemble und könnte bei einer allfälligen Sanierung beachtet werden.

Das vorsichtige Abseilen vom Einstieg über das Zustiegsgelände schien trotz dem defekten Stand am Einstieg gegenüber dem freien Abklettern vorteilhaft. So setzten wir das um und setzten wohlbehalten wieder den Fuss auf ebeneres Gelände. Blieb noch der Weg zurück ins Tal, den wir trotz dunkel drohenden Wolken trocken zurücklegen konnten. Es war also alles aufgegangen wie geplant, tiptop!

Facts

Bockmattli / Ostturm - Schattenspiel 7c+ (6c obl.) - 7 SL, 210m - Rütsche/Zanetti 2001 - **;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express, Cams 0.2-1 & Keile

Eine durchaus interessante Route in schattiger Lage. Sie führt durch steiles Gelände und bietet an ihren Schlüsselstellen steile, ausdauernde Wandkletterei. Der Fels ist dabei meistens von guter Qualität. Einige Stellen sind etwas staubig/belagig, anderswo ist es leicht brüchig und aus fast allen Rissen spriesst üppig das Gras. Die Absicherung ist bei allen schwierigen Stellen eng gehalten, mit 6c obl. sollte man gut durchkommen. Im einfacheren Gelände sind die Abstände weiter und im 6a-Schlussabschnitt steckt sogar nur ein einziger BH zu Beginn. Wer dort hoch will, dem kann ich nur empfehlen, die von mir angegebenen Cams/Keile mitzunehmen. Ebenfalls zu erwähnen ist, dass die Absicherung etwas sanierungsbedürftig wirkt. Die teilweise verzinkten Haken zeigen Korrosion und insbesondere die Standplätze sind (gerade für das Abseilen) schmalbrüstig ausgestattet. Ein Topo und weitere Infos vom Erschliesser findet man auf der Topo-DB, ebenso ist die Route im Extrem Ost beschrieben.