Nach einem kurzen (W)intermezzo im September ist der Schnee nun im November erneut gekommen, dieses Mal mit einer Dicke von 30cm bis in die tiefsten Flachland-Lagen. Das ergab drei schöne Tüürli in der nahen Umgebung. Dass diese nicht zu viele Höhenmeter aufweisen, gereichte nur zu meinem Vorteil. Denn mit zwei back-to-back Boulderevents am Freitag- und Samstagabend war das Programm ja eh schon reichhaltig gefüllt. Aber deswegen den Schnee einfach Schnee sein zu lassen wäre dann doch jammerschade gewesen.
Tag 1
Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag schneite es ausgiebig, am Freitagvormittag gab es dann ein paar schöne Aufhellungen. Also durfte es wieder einmal der Standard-Aufstieg zum Bachtel sein, wo ich seit über 30 Jahren bei (fast) jeder passenden Gelegenheit meine Spur ziehe. Es ist übrigens schon deutlich merkbar, wie viel Popularität das Skitourengehen erlangt hat. Gab es vor Jahrzehnten noch wenig bis keine Konkurrenz um die schönsten Lines, so war ich jetzt selbst direkt nach dem Schneefall um 8 Uhr morgens nicht einmal mehr für die Spurarbeit zuständig. Wie sich am Gipfel zeigte, waren es zwei alte Bekannte von mir, welche den Job übernommen hatten. Ich wünschte ihnen eine gute Abfahrt, besuchte noch den Turm und fuhr dann auf meiner "Geheimlinie" ab, welche nochmals etwas Wiederaufstieg erfordert. Erstaunt war ich dann, als ich am Parkplatz nochmals meine beiden Jahrgänger antraf. Wegen der Kälte hatte der Funkschlüssel seinen Dienst quittiert - ich kann allen nur empfehlen, sich einmal damit zu beschäftigen, wie man in diesem Fall die Karre öffnet und sie trotzdem zum Fahren bringt. Bis die beiden das vor Ort ausgetüftelt hatten, war eine satte Dreiviertelstunde verstrichen.
Fantastische Stimmung auf dem Weg zum Bachtel am Freitagmorgen. |
Mein nächster Programmpunkt bestand aus dem Arbeitstag, welcher hier nicht näher beschrieben werden muss. In freudiger Erwartung machte ich mich dann auf zum Boulderbingo im Griffig. Ein sattes Programm von 50 frischen Bouldern hatten sie uns da an die Wand geschraubt. Das Ganze läuft unter Boulderplausch und nicht unter Wettkampf. Einen gewissen Anreiz, möglichst viele Boulder zu toppen gibt es aber dennoch. Die Bingokarte weist nämlich fünf 9er-Felder auf. Um die Gewinnchancen zu maximieren, mussten also mindestens 45 Probleme erfolgreich gelöst werden. Mir lief es wie geschmiert, sogar in der "Spezialdisziplin" des Alpinkletter-Grufties, den Koordinationsbouldern war ich erfolgreich. Vielleicht war es ja das ausgiebige Aufwärmen am Vormittag gewesen oder der Skischwung half für den richtigen Dreh beim Jump & Swing?!? Jedenfalls konnte ich die mir gesetzte Vorgabe erfüllen und selbst bei den wenigen verbleibenden Bouldern erkannte ich noch die Aussichten auf Erfolg, wenn noch mehr Zeit zur Verfügung gestanden hätte. Vernünftigerweise gab ich dann dem Spiel statt weiterer vertikaler Aktivität den Vorzug. Wobei mir das Spielglück leider überhaupt nicht hold war und der angepeilte Hauptpreis mit der Bouldermatte in andere Hände wanderte. Mit einer Packung Chalk und trotzdem viel Freude im Herzen machte ich mich auf den Heimweg.
Tag 2
Am Bingo wurde es zwar spät, aber für den Samstagvormittag war Wintermärchen angekündigt. Toller Sonnenschein und Pulverschnee bis ans Ufer vom Zürisee. Solche Gelegenheiten kommen nur alle 5-10 Jahre und in Zukunft womöglich noch seltener. Also konnte ich diese Möglichkeit natürlich nicht im Bett verschlafen, sondern machte mich auf die Socken. Das Pflichtenheft für die Tour bestand aus einem Start "ganz unten" und einem schönen Hang mit geeignetem Skigelände. Dieser ward mit Startort Maseltrangen und dem Gipfel der Steinegg identifiziert. Im 2002 war ich das letzte Mal mit den Ski (auf leicht anderer Route) zu diesem Kulminationspunkt unterwegs. Wunderschöne Stimmungen und toller Schnee versüssten den Ausflug. Dass es nur 800hm waren, störte mich keineswegs - denn noch etwas Pfupf für den Abend aufzusparen gehörte sich eh. Und sowieso bin ich - auch wenn hin und wieder eine anstrengend-lange Tour lässig ist - zum Glück nie in den Groove gekommen, den Wert einer Skitour in der Anzahl der Aufstiegshöhenmeter zu messen. Daheim reichte es dann noch, um relaxt die Speicher wieder aufzufüllen und die Beine etwas hochzulagern.
Dass es von ganz unten richtig gut geht in der Linthebene ist mittlerweile ein sehr seltenes Ereignis. |
Aber wie man sieht: absolut genialer Schnee, tolle Hänge und keine Spuren. Take your chances! |
Das Samstagabendprogramm wurde durch den 3er-Teamwettkampf im Quergang markiert. Hier war ich bereits 2021, 2022 und 2023 am Start. Bei den ersten beiden Austragungen jeweils mit Kathrin und Larina, bis sich letztere im 2023 entschloss, lieber mit ihren fitten Freundinnen aus dem Team als mit den Eltern teilzunehmen. Für die diesjährige Austragung konnten wir aber eine richtige Trumpfkarte in unser Blatt integrieren. Sie bestand aus dem eben 9 Jahre alt gewordenen Bartek, ein absolutes Versprechen für die Zukunft und die derzeit wohl stärkste Nachwuchskraft der Altersstufe U10 in der Schweiz (natürlich haben wir mit seinem Management gleich einen 10-Jahresvertrag abgeschlossen 😁 ). Trotzdem, gegen die drei U16-Girls (Hannah, Julia, Larina) würden wir wohl einen schweren Stand haben. Aber sowieso galt es, sich erst einmal für den Final in Stellung zu bringen. 29 Probleme standen auf dem Qualiprogramm. Trotz schon etwas Ermüdung in den Knochen lief es mir erneut prima. Selbst die beiden Koordo-Boulder waren ausreichend gutmütig und bei einem Tricky-Move half noch das Reibungsvermögen und die Spannweite mit. So waren bald einmal 26 Tops notiert und mit einem beruhigten Lächeln auf den Stockzähnen konnte den Girls die aufdringlich-nervige Frage gestellt werden "wie viel Tops händ ihr scho?". Die Antwort lassen wir an dieser Stelle offen, jedenfalls qualifizierte sich ihr Team Hokus Pokus Herkulis auf Rang 1 vor unserem Trio Erfahrung und Talent für die Finalrunde.
Hokus Pokus Herkulis in Aktion (man musste die Boulder nicht simultan klettern 😄). |
Auch im Final mussten wir den Girls dann den Vortritt lassen. Natürlich wollten sich die Schrauber nicht mit einem Beta Break düpieren lassen und schraubten die Griffe im Koordinationsboulder ganz sicher ausserhalb jeder vernünftigen Reichweite an. Die absolut verrückte Geschichte ist nun aber die, dass Larina genau diesen zwar offensichtlichen, aber "unmöglichen" Beta Break doch hinkriegte. Mir gelang es aber trotz gut 20cm mehr Spannweite nicht, denn ich konnte nicht genügend gleichzeitige Freiheitsgrade in Hüfte, Wirbelsäule und Schultern an den Tag legen, so dass der Spreiz-Twist-and-Reach-Move im Bereich des Machbaren gelangt wäre (siehe Foto unten). Tja, so kommt die Revanche für die aufdringlichen Fragen dann manchmal schneller, als es einem lieb ist. Jedenfalls, wieder etwas erkannt, woran gearbeitet werden kann. Doch ob die alten Knochen noch einmal schön gummig und geschmeidig werden?!? Man darf es bezweifeln... Nicht bezweifelt werden darf jedoch, dass dies ein absolut toller, spassiger und gelungener Abend war. Viva la vida!
Team Erfahrung und Talent. Die Leser wissen bestimmt, wo erstere und zweiteres zu finden ist 😎. |
Epilog
Nach dem Teamwettkampf wurde es noch später, immerhin war am Folgetag kein frühes Aufstehen angezeigt. Denn 48h nach dem frischen Schneefall und 24h nach dem Wintermärchen war am Sonntag nur noch Resteverwertung angezeigt. Mit einem gemütlichen Frühstück intus war Larina mit von der Partie, um sich die Beine ein wenig zu vertreten und das doch leidlich sonnige Wetter zu geniessen. Nochmals auf den Bachtel mit den Tourenski sollte es gehen, dieses Mal jedoch auf einer anderen Route auf dessen Rückseite. Lässig war es und nachdem der Schnee bereits im Aufstieg die Konsistenz von Kartoffelstock hatte, konnten wir einen gemütlichen Vesper in der Beiz nehmen und auf die Geschehnisse der vergangenen beiden Tage Rückschau halten. Die einzige Gefahr bestand nur fast darin, dass der Schnee während unserer Mittagsrast bereits schon weggeschmolzen wäre. Ganz so schlimm war es zum Glück doch nicht, einige schöne Kurven später war dieses zweite (W)intermezzo der Saison 24/25 dann aber doch Geschichte.
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