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Freitag, 25. Januar 2019

Touring Nice & Sweet

Pünktlich auf unsere Rückkehr vom Tessin-Trip begann am ersten Januar-Weekend vor der Haustür der Schnee wieder einmal ausgiebig zu fallen. Eine Woche später brachte ein vorübergehender Wärmeeinbruch dann leider etwas Regen - zum Glück nur so wenig, dass die Schneedecke weitestgehend erhalten blieb. Danach kam die Kälte und noch ein Pulverzückerlein, somit wurde der Schnee kompakt und schnell, ideal für Touren in meinem Heimgebiet. So kommt es, dass ich in den vergangenen Januartagen nebst viel Arbeit, den üblichen Klettertrainings und sonstigen Verpflichtungen doch 10 Skitouren unternehmen konnte.

Die bisher letzte, für einmal etwas längere Tour mit einem schlicht fantastischen Gipfelpanorama!
Nein, 2000hm am Stück kann man bei uns nicht aufsteigen und aufs alpine Prestige muss man ebenso verzichten. Die Vorteile liegen aber ebenso auf der Hand: kurzer Anfahrtsweg und die Möglichkeit, vor oder nach einem Arbeitstag noch rasch die Felle aufzuziehen. Dazu wenig Leute unterwegs, sprich viel Platz für eigene Spuren. Setzt man die lohnenden Hänge zu einem Enchainement zusammen, so kann man aber doch à discretion Höhe und vor allem Distanz machen. Wer auf der Suche nach einem konkreten Tipp ist, der sehe dazu meinen schon etwas älteren Bericht auf hikr.org. Darüber hinaus lasse ich hier nur einige fotografische Impressionen sprechen...

Auch an vermeintlich leiden Tagen kam's oft gut heraus. Definitiv der Vorteil, wenn die Tour vor der Haustüre ist!


Morgensprint, um vor dem Büro noch rasch der Nebeldecke zu entfliehen und der Sonne Hallo zu sagen.


Fantastische Winterstimmung, das war kurz nach dem grossen Schneefall, unterwegs im tiefen Powder.

Mittwoch, 16. Januar 2019

Kalymnos 2018

Nein, eine bessere Destination für Kletterferien ist mir bisher noch nicht untergekommen. Unter dem Motto "Altbewährtes geniessen" und "Neues entdecken" sollte es für uns ein weiteres Mal auf die Insel gehen. Notabene bereits das 7. Mal, allerdings lag das letzte Mal doch schon 3 Jahre zurück. Im Vorfeld hatten wir uns noch reiflich überlegt, einem anderen Ziel den Vorzug zu geben, denn schliesslich gibt's im Mittelmeer noch manch andere Insel (Mallorca, Sizilien, Sardinien, Korsika, ...), die wir noch viel weniger bzw. gar nicht besucht haben. Dass wir schliesslich doch auf Kalymnos setzten, wurde belohnt. Trotz Klimakapriolen und Mittelmeerstürmen herrschten während unserem gesamten Aufenthalt wie gewohnt durchgehend eitel Sonnenschein und perfekte Kletterbedingungen. An dieser Stelle ein Überblick über die besuchten Gebiete, die bekletterten Routen und einige sonstige Gedanken rund um die Kletterei.

Tolle Sonnenuntergänge gehören zu den Kalymnos-Ferien einfach dazu. Hier schon auf der Anreise...
Die Kinder hatten uns bisher auf jeder Reise nach Kalymnos begleitet. Ganz früher beschränkte sich ihr Radius unter Obhut der Grosseltern jeweils auf Unterkunft und Strand, während wir Eltern am Vormittag angreifen konnten und am Nachmittag das Strandleben mit der Familie genossen. Später dann begleiteten sie uns an den Fels. Vorerst mehr zum Spielen, Büechli lesen und Essensvorräte vernichten, nebst dem Spielen am und mit dem Seil, bzw. dem Klettern der einen oder anderen einfachen Route. Doch die Zeiten ändern sich: dieses Mal waren sie bereits im Vorfeld bis in die Haarspitzen motiviert, um am Fels Grosstaten zu vollbringen. So reisten wir entsprechend schwer bepackt mit 3 Seilen und 50 Expressschlingen an. Wie sich zeigen sollte, waren wir damit nicht einmal besonders üppig bestückt. Mit den Exen ging's ja noch, aber bei den Seilen wäre je mindestens 70m Länge durchaus nützlich gewesen. Naja, mit ein wenig Improvisation ging's auch mit 50m, 60m und 80m.

Daddy spielt ja Sherpa, also soll es an nichts fehlen... Aber noch mehr davon hätte nicht geschadet.

Eros

An den ersten beiden und am letzten Tag wollten wir ohne Scooter auskommen, somit lag es auf der Hand, gleich die Nachbarinsel Telendos zu besuchen. Nach einer doch ziemlich unruhigen Überfahrt mit 2-3m grossen Wellen ging das Aussteigen in die Felsen in der ruhigen Bucht unter dem Irox besser wie befürchtet. Während wir in den näher gelegenen Sektoren Irox und Pescatore schon mehrmals angegriffen hatten, liefen wir nun zum ersten Mal die gut 10 Minuten zum Eros hinauf. Es gibt hier rund 20 Routen von 6a-8a. Schatten gibt's ab Mittag, doch es liess sich auch davor an der Sonne gut klettern.

Nypmh, 7a: Anhaltende, pumpige Henkelkletterei.
Kava Aris, 7c+: Gutgriffiger "Zustieg" im 7a-Bereich, dann harte Züge an schlechten Leisten.
Zorba, 8a: Komisch eingebohrt, Gegendruck-Moves auf poliert-rutschigen Tritten, nix für mich.
Eros Telendos, 7b: Athletische Henkelparade mit vielen weiten Zügen, anhaltend!
Tremendos en Telendos, 7b: Kleingriffiger Start, dann henklig-anhaltend mit 2 kniffligen Sektionen.

Während man die schwierigen Routen links als nett, aber nichts herausragendes bezeichnen kann, sind dann die 15 Routen von der Nymph nach rechts allererste Sahne und lohnen einen Besuch auf jeden Fall! Diese sind auch entweder mit Klebehaken saniert, oder dann mit noch aktuellem, sprich nicht übermässig korrodierten Bolts ausgestattet. Vorsicht, in der Zorba und in der Kava Aris stecken nur die berüchtigten Rockland-Haken. In der Aphrodite (6c+) ist offenbar die Umlenkung derart schlecht, dass jemand mit Chalk einen Totenkopf an den Einstieg gemalt hat...



Poets

Nochmals ohne Scooter sollte es zum Poets geben, diesem zentralen Sektor über Masouri. Während es hier früher nur wenig Routen vom siebten Franzosengrad aufwärts gab, entstanden durch eine kürzlich erfolgte Putz- und Erschliessungswelle viele neue Testpieces in den oberen Graden. Darüber hinaus gibt's gleich nebenan beim Coeur d'Armeos noch viele Plaisir-Seillängen, wo sich die Kinder nach Belieben dem Vorsteigen widmen konnten.

Omero, 7a: Gut senkrechte Tropflochkletterei - mein Gelände, fiel mir leicht.
Happy Hole, 7b+: Ein 35m langer 6b-Zustieg, dann die heikle, griff- und trittarme Verschneidung
Rolling Stone, 7a+: Neutour mit einem bouldrigen Cruxmove über das Dächli.
Hipponas, 7a+: Sehr schöne und anhaltende Tropflochkletterei, die beste im Poets in diesem Grad!
Ione, 7a+: Beginnt moderat, zum Schluss harte Moves an kleinen, superscharfen Strukturen.

Während sich die einen mit der um ca. 13.30 Uhr erscheinenden Sonne auf den Weg zur gleich unterhalb gelegenen Gelateria machten, wollte ich doch noch ein paar Sinterbobbel in die Hand kriegen. Der Weg in den Sektor Iannis, wo bis fast spät am Abend noch Schatten findet, war ja nicht weit. Hier wollte ich im Tufa King Pumped (7b+) noch einen Go geben. Hier war ich im 2012 bereits einmal angebrannt. Im Gegensatz zu jenem Tag waren die Bobbel nicht seifig, doch die Politur in dieser Route glänzt bereits sehr heftig. Nach bereits 5 gekletterten Routen im 7. Franzosengrad fehlte mir prompt der Punch, die Cruxsequenz sauber durchzuziehen - naja, nächstes Mal dann vielleicht.

Zum Abschluss noch einige Gedanken zu den Neuerschliessungen im Poets: die schwierigeren Routen führen eigentlich alle zuerst 25-35m durch moderat schwieriges, nicht ganz senkrechtes Plattengelände. Danach geht's hinein in die steil-athletischen Abschlussüberhänge. Obwohl ich in der ersten Hälfte der Happy Hole nur 7 von 15 Zwischensicherungen (alle mit 60cm langen Alpine Draws) eingehängt hatte, drohte oben der Seilzugtod. Das ist wohl charakteristisch für alle Routen dieses Stils.

Blick auf Armeos/Masouri und die grandiosen Felsen dahinter auf der Überfahrt von Telendos zurück nach Kalymnos.

Arhi & DWS Vathi

Eigentlich sollte man es ja bereits längst wissen, dass es sich nicht lohnt in Arhi zu klettern, wenn die Sonne scheint. Denn schon am späteren Vormittag erreicht das wärmende Gestirn hier den Fels und damit ist bald Sense mit hartem Moven. Da wir an diesem Tag sowieso noch nach Vathi zum DWSlen wollten, war dieser Umstand für einmal nicht besonders schlimm.

The Underclings, 7a: Der Name ist Programm, technische Kletterei an Untergriffen.
Orgasme Mineral, 7b+: Eher unlohnend, lange einfach, am Ende ätzende Traverse mit viel Seilzug.

Nachdem wir uns in der Taverna Teo in Arginonta bei kühlen Getränken erholt hatten, ging's für die einen weiter zum Glacé, die anderen cruisten mit dem Scooter über den Pass nach Vathi. Endlich einmal richtiges DWS zu machen war schliesslich zuoberst auf der Wunschliste von meinem Sohn. Anstatt gleich ein Boot zu mieten und sich an der bis zu 12m hohen Cave zu versuchen, schien es mir ratsamer, vorerst einmal die lange Traverse an den E-Wänden der Bucht anzugehen. 

Die Bucht von Vathi. Die lange Traverse 'Socratic Swimming Lessons' führt rechts knapp über dem Wasser entlang. Sieht nicht speziell aus, ist aber wirklich cool! Der zweite Teil im Schwierigkeitsgrad 7b führt bis zur markanten Wand, welche zur Hälfte schattig und zur Hälfte von der Sonne beschienen ist. Der erste Teil endet am Sporn davor.
Socratic Swimming Lessons 1, 6a+

bietet zuerst 250m an moderat schwieriger Kletterei. Die schwierigste Stelle über ein kompaktes Wändchen hinweg folgt schon relativ bald nach Beginn. Es gilt dort 'je höher, desto einfacher'. Jedenfalls, 4m über der Wasseroberfläche noch ziemlich technische 6a+ Moves zu ziehen, fand ich dann schon eher speziell. Direkt am Wasser klettern geht auch, allerdings ist das dann eher 6c wie 6a+. Nachdem ich mit etwas hin und her die einfachste Linie gescoutet hatte, wagte sich schliesslich auch mein Sohn nach dem Motto 'Friss oder Stirb' an diese Passage. Mir blieb beinahe das Herz stehen, als ich ihn total am Limit in den Schlüsselzügen 4m über dem Wasser beobachtete. Näher am Abflug wäre es nicht möglich gewesen, doch er konnte sich tatsächlich retten, was für eine geile Aktion! Danach folgt eine Mischung von zahlreichen einfacheren Passagen und ein paar kurzen kniffligen Passagen, bevor es in eine runde Bucht geht, wo

Jung und alt am Moven über dem tiefen Wasser, hier auf den ersten Metern nach dem Einstieg. Coole Sache!
Socratic Swimming Lessons 2, 7b

wartet. Zu Beginn gibt's einen bequemen Sitzplatz, von welchem aus man das Treiben gut verfolgen kann. Schon bald geht's mit harten Moves um einen blanken Pfeiler herum, diese Stelle ist bereits mit etwa 7a/7a+ zu bewerten. Es folgt nochmals eine einfachere Passage (wo auch das Water nicht überall Deep ist, Vorsicht!), bis man schliesslich zur Abschlusscrux gelangt. Diese befindet sich an der hohen, kompakten Wand, welche bereits vom Hafen aus gut sichtbar ist. Die filigrane Traverse an teils ganz kleinen Löchern fühlte sich für mich absolut am Limit an. Doch an der Sonne, ohne Chalk und mit den Quadratlatschen, schwierig hier eine genaue Einschätzung zu geben. Jedenfalls fühlte es sich doch auch sehr speziell an - im steilen Gelände 2m über dem tiefen Wasser zwar absolut harmlos, doch für die Psyche eben doch speziell - die ist sich das Moven am Limit mit dem Risiko von einem Plumps ins Wasser einfach nicht gewohnt. Vom Endpunkt gilt es dann, rund 300m zurück zum Hafen zu schwimmen, was ich dann gemeinsam mit meinem Sohn in Angriff nehmen konnte - wie cool, dieses Erlebnis so teilen zu können.

Olympic Wall

Die eher wenig besuchte Olympic Wall ist eines der Gebiete auf Kalymnos, welches mir besonders gut gefällt. Hier kann man noch in relativer Einsamkeit auf einer Art Terrasse hoch über dem Meer klettern. Bezahlen tut man mit einem 'langen' Zustieg, der sich aber auch nur auf 20 Minuten beschränkt, für alpine Begriffe also ein Katzensprung. Ausser uns war nur eine einzige weitere Seilschaft aktiv, somit konnten wir die folgenden Routen angreifen:

Die Sicht von der Olympic Wall auf die Meeresenge zwischen Kalymnos und Telendos.
La Bite ne Fait pas le Moine Ext, 7a+: die Extension an Sintern ist super, aber anhaltend & pumpig.
Kalyty, 7b: Stimmungsvolle Wandkletterei an Tufa Blobs mit kniffligem Abschlussboulder.
Crack, 7a: Super Sinterroute, für mich eine der besten an der Wand trotz nur 2* im Guidebook.
Sleeping Beauty, 7b: Neuerschliessung ganz rechts, athletisch und griffig, noch etwas brösmelig.
Smooth Operator, 7a+: Neuerschliessung ganz rechts, anhaltend technisch und fordernd, prima.

Dass es auf Kalymnos überhaupt so viele Routen zu klettern gibt, ist ein Verdienst von vielen Erschliessern auf der ganzen Welt, die hier in ihren Ferien Putzarbeit verrichtet und Haken platziert haben. Die neuste Entwicklung wirft jedoch Fragen auf: es gibt nun ein aus 3 Personen bestehendes Bolting Committe, welches neue Routen bewilligen soll. Dieses soll angeblich die Qualität der Neuerschliessungen sichern und besteht aus einem Vertreter der lokalen Behörden sowie aus Aris Theodorpoulos (Führerautor und passionierter Erschliesser) und Claude Idoux (in Kalymnos ansässiger Franzose und passionierter Erschliesser). Man wird den Verdacht nicht ganz los, dass hier vor allem versucht wird, sich unliebsame Bohrkonkurrenz vom Leib zu halten...

Dies vor allem, weil die Member vom Committe sich selbst auch nicht immer durch überaus vorbildliches Verhalten auszeichnen: Aggressive Cleaning, gebohrte Griffe, schlechtes bzw. ungeeignetes Material, siehe z.B. im nächsten Abschnitt über den Sektor Arginonta Valley. Die beiden von mir gekletterten Routen Sleeping Beauty (7b) und Smooth Operator (7a+) waren ganz neu und damit wohl 'approved'. In beiden gibt's jedoch geschlagene Griffe. Die Crux der Sleeping Beauty spielt sich an einem in die blanke Wand gebohrten 3-Finger-Pocket ab. Klar, es sichert die Homogenität der Route, sonst würde hier eine harte Bouldercrux warten, welche aus der Route etwas in der Gegend von 7c/+ macht. Im Smooth Operator ist es noch fragwürdiger: der gebohrte 2-Finger-Untergriff ist komplett unnötig und die aufgebesserte Lochleiste hätte wohl auch im Naturzustand als Zwischengriff gedient. Selbst ohne diese beiden Griffe wäre die Route vermutlich nur eine 7b.

Die technisch-kleingriffigen Wandklettereien im linken Teil des Sektors taugten den Kindern sehr. Hier Toprope in einer 6b+, die 6a daneben hatte er aber sauber onsight durchgezogen, ohne dass jemand von uns grossen zuerst Material platziert hätte. Bravo! Die Kehrseite vom motivierten Einsatz der Kinder war, dass ich meine letzten beiden Routen dann an der Sonne klettern 'musste'. Doch diesen Preis zahlt man gerne...
Arginonta Valley

Nachdem wir an den Tagen zuvor jeweils nicht genügend Zeit gefunden hatten, damit alle vor Erscheinen der Sonne ihre noch offenen Projekte knacken und das letzte Pulver verschiessen konnten, wollten wir für einmal einen Fels wählen, der ganztags Schatten bietet. Sowieso gab's den Sektor bei unserem letzten Besuch 3 Jahre zuvor noch nicht, somit stand ein Besuch dieser Wand fast zwingend auf dem Programm. Der Zustieg vollzieht sich übrigens deutlich schneller von der Passstrasse kurz absteigend zum Gate wie durch das eigentliche Valley. So vermeidet man auch elegant die Passage entlang der grauslich stinkenden Mischung zwischen Mülldeponie und Geissengehege. Wir trafen als erste am Fels ein, später kamen noch extrem viele Besucher nach.

Diagoras, 7a: sehr beliebte, hallenähnlich-ausdauernde Henkelkletterei.
Unicorn, 7a+: von ählichem Zuschnitt wie die Diagoras, jedoch mit fieser Abschlussstelle.
Alcyone, 7a+: kurz, aber mit harter, dynamischer Boulderstelle. Eher eine Kaly-7b/+.
Archive, 7b: supercoole, pumpige Route in der Rock n' Roll Cave, empfehlenswert!
Radiohead, 7a+: für mich ein paar weite Züge und fertig, für viele ein Testpiece.

Während wir Erwachsenen es mit einem einzigen Besuch im Arginonta Valley beliessen, reiste ich mit meiner Tochter noch 2 weitere Male an, jeweils nach dem Klettern in einem anderen Sektor. Sie hatte Gefallen an der Diagoras (7a) gefunden und wollte diese unbedingt noch stilrein durchsteigen (was schliesslich klappte). Keine Frage, diesen Service habe ich ihr natürlich sehr, sehr gerne geboten. Während mir die Route mit frischen Kräften im Onsight noch einigermassen leicht gefallen war, so fühlte es sich, ausgepumpt nach einem langen Klettertag jeweils dann gar nicht mehr so locker an. Jedoch konnte ich es stets noch Vermeiden, in einer Route einen Block einlegen zu müssen, wo der Nachwuchs danach in einem Zug drübersteigt ;-). Wobei, wenn die Entwicklung anhält, dann wird's nicht mehr lange so bleiben :-o. Dazu passend ist auch die folgende, lustige Anekdote: die harte Boulderstelle der Alcyone (7a+) konnte ich, gesichert von meiner Tochter, tatsächlich (als einzige Route <=7b in diesen Kalymnos-Ferien!) nicht onsight passieren. Ihr Kommentar zu meinem Abflug: "Hey Papi, was machsch au?!? Das isch doch nur e 7a+!?!".

Die Tochter am Ausbouldern der Diagoras (7a). Erstaunlich, wie sie sich beinahe ewig in diesem steilen Gemäuer festhalten kann.
Ein paar Worte noch zur Rock n' Roll Cave: vom Boden sind's gute 25m dort hinauf, freigeklettert wäre diese Seillänge vermutlich so im Bereich 5c. Es war jedoch ein Fixseil platziert, so dass man mit dem Grigri daran hinaufjuggen konnte. Natürlich geht das einigermassen schnell, doch um als Familie die Routen in der Cave mit jenen der Sektoren am Boden zu kombinieren ist zu umständlich. Immerhin ist's in der Cave selber jedoch ziemlich gemütlich, man kann sich gut ohne Seilsicherung auf diesem Balkon aufhalten und vor den Horden unten hat man auch seine Ruhe. Die Routen sind noch sehr neu, die schwierigeren schienen mir noch sehr jungfräulich. Die Art und Weise, wie die Routen eingebohrt wurden, wirft jedoch ein paar Fragen auf. Der Fels ist hier offensichtlich sehr weich und wie üblich in Kalymnos wurden gewöhnliche Expansionsbolts verwendet. Bei vielen der Haken ist das Plättli lose - typisches Phänomen im weichen Fels, wenn die Dübel nicht solide klemmen und langsam aus dem Fels gezogen werden. Zumindest ein Bolt lässt sich sogar von Hand herausziehen und wieder versenken... und wer hat's gebohrt?!? Die Member vom Bolting Committee, welche zuständig für die sichere Ausrüstung der Routen sind. In der Rock n' Roll Cave wäre jedenfalls bestimmt der Einsatz von Klebehaken angezeigt gewesen.

Unsicherer Bohrhaken im weichen, porösen Sinterfels der Rock n' Roll Cave - von Hand rausziehen und wieder versenken ist möglich.

Piccalia

Der Sektor Piccalia an der Arginonta Skyline ist nicht ganz neu, ein paar wenige, einfache Routen gab es bereits seit vielen Jahren. Viel Beachtung fanden diese jedoch nicht und auch wir liefen 4 Jahren zuvor auf dem Weg zum Little Verdon achtlos an diesen Felsen vorbei. Kürzlich wurden jedoch viele weitere Routen bis zum Grad 7c erschlossen. Verschiedene Argumente gaben den Ausschlag, hier einen Angriff zu starten: Schatten bis gegen 14 Uhr, wenig Andrang, eher vertikale bzw. nur leicht überhängende Kletterei um dem Bizeps einmal etwas Schonung zu geben und zuletzt ist's ja immer interessant, neue Routen zu probieren. Schlussendlich zogen wir hier sehr erfolgreich von dannen.

Der zentrale Teil vom Piccalia mit den schwierigsten Routen, die 15-20m lang sind.
Last Thyme, 7a: Kleingriffige Wand, zwei Stellen mit einem langen Move ergeben den Grad.
Fat Bread, 7c: Ungriffige, runde Sintersäule und ein paar Crimps in der Wand daneben, tricky.
Amie, 7b: superscharfe, technische Tropflochkletterei, fast wie an den Wenden - liked it a lot!
Fatevi la Canna, 7a: Ein supercooler Sinter zum Start, gar nicht so einfach. Der Rest gemütlicher.
Highlight, 7b: Interessante Bewegungsprobleme an der überhängenden Verschneidung.

Insgesamt war's eine wirklich vergnügliche Sache gewesen am Piccalia! Mir hatten diese kleingriffig-scharfen Routen Freude gemacht, andere Kletterer sehen das wohl nicht unbedingt gleich. Auch die einfacheren Routen links und rechts sind lohnend. Zurückkommen werde ich aber vermutlich trotzdem nicht, da mir alle vorhandenen Routen im siebten Franzosengrad gleich onsight gelungen waren. VORSICHT: in der Last Thyme (7a) steckt der Umlenker in einer hohlen Schuppe. Man benützt besser den gut erreichbaren der Fat Bread rechts daneben! Auch in anderen (einfacheren) Routen trifft man u.U. auf dieselbe Problematik. 

Cooler Einstiegs-Sinter in der Fatevi la Canna (7a).

Gerakios

Die hohen Wände vom Sektor Gerakios über Masouri wurden in den letzten Jahren erschlossen. Hier gibt's ein wenig von allem, vom Klettersteig zur MSL-Route, zahlreiche Plaisir-Einseillängen und auch ein paar Caves mit härteren Geräten. Früher hatten wir (mit den noch kleineren Kindern) immer den etwas weiteren Zustieg durch steiles Gelände gescheut. Nun denn, in einer halben Stunde ist dieser erledigt und auf der richtigen Route braucht man auch nur über ein paar wenige Meter die Hände für einige Kraxelmoves. Doch wir leisteten uns prompt einen Verhauer und fanden uns im T5-Gelände wieder, welchem schliesslich nur mit richtiger (aber zum Glück nicht exponierter) Kletterei im dritten Grad zu entkommen war. Dass dies für den Nachwuchs kein Problem darstellte, zeigte sich in erster Linie daran, dass dessen Hauptsorge war, ob die Mama den Schwierigkeiten wohl auch gewachsen wäre ("gaht's für dich au, Mami?"). Doch schliesslich waren wir in der Upper Cave angelangt. Hier wurde zuerst angegriffen, die wenig unterhalb liegende Rainbow Wall wurde dann später ins Programm einbezogen.

Junior greift an in der Amra (7b) in der Upper Cave im Sektor Gerakios.
Ergo, 7b: Seifig-rutschige Henkel und ein harter Abschluss mit hartem Umlenker-Klipp.
Zavara Katranemia, 8a: Erst steil aber griffig durchs Dach, dann trittarme Seitgriff-Crux.
Emi, 7a+: Remy-Route, scharfe Tropflochkletterei. Die 6c in der Lancelot (Wenden) ist härter!
Amra, 7b: Die Schwester der Ergo, aber deutlich schöner mit athletischem Tufa-Finish.
Pressure Drop, 7b: Flowig, geht immer gut auf (mit kleiner Linksschleife, sonst harter Boulder).
Opportunista, 7c: Coole, crimpig-athletische Wandkletterei mit 2 härteren Sektionen

Insgesamt wurde es doch ein ganz erfolgreicher Tag, auch wenn ich in der Zavara Katranemia (8a) ziemlich abgeblitzt war. Dem Vernehmen nach sollte es sich dabei um leichte Beute handeln, wobei die Route neuerdings sowieso als 7c+ gehandelt wird. Mit dazu gab's noch die Information, dass diese Linie für gross Gewachsene einfacher sei. Ich frage mich bei solchen Aussagen jedesmal, welcher Kletterer ein qualifiziertes Statement darüber abgeben kann, wie schwierig eine Route mit einer anderen Morphologie denn wirklich ist. In der Zavara besteht die Crux in einem weiten Zug aus einem schlechten Seitgriff, wobei die Füsse sehr hoch auf miese, rutschig-abschüssige Tritte gestellt werden müssen. Andere Trittoptionen gibt's nicht wirklich, somit sind diese zu benützen, egal ob man 160cm oder 195cm misst. Es mag sein, dass dieser Move nahezu unmöglich wird, wenn die Körpergrösse (bzw. genauer, die vertikale Reichweite) ein gewisses Mass unterschreitet. Aber zu denken, dass dieser lange Zug mit zunehmender Körpergrösse einfacher wäre, zeugt dann doch von wenig Verständnis der Biomechanik. Ich jedenfalls konnte ihn nicht einmal als Einzelzug durchführen, mit den Füssen fast an der Nase oben hebelte ich mich einfach aus dem Seitgriff raus und konnte nicht einmal in Richtung des Ziels beschleunigen. Und das in einer Route, die von einigen als softe 7b+ für Grosse bezeichnet wird. Da frage ich mich dann schon, wie es möglich ist, Dutzende von 7b's im Cruising Mode zu onsighten, aber hier nicht mal den Einzelzug zu bringen. Aber na gut, Kletterbewertungen zu verstehen war noch nie eine einfache Sache...

Ausblick vom Sektor Gerakios auf die Insel Telendos.

Ghost Kitchen

Die Ghost Kitchen hatten wir bei unseren früheren Aufenthalten bereits mehrfach besucht und somit hatte ich bereits fast alle der fantastischen Sinterrouten im Hauptsektor geklettert. Somit lautete der Plan für dieses Mal, zuerst auf den grauen Platten links aufzuwärmen und nachher die neu erschlossenen Routen im Subsektor Utopia anzugreifen. Doch dieser Plan wurde zur Makulatur: bis alle ihre Aufwärmprojekte abgeschlossen hatten, war bereits die Sonne da. Oben in Utopia (immerhin passt der Name ;-)) hätte man zwar noch Schatten vorgefunden. Doch auch meinereiner hatte für einmal müde Arme, müde Beine und nicht mehr den Mumm, dort noch die letzten Kräfte zu verpulvern. Schliesslich wartete noch ein letzter Klettertag und das Rahmenprogramm mit einem gekühlten Getränk, einem Glacé und Chillen am Strand war auch nicht zu verachten.

Le Type de la Taverne Extension, 7a: crimpy Kletterei in grauem Fels
N7, 7a: crimpy Kletterei in grauem Fels, ziemlich anhaltende Züge
Haunted Castle, 7a+: crimpy Kletterei in grauem Fels mit Crux am Ende
Le Mythe de la Caverne, 7a: im Riesenslalom um die grossen Löcher herum
Sisyphos Junior, 7a+: harte und wenig offensichtliche, technische Kletterei an Tufas

Das Rahmenprogramm am Strand gehört integral zum Klettern auf Kalymnos dazu!


Grande Grotta

Am letzten Tag wollten wir noch ein paar pumpige Testpieces in der Grande Grotta klettern. Eigentlich gibt's hier noch 2 ganz wichtige Dinge für mich zu erledigen, die Aegialis (7c) und die Fun de Chichunne (8a). Beide habe ich mir nun schon jahrelang aufgespart, um sie dereinst onsight zu steigen. Am neunten Klettertag de suite waren die Bedingungen aber nicht gegeben, weshalb ich ein weiteres Mal verzichtete. Das realistische Ziel war...

Tufantastic, 7b+: fantastische Reise durch den Tufa-Himmel. Am Ende wird's schwieriger...
Taj Mahal, 7a+: noch ganz neue und sehr unabgekletterte Verlängerung von Taz (6c)

Nach langem und hartem Kampf hatte ich der Tufantastic tatsächlich den angestrebten Onsight abringen können. Damit war ich eigentlich schon fast bedient und zufrieden. Die Zeit reichte aber noch, im in der ziemlich neuen Taj Mahal einen Versuch zu geben. An sich wartet auch hier sehr gute Tufa-Kletterei. Allerdings ist die Route noch sehr unabgeklettert und man bedient sich teilweise arg fragilen Strukturen. Nachdem ich mich so leicht wie möglich machte, blieb allerdings jeder Griff und Tritt an Ort und Stelle. Umso beunruhigender war, dass eine grosse Gruppe von Amerikanern trotz mehrmaliger Warnung so ziemlich direkt unterhalb eine Kletterinstruktion veranstaltete. Eine ziemliche Clowntruppe, alle ohne Helm, etwa zur Hälfte bereits mit dem kraxeligen Zustieg überfordert. Speziell auch der Wunsch des Instruktors, auf den ersten 5 BH der begehrten Route Trela (7a) ein Toprope für seine Anfänger einrichten zu wollen. Höchst unprofessionell, das Ganze.

Goodbye Kalymos! Stimmungsbild aus der Grande Grotta.
Naja, für uns war es sowieso Zeit, die Grande Grotta zu verlassen und Richtung Flieger zu gehen. Hatte ich am Fels bis zum Schluss performen können, so fühlte ich mich auf dem Heimweg bald schlechter und schlechter. Schüttelfrost und Kopfschmerzen befielen mich, es war nur der Auftakt zu einer längeren, ziemlich unerfreulichen Zeit. Im Nachhinein kann ich jedoch von Glück sprechen, dass ich die Ferien wenigstens voll geniessen konnte. Alles in allem war es wieder ein grandioser Trip gewesen mit einer ziemlich soliden Ausbeute:

1x 7c+, 1x 7c, 3x 7b+, 12x 7b, 11x 7a+, 11x 7a = 39 Routen im 7. Franzosengrad in 9 Klettertagen

Wir freuen uns schon auf's nächste Mal!

Mittwoch, 9. Januar 2019

Jahresrückblick 2018

Das neue Jahr ist schon wieder über eine Woche alt, doch vor lauter Klettern und Touren bin ich bisher nicht zum Rückschau halten gekommen. Hinter mir liegt ein geniales Bergjahr, geprägt von beständig heiterem und trockenem Wetter. Wie immer wenn's so schön war, konnte man aufgrund von weltlichen Verpflichtungen natürlich nicht mehr jede sich bietende Gelegenheit nutzen. Dafür aber liess sich an freien Tagen auch "fast immer" etwas machen. Als komplett neues Element im 2018 kommt der Ultraleicht-Gleitschirm in mein Touren-Repertoire hinzu, welcher mir definitiv einige ganz spezielle Erlebnisse beschert hat. 

Passt doch irgendwie zum Jahresende... die Silhouette der Schijenkante (8a) auf der Ibergeregg.
Sportklettern

Was mir beim Durchsehen meiner Aufzeichnungen aufgefallen ist: ich war kein einziges Mal mit jemandem ausserhalb meiner Familie am Sportklettern. So schön, wenn man beständig auf motivierte Mitstreiter im engsten Kreis zählen kann! Danke Neni! Aufgrund der Trockenheit konnte man in der Umgebung meines Daheims auf durchgehend gute Bedingungen zählen, nur waren die Temperaturen während langer Zeit so hoch, dass für die hohen Schwierigkeitsgrade nicht immer beste Bedingungen herrschten. Meine Topleistungen belaufen sich auf 3x 8a+ rotpunkt und 3x 7c onsight. So fehlt mir dieses Jahr (im Gegensatz zu den beiden Vorjahren) ganz offensichtlich eine 8b. Aber anstelle mich an einem Projekt festzubeissen, habe ich es dieses Jahr genossen, mal hier und mal da zu klettern und ein bisschen schneller zu realisierende Routen zu wählen. Das mit dem Volumen ist mir jedoch ganz gut gelungen. Ich konnte meine Ticklist (>=7a) um 159 Einträge bereichern. Davon sind 7x 8a/8a+, 18x 7c/7c+, 44x 7b/7b+ und 90x 7a/7a+. Im Vergleich zum Vorjahr ist das oberhalb von 7b eine klare Steigerung von 57 auf 69. Ein Ziel fürs 2019 könnte sein, hier einmal die 100er-Marke zu knacken und gleichzeitig auch noch 8b zu klettern - we'll see. Ganz unabhängig vom Leistungsaspekt waren unsere Familientrips zu den Destinationen Margalef, Tessin, Oltrefinale, Salzburg, Engadin/Bergell, Lecco, Dauphiné, Ceüse, Kalymnos und 2x weitere Male ins Tessin (1,2) immer der Hammer. Es macht auch sehr viel Freude zu sehen, mit wie viel Einsatz und Begeisterung die Kinder dabei sind. Ja, sie sind noch Kinder und klettern mal weniger und mal mehr. Immer öfter kommt es aber vor, dass sie sich gegenseitig oder selber zu übertrumpfen versuchen. Dann gelingen inzwischen doch auch Routen bis in den mittleren bzw. oberen sechsten Franzosengrad - es geht aufwärts!

Happiness nach dem Durchstieg im 5c+ Projekt geglückt ist! Die Kinder haben im 2018 grosse Fortschritte am Fels erzielt.

Wettkampfklettern

Diese Rubrik wurde neu aufgenommen. Es ist ein Genre, mit welchem wir erst Ende 2017 begonnen haben. Inzwischen haben die Wettkämpfe einen fixen Platz in unserer Agenda und so wie die aktuelle Stimmungslage ist, wird das im 2019 so bleiben. Nicht weiter erstaunlich, wenn man erfolgreich ist! Teilgenommen haben wir am Sparta Boulder Fight, der Hallenmeisterschaft in der Boulderei und im Grindelboulder, an der ZKM im Griffig, im 6aPlus und im Minimum, dem Ticket to Rockstars im Milandia, dem Bimano Boulderfest und dem Skillz Contest im Blockfeld. Das sind übers ganze Jahr verteilt 9 Stück, das ist ja ganz schön etwas zusammengekommen! Es waren immer tolle, intensive und befriedigende Tage mit extrem vielen Klettermoves. Sofern ich mich nicht verzählt habe, gab's total 8 Podestplätze, wobei sich jedes Familienmitglied mindestens einen davon sichern konnte. Das Highlight war ganz klar der Titel der Tochter in der U10-Kategorie der Zürcher Klettermeisterschaft - best climber girl in town, das hat schon echt etwas! Dadurch ist die Motivation noch weiter gestiegen, um an sich zu arbeiten, weiter zu kommen und den Titel zu verteidigen. Einfach wird das jedoch nicht, obwohl erst gerade 9 Jahre alt, steht für sie der Wechsel in die U12-Kategorie an, wo im Vorstieg statt im Toprope geklettert werden muss, ebenso gibt's in dieser Kategorie eine nationale und nicht bloss eine regionale Wettkampfserie. Die Herausforderungen sind auf jeden Fall da, we'll see! Sicher ist, dass wir Eltern uns nicht nur auf die Betreuer-Aufgabe beschränken werden, sondern überall wo möglich selber als Teilnehmer unser Bestes geben.

Yours truly am Ticket to Rockstars im Milandia. Foto: Peter Huser.

MSL-Klettern

Im 2018 reichte es mir für 22 MSL-Routen, wobei bei genau der Hälfte davon mindestens eines unserer Kinder dabei war. Aufgrund von ihrem gestiegenen Kletterniveau, der generell höheren Belastbarkeit und der Routine in dieser Art des Kletterns lagen im vergangenen Sommer aber inzwischen eben auch respektable Plaisir-Touren wie Fair Hands Line, die Schildkröte oder die Gaulent-Tement drin. Das ist sicherlich auch die Zukunft, mit jedem Jahr werden die Möglichkeiten grösser und die Einschränkungen kleiner. Saisonbeginn war am 4. Februar in Ponte Brolla, bzw. am 24. April am Klein Mythen, das Ende aufgrund der Kalymnos-Ferien und meinem längeren Out danach bereits am 29. September. Bei etlichen Touren habe ich es bisher verpasst, meine Blogs fertigzustellen, u.a. vom Dreamliner am Klein Mythen, der Psychides am Chli Bielenhorn, und der Sawiris an den Wendenstöcken. Welches war die Beste?!? Schwierig zu sagen... weil aber Routen am Limit komplett sauber zu durchsteigen immer Extrapunkte gibt, so ist's vielleicht eben doch die Annika am Hoch Fulen. Und (ausser Konkurrenz, da ein eigenes Bohrprojekt) natürlich die Adam & Evi in der Eiger Nordwand - das war einfach ein unschlagbarer MSL-Tag.

Grau, rau, kompakt und weit über dem Tal. So macht MSL-Klettern Spass. Das Bild aus der Sawiris (7a+) an den Wenden.

Bohren

Im oberen Abschnitt wurde es ja bereits erwähnt: das Highlight ist ganz klar der Abschluss meines Projekts Adam & Evi (7a+, 10 SL) in der Eiger Nordwand. Hierzu war nochmals ein langer Bohrtag fällig und dann die Krönung mit der Rotpunkt-Begehung. Auch sonst blieb die Bohrmaschine nicht unbenutzt. Summa summarum habe ich diesen Sommer über 10 MSL-Pitches eingerichtet. Aber halt an mehreren verschiedenen Orten, daher wurde keine zweite Route ganz fertig. Schon im letzten Jahr hatte ich ja über das Lanciamira-Projekt mit meiner Tochter geschrieben, das im Endzustand wohl ~20 Seillängen aufweisen wird. Diesen Sommer waren wir 2x produktiv vor Ort und konnten 8 weitere Sequenzen hinzufügen. Es wäre cool, wenn's im 2019 bis zum Ausstieg reichen würde... da sich die Route aber vor allem für lange und wettersichere Sommertage eignet und Samstag der einzige mögliche Tourentag ist (am Sonntag wird's zu spät für die Kleine, schliesslich ist am Montag wieder Schule), muss dafür doch noch einiges zusammenpassen. Sozusagen in ausgleichender Gerechtigkeit habe ich mit meinem Sohn ebenfalls ein Bigwall-Projekt begonnen. Dies wird einen noch längeren Schnauf brauchen... ich bin jedenfalls gespannt, was für eine Geschichte daraus werden wird. Im Klettergarten war meine Erschliessungstätigkeit eher bescheiden, die Jaraguri (6a) in Claro sowie die Shark Nose (7a) und das Pentagramm (7c) auf der Ibergeregg. In letzterem Garten wartet mein Innuendo-Projekt für ein weiteres Jahr auf seine Befreiung. Im 2019 soll es dann endlich klappen, das wünsche ich mir! Ebenfalls in diese Rubrik fallen die Mixedrouten Rubi Love (M7, 11 SL) und Bloody Mary (M8, 300m), mehr dazu gleich im nächsten Abschnitt.

Unterwegs auf frisch gebohrtem Pfad im Lanciamira-Projekt...

Eis & Mixed

Im diesem Bereich ist die Ausbeute betrüblicherweise bescheiden, alles in allem habe ich nur 6 Tage dieser Aktivität gewidmet. Auf der Alpennordseite gab's nur eine kurze Kältephase Ende Februar und bis sich die Linien schön aufgebaut hatten, machte der nächste Wärmeeinbruch und die zu dieser Zeit schon starke Sonne der Sache wieder den Garaus. Im zweiten Teil des Jahres war es sogar noch schlimmer, ohne übertriebenen Aufwand und bescheidene Ansprüche gab es rein gar nichts zu holen, selbst bis dato blieben meine Eisgeräte im Kasten - c'est la vie! Der beste Eistag war ganz eindeutig jener, als ich zusammen mit Jonas im Val Ferrera die Diedrolux und anschliessend im Avers den Trugschluss klettern konnte. Doch das für mich bedeutendste Erlebnis in diesem Genre war unzweifelhaft der Durchstieg der Rubihorn Nordwand mit Tobias auf unserer neuen Mixed-Route Rubi Love (M7, 11 SL). Nein, Eis findet man da fast keines, man operiert aber mit Steigeisen und Eisgeräten in Fels, Torf und Schnee, dies in einer eindrücklichen Wand mit beachtlichen Dimensionen, wo man sich schon beinahe ein bisschen wie am Eiger wähnt - highly recommended! Ebenfalls von erheblichem Rennomee ist natürlich die Erstbegehung der Mixed-Variante Bloody Mary (M8, 300m) am Grossen Aversfall, wo sich der Eis-Klassiker Thron befindet.

Hinauf ins Licht im Trugschluss (WI4+) im Avers.

Bergsteigen, Nordwände & Alpinklettern

Im Gegensatz zum Vorjahr war ich hier richtig aktiv. Befeuert wurde diese Aktivität durch die Anschaffung des Ultraleicht-Gleitschirms. Anspruchsvoll hinaufklettern und dann vom Gipfel rasch ins Tal segeln, das ist schon eine attraktive Kombination! Zudem brachte mich die Anschaffung des Gliders auch mit Leuten in Kontakt, welche ähnliche Projekte hatten. So richtig eingeweiht wurde der Schirm mit der Begehung der Chalttäli-Route am Vrenelisgärtli. Dabei klappte beim Durchstieg dieser eindrücklichen Nordwand alles wie am Schnürchen, inklusive dem Flug vom Top, der hier elegant einen mehrstündigen Hatscher vermeidet. Nur eine Woche später sollte es noch höher hinausgehen: Gross Windgällen Nordwand, zwar wenig bekannt, aber ein höchst anspruchsvolles und eindrückliches Gemäuer. Die Wand zeigte sich in mässig bis schlechten Bedingungen, aber dank Erfahrung und dem Ziehen aller Vorstiegs-Register gelangten wir heil auf den Gipfel. Bis hier hätte man die Sache als vollen Erfolg abhaken können, aber wäre das weise gewesen? Der Dämpfer kam nur wenig später im Abstieg: eine Kollegin wurde von einem Schneerutsch mitgerissen, stürzte über mehrere Hundert Höhenmeter ab und landete mit schweren Verletzungen im Spital. Ich beendete die Tour körperlich unversehrt, aber es war schon ein herber Einschnitt - das erste Mal, dass ich bzw. meine Gruppe in den Bergen auf die Rettung angewiesen war. Zu schlechter letzt dauerte es dann nicht einmal eine ganze Woche, bis mein Seil- und Flugpartner von der Gross Windgällen an der Lenzspitze (ohne mein Beisein) tödlich abstürzte. Bis dahin hatte das Unheil in den Bergen einen weiten Bogen um mich gemacht, nun war es plötzlich ganz nahe. 

Unterwegs am Bumillerpfeiler auf der grandiosen Tour durch die Nordwand des Piz Palü.
Trotzdem, nur 4 Wochen später liess ich mich für den Bumillerpfeiler am Piz Palü motivieren. Eine genial schöne Tour und ein total positives Erlebnis trotz dem leichten Wermutstropfen, dass wir unsere Gleitschirme aufgrund des starken Nordüberdrucks gleich auf der Diavolezza zurückliessen und somit über den Normalweg absteigen mussten. Nur 10 Tage später war ich mit der Familie wieder im Engadin. Sozusagen zur Versöhnung stieg ich im Alleingang an einem Vormittag frisch und fröhlich auf den Piz Cambrena, um den verpassten Flug im Festsaal der Alpen nachzuholen. Der Oberknaller in diesem Genre war aber dann die Begehung des Ruchenpfeilers, erneut in der Glärnisch Nordwand. Abenteuerliche Kletterei ohne fixe Absicherung durch eine riesige Wand mit hohem Bruchanteil, noch dazu gewürzt mit einem Gleitschirmflug ins Tal. Absoluter Exklusivitätsbonus und 100 von 100 Punkten. Nebenher aber auch ein wenig die Frage, ob solch ein Erlebnis das im Vergleich zum Sportklettern massiv höhere Risiko tatsächlich rechtfertigt. Schliesslich ist's auch jedesmal genial, mit der Familie einen Klettergarten zu besuchen und dort an einem Limit-Projekt zu feilen. Irgendwie beschäftigt mich diese Frage immer noch...

Skitouren

Der ganz grosse Tourero war ich in den letzten Jahren nicht mehr. Doch zählt man die Touren im Züri Oberland, jene mit den Kindern und auch noch ein paar ausgewachsene alpine, so habe ich die Felle doch an rund 30 Tagen aufgeklebt. Als besonders schön in Erinnerung habe ich die Familientouren auf den Cyprianspitz und die Biwaktour auf dem Rhonegletscher mit dem Wyss Nollen in Erinnerung. Doch wenn Wetter und Verhältnisse stimmen und dazu der Bizeps vom Klettern bereits müde ist, mache ich mich nach wie vor gerne auf zu einer alpinen Skitour. Im 2018 liess sich meine Passion für aussergewöhnliche Routen und mir noch unbekannte Berge insgesamt 8x auf einer "richtigen" Skitour verwirklichen. Eine beste Tour zu küren ist aufgrund der durchgehend hohen Qualität dieser Ausflüge schwierig. Zapporthorn, Piz Fliana mit Silvretta-Durchquerung, das Westcouloir am Piz Sardona, die Überschreitung am Hoch Ducan mit dem NW-Couloir, die Grialetsch-Nordflanke - alles Hammer! Am aussergewöhnlichsten (und auf diesem Blog nie dokumentiert) war jedoch bestimmt die Tour auf den abweisenden Gamsberg - das geht nur ganz selten und der Gipfelgang stellt wirklich sehr hohe alpine Anforderungen.

Der extrem schmale und exponierte Gipfelfirst, welcher auf den Gamsberg führt.

Ausblick

Somit verbleibt als letzter Punkt der Ausblick. Mit meiner Tourenaktivität wird es hoffentlich in ähnlichem Rahmen weitergehen wie bisher. Viel Sportklettern mit der Familie, schön gewürzt mit alpinen Ausflügen zum richtigen Zeitpunkt. Darüber hinaus stellt sich auch noch die Frage, wie es mit diesem Blog weitergeht. Irgendwie sind Blogs nicht mehr wirklich zeitgemäss und so gut wie alle Kletterblogs, welche ich gerne verfolgt habe, haben den Betrieb inzwischen eingestellt. Somit fühle ich mich ein wenig wie der letzte Mohikaner und Zeit dafür bleibt mir auch immer weniger als gewünscht. Andererseits macht mir das Schreiben selber nach wie vor extrem Freude. Über undokumentierte Touren legt sich früher oder später der Schleier des Vergessens, während mir die gebloggten Touren mit allen Facetten im Gedächtnis bleiben. Somit gibt's auf diesem Kanal wohl auch in Zukunft das eine oder andere zu lesen.

MIT EINEM HERZLICHEN DANK AN ALLE MEINE TOURENPARTNER IM 2018 UND INSBESONDERE MEINER FAMILIE FÜR DEN SUPPORT UND DAS BEGEISTERTE MITMACHEN IN FELS UND SCHNEE. AUF EIN GUTES UND UNFALLFREIES BERGJAHR 2019!!!

Sonntag, 6. Januar 2019

Neujahrstrip 2019 Tessin

Eigentlich waren wir ja erst gerade aus dem Tessin heimgekehrt, fürs Weihnachtsfest und ein bisschen Skifahren. Im Süden sollte weiter die Sonne scheinen, also galt es nur noch eine Entscheidung zu treffen. Tessin oder Oltrefinale? Ja, warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt!? So attraktiv die athletische Kalk-Kletterei an der ligurischen Küste ist, noch ein bisschen lieber klettere ich im Tessiner Gneis. Somit positionierten wir uns strategisch mitten im Tessin, um sowohl die Gebiete in der Riviera wie auch jene im Maggiatal anfahren zu können.

Sonne und blauer Tessiner Himmel, eine unschlagbare Kombination im Winter. Hier der Junior im Vorstieg an der Placca di Tegna.
Claro

Den Auftakt machten wir wieder in Claro. Erstaunlich, wie sehr sich die Situation mit der Tropfnässe im Zeitraum einer Woche gebessert hatte. Inzwischen waren fast alle Routen ohne grössere Einschränkungen begehbar. Leider war das Poetic Face (8a) gerade besetzt, als wir anmarschierten. Somit beschloss ich, mir die Zeit vorerst anders zu vertreiben und dann später zurückzukehren. Wie sich immer wieder zeigt, ist die sicherste Methode eine 8a nicht zu ziehen, es gar nicht erst zu versuchen. Zum Aufwärmen bzw. beinahe schon einem ersten Überhitzen ging's in die Farmer (7a). Vermutlich werden das nicht alle mögen - aber wow, was für eine Route! Anhaltend, sehr technisch, äusserst komplex und mit abgefahrenen Moves. Ich vergebe alle Sterne, die ich habe! Die sozusagen direkte Variante Te la do io l'arca (7b) ist von ganz anderem Charakter. Weitgehend gemütliche Kletterei im 6ab-Bereich, die Crux hingegen ein sehr kniffliger Boulder. Aber auch da, sowas kann man nicht schrauben, affengeil! Weil sich nebenbei die Kinder noch ausführlich mit ein paar ganz coolen Bouldern beschäftigten, war der Tag danach schon fast um. Ein wenig die Finger strecken in der Apnea (8a) lag noch drin, mehr dann aber auch nicht.



Ponte Brolla Ost

Am nächsten Tag war stürmischer Nordföhn angekündigt, weshalb wir uns für den Ostsektor von Ponte Brolla entschieden. Das war sicherlich ein geschickter Schachzug. Rundum tönte es den ganzen Tag, wie wenn ständig Düsenjets vorbeifliegen würden. Doch aufgrund der lokalen Topografie bleibt es im Ostsektor erstaunlich ruhig. Und sowieso hatte ich ja noch die Zorn der Götter (7c+) offen, in welcher in an Weihnachten knapp gescheitert war. Und eigentlich hätte das im ersten Go dieses Trips auch geklappt. Souverän unterwegs hatte ich ganz zum Schluss aber den Fuss auf einen falschen Tritt gestellt, so den dynamischen Zug verhauen und die Begehung noch versaut. Genau in dieser Situation sollte man ja die Ruhe bewahren und die Sache einfach nach einer gütlichen Pause endgültig abschliessen. Mir gelang's an diesem Tag definitiv nicht - der nächste Go scheiterte wegen nicht adäquatem Ausruhen an Kraftmangel. Und der bald darauf folgende gleich nochmals. Somit sah ich mich damit konfrontiert, dass mir hier die Felle erneut davonschwimmen würden. Es blieb nicht anderes übrig, als eine lange Pause einzulegen, den Rest der Familie in ihren Projekten zu unterstützen und dann vor dem Eindunkeln nochmals einen Go zu geben. Währenddessen gelang z.B. meiner Tochter mit der Omar (6a+) die erste Route in diesem  Grad im Freien sauber rotpunkt - bravo! Mein letzter Versuch im ZdG war dann tatsächlich von Erfolg gekrönt. Meine Extrakraft hatte ich mit meinem dummen Dreinschiessen zwar schon zuvor verpulvert. Doch mit ruhig bleiben und einer Portion Glück (die Deadpoints am Limit sassen exakt) wurde der rote Punkt gesichert.

An den Orten, wo der Föhn nicht hinkam, kühlte es in den klaren Nächten logischerweise schon stark ab. Dieses Bild ist zwar von der Geisha Wall und nicht von Ponte Brolla Ost. Da kann man schon fast von Mixed-Klettern sprechen.

Cresciano

An Silvester kamen noch befreundete Familien ins Tessin nach. Somit war Cresciano das Gebiet der Wahl, hier waren wir schon eine ganze Weile nicht mehr. Dagegen sprachen halt der etwas längere Zustieg (von unten, wobei das Fahrverbot aktuell von den Kletterern und Boulderern nicht beachtet wird, was scheinbar toleriert wird) sowie auch die etwas exponierte Lage vom Sektor Federica. Finalemente griffen wir dann jedoch gleich oberhalb im Beautiful an. Dort wurden links noch einige schöne, aber bisher wenig beachtete Touren nacherschlossen. Ich kletterte Sulle ali della liberta (harte 6b), Sum sem ma sum pasat (7a+) und Pecho Frio (7a). Alle sehr schön in leicht überhängender Wand mit kniffligen Moves an sloprigen Leisten, grossen Auflegern und ein paar Seitgriffen. Zu holen gäbe es auch noch das vermutlich (?!?) immer noch ungekletterte Projekt The crash ano adventure. Es wäre nur ein Einzelzug, der aber knallhart, vermutlich schwieriger wie 7c. Weiter rechts an den bekannteren Routen gelang mir die Tendina Balosa (7b+) locker im zweiten Go. Diese Route hätte ich vermutlich onsighten können, wenn sie bereits mit Exen ausgestattet gewesen wäre. Hängt im Bolt an der Dachkante jedoch noch nichts, so ist die Tour expo. Man kann dann erst nach der grossen Rechtstraverse und den Moves zurück ins Dach klippen und wenn man in dieser längeren und schwierigen Cruxpassage stürzt, so crasht man unterhalb mit einem Pendler in die Verschneidung :-/. Wobei ich keine schlechte Werbung für die Route machen will, denn mit Verschneidung, einem Leistenquergang und dem abschliessenden, athletischen Dach ist's wieder einmal Gneis-Kino der allerersten Güteklasse. Einer der Gründe hier anzugreifen war definitiv auch die Beautiful (8b), als eine der besten Touren auf diesem Niveau im Tessin gehandelt. Mein Kollege zog's souverän im zweiten Go, ich muss da noch etwas länger üben. Wobei mir die Route gar nicht so extrem gut gefallen hat wie sie gerühmt wird - ja, es sind sehr anhaltende, ausdauernde und homogen schwierige Moves an Leisten und Rissspuren. Jedoch oft sehr trittarm, was mir generell nicht so behagt. Die etwas leichtere Alternative ist die rechte Auskneifvariante A fuoco il nido (8a) - die gefiel mir besser und sollte machbar sein (nächstes Mal dann ;-)).

Der kleine Sektor links vom Beautiful in Cresciano mit seinen lohnenden Wandklettereien.

Russo

Weil das Thermometer etwas tiefere Werte anzeigen sollte, war an Neujahr Russo der Crag der Wahl. Mit dem Erscheinen der Sonne waren wir vor Ort und ich konnte mir zum Jahresauftakt gleich die Cabernet Sauvignon (7a) sichern - ein paar knifflige Plattenmoves entlang der Verschneidung sind garantiert, sehr lecker! Wir zügelten hinauf in den Sektor Macao und für mich stellte sich die Frage, wohin geht's? Eigentlich war mein Plan, einmal die ultrasteile Gioco del Ginocchio (7c) anzugreifen. Ich machte mich auf den Weg... um dann dort, wo es steil wird, in die rechte Variante Mosaico (7b+) abzubiegen. Ich war da einfach schon so gepumpt, gerade weiterzusteigen hätte unweigerlich in einem Bloc oder einem Sturz geendet, da schienen die Henkel rechts die Rettung. Es war schliesslich genau die richtige Entscheidung, denn dort konnte ich den Umlenker klippen, auch wenn die tricky Rissklemmer zum Stand hinauf noch alles forderten. Nach etwas De-Pump in der schönen Risskletterei Per domani (6c) wollte ich es dann doch noch wissen und auch noch die Gioco del Ginocchio (7c) Direktvariante versuchen. Im zweiten Go, mit dem Eindunkeln gelang mir dies schliesslich mit ein paar wilden Schnappern in 'Flucht nach vorne'-Art an den Ausstiegshenkeln in äusserst luftiger Position - einfach affengeil so etwas, was für ein Neujahrstag!

Die erste Route im 2019 ist im Kasten! Die Cabernet Sauvignon (7a) verläuft am oberen Rand der weissen Platte, unter dem Steilwulst.

Ponte Brolla - Placca di Tegna & Ost

Aufgrund von einem indisponierten Knie wollte der ganze Tross aufgrund des kurzen Zustiegs und des zudem wieder stürmischen Nordwinds in den Ostsektor von Ponte Brolla ziehen. Nach 4 Tagen Vollgas beim Sportklettern fühlte ich mich morgens für einmal etwas matt - und stellte so die Frage "wer will zuerst noch eine Plattenroute klettern?". Mein Sohn wollte, also los! Auf dem Zustieg  stellte ich die Frage "willst du vorsteigen?". Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen "ja, klar!". Nach einer Kurzinstruktion wie man Stand einrichtet und nachsichert ging's auch schon los, ohne Zögern und mit einem Affenzahn. Schon bald hatten wir die mit uns gestarteten Seilschaften weit unter uns gelassen und der Ausstieg der Occidentale (5 SL, 4c max, 4a obl) an der Placca di Tegna rückte näher. Als ich ankam meinte er sogleich: "Papi, ich möchte nochmals eine Route machen". Einen kurzen Fussabstieg später banden wir uns erneut ein und hinauf ging's in die etwas anhaltendere Centrale (7 kurze SL à max 30m, 4c max, 4b obl). Es folgte ein erneut souveräner Vorstieg, zum Schluss sammelten wir auch noch die beim ersten Mal mit uns gestarteten Seilschaften ein. Ja, das war ein Tag, an dem gewaltige Fortschritte gemacht wurden. Ich vermute fast, dass das letzte Mal, wo ich meinem Sohn eine MSL-Route vorgestiegen bin, schon vorbei ist. Klar kann ich es noch (viel) besser als er. Aber genauso wie ich steigt er lieber vor als nach und ich mache ihm gerne das Geschenk, jeweils Routen zu wählen, die er selbständig führen kann. Für die 12 Seillängen und die 2 Fussabstiege hatten wir insgesamt nur 2.5 Stunden gebraucht. Tipp: die Seillängen sind alle ziemlich genau 30m lang. Das Seil auf diese Länge zu verkürzen spart hier enorm Zeit! Noch war also mehr als genügend Zeit zum Sportklettern vorhanden. Es hatte ziemlich viel Volk und so blieb für mich schliesslich die Child of Vision (7c) die beste Wahl. Über weite Strecken bietet diese lässige Henkelturnerei, eine glatte Boulderstelle bietet jedoch Schleuderpotenzial. Alles in allem aber auch wieder ein Gneisjuwel der ersten Güte. Genau an der richtigen Stelle weist die aalglatte Platte etwas Textur auf, damit man mit den Füssen genug Schub für die nötigen, weiten Moves geben kann - awesome!

Unterwegs in L2 der Occidentale an der Placca di Tegna - sozusagen ein Kinderspiel!

Geisha Walls

Das letzte Mal hatte es uns so gut gefallen, so wollten wir natürlich unbedingt ein zweites Mal an die Geisha Walls und dabei den oberen Sektor beklettern. Hier waren ja eine gute Woche zuvor noch etliche Touren wegen reintropfender Nässe feucht gewesen. Aber nachdem es in Claro so massiv gebessert hatte, vermutete ich hier den gleichen Effekt. Doch das war verfehlt - anstatt einem Drittel wie vor Wochenfrist waren nun gut über die Hälfte der Routen einwandfrei begehbar. Jedenfalls kann man sich hinter die Ohren schreiben, dass man hier nur nach Trockenperioden so richtig glücklich werden wird. Vor allem auch war die tropfende Nässe in der klaren Nacht zu Eiszapfen beachtlicher Grösse gefroren, die den oberen Rand der Wand säumten und dann aufgrund der Sonne zum Teil in die Tiefe stürzten. Umsicht und ein Helm waren absolut unabdingbar - when sportclimbing meets alpinism! Ein sehr erfolgreicher Klettertag wurde es aber doch: erst mit der Collateral (7a+), eine absolute Perle mit genialen Moves an vertikalen Kanten! Die beiden Touren weiter links, die Vinum (7b) und die Kings Cup (7b+) ähneln sich: unten technisch und einfacher, oben steil und henklig über ein Quarzband hinweg. Eine coole Sache, wenn auch im Moment noch nicht jeder Sand/Staub abgeklettert ist und es hier und da noch etwas knirscht. Um 14.00 Uhr hatte uns die Sonne bereits verlassen und es wurde ziemlich frostig. Doch wir trotzten der Kälte und ich machte noch die Akira (7a+), ebenfalls wieder sehr spannend an vorwiegend vertikalen Griffen.

Auch hier kann man wieder sagen "when sportclimbing meets alpinism". Oder auch, wer's halt nicht geschafft hat, sein Projekt zeitig bei Sonnenschein zu punkten, der hat nachher halt in den sauren Apfel zu beissen. In diesem Fall hat es genützt, die hier initiierte Begehung war erfolgreich :-)

Brontallo - El Cat

Am letzten Tag wollten wir nochmals hinten im Maggiatal angreifen, hierhin kommt man ja bei kürzeren Trips meist eher nicht. Also warum nicht wieder einmal an die Wand von Prato, hier hatte ich bisher nur einen einzigen Klettertag verbracht. Doch hier konnten wir schon auf den ersten Blick wieder kehrt machen: im zentralen Bereich hing zentral über der Wand ein Eisfall beachtlicher Grösse. Zwar vermutlich mehr als das Produkt nur einer kalten Nacht, aber trotzdem: sich bei Sonnenschein darunter dem Sportklettern hinzugeben wäre höchst unvernünftig gewesen. Somit war eine Alternative gefragt und die Stand eigentlich in Form vom El Cat in Brontallo bereit. Das Problem jedoch: Kathrin hatte dieses Gebiet als "nicht kindertauglich" im Kopf abgespeichert. Tatsächlich waren wir hier schon einmal zu viert über die Fixseile hochgeächzt und auch der Aufenthalt auf den sonnigen, bequemen aber auch exponierten Balkonen am Wandfuss war damals nicht restlos entspannt gewesen. Ich war mir aber sicher, dass das Gebiet für die inzwischen älter gewordenen Kinder durchaus patent wäre - wie sich zeigte absolut zurecht! Ich beschränkte mich auf die Flower Power (7c), eine 40m lange Route mit einer heiklen, sloprigen und glatttrittigen Crux ganz am Ende. Die Kinder hingegen liefen zu wahrer Höchstform auf, stiegen zuerst 6a, dann 6a+, dann 6b und zum Schluss sogar noch 6c - von daher muss man fast den Schluss ziehen, dieses Gebiet sei höchst kindertauglich :-)

Super Kletterei an der auch im Hochwinter sonnigen Wand von El Cat in Brontallo.