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Dienstag, 19. Juni 2018

Skitour mit Biwak: Wysse Nollen (3418m)

Bereits vor einem Jahr hatten wir mit der ganzen Familie eine Nacht auf dem Rhonegletscher campiert und waren danach mit den Ski auf den Limistock (3189m) gestiegen. Es war ein grosser Wunsch der Kinder, dieses Erlebnis zu wiederholen. Das ist gar nicht mal so einfach zu realisieren, denn das Zeitfenster zwischen Passöffnung und Ausaperung beschränkt sich auf maximal 2-3 Weekends. Wenn denn noch dazu kommt, dass einwandfreies Wetter herrschen sollte und keine anderen Verpflichtungen wie Turnfeste, Kletterwettkämpfe oder Geburtstage im Wege stehen, so wird man sich gewahr, wie schwierig es sein kann, solche Wünsche zu erfüllen. Aber: es hat auch im 2018 geklappt!

Mit einigem an Gepäck unterwegs auf dem Rhonegletscher.
Der Wetterbericht tönte schlussendlich zwar nicht ganz einwandfrei, aber doch ausreichend gut. Somit wurde wieder eifrig gepackt, wobei wir gegenüber dem letzten Jahr beim mitgeführten Material aus nahe liegenden Gründen doch etwas abgespeckt hatten. Weil auch die Kinder bereits um ein Jahr älter und kräftiger waren, d.h. mehr beim Tragen mithelfen konnten, hatte der Weg zum Campingplatz schon deutlich weniger Tubel-Trophy-Faktor. Den ganzen Zirkus am Belvedere umgingen wir dieses Mal auch elegant, indem zuerst noch eine Klettersession im Garten von Lungern eingelegt wurde. Diesen hatten wir zuvor 5 Jahre lang nicht mehr besucht. Das heisst, es war sowieso wieder einmal höchste Zeit für eine richtige Ernte von inzwischen gereiften Früchten und auch für die Kleinen gibt's da bereits gut etwas zu holen.

Unser Camp auf dem Rhonegletscher.
Somit brachen wir erst um 19.30 Uhr vom um diese Zeit beinahe verwaisten Belvedere auf. Der erste Blick auf den Gletscher zeigte, dass noch etwas mehr Schnee lag als im Jahr zuvor. Doch dafür, dass wir einen ausserordentlich schneereichen Winter hatten und wir eine Woche früher dran waren wie im Vorjahr, war's doch auch schockierend. Die Zunge zeigte bereits grössere, apere Flecken, der Gletscherfluss stürzte in besorgniserregendem Tosen über die Felsen - wenn's mit den Temperaturen so weitergeht wie bisher in diesem Frühling und Vorsommer, so wird auch im 2018 wieder ausserordentlich viel Eis vom Rhonegletscher wegschmelzen. Wir stiegen noch etwas hinauf und stellten das Zelt schliesslich bei der spaltenfreien Flachzone auf ca. 2300m mehr oder weniger am selben Ort wie letztes Jahr auf. Das Wetter zeigte sich doch einigermassen bewölkt, aber dennoch gutmütig. Dazu war es fast windstill und warm, für den nächsten Tag war Sonnenschein angesagt, da konnten wir guter Dinge sein.

Aufbruch in Richtung Wysse Nollen. Alleine ist man auf dem Rhonegletscher definitiv nicht unterwegs...
Nach einem (eben der Gewichtsersparnis geschuldeten) Tütendinner legten wir uns schliesslich aufs Ohr. Wenig später vernahm ich, wie doch tatsächlich Regen einsetzte, der immer heftiger wurde. Das stand so eigentlich nicht wirklich auf dem Programm... doch kurz darauf döste ich ebenfalls weg, wir waren ja im Trockenen. Am nächsten Morgen stürmten dann die ersten Tüüreler bereits ab 4.00 Uhr früh am Zelt vorbei. Die meisten zogen still und schlurfend ihre Schritte, einige wenige zeigten sich bereits um diese Zeit hellwach, begeistert und munter parlierend. Gefühlt waren es jedenfalls Dutzende bis Hunderte, die in unserer Nähe vorbeigingen. Ich hingegen hatte entschieden, die Kinder erst um 6.00 Uhr zu wecken. Einerseits, um ihnen noch etwas mehr Schlaf zu gönnen, andererseits erschien mir das Timing so auch günstiger. So geschah dies dann und nach einem raschen Frühstück machten wir uns um 6.30 Uhr auf den Weg - wie üblich mit dem bewährten System Skilift, wobei die Kinder à discretion auch zu Fuss gehen konnten/durften.


Nachdem wir auf dem Limistock (3189m), dem am einfachsten zu erreichenden Gipfelziel im Becken des Rhonegletschers bereits im Vorjahr waren, so war der am nächsten gelegene, von mir/uns noch unbestiegene Gipfel jener des Wyss Nollen (3418m). Doch auch bis dahin sind's gute 8km Distanz und über 1100hm, ein rechtes Stück Arbeit. Die Bedingungen für den Aufstieg waren jedoch sehr gut. Die Schneedecke war kompakt und bald einmal gefroren. Eher gewellter Sommerschnee zwar, aber dankdem es gespurt war, liess es sich trotzdem ohne viel Widerstand gehen bzw. eben Skilift spielen. So schafften wir es in gut 3:30h tatsächlich bis auf den Wysse Nollen, eine super geniale Sache! Zum Dammastock bzw. den mir noch fehlenden Gipfeln von Eggstock und Schneestock wären es zwar nur noch gute 200 zusätzliche Höhenmeter gewesen. Doch es wäre im etwas aufsteilenden Gelände noch ein hartes Stück Arbeit gewesen alle dort hinauf zu bringen, man muss ja nicht gleich übertreiben und schliesslich sollen wir in den nächsten Jahren auch noch neue Ziele am Rhonegletscher haben. Mit Tieralpli-, Egg-, Schnee- und den beiden Rhonestöcken sind diese ja gegeben.

Fantastisches Ambiente! Der Schnee hingegen nicht so glatt wie ein Teppich.
Nach einer gütlichen Rast machten wir uns um 10.40 Uhr an die Abfahrt. Inzwischen hatte der gefrorene Sommerschnee an der Oberfläche etwas aufweichen können. Die früher aufgebrochenen Skifahrer, welche uns im Aufstieg schon entgegen gekommen waren, hatten sich hingegen mit einer üblen Rüttelpiste abfinden müssen, das war gut zu sehen und zu hören. Auch für uns war's dieses Mal nicht das ganz grosse Fahrvergnügen, doch wir gelangten dennoch spassig und bequem zu unserem Camp zurück. Dort hiess es nach einem Zmittag erst einmal, den ganzen Karsumpel wieder zu verstauen. Als Pièce de Resistance wartet dann jedoch noch der Aufstieg vom Gletscherende zurück zum Belvedere. Mit dem schweren (nun nicht mehr ganz gleich gut organisierten) Gepäck durch die Touristen aus allen Ecken der Welt hindurchzugehen ist immer wieder ein besonderes Erlebnis. Lustig vor allem, welche Bewunderung die Kinder erfahren, wenn sie da als beinahe vollwertige Alpinisten in Skimontur mit einem grossen Rucksack selbständig hinaufsteigen und selbst so noch manche der kaum geländegängigen und halt eben auch höchst unfitten Menschen zu überholen vermögen.

Sulziger Sommerschnee in der Abfahrt, war gar nicht so leid.
Schliesslich war dann das Belvedere erreicht, ein willkommenes, kühles Getränk konnte in die Kehle zischen und ein verdientes Glacé genossen werden. Der übliche Passstrassen-Zirkus war in vollem Gange, immer wieder eine amüsante Sache. Doch auch wir bieten hier ja einen prägnanten Farbtupfer. Schliesslich machten wir uns mit dem Ziel Après-Skitouring (d.h. Klettern nach einer Skitour) auf den Weg. Es dauerte jedoch nur wenige Minuten, bis die Jungmannschaft in einen komatösen Schlaf gefallen war, der bis zu unserer Heimkehr nicht enden wollte. Tatsächlich legten wir beim Reduit im Urnerland noch einen Stopp ein. Doch mit Blick auf die Temperaturanzeige von 29 Grad, den sacküberhängenden, anspruchsvollen Routen und meinem durch die strenge Tour auch reichlich angebrutzelten Zustand verschoben wir die vertikalen Ambitionen auf einen anderen Zeitpunkt. Eine Fahrstunde später waren wir daheim. Ich war noch eine gütliche Weile mit dem Trocknen und Aufräumen des Materials beschäftigt, während die inzwischen wieder muntere Tochter sofort ihren (B)log schrieb. Nein, natürlich noch nicht elektronisch, sondern altmodisch-analog ins Tagebuch. Mir scheint aber, der Apfel falle nicht so weit vom Stamm ;-)

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