Nachdem die Prognosen für den Jahreswechsel 17/18 hierzulande vor allem Sturm und Sauwetter verhiessen und für einmal auch im geliebten Tessin nichts zu holen war, schien uns einzig ein Trip in südlichere Breitengrade viel versprechend. Ab Zürich ist kaum eine Flugdestination in Europa so breit und günstig erschlossen wie Barcelona, also war die grobe Richtung gesetzt. Wenn das Wetter es zulassen würde, so hielten wir uns an die Gebiete ums Montsant-Gebirge, andernfalls wären auch die deutlich wärmeren Gefilde an der Costa del Sol noch gut erreichbar gewesen.
Das Schicksal wollte es schliesslich so, dass wir bis auf 2 Tage in Siurana zu Beginn ausschliesslich in Margalef kletterten. Diese Destination hatte ich bisher noch nie bereist, gefallen hat es der ganzen Familie vorzüglich. Dies insbesondere, weil es hier auf engstem Raum ein unglaublich breites Angebot vom vierten Schwierigkeitsgrad bis zum Grad 9b gibt, wobei sowohl die ganz einfachen, die mittelschweren und auch die ganz harten Geräte sehr lohnend sind. Es ist doch ziemlich einzigartig, dass das gesamte Spektrum in diesem Ausmass und einer solchen Qualität vorhanden ist. Für schon ernsthaft kletternde Kinder sind die Felsen aufgrund ihrer Beschaffenheit absolut prädestiniert - so konnten denn auch unsere beiden Kids in Margalef ihre Outdoor-Rekorde verbessern.
Golden Hour in Catalunya. Hier die Sektoren an der Cova del Cavall, der östlichen Verlängerung vom Espadelles-Felsband. |
Beim Gestein handelt es sich um eine Art Konglomerat, welches jedoch mehr den Charakter von einem löchrigen Kalk hat. Positive Features wie Kiesel gibt's hier und da, meist sind sie jedoch eher klein und man hat nicht den Eindruck, sich an einem überhängenden Kartoffelacker zu befinden. Geklettert wird vorwiegend an 1-, 2- oder 3-Finger-Löchern, natürlich gibt's dann ab und an auch noch eine Kelle, wo man gleich alle Griffel versenken kann. In Bezug auf die Wandneigung gibt's von geneigten Platten bis zu dachartigen Zonen alles. In den oberen Graden dominiert jedoch stark athletische, dynamisch-brachiale und trittarme Kletterei an oft etwas schmerzhaften Löchern. Dass dies ganz und gar nicht mein favorisiertes Gelände ist, wird der versierte Blogleser bereits wissen... "Wegstehen" und Kletterstellen wegen Kraftmangel kreativ zu überlisten funktioniert in Margalef deutlich seltener wie andernorts, Blockierkraft und eine gewisse Vorliebe für Bolzerei sind da unabdingbar. Erwähnt sei auch, dass mich diese Art der Kletterei doch reichlich verletzungsträchtig dünkte: die Finger werden möglichst tief und klemmend in scharfkantige Löcher gesteckt, dann heisst's von schlechten und glatten Tritten dynamisch ziehen... wenn da zur Unzeit ein Fuss wegschlipft, puh!
Naja, die sicherste Methode keine schwierigen Routen zu punkten ist es, gar nicht erst einzusteigen. Und genau das habe ich schliesslich in diesen Ferien gemacht... Ob den Gegebenheiten (Familie, Kletterei, Angst sich die Finger zu verletzen, ...) und dem schier unglaublichen Angebot an guten Touren schien es mir wenig erstrebenswert, hier in einer Route am persönlichen Limit um den roten Punkt zu kämpfen. Deutlich attraktiver war es da schon, sich richtiggehend durch das Angebot zu schlemmen und möglichst viele Touren zu klettern. Klar, wenn's nur um die reine Anzahl gekletterter Route ginge, dann wäre ich im fünften und sechsten Grad noch zu deutlich mehr gekommen. Aber ein bisschen spannend sollte es ja doch auch sein, weshalb ich mich vorwiegend im 7ab-Bereich betätigte. Mit Einsatz, guter Leistung und dem nötigen Quentchen Glück liegt da ein Onsight drin - tatsächlich konnte ich zum Ferienende auf 30 Routen zwischen 7a und 7b+ zurückblicken. Rückblickend kann ich nun sagen wow, das war echt cool - und in Margalef waren wir sicher nicht das letzte Mal!
Facts
Margalef ist ein kleines Dorf in der hügeligen Sierra de Montsant, ca. 2 Fahrstunden bzw. 150km westlich von Barcelona gelegen. Es gibt ~1400 Routen, welche sich auf 82 Sektoren verteilen. Die Sektoren verteilen sich auf 2 Zonen um den Stausee und die Ermita San Salvador und sind oft sehr nahe beieinander gelegen. Vielfach ist es kein Problem, am selben Tag Touren aus verschiedenen benachbarten Sektoren zu klettern, zumal die Zustiege oft minimal sind und kaum je den einstelligen Minutenbereich überschreiten. Das Routenangebot ist wie folgt:
ca. 150 Routen in den Graden 4 und 5
ca. 450 Routen im sechsten Franzosengrad
ca. 500 Routen im siebten Franzosengrad
ca. 300 Routen im achten Franzosengrad
ca. 20 Routen im neunten Franzosengrad
Wie man sehen kann, ist vor allem auch die Dichte an schwierigen Routen enorm. Über deren Qualität kann ich (ausser, dass sie beliebt sind) nicht wirklich etwas sagen. Die einfacheren Routen sind jedoch meist sehr lohnend und wie bereits erwähnt, findet man auf engem Raum oft gute Touren in allen Graden. Viele Routen sind eher kurz, kräftig und daher mit fränkischem Charakter (80% der Routen sind kürzer als 20m). Andererseits gibt's aber auch krasse Ausdauergeräte wie z.B. die 50m lange Era Vella (9a), wo angeblich kein Move schwieriger wie Fb 7B sein soll, dies jedoch dann unglaublich anhaltend.
Margalef ist auf ca. 600-800m gelegen und ein Ganzjahres-Gebiet. Es gibt eine grosse Auswahl von sehr sonnigen, halbschattigen und ganztags schattigen Felsen. Nun gut, zur Badesaison wird man hier vermutlich doch eher alleine sein, aber von September bis Mai findet man sicher immer einen Fels mit guten Bedingungen. Erwähnt sei, dass es in den ersten Januartagen 2018 fürs ernsthafte Sportklettern an den sonnigen Felsen bereits zu heiss war und man auch in den Schattenlöchern ohne allzu grosse Entbehrungen moven konnte. Allerdings profitierten wir während unserem Aufenthalt auch von bestem Wetter mit milden Temperaturen bis +19 Grad.
Vor Ort gibt's einen kleinen Lebensmittelladen (täglich geöffnet, 10-13 und 18-20), wo man frisches Brot und sonst gerade so das allernötigste kriegt, um seinen Konsumbedarf so richtig zu stillen muss man jedoch bereits eine längere Strecke fahren (ja, die Gegend ist sehr dünn besiedelt!). Zwei, drei Bars wo man auch kleinere Gerichte erhält, gibt's ebenfalls. Zur Unterkunft findet man im Ort einige Adressen, die einschlägigen Portale helfen weiter. Ansonsten gibt's vor Ort auch diverse offizielle, halboffizielle und auch eigentlich verbotene Stellplätze - es handelt sich um einen bei Campingbus besitzenden Kletternomaden sehr beliebten Spot. Zuletzt vielleicht noch: alle Strassen in der Gegend sind äusserst kurvig, für die ca. 40km bis nach Siurana ist tatsächlich 1 Stunde Fahrzeit notwendig. Und ein bisschen überall sonsthin eigentlich auch - man berücksichtige dies bei der Planung.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich über Ergänzungen zu diesem Blog via Kommentarfeld!
Kontakt: mdettling74@gmail.com.