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Mittwoch, 5. Januar 2022

Jahresrückblick 2021

An dieser Stelle erscheint wie jedes Jahr und nun schon zum elften Mal, der Rückblick auf das vergangene Bergjahr. Falls jemand gerade Bedarf nach Lesestoff hat, so finden sich hier der Reihe nach alle vergangenen Ausgaben. Was darf ich über das 2021 bilanzieren?!? Sicherlich, dass ich zufrieden bin mit mir und meinen Berg- und Kletteraktivitäten. Vielleicht fehlen die ganz grossen Routen mit den klingenden Namen, die gefährlichen Touren mit Type II Fun und meine Unternehmungen sind mehr geprägt von der Vereinbarkeit mit der Familie und den beruflichen Verpflichtungen. Gerade die Tatsache, dass die Kinder beide im Leistungssport in verschiedenen Disziplinen engagiert sind, erfordert neben der Arbeit doch gewisse Einschränkungen bezüglich der Flexibilität für Touren nach Gusto. Aber eines ist sicher, meine Motivation für den Bergsport sowie für das dazu nötige Training um den entsprechenden Fitnessstand zu haben ist ungebrochen.

Passend zum Jahresabschluss... Stimmung am Fels auf dem Ticino-Trip zum Jahresende 2021.

MSL-Klettern

Das Kerngeschäft von diesem Blog sind die Berichte zu MSL-Routen, also soll die entsprechende Rubrik in diesem Jahr zuerst Erwähnung finden. Trotz dem sehr regnerischen Vorsommer habe ich mich im 2021 insgesamt erstaunliche 43x am Start einer hohen Felswand befunden und diese dann erfolgreich bewältigen können. Die Saison startete Ende Februar mit der Familientour Quarzo (12 SL, 6a) an den Speroni di Ponte Brolla und endete kurz vor Weihnachten nur einen Steinwurf davon entfernt mit der Anima Ribelle (10 SL, 7b) am Torbeccio. Besondere Erwähnung verdienen an dieser Stelle die grandiose Kletterei der Lilith (9 SL, 7c+) am Schweizereck, der Dolomiten-Trip mit Kathrin mit dem Höhepunkt der Petri Heil (19 SL, 6c+) an der westlichen Zinne, sowie die wenig bekannte Sunset Boulevard (11 SL, 7a+) an der Valaschga Hochwand, der ich in ihrer neuen Version mutmasslich die erste freie Begehung abluchsen konnte. Ein herzlicher Dank gebührt meinem regelmässigen Tourenpartnern Viktor und Jonas, die immer für exotische, wenig bekannte MSL-Routen zu haben sind, egal ob sie mit weiten Zustiegen oder anderen Unannehmlichkeiten attributiert sein mögen - das ist echt Gold wert und diese sich oftmals als wahre Perlen entpuppenden Routen anzugehen, macht mir mega Spass! Nicht minder Freude habe ich auch an den Touren mit Larina. Natürlich ist sie nochmals stärker, fitter und ausdauernder als zuvor geworden, die Highlights mit ihr waren Le Bal des Boucas (10 SL, 6c) an der Tête Colombe und die noch unverbloggte Voie des Maîtres (13 SL, 6c+) in Ailefroide in den Sommerferien.

Aus der Rubrik "Tessiner Perlen": in der Viniciololavia (7 SL, 7c+) an der Parete di Cevio.

Neutouren

Diese Rubrik liegt mir natürlich auch besonders am Herzen, hier befindet sich meine grosse Passion. Und in Sachen Erstbegehungen war es ein absolut hervorragendes Jahr!!! Das absolute, kaum zu toppende Highlight ist natürlich die Vollendung der Lanciamira (17 SL, 6c 2pa oder 7b+) am Drusenfluh Westgipfel im Rätikon. Fünf Sommer und acht Besuche lang hatte die Erschliessung Larina und mich auf Trab gehalten und nur wer selber schon MSL-Routen eingerichtet hat, kann wohl abschätzen, wie viel Herzblut, Einsatz und Motivation nötig sind, ein Projekt dieser Grössenordnung mit einem seiner Kinder zu realisieren. Doch wir haben jeden einzelnen Tag genossen, das sind wirklich Momente für die Ewigkeit - schlicht und einfach genial! Doch auch darüber hinaus war es ein super Bohrjahr: mit dem (zur Zeit noch unpublizierten) Nightcrawler (7 SL, 6c) konnten Viktor und ich unsere Trilogie am Zervreilahorn erfolgreich abschliessen. Es handelt sich um eine weitere, hervorragende Semi-Trad-Linie ortstypischen Stils im prima orangefarbigem Gneis, Topo und Bericht werden bis zum Beginn der nächsten Sommersaison sicher zur Verfügung stehen. Das ist aber noch längst nicht alles in Sachen Erschliessungstätigkeit, sind es doch total 31 Seillängen, welche im 2021 entstanden sind. Die nächsten, vielversprechenden Projekte sind also bereits in der Pipeline, aber noch nicht spruchreif für diesen Blog. Ich freue mich sehr auf deren Fortsetzung und natürlich werden sie zu gegebener Zeit mit Topo und Bericht vorgestellt. Meine Erschliessungstätigkeit im 1-SL-Bereich ist im Vergleich zu den MSL von eher untergeordneter Bedeutung. Doch auch hier macht es mir immer wieder Spass, die eine oder andere Herausforderung zu entdecken. Konkret waren das im 2021 acht Seillängen, wobei einige Knacknüsse noch auf den roten Punkt warten und andere in sensitiven Gebieten ohne nähere Beschreibung im Blog bleiben werden.

Eines der neuen Projekte... wieder in Zusammenarbeit mit Larina.

Sportklettern

Meine subjektive Wahrnehmung sagt mir, dass es kein sonderlich ergiebiges Sportkletterjahr war. Der Frühling war feucht, im Sommer lag der Fokus auf MSL und dem Bohren, nach den Sommerferien fand ich nicht die nötige Zeit in der Agenda, um fokussiert an Projekten zu feilen. So blieb es öfter als einem Felskletterer lieb ist bei einer Indoor-Session: hin und wieder am Seil, öfter an den Boulderblöcken und regelmässig im Trainingsraum, an Boards und Systemwänden. Kommt noch hinzu, dass wegen den Covid-Reiserestriktionen die Sommerferien in Frankreich der einzige Auslandtrip waren und sonst nur gerade 3x Tessin drin lagen. Soweit mein persönlicher Eindruck, die Zahlen sprechen aber weniger dieselbe Sprache, wie ich mir gedacht hätte. Ich konnte doch 126 neue Einträge (>=7a) auf der Ticklist machen. Das ist zwar weniger als in früheren Jahren, aber trotzdem eine stattliche Anzahl. Mit 1x 8b, 6x 8a/+, 12x 7c/+, 40x 7b/+ und 67x 7a/+ war es auch leistungsmässig ordentlich und fast im Rahmen der Vorjahre, da darf ich sicher zufrieden sein. Man könnte möglicherweise sogar folgern, dass es der Performance zuträglich ist, ein wenig mehr zu "trainieren" und nicht jede mögliche Minute am Fels zu verbringen. Aber wie schon in der Einführung erwähnt, vielfach bestand nicht die Wahl, da ich Larina dahin oder dorthin zu einem ihrer Trainings begleiten "musste". Und so machte ich eben das Beste draus, sass nicht auf der faulen Haut sondern nahm die motivierten Vibes auf und versuchte, selber stärker zu werden und meine Technik zu perfektionieren. Natürlich finde ich diesen leistungsorientierten Aspekt sehr faszinierend und würde, wenn ich nochmals 35 Jahre jünger wäre, noch so gerne Vollgas geben um an die Spitze zu kommen sowie von Weltcups und Olympia träumen.

So langsam können wir nicht nur dieselben Routen zum Aufwärmen nutzen, sondern projektieren auch dieselben Linien... und das nicht etwa, weil ich mein Niveau nach unten angepasst hätte ;-) Hier ein Eindruck von unserem letzten Tessin-Trip zum Jahreswechsel.

Wettkämpfe

Nun ja, auf weltweitem Niveau werde ich nie mehr antreten können - ich bin ja schon zufrieden, wenn es für den einen oder anderen Plausch- oder Regionalwettkampf reicht. Doch mit der Pandemie sind diese Events leider spärlich geworden, bzw. haben nur ganz zaghaft wieder an Fahrt aufgenommen. Am wenigsten eingeschränkt waren noch die Kinder, welche schon im Frühling wieder mit den nationalen Wettkämpfen starten konnten. Dies aber in einer sehr steifen, angespannten Atmosphäre, ohne Zuschauer und unter der Auflage, möglichst spät zu kommen und möglichst rasch wieder zu verschwinden. Tja, so war der Spassfaktor ziemlich beschränkt, sowohl für mich als Coach wie für die Athletin lebte die Sache ja auch sehr vom Austausch und der Gemeinsamkeit. Ich fürchtete diese Zeiten schon für immer verloren - bis wir kurz vor den Sommerferien mit der ZKM im Griffig endlich wieder so ein richtiges Kletterfest wie "in alten Zeiten" hatten, wo alle mitmachen, beisammen sein und einander anfeuern konnten. Genial war das, und die folgenden ZKM-Events im 6aplus und im Minimum verliefen zum Glück mit gleich guter Stimmung. So kam ich persönlich am Ende mit den Boulder-Jams im Quergang und im Grindelboulder doch noch auf 5 Teilnahmen, wobei ich mit Ausnahme von Rang 4 im Minimum immer aufs Podest durfte (wobei jener Platz knapp daneben im Angesicht des sehr starken Feldes absolut keine Enttäuschung war). Zu erwähnen in dieser Rubrik ist natürlich auch der Titel der Zürcher Klettermeisterin U14 für Larina, ihr erster Sieg an einem Regio Cup (ZKM Griffig) sowie zwei weitere Podestplätze (ZKM 6aplus, B2), wo ich jeweils als Coach mitfiebern durfte, was mindestens so aufregend ist, wie selber Hand anzulegen. Hoffen wir, dass es im 2022 möglichst ohne Einschränkungen weitergeht und wir wieder öfter das Herzklopfen spüren können, bevor es um die Wurst geht.

Big Day an der Zürcher Klettermeisterschaft im Griffig :-)

Skitouren (& Alpines)

Auf (in jüngerer Vergangenheit) rekordverdächtige 43 Skitouren mit 52'060 Höhenmeter kann ich im 2021 zurückblicken. Das erklärt sich vor allem durch die Tatsache, dass wir im Januar, Februar, dann nochmals im März und fast den ganzen Dezember über gute bis hervorragende Schneebedingungen im Züri Oberland hatten. Das sind zwar in Sachen Höhenmeter und Prestige nur kleine Unternehmungen. Da man aber in Sachen Wetter und Verhältnisse als Local die idealen Fenster nutzen kann, ergeben sich dabei immer sehr lohnende Landschaftseindrücke und Skischwünge. Es ist ein grosses Privileg, diese Tourenmöglichkeiten vor der Haustür zu haben. Gelegenheit für längere Unternehmungen in den Alpen gab es nur vereinzelt, die besten davon waren jene auf den Piz Timun, das Tällihorn und die Chläbdächer - passt aber so. Ansonsten gab's in dieser Rubrik, welche auch generelle alpinistische Tätigkeiten abdecken soll, noch 2 Ausflüge zum Eisklettern. Aber das war's dann auch schon mit Aktivitäten, wo Steigeisen an die Füsse gehören. Naja, es bleibt eben nicht die Zeit, um auf allen Hochzeiten zu tanzen und das Klettern, das ist eben meine ganz grosse und präferierte Leidenschaft.

Es muss ja fast ein Foto von einem lokalen Tüürli sein :-)

Somit schliesse ich diesen Rückblick auf's 2021 in grosser Dankbarkeit für die tollen Erlebnisse, die unfallfreien Touren und die Kameradschaft mit meinen Weggefährt:innen. Ein riesiger Dank gebührt meiner Familie für die Unterstützung in allen Belangen. Möge es so weitergehen im 2022, wir freuen uns auf viele tolle Erlebnisse. Zum Schluss noch ein Wort zu diesem Blog, der im vergangenen Jahr in aller Stille sein 10-jähriges Jubiläum gefeiert hat und als (fast) letzter Mohikaner seines Genres sein aktives Dasein lebt. Die inzwischen bald 700 Berichte sind von unschätzbarem Wert für mich persönlich und genau deshalb plane ich, sämtliche markanten Touren weiterhin auf diese Weise zu dokumentieren. Nicht immer gelingt's mir mehr, die Blogs zeitlich in unmittelbarer Folge an die Touren zu finalisieren, oft harren die subito getippten Notizen einige Zeit ihrer Perfektionierung. C'est la vie, kann man da nur sagen - wer tagesaktuell an Eindrücken und Tourentipps interessiert ist, lade ich gerne ein, meinem Account auf Instagram zu folgen. 

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