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Freitag, 27. August 2021

Drei Zinnen - Petri Heil (6c+)

Für den letzten Tag unseres MSL-Trips konnten wir uns doch noch früh aus den Betten schälen. Um eine der Touren durch die Nordwände der Zinnen zu klettern ist das auch angezeigt. Nur schon, um den oft üblen Stau an der Mautstelle zu umgehen, aber die Touren sind auch alle lang und weisen einen zeitraubenden Abstieg auf. Zuoberst auf unserer Liste war die erst im 2016 erschlossene 'Petri Heil' an der Westlichen Zinne. Im Gegensatz zur Grossen Zinne war ich auf diese noch nie geklettert, da war noch die Sache mit dem Pfeifhofer-Enchaînement und laut den Berichten im Internet sollte es sich um eine eindrückliche, lohnende und gut abgesicherte Kletterei handeln. Wir wurden denn auch nicht enttäuscht, so kann ich hier von einem fantastischen Bergtag berichten.

Sicht auf die Nordwände der Drei Zinnen mit dem Verlauf der Petri Heil an der Cima Ovest.

Unsere Tour startete um 7.20 Uhr beim grossen Parkplatz am Rifugio Auronzo, zuvor waren wir dort hinauf gekurvt, was das Löhnen einer sündhaft teuren Maut (30 Euro) erfordert. Im Auto hatten wir dann noch einen Kaffee gekocht, ein Müesli gegessen und uns gleich für die Kletterei aufgeschirrt. Es stellte sich dann die Frage, auf welchem Weg man am effizientesten zum Einstieg gelangt. Man kann die Drei Zinnen nämlich sowohl im Uhrzeiger- wie im Gegenuhrzeigersinn umrunden, als dritte (aber sicher ungeeignete) Option gäbe es auch noch die "Abkürzung" via die Scharte zwischen der Westlichen und der Grossen Zinne. Mehr aus "Gewohnheit", den Weg war ich so schon zur Hasse/Brandler gegangen, wählten wir den Weg via Paternsattel (d.h. im Gegenuhrzeigersinn). Mit den ersten Touristen gelangten wir in den Sattel und querten dann am Wandfuss Richtung Westen - noch idealer wäre es, die Querung etwas tiefer auf einer Wegspur im Geröll anzusetzen.

Wenig oberhalb vom Paternsattel, der Wechsel vom Touristen- ins Klettergelände ;-)

Als wir schliesslich unter der Grossen Zinne traversierten, konnte ich meinen Augen kaum glauben. Keine einzige Seilschaft war anwesend, niemand in den Routen engagiert - es blieb auch den ganzen Tag über so! Kein Vergleich zu dem Zirkus, der damals am Tag der Hasse/Brandler (7a+) herrschte, wo die Comici (6b) von über 20 Seilschaften begangen wurde. Ich stellte mir bereits die Frage, ob ich wohl den Wetterbericht komplett falsch interpretiert hatte oder sonst irgendwas nicht stimmen würde... und unsere bereits erfolgte Tourenwahl wurde auch noch einmal auf die Probe gestellt. Wann erhält man schon die Chance, die Comici (6b) bei einwandfreien Bedingungen komplett alleine zu klettern?!? Das ist sonst wahrscheinlich nur der Fall, wenn Ostern auf Weihnachten fällt und es sich um einen 30-Grad-im-Tal-Tag handelt. Oder dann gleich in die ISO 2000 (7a+), deren Linie hier lotrecht in den Himmel pfeift und die einen weiteren Punkt in der Moderne Zeiten Sammelserie versprochen hätte? Am liebsten wäre ich natürlich gleich alle diese Touren aufs Mal geklettert, aber wir mussten uns nun halt für eine einzige entscheiden. Und es schien am vernünftigsten, beim gemachten Plan zu bleiben und für die anderen Touren später einmal zurückzukommen. 

Kathrin auf der Querung unter der Nordwand der Grossen Zinne (der untere, sichtbare Pfad wäre aber besser).

Somit also weiter hinüber zur Westlichen Zinne, wobei nochmals etwas abgestiegen werden muss, im Bereich der Rinne zwischen der Grossen und der Westlichen waren auch noch zwei harte Firnfelder zu überqueren (daher eben besser tiefer queren). Der Einstieg befindet sich ca. 20m westlich der NE-Kante, dies jedoch nicht direkt am Wandfuss, sondern bereits auf der zweiten Etage. Zwei etwa 5-7m hohe Stufen müssen erklettert werden, was etwas weiter im Zentrum der Wand (ca. 50m von der Kante entfernt) deutlich einfacher ist. Nachdem die Grosse Zinne komplett verwaist war, hatten wir hier erst recht niemanden erwartet. Damit lagen wir aber falsch, eine Seilschaft war eben erst in L1 gestartet. Das war nun alles andere als optimal. Wie es sich herausstellte, handelte es sich um einen Südtiroler Bergführer mit einem starken Gast. Somit entschieden wir uns, ihnen zu folgen - was schlussendlich auch problemlos ablief und ausser am Einstieg keine Wartezeiten zur Folge hatten. Der Zustieg hatte uns gerade 1:00 Stunden gekostet - laut Aussage vom Gast dauerte ihr Zustieg im Uhrzeigersinn um die Zinnen gleich lange. Um ca. 8.40 Uhr kletterten wir schliesslich los.

L1, 30m, 6b: Es geht gleich fulminant los mit steiler, leicht überhängender Wandkletterei an einer kleinen Verschneidung - erst in gelbem, dann in rabenschwarzem Fels. Schon manch einer hat hier wohl mit klammen Fingern gekämpft. Wir hatten uns zum Glück warm angezogen, so ging es gut. Diese Länge ist bestens mit BH und NH gesichert, der Stand befindet sich ziemlich rechts in der Rinne/Schlucht.

Um allenfalls überhitzte Finger abzukühlen eignet sich L1 (6b) hervorragend...

L2 & L3, 35m, 4c: Nun folgen zwei kurze und im Gesamtkontext unschwierige Seillängen in nicht immer bestem Gestein. Es scheint attraktiv, diese zu einer einzigen Länge zu verbinden. Das geht aber aufgrund vom Seilverlauf nur, wenn man die Sicherungen sehr grosszügig verlängert. Der Stand dazwischen existiert nicht ohne Grund... wir bezogen ihn.

L2 & L3 (4c) sind nicht die Seillängen, welche die Tour charakterisieren oder die man in Erinnerung behält.

L4, 32m, 6c+: Es folgt nun bereits das Herzstück der Tour, d.h. die schwierigste, spektakulärste und wohl auch schönste Länge der Tour. Erst kurz hinauf in Richtung der Kante, aber schon vor dieser wird rechts abgebogen und es geht bald hinein in die massiv überhängende, gelbe Wand. Hier trifft man auf Zinnenkletterei 'at its very best'. Formidable Henkel gibt's zur Genüge, die athletische Kletterei mit kraftvollen Zügen erinnert an die Kletterhalle, echt geil! Der Fels sehr speziell, in den tiefen Grifflöchern teils auch etwas sandig - man hat fast den Eindruck, als ob das Gestein hier erst in der Entstehung begriffen ist :-) Die Absicherung ist hier sehr eng gehalten, die schwersten Moves macht man alle über klettergartenmässig steckenden BH, dazwischen hat es auch noch NH, so dass man die Länge wohl auch technisch begehen kann. Wer alles klippen will, braucht ca. 16 Exen, so viele wie sonst nirgends auf der Tour. Wer sparen will, kann sicher auch den einen oder anderen wieder aushängen, bzw. wer's drauf hat einige der NH auslassen.

Durch dieses gelbe Amphitheater führt L4 (6c+), der Südtiroler Führer bereits am Stand oben.

Rückblick auf diese spektakuläre, mehrere Meter überhängende L4 (6c+), Kathrin eben losgeklettert.

Für kletterhallengestählte Athlet*innen eine chillige Sache dank so vielen guten Griffen!

L5, 25m, 6a+: Vom Stand 3 sieht diese Länge eindrücklich und steil aus, steht man dann kurz davor legt sich das Gelände aber schon zurück und es klettert sich auch kommod. Unterhalb bzw. rechts einer Verschneidung geht's hinauf (einige wenige Stellen waren noch feucht). Ein bisschen schwierig bzw. unübersichtlich wird es auch noch, nämlich da wo es um die Ecke geht - passt aber schon. Mix von BH und NH, gut gesichert.

Hier fand ich es mal kurz gar nit so easy in L5 (6a+), aber vielleicht habe ich die beste Lösung verpasst.

L6, 28m, 6a: Hinauf durch die schwarze, vom Wasser ausgewaschene Wand! Man klettert effektiv meist in der gut strukturierten, plattigen Wand rechts der markanten Verschneidung, an zwei, drei Stellen wo die Griffe/Tritte dort marginal werden, kann man sich an ebendieser links behelfen. Das geht gerade optimal auf, ohne dass es je richtig schwierig würde. Eine elegante und zügig zu kletternde Seillänge, mit vorwiegend BH gut gesichert.

Ausblick auf L6 (6a) mit der schwarzen Platte im Vordergrund, die andere Seilschaft ist bereits im etwas rustikalen Kamin von L7 (5c+) engagiert, welcher den unteren Abschnitt der Tour in der Nordwand beschliesst.

Rückblick auf L6 (6a), sehr schöne Kletterei, meist in der strukturierten Wand links der Verschneidung.

L7, 25m, 5c+: Eine rustikale Länge durch eine Art Kamin - schlussendlich war es aber doch weniger rampfig wie befürchtet und athletischere Kletterei als gedacht. Also eine super Abwechslung! Es steckt hier etwas weniger Material und ich habe auch noch Cams platziert. Am Ende dieser Länge kommt man zur NE-Kante und damit an die Sonne, womit man sich einiger Kleiderschichten entledigen kann. Leider ist der Stand nicht oben auf dem bequemen und geräumigen Plateau, sondern sehr unbequem weit unten platziert (wohl damit der BH-Stand die klassische Demut-Führe nicht tangiert, mit welcher man hier zusammentrifft).

L8, 40m, 4a: Eine unschwierige, aber unangenehme Seillänge gemeinsam mit der Demuth. Man quert auf dem unteren Band nach rechts, dann an logischer Stelle gerade hinauf. Man klettert bzw. kraxelt hier in einer Art Trichter - wenn irgendwo oberhalb Steine ausgelöst werden, so fallen diese bestimmt in diese Flachzone des Berges und werden direkt auf die Kletterer kanalisiert... also Vorsicht, insbesondere falls sich Leute oberhalb befinden. Kommt noch hinzu, dass ich keine fixe Absicherung gefunden habe und man auch kaum etwas Nennenswertes legen kann... alles in allem eine ungünstige Kombination. Der Stand ist gut sichtbar bei einem NH-Verbund und zum Glück wenigstens einigermassen geschützt.

Ausblick auf den Verlauf des mittleren Abschnitts von Petri Heil vom Stand nach L7. Sichtbar ist ein Kletterer in der Demuth (blauer Kreis), sowie die beiden Kletterer in der Petri Heil (gelbe Kreise). Diese befinden sich in L9 (4b), bzw. am Stand nach dieser Länge. Oben sieht man dann auch den Verlauf der Seillängen 10-15, die in der Ostwand naher der hier wenig ausgeprägten Kante zur Nordwand verlaufen.

L9, 46m, 4b: Der erste Teil der Seillänge noch gemeinsam mit der Demuth, später dann biegt man nach rechts ab. Wo genau ist nicht restlos klar, in diesem einfachen Gelände ist der Routenverlauf wohl auch nicht fix gegeben. Ich hielt mich an die logischen und einigermassen absicherbaren Strukturen und traf dann irgendwann wieder auf NH - somit war ich also wohl auf der korrekten Route unterwegs. Wieder besser absicherbar und steiler, damit auch kleineres Steinschlagrisiko. Einmal auf dem Band unter der nächsten steilen Wandpartie quert man noch ca. 10m nach rechts zum Stand - die nächste Länge beginnt eher rechts der hier schwach ausgeprägten Kante in der Nordwand.

L10, 45m, 6a+: Da geht's gleich zügig los mit einer athletischen Boulderstelle vom Band weg! Wird wohl nicht selten A0 geklettert, da für den Grad alles andere als geschenkt und wer's nicht packt, riskiert einen Sturz aufs Band (wir konnten diese Stelle freiklettern). Man quert bald einfacher nach links zurück an die Sonne in die E-Wand, dann steil hinauf an einem Riss/Verschneidung über ein kleines Dach. Nachher flacht das Gelände ab, es steckt nicht mehr viel und die genaue Routenführung ist wohl beliebig - kreuz und quer steckt noch der eine oder andere NH. Achtung, der Stand befindet sich VOR dem Band, nach dem Band am Beginn der nächsten Stufe gibt's nix, auch wenn da auf dem Originaltopo nochmals ein Stand eingezeichnet ist.

Rückblick auf den einfachen Schlussabschnitt von L10 (6a+). Unten im Geröll sieht man auch gut den Verlauf der verschiedenen Pfade, welche vom Paternsattel unter die Nordwand der westlichen Zinne ziehen. Wir gingen ganz oben am Wandfuss, zeit- und kraftsparender ist sicher einer der tieferen Pfade.

L11, 45m, 5b: Also über das Band und hinein in die Wand, welche für einen Fünfer doch ordentlich steil aussieht. Es geht erst Richtung 13 Uhr hoch, um dann den Strukturen folgend markant nach links abzubiegen in Richtung 10/11 Uhr zum nächsten Stand zu klettern - zuletzt steckt auch nicht mehr viel Material (Cams nötig).

Das Finish von L11 (5b) - einfach, aber selber abzusichern. Wie man hier auf dem Foto auch sieht, der Fels ist grösstenteils fest und man kann immer an soliden Strukturen klettern. Trotzdem gibt's hier genügend Material das nur darauf wartet, in die Tiefe geschickt zu werden - aber so ist Alpinklettern an den Drei Zinnen!

L12, 22m, 6a+: Dieser Abschnitt ist durch einen markanten, weissen Ausbruch gleich links vom Stand charakterisiert. Diesen zu überwinden, stellt auch gleich die Crux dar. Danach in steiler, gutgriffiger Wandkletterei hinauf.

Hier heisst es wieder mehr zupacken! Kathrin folgt in L12 (6a+). Man ist hier um diese Zeit (~13 Uhr) nun auch wieder zurück am Schatten - es sei denn, man wäre deutlich früher eingestiegen oder viel schneller unterwegs, bis etwa am Mittag sind diese mittleren und oberen Längen an der Sonne.

L13, 24m, 6b: Steile Wandkletterei, an einem Wulst zu Beginn will gleich zugepackt werden, es gilt ein paar kleinere Leisten zu zwicken - wobei es in diesem stark strukturierten Gestein wie fast immer unzählige Möglichkeiten gibt, sich eine Sequenz zu zimmern. Darauf folgend etwas einfacher weiter gerade hinauf, der Stand dann gut geschützt unter einem kleinen Überhang.

Die Blicke auf die (an diesem Tag nicht bekletterte) Nordwand der Grossen Zinne sind grandios!

L14, 35m, 4c / L15, 25m, 5b / L16, 40m, 6a: Ab diesem Punkt werden die markanten Kletterstellen seltener. Man klettert im Cruising-Gelände durch die Wand hoch. Schöne Kletterei, aber dafür auch ziemlich gleichförmig. Der Fels an sich ist gut, trotzdem gilt es seine Griffe und Tritte mit Bedacht zu wählen, auch weil die Absicherung hier zwar den Schwierigkeiten angepasst, aber darum eben auch nicht mehr so üppig vorhanden ist. Oft handelt es sich auch um NH, die nicht alle von guter Qualität sind und häufig mehr der Wegmarkierung dienen. Allerdings, sofern wirklich eine schwierigere Kletterstelle kommt, so steckt auch ein BH. Nach L16 erreicht man das hier breite Ringband. Von hier sollte man, wenn die Zeit sehr knapp ist, nach links zum Abstieg queren können (ohne Gewähr!). Oder, wenn die Kräfte erschöpft sind aber man noch zum Gipfel möchte, den letzten Abschnitt über die Demuthkante klettern, die ab hier im Vierergelände direkt an der NE-Kante den Gipfel erreicht.

Der Blick zwischen den Zinnen hindurch (gut sichtbar die Westwand der Grossen Zinne, wo es auch Routen gibt, welche einen Besuch lohnen) nach Auronzo di Cadore mit seinem See.

L17, 45m, 5b: Zuerst noch +/- gerade und steil hinauf, dann (Achtung, Verhauergefahr) quert die Route aber stark (und scheinbar nicht zwingend!) nach links. Es stecken hier aber, sofern man die Augen offen hat, gerade genügend NH mit Seilschlingen, um den Verlauf zu markieren. Der Stand oben ist gegenüber jenem unten ca. 20m nach links versetzt.

In der grossen Querung von L17 (5b), rechts unten in der Bildecke das Ringband sichtbar.

L18, 35m, 6a+: Über weite Strecken ähnliches, gut gängiges Cruising-Gelände wie davor. Ein kurzer und wohl weiträumig umgehbarer Aufschwung, den man zu Gunsten von direkter Linie und vernünftigem Seilverlauf direkt anpackt, bildet die Crux - mit BH gesichert, aber aufgrund vom Seilverlauf und dem Band darunter trotzdem nicht ungefährlich fürs Geläuf, wenn man stürzen würde.

L19, 35m, 6b: Die letzte Seillänge verläuft nochmals durch einen steilen, kompakteren Wandbereich mit einem schwarzen Wasserstreifen. Hier müssen ein paar Moves nochmals sorgfältiger geplant werden. Allerdings entpuppte sich diese Länge doch als eher zahm, da fanden wir z.B. L1 oder den Startboulder in L10 doch deutlich schwieriger. Ganz am Ende geht's übrigens nach rechts der Rampe entlang (logische Linie) und nicht gerade weiter durch die Wand (was sicher auch möglich wäre). 

Geschafft! Der Ausstieg aufs Plateau kurz unter dem Gipfel (Routenende, L19, 6b).

Ein paar Minuten nach 16.00 Uhr nach knapp 7:30 Stunden Kletterei erreichten wir mit einer beiderseits perfekten Onsight/Flash-Begehung den Ausstiegsstand an einem Block im Geröllplateau unmittelbar unter dem Gipfel. Die sich dort befindliche Wandbuchdose war leider leer, zu gerne hätten wir nachgesehen, wer und wie viele diese Tour schon begangen hatten. Wir schossen die Seile auf und stiegen im Zweiergelände von Norden her zum Gipfel mit Kreuz und Buch. Um 16.30 Uhr verliessen wir den Gipfel, es stand ja noch ein ziemlich langer und alpiner Abstieg bevor. Dafür gibt es beileibe viele Beschreibungen. Am nützlichsten zur Orientierung fand ich die Skizze von Bergsteigen.com. Der einzige Nachteil: sie ist eigentlich für den Aufstieg gedacht, so sind auch die Kommentare formuliert. Und wenn man einmal aufgestiegen ist, so findet man natürlich auch den Rückweg entsprechend. Ich habe darum einige Ergänzungen angebracht, so dass man die Route auch beim erstmaligen Abstieg besser finden kann (insbesondere bei schlechter Sicht, d.h. Nebel oder Dunkelheit).

Topo zum Normalweg der Westlichen Zinne von Bergsteigen.com, mit Ergänzungen zum Abstieg.

Während auf diesem Topo die meisten Standplätze noch mit NH eingezeichnet sind, trafen wir vor Ort durchgehend auf gebohrte Abseilverankerungen. Doch wer zum Teufel hat diese Klebehaken bloss so dilettantisch gebohrt? Es gilt beim Bohren ein absolut minimaler Kantenabstand von 10cm, welcher hier weit unterschritten wurde - noch dazu völlig unnötig. Zum Glück gibt's meistens ein Backup mit einem zwar materialtechnisch schlechteren, dafür aber besser platzierten (Bohr)haken...

Ungünstig platzierter Klebehaken, Kantenabstand ca. 2cm - Vorsicht!

Um 19.00 Uhr waren wir zurück am Parkplatz, damit hatten wir diese ausführliche Runde gerade noch gut unter 12 Stunden Gesamtzeit komplettieren können. Auch der Abstieg war gut verlaufen, allerdings gab es etwas Wartezeit. Nicht etwa durch andere Kletterer, sondern durch Alpinisten welche den Normalweg in Auf- und Abstieg angingen und deren Zeitplan sowieso schon explodiert war - ich hoffe, sie haben den Rückweg auch noch wohlbehalten geschafft, denn sie waren sicher nicht retour im einfachen Gelände, bevor es dunkel wurde. Was auch heisst, dass man auf dieser Tour sicher immer eine Stirnlampe mitführen muss, wobei der Abstieg im Dunkeln bestimmt schwierig zu finden ist. Diese Seite der Westlichen Zinne ist ein richtiges Labyrinth mit unzähligen Rinnen und Türmen und es gibt zig Möglichkeiten, um auf eine falsche Fährte zu gelangen. Nun ja, das musste uns keine weiteren Sorgen machen. Wir genossen ein feines Nachtessen zum Abschluss unserer Tourentage und eine weitere, geruhsame Nacht vor Ort, bevor wir uns neuen Destinationen zuwandten.

Impression vom Abstieg, wenig unterhalb vom Gipfel muss ein markanter Spalt überwunden werden.

Facts

Westliche Zinne - Petri Heil 6c+ (6a+ obl.) - 19 SL, 600m - Niederbrunner/Pfeifhofer 2016 - ****;xxx
Material: 1x oder 2x50m-Seile, 15 Express, Camalots 0.2-1

Moderne, lange und gut abgesicherte Kletterei auf die Westliche Zinne. Sie führt unten durch die Nordwand und verläuft später im Bereich der NE-Kante in östlich ausgerichteten Wandpartien. Die Felsqualität darf man durchgehend als gut bezeichnen - mit dem Zusatz, dass man sich hier an den Drei Zinnen befindet. Sprich, man findet mehr als genügend Griffe, die man auch ausreissen kann und Steine die herumliegen und nur darauf warten, in die Tiefe geschickt zu werden, hat es unzählige. Alpine Erfahrung ist also zwingend nötig - wer entsprechend versiert ist, muss kaum einen Griff/Tritt benutzen, welcher nicht solide wäre, somit darf man ja eigentlich nicht von brüchig sprechen. So richtig spektakuläre Zinnen-Kletterei bekommt man vor allem in L4 geboten. Nachher folgt viel Cruising-Gelände mit Schwierigkeiten im 5c/6a-Bereich mit nur ganz wenigen, etwas schwierigeren Stellen. Markante Passagen fehlen weitgehend - wer mehr harte, überhängende Kletterei und Nervenkitzel sucht, wird wohl mit einer Portion Alpenliebe oder Pressknödl glücklicher. Die Absicherung ist für eine Dolomitentour sehr gut. An den schwierigen Kletterstellen und den Standplätzen stecken durchgehend rostfreie Bohrhaken. Wo möglich, sprich v.a. im einfacheren Gelände wurde mit NH gesichert. Oft stecken diese etwas kreuz und quer, qualitativ fand ich auch nicht jeden restlos überzeugend. Zur Wegmarkierung und Lenkung des Seilverlaufs dienen sie aber allemal. Wer den NH traut, muss nicht viel selber legen - oft könnte man an diesen Stellen aber auch mobil sichern. Ein Set Cams von 0.2-1 ist auf jeden Fall empfehlenswert, ein Satz Keile eine prüfenswerte Option. Weitere Infos inklusive einem sehr guten Topo findet man im Blog der Erschliesser - herzlichen Dank!

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