Ja, das war wieder einmal ein Tag, den man fast für eine Skitour nutzen "musste". Postkartenwetter und perfekter Schnee, einfach traumhaft. Nach vielen Touren in den Voralpen sollte es wetter-, schnee- und stimmungsbedingt für einmal wieder in eine etwas andere Gegend gehen - und nach fast 2 Jahren endlich wieder einmal mit Kathrin auf eine längere und anspruchsvollere Tour. Unser Tourenziel fanden wir im Rheinwald, also los!
In der Querung von Steinigboda auf den Höhegga-Rücken mit Guggernüll, Val Curciusa und Einshorn. |
Beim Ausgangspunkt in Nufenen (1569m, Parkplätze signalisiert am westlichen Dorfende) zeigte das Thermometer frische -17 Grad. Doch unser Timing passte perfekt - just als wir aus dem Automobil stiegen, überstieg die Sonne das Guggernüll mit seinen im Moment zugeschneiten Eisklettertouren (siehe 1,2) und erwärmte und mit ihren Strahlen. Ursprünglich hatten wir uns den höchsten und zentralsten der Nufener Gipfel zum Ziel gesetzt, das Bärenhorn (2929m). Dafür wäre es am sinnvollsten, zurück durchs Dorf zu laufen und an dessen östlichem Ende eine Spur Richtung Höhegga aufzugreifen. Doch da war noch Schatten, wer wollte schon zuerst fast 1km horizontal die Ski auf der gekiesten Strasse durchs Dorf tragen und dabei kalte Griffel kriegen?!? Zudem schien es viele Spuren zu geben, eine würde uns bestimmt in die richtige Richtung führen.
Nochmals sehr prominent das Einshorn, unten der Ausgangspunkt Nufenen. |
Nun ja, wir gingen los, bald war es an der Sonne angenehm warm, so dass wir im leichten Fleece und sogar ohne Handschuhe steigen konnten. Wir schafften es auch, die doch recht tief eingeschnittenen Schluchten von Dorfbach und Prascher Bach recht effizient zu queren und gelangten über den Alpweg vom Steinigboda zu P.2051 tatsächlich auch auf den Höhegga, aber östlich aus dem Dorf raus wäre unter dem Strich vermutlich die bessere Variante gewesen. Über den Rücken ging's hinauf auf 2500m, wo an einem geeigneten Punkt die Querung der NE-Hänge von P.2810 zu den Sandböda am Fuss der Bärenhorn-Gipfelflanke angesetzt werden muss. Bei der Tourenplanung am Computer lässt sich zwar durchaus eine Möglichkeit finden, die gelben (>30 Grad) und orangen (>35 Grad) Flecken auf der Karte grossmehrheitlich zu umschiffen, sowieso ist der Hang im Schnitt nicht extrem steil und sollte nach meiner Interpretation des Bulletins (LWS 2) eigentlich machbar sein.
Bei den letzten Hütten am Hoheggä-Rücken auf 2240m, in der linken Bildhälfte das Tällihorn. |
Doch vor Ort lag a) keine Spur und b) stand man nun, sobald einmal vom Rücken weg, tief im Triebschnee, eine wirklich sichere Passage durch diesen Riesenhang erkannten wir nicht und vor allem auch sind die Aussichten nach unten mit einem tief eingeschnittenen Bachlauf auch sehr, sehr besorgniserregend, ein Schneebrett würde da sehr abrupt und ungünstig gestaut. Der langen Zeilen kurzer Sinn, das schien uns zu gewagt. Um sicher zum Bärenhorn zu gelangen, hätte man den P.2810 auf dem Hin- und Rückweg überschreiten müssen, was +250hm, zwei Extra-Fellwechsel und somit erheblich zusätzlichen Zeitbedarf erfordert hätte (Hinweis: die Gipfelflanke am Bärenhorn ist auch nochmals ~35 Grad steil, doch die sah abgeblasen aus und wäre bestimmt möglich gewesen). Die grössten Bedenken hatte ich definitiv in Bezug auf die Felle... die wollten nämlich schon an diesem Punkt nur mehr beschränkt am Ski haften...
Spurarbeit in der Südflanke vom Tällihorn, welch eine grandiose Landschaft! |
Aber wir mussten nicht hadern, ohne Diskussion verlegten wir uns auf das Tällihorn als Tourenziel. Eigentlich schien das aus abfahrtstechnischer Hinsicht sowieso die zu bevorzugende Variante. Somit wechselten wir auf 2620m also wieder vom Rücken hinunter und stiegen die letzten 200 Höhenmeter über die immer steiler werdende Südflanke empor - zuletzt werden auch hier nicht umgehbare 35-40 Grad erreicht. Dies jedoch bei deutlich freundlicherer Topografie und vor allem nicht mit Triebschnee geladen, somit im grünen Bereich. So gelangten wir auf den aussichtsreichen Gipfel - nach einer ziemlichen Safari über die Nufener Hänge zwar (das hätte man auch einfacher haben können ;-)). Aber das war vollkommen egal, was zählte war das unglaubliche Freiheitsgefühl hier oben. Dank Windstille konnten wir eine längere Gipfelrast geniessen, auch wenn die Temperatur wohl kaum wesentlich über -15 Grad lag.
Cumbre! Im Hintergrund die Splügener Kalkberge, eigentlich keine Skigipfel, aber... |
Die Abfahrt war dann ein richtiger Knüller! First Line durch die rassige Gipfelflanke bei perfekten, luftigen 15-20cm Pulver auf kompakter Unterlage, echt super. Auch die unteren Hänge bis zum Steinigboden (2046m) waren weiterhin sehr genussreich. Ab dort bis ins Dorf gab es dann schon etwas mehr (ältere) Spuren und man spürte dann und wann auch die harschige Schicht unter der Neuschneeauflage. Aber mit einer guten Linienwahl fuhr man auch da sehr schön durch jungfräulichen Schnee. Fünfzig Höhenmeter ob den Häusern tauchten wir schliesslich wieder in den Schatten und die Kälte ein - es fühlte sich definitiv so an, als ob jemand den Schalter umgedreht hätte. In Vollmontur setzten wir uns ins Fahrzeug. Das war nötig, denn weiterhin war es hier unten -12 Grad und über Features wie Stand-, Sitz- oder Lenkradheizung verfügt der gute Panther leider nicht - naja, wäre dem Alpinismus auch nicht richtig würdig, oder?
Perfekte Bedingungen und First Lines bei der Abfahrt, so darf es gerne immer sein! |
Facts
Tällihorn (2818m) ab Nufenen (1569m), d.h. 1250hm Aufstieg über sehr sonnige Südhänge, somit eine Tour für kalt-winterliche Neuschneetage oder firnige Verhältnisse. Ski-Schwierigkeit ZS- mit Schlüsselstelle am Gipfelhang (30-35 Grad über 150hm, zuoberst 20hm 35-40 Grad).
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