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Donnerstag, 5. Januar 2023

Jahresrückblick 2022

Natürlich soll auch in diesem Jahr die traditionelle Serie des Jahresrückblicks nicht abreissen! Inzwischen sind wir hier auf dem Blog bei der Ausgabe Nummer 12. Sicherlich ähnelt sie in Form und Inhalt stark den Versionen der letzten Jahre. Sprich, alles verläuft in geordneten Bahnen. Das birgt die Gefahr einer gewissen Langweile und Repetivität. Andererseits verheisst es eben auch, dass mir ein weiteres, sehr genussreiches Bergjahr gelungen ist, in welchem ich die so geschätzten Tätigkeiten am Fels und im Schnee in gewohnter Manier weiterführen konnte. Und es ist ja absolut beileibe keine Selbstverständlichkeit, dass man auch bei steigendem Alterszähler sowohl den Umfang wie auch die Schwierigkeiten der Bergunternehmen beibehalten kann. 

Wohin führte deine Reise im 2022?!? Meine u.a. in die Route Kreml am Ofen, wie hier im Bild! Ein Blog dazu folgt noch...

MSL-Klettern

Bei 34 ist der MSL-Counter im 2022 stehen geblieben. Aktiv war ich mehr oder weniger das ganze Jahr über, der April ist der einzige Monat, der ohne eine solche Tour geblieben ist. Der Winter 21/22 war im Tessin fast komplett schneefrei, was uns mit Radici del Silvio und Magic Rampit famose Touren am Pizzo d'Eus erlaubte. Im Mai startete die Saison auch in den höheren Lagen der Alpennordseite mit einem Doppelbesuch am Moor. Insbesondere die Moorpheus habe ich als eine richtig geniale Tour in Erinnerung. Die Zeit vor den Sommerferien war dann durch 3 Besuche an den Wendenstöcken geprägt. In der Hakuna Matata, Vreneli und As de Coeur war der Anspruch gewohnt hoch, entsprechend Einsatz und zähes Ringen waren erforderlich, um für Fortschritt zu sorgen. So richtig alles geben zu müssen, ist hin und wieder ein tolles Erlebnis. Ebenso sehr schätze ich aber die 'Soul-MSL', wo man so richtig in den Kletterflow gelangen kann und mit Leichtigkeit in die Höhe schwebt. Am besten gefunden habe ich das Mojo bei den beiden Touren am Poncione di Ruino (Danielli-Pohl, Musique Gaie), der Andromeda in Ueschenen, der Black Mamba am Ruchstock und der Bons Baisers am Rothorn. Wenn ich eine Tour im 2022 als die beste auszeichnen müsste, so wäre es in der Summe aller Faktoren wohl genau diese letzterwähnte.

Ein Erlebnis der besonderen Art: As de Coeur an den Wendenstöcken mit Next Level kompaktem Fels.

Neutouren

Das Vorjahr 2021 war ein absolutes Highlight in Sachen MSL-Neutouren. Da war es schon a priori klar, dass es schwierig zu egalisieren würde. Wenig erstaunlicherweise ist es mir dann auch nicht gelungen. Auf diesem Blog wurde einzig das Flairytale (3 SL, 7b+) als Neuheit präsentiert, so dass man auf ein sehr bescheidenes Jahr schliessen könnte. Es waren aber doch immerhin 13 neuen Seillängen, die ich im 2022 einrichten konnte. Mit The Fugitive (4 SL, 7a) und Fortune Cookie (5 SL, 6b) gibt es zwei zur Zeit noch unverbloggte MSL-Neutouren, ebenso wäre die Squadra Azzurra (7 SL, ca. 7b) an sich fertig eingerichtet. Ich war sogar schon vor Ort, um im Rope Solo alle schwierigen Passagen für die anstehende RP-Begehung einzuüben. Nur gab es dann aus leider doch keinen 'scharfen' Versuch mehr, womit ein gesetztes Ziel fürs 2022 verpasst ist. Andererseits soll die Rotpunktbegehung eben auch die Krönung jeder Neutour sein. Somit ist das nichts für halbgares Wetter, mit semi-motiviertem Partner oder unter Zeitdruck - da verschiebe ich die Sache lieber auf eine besser passende Gelegenheit. Ich bin mir sicher, dass im 2023 der entsprechende Tag kommen wird. Dazu gibt es noch einige weitere, sich in Arbeit befindende Projekte, für deren Fortsetzung ich im kommenden Jahr ebenfalls topmotiviert bin. 

Mit Kathrin unterwegs bei der RP-Begehung von The Fugitive (4 SL, 7a), einer der zur Zeit noch unverbloggten MSL-Erstbegehungen des Jahres 2022. Es braucht noch etwas Geduld bis zur Publikation des Berichts dazu - gut Ding will manchmal etwas Weile haben.

Im Klettergarten hingegen war das 2022 ein quantitativ sehr umfangmässiges Erschliessungsjahr. Es stehen 13 Neutouren zu Buche und mein Totalcounter nähert sich der Zahl 100. Am Anfang steht immer die Idee. Manchmal lässt sich diese dann ziemlich geschwind realisieren, worüber man nie unglücklich ist. Die tollsten Erlebnisse sind aber in jenen Projekten zu finden, wo zuerst das Damoklesschwert der (persönlichen) Machbarkeit schwebt, dann aber doch die Passage erlauben. Dieses Vergnügen hatte ich im 2022 mit dem Frauenstimmrecht (7c), der Herztransplantation (7c), dem Galoppverbot (7c+ oder vielleicht auch 8a...) und dem Thai Village (8a). Ein paar weitere Pfeile sind auch für das 2023 im Köcher, hoffentlich fallen auch diese Projekte auf die richtige Seite des Machbarkeits-Schwerts und es geht wieder alles so perfekt auf wie im vergangenen Jahr.

Sportklettern

So rein subjektiv, auf einen richtig grünen Zweig kam ich beim Sportklettern im 2022 nicht. Natürlich war ich immer wieder im Klettergarten unterwegs. Aber mal hier und mal da, so wie es die Agenda und die (Familien-)Gegebenheiten gerade erlaubten. Um fokussiert an Projekten dranzubleiben waren die Möglichkeiten eingeschränkt, oder dann war es wiederum viel zu warm. Auch auf Reisen waren wir nicht umfassend und sehr vielfältig unterwegs, 3x ein Kurztrip ins Tessin plus die Sommerferien in Briançon stellen die Ausbeute dar. Es ist ja wohlbekannt, dass die Tickliste unter griechischer und spanischer Sonne sich rascher als hierzulande vermehrt, bzw. dass sie nur in bescheidenem Masse zunimmt, umso mehr man bereits altbekannte Gebiete besucht. Ein weiterer, die Sportkletter-Ticklist schmälernder Faktor sind die doch immerhin 15 Outdoor-Bouldertage - eine Aktivität, welche ich bisher nur selten praktiziert habe. Es war auf die Initiative von Larina, dass wir für einen längeren Trip nach Fontainebleau und mehrmals ins Tessin gereist sind. Wen erstaunt's, natürlich macht mir auch diese Art der felsmässigen Bewegung enorm viel Freude. Und dass wir mit solchen Weltklasse-Bouldergebieten in erreichbarer Nähe gesegnet sind, ist schon ein riesiges Privileg. Eine Tickliste führe ich beim Bouldern nicht. Das scheint mir wenig sinnvoll: ein Grade Chasing würde bedeuten, von Block zu Block zu tingeln, bis ein hoch bewertetes Problem gefunden ist, welches sich für einen persönlich dank Liegefaktor (viel) einfacher anfühlt, wie es angeschrieben ist. Schon die Kletter-Schwierigkeitsgrade sind ja bisweilen eine sehr volatile Währung, beim Bouldern ist das noch stärker ausgeprägt. Schlussendlich kann ich es aber doch nicht lassen, die 116 neuen Einträge (>=7a) auf meiner Kletter-Tickliste zu erwähnen. Es sind 6x 8a/8a+, 15x 7c/7c+, 24x 7b/7b+ und 68x 7a/7a+. Im Vorjahr waren es 7/12/40/67, womit nur gerade im 7b/7b+-Bracket ein Rückgang zu verzeichnen ist. Ebenso ist mir im dreizehnten Jahr in Folge die Kombo von (mindestens) 8a rotpunkt und 7c onsight gelungen - natürlich hoffe ich, diese Serie und mein Leistungsstand mögen noch viele Jahre bestand haben (wobei die halbe Ernte davon für das 2023 bereits im Trockenen ist 🐹).

Wenn man noch etwas jünger wäre, so hätte man vielleicht noch mehr Träume. Hier am Hängen im Alphane (9A) in Chironico. Meine Geschichte mit diesem Boulder muss wohl mit dem Identifizieren eines haltbaren Griffs und dem Schiessen eines Fotos als abgeschlossen bezeichnet werden. Es ist schon ein Wahnsinn, wie hart dieses Teil ist, bzw. wie weit oberhalb meines Levels es sich befindet. Natürlich, Griffe hat es schon - aber es ist brutal steil, sehr trittarm und noch dazu fast so lang wie eine Kletterroute.

Wettkämpfe

Das Wettkampfgeschehen der Jahre 2020 und 2021 war ja stark durch die Pandemie geprägt und ich warf durchaus berechtigt die Frage auf, ob es wohl je wieder ein Zurück zu den partyähnlichen, grossen Boulderjams mit vielen Leuten auf engem Raum und entsprechend chalkgeschwängerter Atmosphäre geben würde. Doch die Antwort im Rückblick auf das 2022 ist mit einem fetten "JA" zu geben - lasst uns das gerne mit einem kleinen Tusch untermalen!!! So war ich an 15 Events am Start, vom Bouldern (12x) über Lead (2x) bis zum Eisklettern (1x) ist eine gewisse Breite vertreten. Beim Quadrel Rock Rodeo und beim Bimano Bärecöp durfte ich als Sieger nach Hause gehen, bei 4 weiteren Events noch einen der Podestplätze belegen. Ich hab's ja schon x-mal geschrieben, besonders wichtig ist mir das nicht, auch wenn ich im Geschehen immer 100% gebe, um möglichst weit vorne in der Rangliste zu stehen. Es kommt hinzu, dass die Rangierung nicht in erster Linie von der persönlichen Performance definiert wird, sondern viel mehr von der Stärke der Konkurrenz. Mit diesem Wissen ist es auch verständlich, dass meine am höchsten einzuschätzende Leistung wohl der 7. Platz unter ~100 Teilnehmern beim Sparta Fight ist, an jenem Tag ist mir für meine persönlichen Möglichkeiten wohl der fast perfekte Wettkampf gelungen. Ein grosser Teil der Wettkämpferei ist ja stark mit der Familie verbunden. Insbesondere Larina ist da mit ganzem Herzen dabei und auf nationaler Ebene eine der stärksten Athletinnen ihres Jahrgangs. Sie kam auf 21 Wettkämpfe, woraus 7 Podestplätze resultierten. Bei vielen davon konnte ich als Coach mitwirken. Und das ist nicht etwa eine Pflichtübung an der Seitenlinie, sondern ein intensives Erlebnis, das mir enorm Spass macht.

Larina mit einem schönen Cut Loose am Sparta Fight 2022.

Skitouren (& Alpines)

Auf 25 Skitouren komme ich im 2022, das sind ja fast nur mehr halb so viele wie die 43 im Vorjahr! Die Zahl ergibt sich aber in erster Linie aus den Schneebedingungen in der näheren Umgebung. Denn dem Schnee über lange Distanzen ständig hinterherzufahren, das mache ich höchstens in gut begründeten Ausnahmefällen. Im Januar und um den Monatswechsel Februar/März herum gab es zwei Phasen, wo die so geliebten Voralpen-Skitouren quasi 'vor der Haustür' gut möglich waren, während das im sich anbahnenden (Nicht-)Winter 22/23 bisher noch gar nicht realistisch war. Alpinere Highlights stellen die zwei 3000er-Touren zum Piz d'Err und zum Piz Dolf dar, sowie das Foostöckli und zwei nur selten begehbare Spezialtouren im Steilgelände, welche nicht (öffentlich) verbloggt wurden. Ansonsten gibt es aus dem Alpin-Departement nur sehr beschränkt etwas zu melden. Das sind die Eiskletterei im Januarloch, die lange 3000er-Bergtour im Queyras und das Hike & Fly im Fluebrig-Massiv. Man kann wohl definitiv sagen, ich sei viel mehr ein Kletterer wie ein Alpinist.

Voralpen-Skitour mit Kathrin - immer ein Genuss!

Das war's schon fast für das 2022! Ich möchte es aber nicht verpassen, all meinen Weggefährten im vergangenen Jahr herzlich für die gemeinsamen Momente zu danken. Und speziell meiner Familie, sei es für das Mitkommen und Dabeisein, oder auch um mich alleine ziehen zu lassen. Zu einem Rückblick gehört natürlich immer auch ein Ausblick: nur zu gerne möge es so weitergehen wie bisher! Am Fels, am Plastik und im Schnee. Nach wie vor sprudle ich nur so von Ideen & Projekten aller Arten. Auch im 2023 wird sich wiederum nur ein Bruchteil von diesen Wünschen realisieren lassen. Doch darüber muss man nicht betrübt sein - im Gegenteil, das ist 'Fuel to my Fire', denn auch für 2024 und alle weiteren Jahre muss es ja auch noch etwas zu tun geben. 

Immer motiviert für steilen Fels - so soll es sein und darf es bleiben!

All jenen, die bis zum dieser Stelle durchgehalten haben, sei jetzt aber doch noch eine Breaking News verraten: vom Panico Alpinverlag habe ich nämlich den Auftrag angenommen, den Kletterführer Rätikon Süd zu überarbeiten. Das 2023 wird also sicher stärker als üblich durch Ausflüge ins Prättigau gekennzeichnet sein. Wie viel Zeit mir bleiben wird, um diese Ausflüge zu verbloggen und ob dies im Angesicht des Buchprojekts auch sinnvoll ist, lasse ich als offene Frage stehen. Sicherlich jedoch wird es auf diesem Kanal auch im kommenden Jahr wieder den einen oder anderen Beitrag zu lesen geben. In Bezug auf den Rätikonführer möchte ich aber an dieser Stelle alle schon jetzt herzlich dazu einladen, mir wissenswerte Infos aller Art (v.a. zu mir noch unbekannten Routen) zukommen zu lassen. Ebenso freue ich mich im Sommer 2023 über Begleitung auf Rätikontouren. Bei den gängigen, modernen Sportklettertouren habe ich da schon einen guten Überblick, viele einfachere Touren wollen aber auch entdeckt sein, seien sie aus dem Plaisir-Genre oder von der traditionell-alpin-abenteuerlichen Art. Wer einmal Lust hat dabei zu sein melde sich gerne bei mir!

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